TE OGH 1983/4/21 13Os25/83

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Veröffentlicht am 21.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 16.November 1982, GZ. 29 Vr 2430/82-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Siegl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 26.März 1955 geborene Peter A wurde (zu I 1) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG., (zu I 2) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG., (zu II) des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. und (zu III) des an Werner B durch den Vorwurf des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. begangenen Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Er wurde hiefür nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, gemäß §§ 22 Abs. 1, 37 Abs. 2 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 7.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu sieben Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, sowie nach § 12 Abs. 4 SuchtgiftG., §§ 22 Abs. 1, 19 FinStrG. zu einer Wertersatzstrafe von 31.000 S, im Nichteinbringungsfall zu 31 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Außerdem wurde Peter A gemäß § 22 Abs. 1 StGB. in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eingewiesen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Den von diesem Rechtsmittel allein betroffenen Schuldsprüchen I 1 und (mittelbar) II zufolge hat der Angeklagte von Ende April bis Mitte Mai 1982 durch kommissionsweisen Verkauf und teilweise kostenlose überlassung von insgesamt zehn Gramm Heroin in Teilmengen zu je einem halben Gramm an Gotelinde C vorsätzlich Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr gesetzt, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, und hat dadurch (und durch die dem Schuldspruch I 2 zugrundeliegende Tat) vorsätzlich Sachen an sich gebracht, teilweise (I 1) auch verhandelt, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war.

Der Sache nach bekämpft der Angeklagte nur diese Schuldsprüche mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9

lit. a (inhaltlich Z. 10) StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Mängelrüge wendet sich sowohl gegen die Feststellung der Gesamtmenge des weitergegebenen Heroins mit zehn Gramm als auch gegen die Annahme des Vorsatzes, in Kauf genommen zu haben, Gotelinde C werde das ihr übergebene Suchtgift zumindest teilweise verhandeln.

Soweit der Beschwerdeführer damit die konstatierte Gesamtmenge des Heroins anficht (weil nur die Menge von vier Gramm 'objektiviert' sei, der Rest aber 'im Rahmen der Beweiswürdigung' festgestellt worden sei), vermag er keinen Mangel im Sinn des behaupteten Nichtigkeitsgrunds darzutun. Er bekämpft damit bloß die Beweiswürdigung des Erstgerichts, das bei dieser Feststellung zwar der Verantwortung des Angeklagten den Glauben versagte, aber mit umfassender Begründung darlegte, weshalb dies geschah und aus welchen überlegungen - im wesentlichen früheren Aussagen der Gotelinde C (vor den Sicherheitsbehörden und beim Untersuchungsrichter) folgend -

die Weitergabe einer Gesamtmenge von mehr als vier Gramm, nämlich insgesamt zehn Gramm, als erwiesen angenommen wurde (S. 342 ff.). Daß der Angeklagte im Hinblick auf den Zeitraum der Weitergabe von Ende April bis Mitte Mai 1982 nicht mit dem Verbrauch der gesamten Menge durch C selbst, sondern mit der Weitergabe des Heroins durch sie an andere Personen rechnete, wurde mängelfrei und im Einklang mit der forensischen Erfahrung begründet (S. 344/345). Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß nach ständiger Rechtsprechung bei Heroin die sogenannte Grenzmenge 0,5 Gramm beträgt, sodaß auch bei Zugrundelegung der vom Angeklagten eingestandenen Mengen und deren Weitergabe an einen unbestimmten Personenkreis der Schuldspruch nach § 12

SuchtgiftG. begründet gewesen wäre.

Soweit der Beschwerdeführer die Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit dem Argument bekämpft, diese beruhten nur auf mittelbaren Beweisen und der einzigen unmittelbaren Erkenntnisquelle, nämlich der Aussage der Zeugin C in der Hauptverhandlung, sei dabei nicht gefolgt worden, liegt auch in diesem Vorbringen ein im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts, die gemäß § 258 Abs. 2

StPO. frei und nicht an irgendwelche Beweisregeln, etwa den vom Rechtsmittelwerber der Sache nach behaupteten Vorrang unmittelbarer vor mittelbaren Beweisen, gebunden ist. Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang ebenso wie in seinen folgenden Ausführungen zur Rechtsrüge, daß es sich bei der von ihm aufgeworfenen Frage, hinsichtlich welchen Teils des an die selbst süchtige Gotelinde C weitergegebenen Suchtgifts er mit einer Weitergabe durch diese rechnen mußte, gar nicht um eine entscheidende Tatsache (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) handelt. Ist doch auch die überlassung jenes Teiles des Rauschgifts, den C letztlich für sich verbrauchte, im Rahmen der gesamten, als verbotswidriges Inverkehrsetzen (§ 12 Abs. 1 SuchtgiftG.) inkriminierten Tätigkeit zu sehen, zumal auch Gotelinde C, obgleich selbst süchtig, eine der von der Gemeingefähr betroffenen Personen war, deren Sucht durch den Bezug von Heroin noch vertieft werden konnte. Der vom Beschwerdeführer hinsichtlich des von Gotelinde C selbst verbrauchten Heroins - inhaltlich gemäß § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. - angestrebten Beurteilung der Rauschgiftabgabe nach § 16 Abs. 1 Z. 1

