TE OGH 1983/4/7 13Os37/83

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Veröffentlicht am 07.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wanke-Czerwenka als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas A und Friedrich B wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Friedrich B sowie die Berufung des Angeklagten Andreas A gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht St. Pölten vom 19.Jänner 1983, GZ. 24 Vr 795/82-89, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Klingsbigl und Dr. Klein sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß §§ 290 Abs. 1, 344 StPO. und § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß die Vorhaft bei den Angeklagten Andreas A, Friedrich B und Rupert C schon ab 17. Mai 1982, 20,30 Uhr, sowie bei dem Angeklagten Wolfgang D schon ab 17.Mai 1982, 20 Uhr, auf die verhängten Freiheitsstrafen angerechnet wird.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Andreas A und Friedrich B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 25.August 1960 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Maurer Andreas A sowie der am 20.Mai 1959 geborene, zuletzt gleichfalls beschäftigungslos gewesene Maler Friedrich B wurden des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. (1), B überdies des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (3) schuldig erkannt. Darnach haben sie (zu 1) am 17.Mai 1982 gegen 1 Uhr früh in Neumarkt an der Ybbs beim Hubertendorf-Badesee in Gesellschaft als Raubgenossen durch Faustschläge und Fußtritte dem Josef E eine Armbanduhr im Wert von etwa 500 S und eine Barschaft von 1.800 S sowie dem Gerald F eine Armbanduhr im Wert von etwa 1.000 S und mindestens 50 S Bargeld weggenommen bzw. abgenötigt. B hat außerdem (zu 3) am 16.Mai 1982 in St. Leonhard am Forst durch Fausthiebe dem Josef G eine Kieferprellung und Blutergüsse sowie Rißquetschwunden an den Lippen sowie dem Herbert H Rißquetschwunden an den Lippen zugefügt.

Die Geschwornen hatten die Hauptfragen I und II (nach schwerem Raub an Josef E und Gerald F) und die Hauptfrage VIII (nach den Körperverletzungen an Josef G und Herbert H) jeweils stimmeneinhellig bejaht. Weitere das Raubfaktum betreffende Fragen wurden nicht gestellt. Inhaltlich seiner auf die Z. 6 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte B den Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Raubs (1). Er erblickt eine Verletzung des § 314 Abs. 1 StPO. darin, daß zur Hauptfrage II nicht auch Eventualfragen nach dem Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB., begangen an E und F) und nach dem Verbrechen der Hehlerei (§ 164 Abs. 1 Z. 2

und Abs. 3 StGB., begangen durch Ansichbringen eines Teils des angeblich allein vom Mitangeklagten A geraubten Guts) in das Fragenschema aufgenommen wurden. Aus der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie aus den Tatschilderungen der Mitangeklagten Rupert C und Wolfgang D in der Hauptverhandlung hätte sich nämlich nicht ergeben, daß sein Vorhaben vor oder während der Tätlichkeiten gegen E und F auf eine Wegnahme oder Abnötigung von Sachen (mit Bereicherungsvorsatz) gerichtet gewesen sei, weshalb diese Eventualfragen geboten gewesen wären.

Gemäß § 314 Abs. 1 StPO. ist eine Eventualfrage u.a. dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, die - falls sie als erwiesen angenommen werden - eine Beurteilung nach einem anderen, nicht strengeren Strafgesetz (als laut Anklage und Hauptfrage) zur Folge hätten. Indes wurde in der Hauptverhandlung nichts derartiges vorgebracht. Der Nichtigkeitswerber hat zwar sein vor der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich am 17.Mai 1982 in übereinstimmung mit den Angaben A (Band I Seiten 33, 35 und ON. 4), E und F (Band I Seiten 79, 81, 88, 89 und ON. 20, 21) abgelegtes und zunächst vor dem Untersuchungsrichter aufrecht erhaltenes (Band I S. 93 verso) volles Raubgeständnis (Band I S. 69, 71) in der Hauptverhandlung erheblich abgeschwächt. Er hat aber auch dort in seiner Darstellung eingeräumt, zugleich mit A gegen einen der überfallenen durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten tätlich vorgegangen zu sein, wobei von der Herausgabe des Bargelds die Rede gewesen sei und der von ihm Attackierte dieser Aufforderung nachgekommen sei (Band II S. 26, 29; siehe A im II. Bd. S. 51, 57, 58, 60, 61, E und F im II. Bd. S. 63, 64, 67, 70, 71, 73, 74).

Allerdings will der Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung am Tatort weder Geld noch eine Armbanduhr an sich genommen und erst nachträglich im Personenkraftwagen des Mitangeklagten D von der von A gemachten Raubbeute erfahren haben (Band II S. 29). Immerhin geht aber auch daraus hervor, daß die vom Rechtsmittelwerber gegen F ausgeübte Gewalt im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gleichzeitig gegen E losschlagenden Mitangeklagten A ausgeübt wurde.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war dem Angeklagten B bewußt, daß sein Komplize A mit der von ihm angewendeten Gewalt das Ziel verfolgte, die beiden Attackierten zu berauben; hatte doch B nach seiner eigenen Darstellung gesehen, daß A, nachdem er den einen der beiden überfallenen an den Haaren herangeschleift und mit den Füßen gegen den Kopf getreten hatte, den beiden auf dem Boden liegenden Burschen die Armbanduhren von den Händen gerissen hatte (Band II S. 26 unten). Auch auf Grund dieser Verantwortung des Beschwerdeführers wäre er als Mittäter (Raubgenosse) A anzusehen (siehe oben). Einer Verabredung vor der Tat bedarf es hiezu nicht; ebensowenig, daß jeder der Mittäter (Raubgenossen) das gesamte Tatbild verwirklicht.

