TE OGH 1983/7/28 12Os69/83

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Veröffentlicht am 28.07.1983
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Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Juli 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Kießwetter, Dr. Hörburger und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall und 15 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 1.März 1983, GZ. 11 a Vr 1.531/82-48, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Martin Eder und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden - angefochtenen Urteil wurde Alfred A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 2. Fall (im Urteil unrichtig angeführt 1. Fall) und 15 StGB. schuldig erkannt, weil er mit Gewalt gegen Personen und durch Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar (Faktum I) am 13.Oktober 1981 in Laakirchen dem Karl C Bargeld in der Höhe von 500 S dadurch abnötigte, daß er in Verkleidung eines Mönches dem Karl C eine abgesägte Schrotflinte anhielt und ihn mit einer Maurerschnur fesselte, wobei er von diesem 2,000.000 S verlangte und (Faktum II) am 29.Juli 1982 in Altenmarkt dem Johann D abzunötigen versuchte, indem er ihm eine geladene, abgesägte Schrotflinte anhielt und ihm drohte, er müsse ihn erschießen, wenn er sich nicht sogleich ruhig verhalten würde, wobei er ihn fesselte, der Ilse E und Johanna F die abgesägte, geladene Schrotflinte anhielt, sie mit Leukoplast fesselte und die Herausgabe von Bargeld verlangte, worauf er Banknoten in der Höhe von 1,060.000 S, 515 DM und 627.000 Lire, in den Aktenkoffer stopfte, Ilse E auf den Boden legen ließ und sie bis zur Bewußtlosigkeit würgte.

Die Geschwornen hatten die anklagekonform an sie gerichteten Hauptfragen 1.) und 3.) bejaht und die (für den Fall ihrer Verneinung gestellten) Eventualfragen 4.) bis 7.), welche den Geschwornen die Möglichkeit bot, den Angeklagten anstatt des Raubes (bloß) des Verbrechens der schweren Nötigung (§ 106 StGB.) oder des Vergehens der Freiheitsentziehung (§ 99 Abs. 1 StGB.) schuldig zu sprechen, folgerichtig unbeantwortet gelassen.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 2, 4, 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter Bezugnahme auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund bringt die Beschwerde vor, daß die Betreuung durch den Verteidiger des Angeklagten sowohl außerhalb als auch im Rahmen der Hauptverhandlung mangelhaft und eine 'Kooperation' nicht möglich gewesen sei, dieser das Fragerecht 'in äußerst dürftiger Form ausgeübt' habe und nicht mit dem nötigen Engagement vorgegangen sei. Daß die Hauptverhandlung ohne Beiziehung eines Verteidigers verrichtet worden ist - nur dies würde den Nichtigkeitsgrund des § 345 (1) Z. 2 StPO. verwirklichen, vgl. EvBl. 1973/291 -

wird in der Beschwerde hingegen nicht behauptet.

Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 345 Abs. 1 StPO. wird der Sache nach eine Verletzung der in der genannten Gesetzesstelle aufgezählten Vorschriften, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, gar nicht geltend gemacht. Denn die Beschwerde behauptet lediglich, ein Verstoß gegen die Strafprozeßordnung liege deshalb vor, weil sich der Hauptbelastungszeuge C in einer Verhandlungspause mit dem Sprecher der Geschwornen eingehend unterhalten habe und nicht von vornherein angenommen werden könne, daß dieses Gespräch lediglich verfahrensfremde Tatsachen betroffen habe.

Damit zeigt die Beschwerde in diesen beiden Fällen ihrem Inhalte nach keine Tatumstände auf, die ihrer Art nach einen der im § 345 Abs. 1 Z. 1 bis 13 StPO. aufgezählten Nichtigkeitsgründe begründen könnten.

Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO.

ist (nur) dann gegeben, wenn der Vorsitzende den Geschwornen eine unrichtige, d.h. eine zu den gesetzlichen Bestimmungen oder Grundsätzen des Strafverfahrens in Widerspruch stehende Rechtsbelehrung erteilt und diese unrichtige Rechtsbelehrung geeignet war, die Geschwornen zu beirren (Gebert-Pallin-Pfeiffer, Nr. 6 a bei § 345 Abs. 1 Z. 8

StPO.). Eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung ist dann der Unrichtigkeit gleichzustellen, wenn sie zufolge ihrer Unvollständigkeit zu Mißverständnissen in Ansehung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- und Eventualfrage gerichtet ist, zu irriger Auslegung der in den einzelnen Fragen enthaltenen Ausdrücken des Gesetzes oder zu Irrtümern über das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander oder über die Folgen der Bejahung oder der Verneinung der einzelnen Fragen Anlaß geben kann (Gebert-Pallin-Pfeiffer, Nr. 29 bei § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO.).

Eine fehlerhafte Rechtsbelehrung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß im Hinblick auf die Besonderheit des Falles - er wollte nach seiner Verantwortung keinen Raub begehen und stellte vor allem ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz in Abrede - eine Belehrung der Geschwornen über den Begriff des vorsätzlichen Handelns und im besonderen über den des Bereicherungsvorsatzes vernachlässigt und sogar 'überhaupt nicht angerissen' worden sei.

Dies jedoch nicht mit Recht.

