TE OGH 1983/5/26 12Os48/83

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Veröffentlicht am 26.05.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vogel als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A u.e.a. wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 2 und 4, 130 dritter Fall, 15 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Gerhard A und Richard B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.August 1982, GZ. 3 c Vr 3132/82-32, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 25.Oktober 1942 geborene Gerhard A und der am 22.Juli 1947 geborene Richard B des Vergehens (richtig: Verbrechens) des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 2

und 4, 130 zweiter - gemeint: (nach dem zweiten Strafsatz dieser Gesetzesstelle strafbarer) dritter - Fall und 15

StGB. schuldig erkannt. Darnach haben sie 'in Wien in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert Nachgenannten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, 1. weggenommen, und zwar in der Zeit zwischen Oktober 1981 und März 1982 gewerbsmäßig unbekannt gebliebenen Pfarren und Religionsgemeinschaften Bargeld, indem sie aus Opferstöcken mit Fliegenfängern, Leimspindeln, Pinzetten sowie mit Klebestreifen präparierten Stricknadeln Geldscheine und Münzen angelten;

2. wegzunehmen versucht, und zwar dem Kaufhaus 'C', indem sie am 20. März 1982 in der Lebensmittelabteilung des genannten Kaufhauses zwölf Flaschen Spirituosen und Sekt verschiedener Marken im Wert von 4.288 S in Plastiktragtaschen steckten und Richard B versuchte, diese Beute unbemerkt von den Angestellten des Kaufhauses dem Gerhard A über die Absperrung hinauszureichen'.

Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit getrennt ausgeführten, auf die Z. 5, 9 lit. a und 10, vom Angeklagten B auch auf Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht stützte die Feststellung, wonach die beiden Angeklagten wiederholt gemeinsam und planvoll Opferstockdiebstähle begangen haben und solche auch für die Zukunft planten (S. 267) auf den Umstand, daß sie die ihnen gehörenden PKW., in denen jeweils Gegenstände sichergestellt worden waren, die für die Begehung von Opferstockdiebstählen 'typische Utensilien' (wie Fliegenfänger, Pinzetten, Klebestreifen, Leimspindel; S. 260, 262 ff.) darstellen, gemeinsam benützten (S. 264), daß derartige Gegenstände (Taschenlampen, präparierte Stricknadeln usw.) sowie klebrige Münzen und Banknoten, von denen einige zerrissen waren (S. 262 f.), bei beiden Angeklagten sichergestellt werden konnten (S. 262), sowie auf die einschlägige Erfahrung des (wegen Opferstockdiebstählen bereits wiederholt vorbestraften) Angeklagten A (S. 264). Aus Art und Umfang dieser Ausrüstung schloß das Erstgericht (S. 265) auf die Absicht der Angeklagten auf wiederkehrende Begehung von - gemäß § 128 Abs. 1 Z. 2 StGB.

als 'schwer' qualifizierten - (Kirchen-) Diebstählen (aus Opferstöcken). Solcherart leitete das Schöffengericht die Absicht der Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung derartiger (schwerer) Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (unter Berücksichtigung all dieser Umstände) 'aus der Beurteilung der Persönlichkeiten der beiden Angeklagten' ab (S. 267), wobei es den versuchten Diebstahl im Kaufhaus C (Punkt 2 des Urteilssatzes) nur hilfsweise als Argument für die Annahme der grundsätzlichen Bereitschaft der Angeklagten zur Begehung von Diebstählen heranzog (S. 267), diesen Diebstahlsversuch jedoch nicht (auch) als 'gewerbsmäßig' begangen beurteilte.

