TE OGH 1983/4/26 10Os34/83

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Veröffentlicht am 26.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführer in der Strafsache gegen Oskar A und einen anderen wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB über die von den Angeklagten Oskar A und Ilona A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. Juli 1982, GZ 3 c Vr 634/82-35, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidiger, Rechtsanwälte Dr. Cuscoleca und Dr. Piffl-Lambert, und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und es werden die vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen bei Oskar A auf 22 (zweiundzwanzig) Monate als Zusatzstrafe und bei Ilona A auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt.

Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 30. (im Urteil S 306/II unrichtig: 20.) Jänner 1941 geborene Oskar A und die am 18. Dezember 1953 geborene Ilona A des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB schuldig erkannt. Es liegt ihnen zur Last, in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der nachgenannten Unternehmungen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, zahlungsfähig und zahlungswillig zu sein, zu Handlungen, welche die Unternehmungen am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, I.) im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter zu Warenlieferungen 1.) verleitet zu haben:

a) in der Zeit vom November 1979 bis Dezember 1981

Angestellte der Firma B; Schaden S 168.271,55;

b) am 12. Oktober 1979, 16. Oktober 1979 und im Dezember 1981 Angestellte der Firma Heinrich C;

Schaden S 26.409,--;

c) in der Zeit zwischen November 1979 und November 1981 Angestellte der Firma D; Schaden S 74.229,10;

d) im März und April 1980 sowie im April und im Juli 1981 Angestellte der Firma E; Schaden S 20.492,--;

e) in der Zeit vom Dezember 1980 bis Dezember 1981

Angestellte der Firma F & G; Schaden S 17.180,--;

f) im Juni und im Oktober 1981 Angestellte der Firma X; Schaden S 3.835,--;

2.) zu verleiten versucht zu haben:

a) im Oktober 1981 und im November 1981 Angestellte der Firma B;

beabsichtigter Schaden S 91.900;

b) in der Zeit von August bis Oktober 1981 Angestellte der Firma E; beabsichtigter Schaden S 5.235;

II.) Ilona A allein 1.) zu Warenlieferungen verleitet zu haben:

a) am 3. November 1978, 21. Dezember 1979, 31. Dezember 1980 und 25. Februar 1981 Angestellte der Firma J; Schaden S 20.349,--;

b) im November und Dezember 1979 Angestellte der Firma K; Schaden

S 8.222,90;

c) am 8. Dezember 1980 Angestellte der Firma L;

Schaden S 3.319,60;

d) im Juni 1981 Angestellte der Firma N;

Schaden S 543,40;

e) am 11. August 1981 Angestellte der Firma P;

Schaden S 18.000,--;

f) am 30. Oktober 1981 Angestellte der Firma Dipl.Ing. F. O. Q GesmbH & Co KG; Schaden S 1.501,--;

2.) Angestellte der R zur Gewährung eines Darlehens verleitet zu haben:

a)

am 7. September 1981 im Betrage von S 25.000,--;

b)

am 11. September 1981 im Betrage von S 19.000,--. Dieses Urteil wird von beiden Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten.

Der Angeklagte Oskar A macht die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO - der Sache nach nur den letzteren Nichtigkeitsgrund - in der Beschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt, geltend.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen handelten die beiden Angeklagten Oskar und Ilona A bei der Ausführung der Betrügereien jeweils nach Absprache auf Grund eines gemeinsamen Tatplanes, wobei die Beteiligung des Beschwerdeführers insbesondere darin bestand, daß er an der Warenauswahl anläßlich der Bestellungen und bei der Entgegennahme der herausgelockten Warensendungen mitwirkte. Da der Beschwerdeführer in der Mängelrüge von diesen Feststellungen ausgeht, macht er in Wahrheit keine Undeutlichkeit der Urteilsbegründung geltend, weil sein Einwand der Sache nach gar nicht auf die Behauptung einer Unklarheit der damit relevierten Konstatierungen über die Art seiner eigenen Tatbeteiligung abzielt; es wird von ihm aber auch keine Unvollständigkeit behauptet - wie die Generalprokuratur erwägt -, weil er keine durch ein übergehen von Verfahrensergebnissen bedingte Unrichtigkeit der betreffenden Urteilsfeststellungen einwendet. Vielmehr rügt er, indem er hervorhebt, daß lediglich Täuschungshandlungen der Zweitangeklagten festgestellt wurden, die (unrichtige) rechtliche Beurteilung seines Tatverhaltens als unmittelbare Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) zum Betrug (Z 10).

