TE OGH 1983/3/10 12Os73/82

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Veröffentlicht am 10.03.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr.Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Eduard A ua wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Täuschung nach den §§ 108 Abs. 1 und Abs. 2, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 5. November 1981, GZ 9 Vr 1298/80-55, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart und der Ausführungen der Verteidiger Rechtsanwälte Dr.Theyer, Dr. Grossmann, Dr. Haslinglehner, Dr. Wagner und Dr. Kainz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Versicherungsangestellte Eduard A, der Bau- und Zimmermeister Ing. Hans B, der Elektromeister Josef C, der Installateurmeister Lorenz D, der Pensionist (vormals Schlossermeister) Peter E und der Tischlermeister Helmut F von der wider sie erhobenen Anklage, es hätten am 13. Juni 1978 in Bad St. Leonhard I. Eduard A unter Ausnützung seiner Amtsstellung als Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard (§ 313 StGB) 1. in der Absicht, dem Staat in seinem Recht auf Einsatz von Wohnbauförderungsmitteln nur unter den im Wohnbauförderungsgesetz 1968 angeführten Voraussetzungen einen Schaden zuzufügen, durch Einbringen eines (namens der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard gestellten) Förderungsbegehrens unter Angabe niedrigerer als der tatsächlichen Baukostensummen sowie unter Vorlage falscher (gemeint: inhaltlich unrichtiger) Preisnachlaßbestätigungen der Firmen Ing.Hans B, Josef C, Lorenz D, Peter E und Helmut F beim Amt der Kärntner Landesregierung, somit durch Täuschung von Beamten über Tatsachen in Beziehung auf ein Amtsgeschäft, die zuständigen Beamten

a)

zur Zuzählung eines Darlehensbetrages von 900.000 S verleitet,

b)

zur Zuzählung eines weiteren Darlehensbetrages von 933.000 S zu

verleiten versucht, 2. mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten die Stadtgemeinde Bad St. Leonhard unrechtmäßig zu bereichern, versucht, durch die zu 1. bezeichneten Täuschungshandlungen die dort genannten Beamten zur Gewährung (und Auszahlung) eines Annuitätenzuschusses im Gesamtbetrag von 299.948,50 S zu verleiten, die den Staat (richtig: das Land Kärnten) an seinem Vermögen um diesen Betrag geschädigt haben würde, II./ Ing. Hans B, Josef C, Lorenz D, Peter E und Helmut F dadurch, daß sie falsche (gemeint: inhaltlich unrichtige) Preisnachlaßbestätigungen ausstellten, laut welchen sie einen Nachlaß von (jeweils) 20 % auf die ursprüngliche Anbotsumme zu gewähren vorgaben, zur Ausführung der zu I. bezeichneten strafbaren Handlungen beigetragen, und sie hätten hiedurch - Eduard A als unmittelbarer Täter (I), die übrigen Angeklagten hingegen als Beteiligte im Sinne des § 12 StGB (II) - das Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Täuschung nach § 108 in Verbindung mit § 15 StGB (I.1.) sowie das Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147

Abs. 3 StGB (I.2.) begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den (zusammengefaßt wiedergegebenen) wesentlichen

Urteilsfeststellungen hatte die Stadtgemeinde Bad St. Leonhard beim

Amt der Kärntner Landesregierung ein Begehren um Förderung der

Errichtung von sechs Klein- und Mittelwohnungen durch Neubau eines

(außerdem Räume für die Feuerwehr und die Post enthaltenden)