Zur überzeugung, daß die Angeklagten auch bei dem ihnen zu Punkt 2 des Urteilssatzes angelasteten Vorhaben mit Diebstahlsvorsatz handelten, gelangte das Erstgericht auf Grund der für glaubwürdig erachteten Aussage des Zeugen Otto D, die in Ansehung des Verhaltens der Angeklagten im bezeichneten Kaufhaus mit ihren eigenen Verantwortungen zum Teil im Einklang steht. Darnach haben sie im Kaufhaus C mehrere Flaschen Alkoholika in den (von ihnen benützten) Einkaufswagen gelegt und die Flaschen in der Folge in mitgebrachte Plastiksäcke verstaut. Nach dem vergeblichen Versuch des Angeklagten A, die Lebensmittelabteilung ohne Passieren der Kasse durch gewaltsames Drehen eines den Ausgang sperrenden Drehkreuzes in die Gegenrichtung zu verlassen, begab sich dieser - ohne Waren - an der Kasse vorbei in den Vorraum und anschließend von außen an die Drehkreuze, denen sich B auf ein Zeichen A (S. 255) mit dem Einkaufswagen von innen näherte. Dort hob der Angeklagte B einen der beiden Plastiksäcke mit den Flaschen aus dem Einkaufswagen und machte sich daran, diesen über das Drehkreuz dem Angeklagten A hinauszureichen, hielt in diesem Vorgang aber inne, stellte den Tragsack wieder in den Einkaufswagen zurück und fuhr damit vom Drehkreuz weg, worauf sich der Angeklagte A durch das Drehkreuz wieder zu ihm begab (S. 251 f.). Aus diesem Vorgang zog das Erstgericht den Schluß, daß die Angeklagten 'vom Vorsatz geleitet' waren, die im Einkaufswagen befindlichen Flaschen zu stehlen (S. 256), von der (weiteren) Ausführung des Diebstahls jedoch nur abstanden, 'weil sie sich beobachtet fühlten' (S. 257), wobei es 'zu einer weiteren Disposition durch das Dazwischentreten des (Hausdetektivs) Otto D nicht mehr gekommen ist' (S. 259). Gestützt auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. beschweren sich beide Angeklagten unter dem Aspekt einer unzureichenden Begründung des Urteils darüber, daß dieses keine Aufklärung darüber gebe, worauf sich die Annahme, daß sie - über einen zugegebenen (jeweils allein verübten) Opferstockdiebstahl hinaus - wiederholt gemeinsam Kirchendiebstähle begangen haben und die daraus resultierende gewerbsmäßige Begehung derartige Diebstähle stütze. Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerden jedoch keine formalen Begründungsmängel in der Bedeutung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes auf. Sie erörtern nämlich nur die Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der, soweit relevant, durch das Gericht ohnedies gewürdigten und eingangs wiedergegebenen - Verfahrensergebnisse und bekämpfen somit insoweit lediglich in unzulässiger (und damit unbeachtlicher) Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Das Schöffengericht hat jedenfalls schlüssig, empirisch unbedenklich und ohne übergehung etwaiger gegenteiliger Beweisergebnisse begründet, warum es zur überzeugung gelangt ist, daß die Beschwerdeführer - entgegen ihrer Verantwortung - wiederholt gemeinsam Kirchendiebstähle begangen haben, die 'laufende Wiederholung gleichartiger Diebstähle planten' und 'durch die fortlaufend begangenen Diebstahlstaten sich laufend Einkünfte zu verschaffen bemüht waren' (S. 267). Solcherart hat aber das Erstgericht insgesamt mit hinlänglicher Deutlichkeit die Absicht der Angeklagten, sich durch wiederkehrende Begehung von Kirchendiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, begründet.

Insoweit der Angeklagte B einen Begründungsmangel in Ansehung der Feststellung des Erstgerichts der Wert des Diebsgutes habe 5.000 S überschritten behauptet, genügt, abgesehen davon, daß vorliegendenfalls der zweite Strafsatz des § 130 StGB. strafsatzbestimmend ist und die Qualifikation zum schweren Diebstahl schon durch die Begehung von Kirchendiebstählen (§ 128 Abs. 1 Z. 2 StGB.) gegeben ist, der Hinweis auf das im § 29 StGB. normierte Zusammenrechnungsprinzip, wonach in allen Fällen, in denen die Höhe der Strafdrohung von dem ziffernmäßig bestimmten Wert einer Sache, gegen die sich die Handlung richtet, oder von der ziffernmäßig bestimmten Höhe des Schadens abhängt, den sie verursacht oder auf den sich der Vorsatz des Täters erstreckt, wenn der Täter mehrere Taten derselben Art begangen hat, die Summe der Werte oder Schadensbeträge maßgebend ist, wobei nicht nur die Werte aus den vollendeten, sondern damit auch jene aus den bloß versuchten Taten zusammenzurechnen sind (Leukauf/Steininger Kommentar2 § 29 RN. 6 und die dort zitierte Judikatur).