Die Rechtsrüge erweist sich im Ergebnis als nicht berechtigt. Richtig ist zwar, daß die festgestellten, oben wiedergegebenen Tathandlungen des Angeklagten insoferne, als er bei den Bestellungen nicht in irgendeiner Form, hauptsächlich als Besteller, den Lieferanten gegenüber durch eigene Täuschungshandlungen selbst in Erscheinung trat, nicht als Ausführungshandlungen zum Betrug anzusehen sind, sondern bloß als Tatbeitrag hiezu im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB; denn zu einer Ausführungshandlung wäre erforderlich, daß der Täter selbst ein im Tatbild beschriebenes Verhalten setzt, beim Betrug also zumindest eine eigene kausale Täuschungshandlung (Mayerhofer-Rieder2, E Nr 28, 29 zu § 12 StGB ua).

Bei einer Tatbegehung durch mehrere Täter muß nun gewiß nicht jeder von ihnen den gesamten Tatbestand verwirklichen, um 'unmittelbarer Täter' (§ 12 erster Fall StGB) zu sein, aber grundsätzlich doch - sei es auch nur in Form eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens - selbst Ausführungshandlungen setzen; nur dann kann von Mittäterschaft gesprochen werden. Bloß in den im Gesetz speziell vorgesehenen Fällen deliktsspezifischer Sondertäterschaft durch eine Begehung in Gesellschaft (§§ 127 Abs. 2 Z 1; 138 Z 3; 143 erster Fall StGB) oder in verabredeter Verbindung (§ 84 Abs. 2 Z 2 StGB) kann dazu auch eine ansonsten nur als Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zu beurteilende Tätigkeit genügen; beim Betrug ist jedoch eine derartige Regelung nicht vorgesehen. Dennoch geht die Rechtsrüge fehl, weil die rechtsirrige Beurteilung eines (wie vorliegend in tatsächlicher Hinsicht mängelfrei als erwiesen angenommenen) Sachverhaltes als unmittelbare Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) anstatt als Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) nach nunmehr ständiger Judikatur im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der in § 12 StGB geregelten Täterschaftsformen keine Urteilsnichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO begründet (Mayerhofer-Rieder E Nr 55 zu § 281 Abs. 1 Z 10 StPO ua).

Im Hinblick auf die - diesbezüglich vom Angeklagten gar nicht bekämpften - aktiven Tatbeiträge, die er zu den von Ilona A begangenen Betrugshandlungen geleistet hat, kommt jedoch eine Subsumierung seines Tatverhaltens unter die Bestimmung des § 286 Abs. 1 StGB von vornherein nicht in Betracht.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Oskar A war mithin zu verwerfen.

Die Angeklagte Ilona A wendet sich mit ihrer auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde nur gegen den Schuldspruch wegen versuchten Betruges zum Nachteil der Firmen B und E laut Punkt I./ 2./ lit a und b des Urteilssatzes. Sie erblickt eine unzureichende Begründung im Sinne des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes darin, daß die Ursachen für das Unterbleiben der Auslieferung der bestellten Waren aus dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen seien, womit offensichtlich die aktenmäßige Deckung der bezüglichen erstgerichtlichen Annahmen bestritten werden soll.

Die Rüge versagt jedoch; denn es entspricht die Urteilsannahme, daß die Lieferungen unterblieben, weil Angestellte der Firma B (Faktum I. 2./ a) die Bestellungen als bedenklich eingestuft hatten (II, 314) und das Versandunternehmen E (Faktum I. 2./ b) die Leistung von Vorauszahlungen forderte (II, 315). Diese Konstatierungen entsprechen Ergebnissen polizeilicher Erhebungen (I, 23 ff, 95 f, insbes 99), die in der Hauptverhandlung verlesen (II, 303) und somit zulässigerweise vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage herangezogen worden sind (II, 311), weshalb der eingewendete Begründungsmangel nicht gegeben ist.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO reklamiert die Beschwerdeführerin der Sache nach das Vorliegen absolut untauglicher und daher strafloser Versuchshandlungen (§ 15 Abs. 3 StGB), weil die Bestellungen in den in Rede stehenden Fällen, bei denen die Versandunternehmer die Lieferung von Vorauszahlungen abhängig gemacht hätten, zum Herauslocken der Ware (ohne Bezahlung) ungeeignet gewesen seien. Dabei übersieht sie freilich, daß eine derartige Straflosigkeit nur eintritt, wenn die Vollendung der Tat nach der Art der Handlung unter keinen Umständen möglich war. Davon kann schon angesichts der im gegenständlichen Verfahren bei zahlreichen vollendeten