Im vorliegenden Falle sind in der vom Vorsitzenden verfaßten Rechtsbelehrung die Erfordernisse des Vorsatzes im allgemeinen sowie die des Bereicherungsvorsatzes und das Wesen des bedingten Vorsatzes über die wörtliche Anführung der Legaldefinition hinaus klar, eindeutig und sachlich richtig wiedergegeben (vgl. S. 297, 299) und wurde den Geschwornen dadurch die Gewinnung einer richtigen Vorstellung von der auf Grund der Fragestellung in Betracht kommenden Rechtslage ermöglicht. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die Laienrichter nicht in der Lage waren, die Rechtsnatur des Vorsatzes und die des Bereicherungsvorsatzes zu erkennen. Soweit aus der Beschwerde die Behauptung entnommen werden könnte, daß in der Rechtsbelehrung auf diese Verantwortung des Angeklagten hätte abgestellt werden müssen, wäre dem zu entgegnen, daß Gegenstand der Rechtsbelehrung nur rechtliche, nicht aber tatsächliche Umstände sein können, die nur für die Beweisführung in Betracht kommen und auf den Sachverhalt des zur Beurteilung stehenden Falles daher nicht einzugehen ist.

Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 12 des § 345 Abs. 1

StPO. führt die Beschwerde aus, daß der Beschwerdeführer nicht mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern gehandelt habe, weshalb er nur der Nötigung nach § 105

StGB. hätte schuldig gesprochen werden dürfen. Die Beschwerde geht damit nicht von den im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Tatsachen (§§ 337, 351 StPO.) aus und kommt dieser Nichtigkeitsgrund daher nicht zu einer gesetzmäßigen Darstellung, die voraussetzt, daß der Beschwerdeführer den Nachweis zu erbringen versucht, die dem Wahrspruch zugrundeliegende Tat sei durch unrichtige Gesetzesauslegung einem Strafgesetz unterstellt worden, das darauf keine Anwendung findet.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die als Ergänzung zur schriftlichen Nichtigkeitsbeschwerde vom Verteidiger über ausdrücklichen Auftrag des Beschwerdeführers (vgl. S. 367) vorgelegten, von diesem selbst verfaßten Ausführungen, Beilage III, enthalten der Sache keine - wie dies das Gestz erfordert, § 285 a Z. 2 StPO. - deutlich und bestimmt bezeichnete Nichtigkeitsgründe, die einer sachlichen Erledigung zugänglich wären, entsprechen somit nicht den Verfahrensvorschriften und sind daher unbeachtlich. Sie erschöpfen sich vielmehr in Vorwürfen gegen den in der Hauptverhandlung beigegebenen Verteidiger, der seine Pflichten nicht wahrgenommen habe und in der Behauptung, der Angeklagte habe die ihm angelasteten Taten ohne Bereicherungsvorsatz verübt.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 143 erster Strafsatz StGB. zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine Mitwirkung an der Wahrheitsfindung dadurch, daß er seine Täterschaft bei dem überfall auf die G Laakirchen freiwillig zugestanden hat, sowie den Umstand, daß die Tat in einem Falle beim Versuch geblieben ist und er die Taten unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes begangen hat, als mildernd, hingegen die einschlägige Vorstrafe, die Begehung von zwei strafbaren Handlungen gleicher Art und die besondere Brutalität der Tatausführung beim überfall auf die I Altenmarkt/Triesting als erschwerend. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Zusätzliche Milderungsgründe werden in der Berufungsschrift nicht aufgezeigt. Es mag zwar zutreffen, daß sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Begehung der Straftaten in finanziellen Schwierigkeiten befunden hat; es kann aber nach dem Akteninhalt keine Rede davon sein, daß er zu diesen durch eine objektiv als drückend zu empfindende Notlage bestimmt worden ist. Unbegründet ist auch die Behauptung, der Berufungswerber habe sich der Zufügung eines größeren Schadens freiwillig enthalten und sich selbst gestellt: Beim überfall auf die G in Laakirchen mußte er sich deshalb mit einer geringeren Beute begnügen, weil der Bankbeamte Karl C die Tresorschlüssel nicht bei sich hatte, in Altenmarkt wurde er vom Filialleiter Johann D nach einem Handgemenge kampf- und fluchtunfähig gemacht. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prim.Dr. Heinrich J ist auch nicht anzunehmen (vgl. II S. 187), daß die vorliegende seelische Störung einem Schuldausschließungsgrund nahekomme.

Auch die Erschwerungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellt. Soweit der Rechtsmittelwerber vorbringt, er habe nicht mit Bereicherungsvorsatz gehandelt, sondern sozialen Selbstmord begehen wollen, auch habe er eine Verletzung der Opfer der überfälle vermeiden wollen, ist er auf den Wahrspruch der Geschwornen zu verweisen, die in beiden Fällen ein Handeln mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, bejaht haben und damit die Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig ablehnten. Der Erschwerungsgrund des § 33 Z. 2 StGB. stellt darauf ab, ob der Täter schon einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt wurde. Angesichts der grundsätzlichen Gleichstellung ausländischer mit inländischen Verurteilungen (§ 73 StGB.) kommt auch einschlägigen ausländischen Vorstrafen erschwerende Wirkung zu (Leukauf-Steininger, StGB.2, § 33 RZ. 6), sodaß das Erstgericht die Verurteilung durch das Bezirksgericht St. Gallen zutreffend als erschwerend wertete.

Auf der Basis der vom Geschwornengericht festgestellten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Strafzumessungsvorschriften (§ 32 StGB.) wird die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld vollauf gerecht und nimmt auch auf seine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende Einstellung (die sich aus der brutalen Vorgangsweise des Berufungswerbers gegenüber den Bankbeamten beim überfall in Altenmarkt manifestiert) entsprechend Bedacht.

Anmerkung

E04252

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00069.83.0728.000

Dokumentnummer

JJT_19830728_OGH0002_0120OS00069_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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