SuchtgiftG. fehlt daher die Grundlage (vgl. 13 Os 133/81). Im Rahmen der Mängelrüge wendet sich der Beschwerdeführer schließlich, offenbar um eine Voraussetzung der Anstaltsunterbringung gemäß § 22 StGB. zu bekämpfen, gegen die Urteilsannahme, daß der Versuch einer Entwöhnungsbehandlung bei ihm nicht von vornherein aussichtslos ist; dies sei aus dem psychiatrischen Gutachten nicht ableitbar. Dabei handelt es sich um eine der Bekämpfung mit Nichtigkeitsbeschwerde - sei es unter Bezugnahme auf die Z. 5 oder die Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. - entrückte Frage, weil nur die gesetzlich beschriebenen (zwingenden) materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 22 StGB. nach der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. überprüfbar sind. Hingegen ist die Ermessensentscheidung betreffend die Gefährlichkeit des Täters (§ 22 Abs. 1, letzter Halbsatz, StGB.) und die Erfolgsaussicht einer Entwöhnung (§ 22 Abs. 2 Ende StGB.) wie jede Entscheidung des Gerichts auf dem Sanktionengebiet, die sich im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens bewegt, nur mit Berufung bekämpfbar (§ 435 Abs. 2 StPO. und die seit dem Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs ständige Rechtsprechung).

In der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) bekämpft der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. in Ansehung einer Teilmenge von fünf Gramm, weil diese von Gotelinde C selbst konsumiert worden sei und es insofern an dem Tatbildmerkmal der Gefährdung im großen Ausmaß fehle. Hiezu genügt es, den Nichtigkeitswerber auf die Erledigung seiner Mängelrüge zu verweisen: Auch Gotelinde C gehört ungeachtet ihrer Süchtigkeit zum Kreis der durch das Rauschgift an der Gesundheit gefährdeten Personen, sodaß auch das von ihr verbrauchte Heroin der Gesamtmenge des vom Beschwerdeführer in Verkehr gesetzten Suchtgifts zuzuzählen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt daher zur Gänze.

Zur Berufung:

Bei der Bemessung der Freiheitsstrafe wertete das Schöffengericht das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen, die (rückfallbegründenden) Vorstrafen und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen das Teilgeständnis als mildernd. Die ungünstige Verhaltensprognose stützte das Schöffengericht auf das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Klaus D und den bisherigen (aktenkundigen) Lebenslauf des - seit Jahren rauschgiftsüchtigen - Angeklagten. Es hielt die Einweisung für die letzte Chance, dem Leben des Angeklagten noch eine Wendung zu geben. Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte einerseits das Ausmaß der über ihn (gemäß § 12 Abs. 1 SuchtgiftG.) verhängten Freiheitsstrafe und anderseits den (auf § 22 StGB. gestützten) Ausspruch über die Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher.

Auch dieses (zum Teil im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführte) Rechtsmittel ist in keinem Punkt berechtigt:

Das Erstgericht stellte die (besonderen) Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest, unterzog sie - auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafbemessungsnormen (§ 32 StGB.) - einer zutreffenden Würdigung und verhängte eine angemessene Freiheitsstrafe. Der vom Berufungswerber zusätzlich reklamierte Milderungsgrund des § 34 Z. 1, letzter Fall, StGB. ist nicht gegeben, weil Erziehungsmängel nur dann mildernd wirken, wenn sie mit der Tat im unmittelbaren Zusammenhang stehen. Der Milderungsgrund ist auch dann nicht vorhanden, wenn - wie hier - ein gewisser Abstand zwischen Erziehung und Tat besteht und dem Täter die verfehlte Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten durch wiederholte Abstrafung vor Augen geführt worden ist (LSK. 1983/38, 13 Os 3/81 u.a.).

Die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen wurden - der Meinung des Angeklagten zuwider - mit Fug als Erschwerungsumstand herangezogen (§ 33 Z. 2 StGB.). Von einer - wie der Berufungswerber behauptet - Berücksichtigung der Vorstrafen 'über die Bestimmung der Straferhöhung hinaus' kann keine Rede sein, wurde doch von der Möglichkeit des § 39 StGB. gar nicht Gebrauch gemacht (sondern nur deren Anwendbarkeit auf den Angeklagten aufgezeigt).

Schließlich ist auch die Menge des in Verkehr gesetzten Heroins (10 Gramm, nicht 5 Gramm, wie der Berufungswerber unrichtig vermeint) nicht geeignet, eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe zu bewirken. Dem Erstgericht ist aber auch bei dem die Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher betreffenden Ausspruch ein Ermessensfehler nicht unterlaufen. Es konnte auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens (S. 330 ff. in Verbindung mit ON. 32) und des kriminellen Vorlebens des - unbestrittenermaßen rauschgiftsüchtigen - Angeklagten dessen im Zusammenhang mit der Drogensucht stehende Gefährlichkeit annehmen. Nach den angeführten Beweisgrundlagen erscheint der Versuch einer Entwöhnung nicht von vornherein aussichtslos. Welche - vom Berufungswerber erwähnten - 'Begleitmaßnahmen' hiebei im Einzelfall zu treffen sein werden, ist Vollzugssache.

Anmerkung

E04153

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00025.83.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19830421_OGH0002_0130OS00025_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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