TE OGH 1983/5/18 10Os57/83

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Veröffentlicht am 18.05.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.

Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Preiß als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl Josef A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Oktober 1982, GZ 3 c Vr 9142/82-18, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Morent und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tschulik - zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß auch die Vorhaft vom 20. August 1982, 12,50 Uhr, bis zum 21. August 1982, 12,50 Uhr, auf die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Der Berufung wird Folge gegeben und diese Freiheitsstrafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl Josef A des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit zwischen dem 10. und dem 20. August 1982 in Wien in wiederholten Angriffen gewerbsmäßig unbekannt gebliebenen Benützern öffentlicher Telefonanlagen (richtig: der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Münzgeld in einem 5.000 S nicht übersteigenden Gesamtbetrag mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er bei öffentlichen Münzfernsprechapparaten vorerst die Geldrückgabetrommel blockierte und einige Zeit später unter gewaltsamer Beseitigung jener Blockierung die inzwischen eingeworfenen, zur Rückgabe bestimmten Münzen entnahm. Der auf § 281 Abs. 1 Z 4 und (der Sache nach) 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung (S 80, 90 f.) seiner Anträge auf (Ausforschung und) Vernehmung des zuständigen Beamten beim Arbeitsamt Meidling zum Beweis dafür, daß er im August 1982 mit der Begründung, er sei bereits arbeitsfähig, eine weitere Fürsorgeunterstützung nicht mehr erhalten habe, weiters auf Einvernahme des Amtsarztes über seinen damaligen wirklichen Gesundheitszustand und schließlich 'gegebenenfalls' auf Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens darüber, daß er im August 1982 in Wahrheit nicht arbeitsfähig gewesen sei (S 79 f.).

Das angestrebte Ergebnis dieser Beweisaufnahme wäre indessen, worin dem Erstgericht beizupflichten ist, zum einen keinesfalls geeignet gewesen, das Verhalten des Angeklagten mit Notstand (§ 10 StGB) zu entschuldigen; denn im Hinblick darauf, daß er das gestohlene Geld im wesentlichen sofort 'in Alkohol umsetzte' (S 29 f., 45, 90 f., 99), kann ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner Arbeitslosigkeit schon davon, daß er die Diebstähle zur Abwendung eines ihm unmittelbar drohenden Nachteils begangen hätte, keine Rede sein. Zum anderen aber wäre daraus auch gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der betreffenden Diebstähle nichts zu gewinnen gewesen, weil die Frage, warum er den Entschluß faßte, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, für die in Rede stehende Qualifikation nicht von Belang ist. Eine allfällige Bedeutsamkeit der den abgelehnten Beweisanträgen zugrunde gelegenen Themen für die Strafzumessung schließlich kann, weil sie damit weder die Schuldfrage noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes betrifft, nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern nur im Rahmen der Berufung geltend gemacht werden.

Gleichermaßen versagt auch die Rechtsrüge (Z 11), mit der vom Angeklagten der zuvor relevierte strafsatzbestimmende Ausspruch bekämpft wird, er habe die ihm angelasteten Diebstähle gewerbsmäßig begangen.

Verfehlt ist zunächst die Beschwerdeansicht, daß die Annahme dieser Qualifikation deshalb nicht in Betracht komme, weil der Tatzeitraum nur 10 Tage umfaßt habe. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§§ 70, 130 StGB) ist nämlich insoweit nicht die tatsächliche Häufigkeit des deliktischen Verhaltens von Bedeutung, sondern lediglich die dahingehende Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Täters: ist sie darauf gerichtet, ihm durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, dann liegt schon bei der ersten mit dieser Tendenz begangenen Tat Gewerbsmäßigkeit vor. Dementsprechend ist es auch ohne Bedeutung, wie groß die 'effektive' Beute aus den urteilsgegenständlichen Diebstählen war; genug daran, daß jedenfalls die Absicht des Beschwerdeführers, der nach seiner eigenen Verantwortung täglich 40 bis 50 S erbeutete (S 30), darauf zielte, sich solcherart über die Bagatellgrenze hinausgehende regelmäßige Einkünfte - hauptsächlich zur Finanzierung seines Alkoholkonsums - zu erschließen. Ob es sich bei dem für dieses laufende kriminelle Einkommen vorgesehen gewesenen Verwendungszweck (in tatsächlicher oder - wogegen er unter Geltendmachung einer 'Aktenwidrigkeit' der Sache nach remonstriert - in rechtlicher Hinsicht) gerade um seinen 'Unterhalt' (im engeren Sinn) oder um die Befriedigung anderer Bedürfnisse handeln sollte, ist für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle nicht relevant.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus diesem Anlaß hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten insofern mit einer von ihm nicht geltend gemachten Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO behaftet ist, als seine Vorhaft offenbar versehentlich erst ab dem 21. statt schon ab dem 20. August 1982 (vgl S 5, 7, 21 f., 36) auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Dieser Anrechnungsfehler war nach § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wie im Spruch zu korrigieren. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB zu achtzehn Monaten Freiheitsstrafe; dabei wertete es seine zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausgehen, seinen raschen Rückfall in ein gleichartiges strafbares Verhalten nach seiner letzten Haftentlassung und die (im Vergleich zum Beutewert) erheblichen Schäden an den Telefonanlagen als erschwerend, sein Geständnis und den verhältnismäßig geringen Wert der Diebsbeute hingegen als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Sein rascher, überdies den Voraussetzungen des (nichtsdestoweniger ohnehin nicht angewendeten) § 39 StGB entsprechender Rückfall - möge auch ein solcher bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein (vgl ÖJZ-LSK 1978/70 ua) -

gehört zwar keineswegs zu den begrifflichen Voraussetzungen des § 70 StGB und wurde daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens im gegebenen Fall durchaus zu Recht mitberücksichtigt (vgl 10 Os 51/78, 10 Os 54/83 ua). Dessen ungeachtet ist aber dem Berufungswerber einzuräumen, daß das Erstgericht die über ihn verhängte Freiheitsstrafe innerhalb des von sechs Monaten bis zu fünf Jahren reichenden Strafrahmens bei den gegebenen Erschwerungsund Milderungsgründen, insbesondere mit Rücksicht auf den 500 S nicht übersteigenden Wert der Diebsbeute, ungeachtet seines (im Bereich der Kleinkriminalität) erheblich getrübten Vorlebens mit achtzehn Monaten doch deutlich zu hoch ausgemessen hat.

Sie war daher auf die nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) angemessene Dauer eines Jahres zu reduzieren.

Anmerkung

E04165

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00057.83.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19830518_OGH0002_0100OS00057_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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