Mehrzweckgebäudes nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 (WFG)

eingebracht. Die überprüfung der vorgelegten Unterlagen durch das

Amt der Landesregierung ergab Gesamtbaukosten von 8.108,46 S je

Quadratmeter (Wohn-)Nutzfläche; demnach wären die gemäß § 2

Abs. 2 WFG durch § 1 Abs. 1 der Verordnung der Kärntner

Landesregierung vom 9. April 1968, LGBl Nr 24 in der Fassung der

Verordnung vom 31. Juli 1974, LGBl Nr 181, mit 6.000 S je

Quadratmeter Nutzfläche festgesetzten angemessenen Gesamtbaukosten

erheblich überschritten worden. Dies teilte das Amt der

Landesregierung im März 1978 der Förderungswerberin mit. Durch eine

daraufhin vorgenommene Reduktion des Leistungsumfangs bei den

Baumeister- und Bautischlerarbeiten sowie eine gesonderte Berechnung

der auf den Wohnteil entfallenden Bauschlosserarbeiten wurde jedoch

selbst unter Berücksichtigung eines auf die Anbotsumme der

Baumeisterarbeiten gewährten Preisnachlasses von 6,5 % bloß eine

Verminderung der Gesamtbaukosten je Quadratmeter Nutzfläche auf

7.015,35 S erreicht. Nunmehr ließ Eduard A von den übrigen

Angeklagten, denen die Stadtgemeinde Bad St. Leonhard die Ausführung

der Baumeister-, Zimmermanns-, Elektro- und Sanitärinstallations-,

Bauschlosser- und Bautischlerarbeiten übertragen hatte, am 13. Juni

1978 - zur Vorlage beim Amt der Landesregierung bestimmte -

schriftliche Erklärungen über die Gewährung eines Nachlasses von 20

% auf die jeweilige Anbotsumme ausstellen. Zugleich sicherte ihnen

der Angeklagte namens der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard schriftlich

zu, daß die Verrechnung mit der im Anbot geprüften Summe erfolgen

werde und 'lediglich für die Wohnbauförderung ... die verminderte

Summe' in Rechnung gestellt werden könne, sodaß ihnen 'aus dieser

geteilten Rechnungslegung ... kein wie immer gearteter finanzieller

Verlust erwachsen' werde. Eine neuerliche überprüfung des Förderungsbegehrens durch das Amt der Landesregierung ergab zufolge der von der Stadtgemeinde vorgelegten Nachlaßbestätigungen vom 13. Juni 1978 Gesamtbaukosten je Quadratmeter Nutzfläche der zu fördernden Wohnungen in der (sohin angemessen scheinenden) Höhe von 5.965,28 S. Die Landesregierung nahm daher die begehrte Förderung durch Gewährung eines Landesdarlehens von 1,833.000 S sowie eines Annuitätenzuschusses für ein bei der H Bad St. Leonhard aufzunehmendes Darlehen von 654.000 S in Aussicht und erteilte der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard am 3. Oktober 1978 die entsprechende schriftliche Zusicherung. Vom Landesdarlehen wurde nach Maßgabe des Baufortschritts am 27. Juni 1979

ein Teilbetrag von 900.000 S flüssiggemacht. Durch eine bei der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard vorgenommene Gebarungsprüfung wurde dem Amt der Kärntner Landesregierung bekannt, daß A in seiner Eigenschaft als Bürgermeister den am Bau tätigen Firmen die Verrechnung auf Grund der Anbotsummen ohne Abzug der 20 %-Nachlässe (schriftlich) zugesagt hatte, weshalb die Landesregierung keine weiteren Förderungsmittel mehr zuwies und schließlich am 30. Oktober 1979 wegen des im gegebenen Sachverhalt erblickten Verstosses gegen die Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 das Landesdarlehen kündigte.

Nach Annahme des Erstgerichtes hat der Angeklagte Eduard A die zuständigen Organe des Landes 'durch die Vorlage der fingierten Preisnachlaßbestätigungen irregeleitet, um damit die Voraussetzungen zur Gewährung der Wohnbauförderung zu erreichen'; seine 'Absicht' sei aber gleichwohl keineswegs auf eine Schädigung des Staates (Landes) am Vermögen oder in einem sonstigen konkreten Recht gerichtet gewesen. Es sei nämlich seine Verantwortung glaubhaft, der Meinung gewesen zu sein, durch Reduktionen im Leistungsumfang die tatsächlichen Gesamtbaukosten je Quadratmeter Nutzfläche in den Grenzen der Angemessenheit nach den oben zitierten Rechtsvorschriften halten zu können.