Die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die Verantwortung der Mitangeklagten C und D in der Hauptverhandlung versagt. Der Erstgenannte hat nämlich dort ausdrücklich betont, daß es bei den (von ihm als äußerst brutal bezeichneten) Tätlichkeiten der Angeklagten A und B gegen E und F um Geld ging, sodaß er (C) sich sogar zur öußerung veranlaßt gesehen hatte, man solle den überfallenen doch wenigstens 100 S lassen (Band II S. 35, 37, 38). Der Mitangeklagte D hat nach seiner Darstellung den Beginn der Tätlichkeiten gegen die beiden Beraubten nicht gesehen, weil er sich schon vorher mit seinem Personenkraftwagen vom Tatort entfernt hatte und infolge der Dunkelheit (das Verbrechen ereignete sich gegen 1 Uhr früh) zunächst die Vorgänge nicht wahrnehmen konnte. Als er auf Grund der auf eine tätliche Auseinandersetzung hinweisenden Geräusche zum Tatort zurückgekehrt sei, habe er gemeinsam mit C, wenn auch zunächst vergebens, versucht, A und B von weiteren Attacken gegen die beiden Burschen abzuhalten.

Erst später habe er erfahren, daß den überfallenen Geld und zwei Uhren weggenommen worden waren (Band II S. 42 und 43). Somit bot auch die Darstellung der Mitangeklagten C und D in der Hauptverhandlung keinen Anlaß zur Stellung der vom Beschwerdeführer angestrebten Eventualfragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Von Amts wegen war gemäß §§ 344, 290 Abs. 1 StPO.

wahrzunehmen, daß der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung mit der nicht geltend gemachten materiellen Nichtigkeit der Z. 13 des § 345 Abs. 1 StPO. (im Grund des § 38 StGB.) behaftet ist. Nach der Aktenlage sind die Angeklagten A, B und C bereits um 20,30 Uhr und der Angeklagte D um 20,00 Uhr des 17. Mai 1982 von der Sicherheitsbehörde in Verwahrungshaft genommen worden (Band I S. 13, 17, 21 und 25). Im Ersturteil wurden hingegen (Band II S. 124) die Vorhaften erst ab dem 18.Mai 1982, 00 Uhr 45, angerechnet (siehe LSK. 1982/37, 9 Os 161/82, 11 Os 174/82 u.a.). Sonach war die Vorhaftanrechnung spruchgemäß zu korrigieren. Das Geschwornengericht verhängte nach § 143 StGB.

über Andreas A eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren, über Friedrich B unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB. eine solche von acht Jahren. Dabei wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten die brutale Vorgangsweise und die einschlägigen Vorstrafen (die bei B über die zur Qualifizierung als Rückfallstäterschaft erforderlichen hinausgehen), bei A ferner den raschen Rückfall, bei B überdies das Zusammentreffen zweier Delikte und die Körperverletzung an zwei Personen; als mildernd wurden der geringe Wert des geraubten Guts sowie bei A das volle, bei B das teilweise Geständnis erachtet.

Mit ihren Berufungen begehren A und B eine Herabsetzung der über sie

verhängten Freiheitsstrafen.

Den Berufungen bleibt ein Erfolg versagt.

Mit der Behauptung, daß er den beiden jungen Männern, die sich um Suchtgifte (auch) an ihn gewandt hatten, nur 'einen entsprechenden Denkzettel ... verpassen' wollte, geht der Angeklagte B nicht vom Urteilssachverhalt aus, weil es auch ihm bei der Gewaltanwendung um die Beraubung des E und des F zu tun war. Ob nun er oder A mit der Gewalttätigkeit gegen das jeweils ausersehene Opfer begonnen hat, kann angesichts der gezielten Vorgangsweise dahingestellt bleiben, weil daraus verläßliche Rückschlüsse auf die Intensität des verbrecherischen Willens nicht gezogen werden können. Die mit acht Jahren etwa im mittleren Bereich des von fünf bis fünfzehn Jahren reichenden Rahmens geschöpfte Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Taten und dem Verschulden des Angeklagten B, dessen ausgeprägte Neigung zur Gewalttätigkeit nicht nur im Raub, sondern auch in der völlig unprovozierten Attacke gegen die beiden Festteilnehmer G und H besonders augenfällig zutage tritt und sich auch früher (nach der Vorstrafenbelastung ersichtlich) schon wiederholt manifestiert hat. Das Hauptgewicht der Berufungsausführungen des Angeklagten A zielt auf eine ungenügende Differenzierung der über ihn verhängten siebenjährigen Freiheitsstrafe zu der über seinen Komplizen B verhängten Sanktion ab.

Wenn auch B als erster Kontakt zu den später Beraubten hatte, so besagt das keineswegs, daß sein Raubgenosse geradezu erst unter seiner Einwirkung tätig wurde, weil es nach der Lage des Falls einer solchen bestimmenden Einflußnahme auf A evidentermaßen nicht bedurfte, um ihn zur Mitwirkung an der Raubtat zu gewinnen. Aus den eben noch leichten Verletzungen der Raubopfer auf eine bloß gelindere Gewalteinwirkung gegen sie zu schließen, verkennt, daß die überfallenen keine ernste Gegenwehr leisteten, sondern sich gegen den mit einer ganz außergewöhnlichen, förmlich mutwilligen Rücksichtslosigkeit geführten Angriff tunlichst zu schützen trachteten und damit ernstere Folgen verhindern konnten. Das Geständnis A'S aber wurde ohnedies als umfassend gewertet und hat auch trotz der empörenden Roheit seines Vorgehens, die der des B um nichts nachstand, zu einer deutlich geringeren Freiheitsstrafe geführt, die sich daher einer weiteren Reduzierung verschließt.

Anmerkung

E04130

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00037.83.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19830407_OGH0002_0130OS00037_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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