Hieraus resultiert, daß schon die Hinzurechnung des vom Angeklagten B bei dem von ihm zugegebenen Kirchendiebstahl erbeuteten Geldbetrages von 1.300 S (vgl. S. 148) oder aber des aus den sichergestellten klebrigen und zum Teil zerrissenen Banknoten sich ergebenden Betrages zu dem von Punkt 2 des Urteilssatzes erfaßten (unbekämpft gebliebenen) Wertes des (zu stehlen versuchten) Diebsgutes in der Höhe von 4.288 S ein insgesamt 5.000 S übersteigender Wert (§ 128 Abs. 1 Z. 4) jedenfalls außer Frage steht.

Die Rechtsrügen (Z. 9 lit. a und 10) erschöpfen sich in dem Hinweis, daß infolge 'unklarer, widersprüchlicher bzw. ungenügend und mangelhaft begründeter Ausführungen' im Urteil 'auch Feststellungsmängel gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. vorliegen' und 'die unrichtige Qualifikation Nichtigkeit in Richtung von § 281 Z. 10 StPO.

bedingt' (S. 280) bzw. in der Formulierung 'bei richtig rechtlicher Beurteilung der Sache hätte das Schöffengericht den Grundsatz in dubio pro reo anwenden und mich von der wider mich erhobenen Anklage des Gesellschaftsdiebstahls freisprechen müssen' (S. 287). Auf diese Weise wird lediglich auf die bereits zuvor als reine Beweiswürdigungsbekämpfung erkannten Einwendungen zurückgegriffen und dementsprechend der in Wahrheit - ohne hinreichende Substantiierung - geltend gemachte Rechtsirrtum keineswegs so, wie das Gesetz dies für eine ihm Rechnung tragende Darstellung einer Rechtsrüge fordert, aus einem konkreten Vergleich des (gesamten wesentlichen) als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem materiellen Strafrecht abgeleitet.

Schließlich reklamiert der Angeklagte B in Ansehung des versuchten Diebstahls (Punkt 2) den Strafaufhebungsgrund des (freiwilligen) Rücktrittes vom Versuch im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB. im wesentlichen mit der Argumentation für sich, es sei kein wie immer gearteter Hinweis vorhanden, daß er sich beobachtet glaubte, sodaß kein fremdes Hindernis vorgelegen habe, das die Erfolgskette unterbrochen habe. Dieser Einwand läßt jedoch die tatsächlichen Urteilsfeststellungen vollkommen unberücksichtigt, wonach die Angeklagten ihr Vorhaben deshalb aufgaben, weil sie vom Hausdetektiv D bzw. von den durch diesen verständigten Kaufhausangestellte beobachtet wurden. Das Schöffengericht nahm sohin - im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen - als erwiesen an, daß die Angeklagten ernstlich befürchteten, entdeckt zu werden, und demnach die Aussichtslosigkeit der Tatvollendung der Beweggrund für die Abstandnahme von einer Fortsetzung des deliktischen Verhaltens zur Verwirklichung des Tatplans war. Da die Beschwerde sohin in bezug auf das - eine der Grundvoraussetzungen des Strafaufhebungsgrundes des Rücktritts vom Versuch nach § 16 StGB. bildende - Merkmal der 'Freiwilligkeit' nicht von den Konstatierungen des Schöffengerichtes, sondern von einem willkürlich angenommenen urteilsfremden Sachverhalt ausgeht, erweist sich die Rechtsrüge auch insoweit als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 2 Z. 2 StPO.) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO.) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

über die Berufungen wird hingegen abgesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs. 3 StPO.).

Anmerkung

E04200

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00048.83.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19830526_OGH0002_0120OS00048_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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