Auch den übrigen Angeklagten sei es bei der Ausstellung der 'fingierten Nachlaßbestätigungen' nicht um eine Schädigung des Landes zu tun gewesen; sie hätten bloß daran gedacht, daß der Gemeinde solcherart die Wohnbauförderung verschafft werden solle, und hätten (zu diesem Zweck) 'eben nur die Behörde irreleiten' wollen. Keinem der Angeklagten könne daher ein Betrugsversuch oder auch nur eine nach § 108 StGB strafbare Täuschung angelastet werden. Gegen diesen Freispruch richtet sich die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der von der Anklagebehörde (nur mehr) eine Verurteilung des Angeklagten Eduard A wegen Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Täuschung nach §§ 108 und 15 StGB sowie der übrigen Angeklagten wegen Beteiligung an eben diesem Vergehen im Sinne des § 12 (dritter Fall) StGB angestrebt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist aus den nachangeführten, von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme aufgezeigten Gründen, denen sich der Oberste Gerichtshof vollinhaltlich anschließt, nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß es für die Verfolgbarkeit der Täuschung eines Beamten in Beziehung auf ein Amtsgeschäft als reines Offizialdelikt (§ 108 Abs. 2 zweiter Satzteil StGB) keinen Unterschied macht, ob das Amtsgeschäft, auf das sich die Täuschung bezog, in den Bereich der Hoheitsverwaltung oder - wie hier die Entscheidung über die Gewährung von Darlehen und Annuitätenzuschüssen des Landes nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 (s dazu Kraßnig/Kohler, Wohnbauförderungsgesetz 19682, S 13) - in jenen der Privatwirtschaftsverwaltung fällt; weder hängt davon die Beamteneigenschaft des mit der betreffenden Verwaltungsaufgabe Betrauten ab (Leukauf-Steininger StGB2 § 74 RN 13), noch liegt eine diesbezügliche Einschränkung im Begriff 'Amtsgeschäft', der sowohl Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung als auch solche im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung umfaßt (vgl § 304 StGB und dazu ÖJZ-LSK 1982/161).

Zutreffend führt die Anklagebehörde aus, daß nach den Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, BGBl Nr 280/1967 idgF (WFG), ein konkretes Recht der darnach zur Förderung berufenen Gebietskörperschaft (des Landes) besteht zu gewährleisten, daß Förderungsmittel zu den im Gesetz (§ 1) umschriebenen Zwecken nur unter den hiefür vom Gesetz statuierten Voraussetzungen verwendet werden (vgl dazu EvBl 1975/82). Zu den Voraussetzungen für die Förderungsfähigkeit eines Vorhabens gehört unter anderem die Angemessenheit der Baukosten. Deshalb sieht § 2 Abs. 2 WFG vor, daß die angemessenen Gesamtbaukosten je Quadratmeter durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen sind. Bei überschreitung der darin normierten Kostensätze ist die Förderung des Projekts wegen überhöhter Baukosten zu versagen (Kraßnig/Kohler, Wohnbauförderungsgesetz 19682, S 30). Das durch die einschlägigen Rechtsvorschriften hinlänglich konkretisierte Recht des Landes, daß Förderungsmittel nur für solche Vorhaben in Anspruch genommen werden, die insbesondere hinsichtlich der Angemessenheit der Baukosten den dafür jeweils aufgestellten Voraussetzungen entsprechen, kommt daher als Schutzobjekt einer Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB durchaus in Betracht. Um dies zu erkennen, bedarf es keiner Heranziehung der durch die übergangsregelung des § 36 Abs. 1 WFG (für ihren bisherigen Anwendungsbereich) aufrechterhaltenen Strafbestimmungen der §§ 24 und 25 Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz (WWG), welche ausschließlich bestimmte Handlungsweisen im Zusammenhang mit der Zuweisung und Verwendung von Fondsmitteln nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz zum Gegenstand haben, für den hier gegebenen Fall einer (Landes-) Wohnbauförderung nach dem WFG 1968 aber ohne jedweden Belang sind; die daran anknüpfenden weiteren Rechtsausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde können daher unerörtert bleiben.