Betrugsfakten zutage getretenen grundsätzlichen Eignung solcher

Bestellungen, die Warenausfolgung auch ohne vorherige Bezahlung zu

erwirken, unbeschadet der besonderen Umstände, welche im Einzelfall die Angestellten von Versandunternehmen zu erhöhter Vorsicht veranlaßt und daher die Lieferung der bestellten Waren verhindert haben, keine Rede sein, weshalb bei der gebotenen ex-ante-Betrachtung der Tathandlungen (ÖJZ-LSK 1982/151) am Vorliegen tauglicher Versuche nicht zu zweifeln ist.

Demnach war auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ilona A zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagten nach § 147 Abs. 3 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Oskar A - gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 15. Dezember 1981, AZ 25 U 384/81 (mit welchem er wegen des Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt worden war) -

zu zwei Jahren und vier Monaten Zusatzfreiheitsstrafe, Ilona A hingegen zu zweieinhalb Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es beim Erstangeklagten die Wiederholung, die Vorstrafen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten und den raschen Rückfall als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis und eine teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung von Betrugsbeute. Bei der Zweitangeklagten wurde die Wiederholung der Angriffe, der Umstand, daß sie dabei die führende Rolle innehatte sowie die 'besonders hohe' Schadenssumme als erschwerend angesehen, als mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Sicherstellung und der Umstand, daß es teils beim Versuch geblieben ist. Den Berufungen beider Angeklagten kommt insoweit Berechtigung zu, als sie eine Herabsetzung des Strafmaßes anstreben. Dem Erstangeklagten kommt der Umstand, daß es teils beim Versuch geblieben ist, ebenso als mildernd zugute wie der Zweitangeklagten. Außerdem ist ihm als weiterer Milderungsgrund zuzubilligen, daß seine zudem auf die Einwirkung seiner geschiedenen Ehegattin zurückzuführende Beteiligung nur untergeordnet war. Bei der Zweitangeklagten wieder mußte berücksichtigt werden, daß ihre Vorstrafe mittlerweile - nach der Fällung des angefochtenen Urteils - getilgt worden ist, wie sich aus einer vom Obersten Gerichtshof neu eingeholten Strafregisterauskunft ergibt. Schließlich kann beiden Angeklagten auch eine gewisse Notlage nicht abgesprochen werden.

Diese vom Erstgericht nicht herangezogenen zusätzlichen Milderungsgründe lassen eine mäßige Herabsetzung des Strafmaßes gerechtfertigt erscheinen, wenngleich die weiteren in der Berufung der Zweitangeklagten relevierten Milderungsgründe nicht vorliegen. Die Sorgepflichten stellen nach dem Gesetz keinen Milderungsgrund dar. Vor allem aber kann angesichts des zielstrebigen, sich über mehrere Jahre erstreckenden, oftmals wiederholten Vorgehens bei der Aufgabe der Bestellungen durch Angabe falscher Namen und Anschriften keineswegs von einer 'Verleitung' durch die geschädigten Unternehmungen (durch 'farbenprächtige Kataloge') gesprochen werden. Aus diesen vor allem spezialpräventiven Erwägungen, aber auch aus Gründen der Generalprävention konnte im Sinne einer wirksamen Bekämpfung einer derartigen Betrugskriminalität den weiteren Berufungsanträgen auf Gewährung bedingter Strafnachsicht nicht näher getreten werden, zumal angesichts der weiterhin ein Jahr übersteigenden Strafmaße vorliegend die im zweiten Absatz des § 43 StGB geforderten Voraussetzungen - nämlich besondere Gründe, die Gewähr für künftiges Wohlverhalten böten - bei keinem der Angeklagten gegeben sind.

Insoweit war daher den Berufungen ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E04171

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00034.83.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19830426_OGH0002_0100OS00034_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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