Die tatbestandswesentliche Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB), das Land Kärnten an seinem, wie dargetan, in bestehenden Rechtsvorschriften begründeten konkreten Recht auf Einhaltung der für die Förderungsfähigkeit von Wohnbauten geltenden Voraussetzungen (in bezug auf die Angemessenheit der Baukosten) zu schädigen, war jedoch nach den Feststellungen des Schöffengerichtes bei keinem der Angeklagten gegeben, mögen sie auch mit ihrer Handlungsweise durch die vorsätzliche Vortäuschung eines (einheitlichen) prozentuellen Preisnachlasses auf die Anbotsumme bezweckt haben, eine positive Erledigung des gegenständlichen Förderungsbegehrens der Stadtgemeinde Bad St. Leonhard durch die Landesregierung herbeizuführen.

Das Schöffengericht hat nämlich die im Urteil wiedergegebene

Verantwortung des Angeklagten Eduard A, es sei eine (weitere)

Einschränkung der von den oben genannten Firmen zu erbringenden

Leistungen in solchem Ausmaß vorgesehen gewesen, daß (seiner

Vorstellung nach) der auf den Quadratmeter (Wohn-) Nutzfläche

entfallende Anteil an den Gesamtbaukosten letztlich die von der

Landesregierung festgesetzte Angemessenheitsgrenze (von 6.000 S)

nicht überschritten haben würde, keineswegs etwa als (bloße)

Schutzbehauptung im Strafverfahren gewertet, sondern sie

ausdrücklich zur Grundlage und zum Inhalt der eigenen (Urteils-)

Feststellungen gemacht (S 308, 309/II). Auch bei den übrigen

Angeklagten hat das Gericht, wie den Urteilsgründen sinngemäß mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, eine - für ihre Beurteilung als Beitragstäter im Sinne des § 12 (dritter Fall) StGB in gleicher Weise wie beim unmittelbaren Täter selbst erforderliche (vgl RZ 1977/69 ua) -

auf Schadenszufügung gerichtete Absicht ausgeschlossen. Zu untersuchen bleibt noch die Frage einer allenfalls beabsichtigten Schädigung des konkreten Rechtes des Landes auf Ausführung des (geförderten) Baues nach jenen Plänen und Beschreibungen, die der schriftlichen Zusicherung (§ 28 WFG) zugrunde gelegt worden sind (§ 33 WFG). Der nach Ansicht des Schöffengerichtes glaubwürdigen Verantwortung des Angeklagten Eduard A zufolge sollten die aus dem Umfang der von den betreffenden Firmen zu erbringenden Werkleistungen herausfallenden Arbeiten durch die Stadtgemeinde Bad St. Leonhard oder durch die Feuerwehr in Eigenregie ausgeführt werden (S 306, 309/II), die Bauausführung also im wesentlichen wie im Förderungsbegehren vorgesehen, nur kostengünstiger, erfolgen. Konstatierungen, welche die Annahme einer Schädigungsabsicht der Angeklagten in der Richtung einer nicht den Kriterien der Förderungsfähigkeit entsprechenden Bauausführung rechtfertigen würden, hat das Erstgericht sohin nicht getroffen.

Den erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen zufolge, von denen bei Beurteilung der (allein geltend gemachten) Rechtsrüge ausgegangen werden muß, kann mithin der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kein Erfolg beschieden sein; sie war deshalb zu verwerfen.

Anmerkung

E04118

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00073.82.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19830310_OGH0002_0120OS00073_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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