TE OGH 1983/9/19 11Os131/83

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 127 ff StGB und anderer strafbarer Delikte über die von den Angeklagten Erwin B und Günter C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 19. April 1983, GZ 4 a Vr 1877/82-135, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Hügel und Rieger sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter C wird verworfen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erwin B wird Folge gegeben und es wird - gemäß dem § 290 Abs 1

StPO auch in Ansehung des Angeklagten Wolfgang A - das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des diesen beiden Angeklagten laut Punkt I des Urteilsspruches zur Last liegenden Diebstahls auch unter die Bestimmung des § 127 Abs 2 Z 2

StGB sowie demgemäß auch im diese beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Wolfgang A und Erwin B werden für die ihnen laut dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden Straftaten, nämlich Wolfgang A für das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen, teils räuberischen, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 (erster Fall), 131 StGB, ferner für das Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB sowie für das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB und Erwin B für das Verbrechen des schweren, teils durch Einbruch begangenen Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB und für das Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 (erster Fall) StGB, nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Wolfgang A in der Dauer von 2 1/2 (zweieinhalb) und Erwin B in der Dauer von 20 Monaten verurteilt. Die Aussprüche über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und die Anrechnung der Vorhaftzeiten werden in Ansehung dieser beiden Angeklagten aus dem Ersturteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Erwin B auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Günter C wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Erwin B und Günter C auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ua der am 24. Juli 1962 geborene beschäftigungslose Wolfgang A des Verbrechens des 'gewerbsmäßigen schweren, teils räuberischen Diebstahls, teils durch Einbruch' nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 und 2, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130, 131 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB, der am 18. März 1963 geborene, ebenfalls beschäftigungslose Erwin B des Verbrechens des schweren Diebstahls, teils durch Einbruch, nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 und 2, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 StGB, und der am 23. August 1962 geborene Installateur Günter C des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt. Dem Angeklagten A liegen neben der Verletzung des Gerhard D (Hämatome am Kopf) durch den Wurf eines gußeisernen Kerzenleuchters insgesamt 22 Diebstahlsfakten mit einem den Betrag von 5.000 S um ein Mehrfaches übersteigenden Wert der Beute und der unbefugte Gebrauch zweier Mopeds, Erwin B 15 Diebstähle von Handtaschen, mehrere Einbrüche in Kleingartenhäuser, der Diebstahl zweier Nothämmer und der Diebstahl von Kaugummi nach Aufbrechen eines Automaten sowie der unbefugte Gebrauch eines LKWs zur Last. Die Angeklagten B und C bekämpfen ihren Schuldspruch (B nur in Ansehung des Punktes I A 1 desselben) mit von ihnen auf die Nichtigkeitsgründe der Z 10

(B), bzw der Z 5, 9 lit a (der Sache nach auch lit b) und 10 (C) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden und die Strafaussprüche jeweils mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

A./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erwin B und zu der Maßnahme nach dem § 290 Abs 1 StPO in Ansehung des Angeklagten Wolfgang A:

Den Angeklagten Wolfgang A und Erwin B wird zu Punkt I A 1 des Schuldspruches angelastet, Anfang Februar 1982 in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) den Wiener Verkehrsbetrieben zwei Nothämmer im Gesamtwert von 60 S aus einem Straßenbahnzug, mithin aus einem dem Massenverkehr dienenden Transportmittel, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Das Erstgericht unterstellte diese Tat auch der Bestimmung des § 127 Abs 2 Z 2 StGB, weil es - wie insbesondere die Fassung des Urteilsspruches erkennen läßt - ersichtlich der Meinung war, diese Diebstahlsqualifikation erfordere lediglich, daß die fremde bewegliche Sache aus einem dem Massenverkehr dienenden Transportmittel gestohlen wird.

Dem dagegen erhobenen Einwand des Angeklagten B kommt Berechtigung zu.

Die Subsumtion eines Diebstahls unter die Bestimmung des § 127 Abs 2 Z 2 StGB setzt nach dem klaren Wortlaut dieser Gesetzesstelle nicht nur voraus, daß der Diebstahl in oder aus Räumlichkeiten oder Transportmitteln einer dem Massenverkehr dienenden Einrichtung - was hier zutrifft - begangen wird, sondern überdies, daß das Objekt der Tat eine beförderte oder zur Beförderung bestimmte Sache oder die Sache eines Fahrgastes ist. Sogenannte 'Nothämmer', bei denen es sich (notorisch) um Werkzeuge handelt, die zum Inventar von Straßenbahnwagen gehören und dort angebracht sind, um den Insassen in Notfällen durch Einschlagen von Fensterscheiben die Schaffung eines Fluchtweges aus dem Wagen zu ermöglichen, sind Eigentum der Verkehrsbetriebe (und nicht etwa eines Fahrgastes) und auch nicht als 'beförderte oder zur Beförderung bestimmte Sachen' anzusehen. Denn 'beförderte Sachen' sind nur solche, die deshalb in das Transportmittel verfrachtet worden sind, um damit von einem Ort zum anderen verbracht zu werden, und deren Gewahrsam (zu diesem Zweck) vom Aufgeber an das Verkehrsunternehmen übergegangen ist (vgl hiezu Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RZ 84 zu § 127 StGB). Hingegen fallen Teile (Zubehör) eines Transportmittels nicht unter diese Gesetzesstelle (vgl Bertel im WK zum StGB, RZ 65 zu § 127). Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde war aber auch die in gleicher Weise dem Schuldspruch des Angeklagten Wolfgang A anhaftende materiellrechtliche Nichtigkeit gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzugreifen.

B./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter C:

Diesem Angeklagten liegt zur Last, am 21. September 1982 in Wien in Gesellschaft der Mitangeklagten Harald G und Christian H als Beteiligte (§ 12 StGB) versucht zu haben, dem Peter I Kraftstoff in geringer Menge durch Abschlauchen von einem Kraftfahrzeug mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern (Faktum I D).

Die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Mängelrüge erschöpft sich zur Gänze im Versuch, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, welches aus den unbedenklich getroffenen konkreten Feststellungen über den äußeren Tathergang und das dabei vom Angeklagten C an den Tag gelegte Verhalten auch Schlüsse auf die Verwirklichung des subjektiven Tatbildes des Vergehens nach den §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB zog, welche sowohl den Denkgesetzen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend und folglich einer Anfechtung unter dem Gesichtspunkt nur offenbar unzureichender Begründung entzogen sind (vgl S 366 bis 368). Die Rechtsrüge des Angeklagten Günter C entbehrt, soweit sie den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO releviert, gleichfalls der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes zur Tatfrage ausgeht. Im Ergebnis Gleiches gilt für den weiters herangezogenen Nichtigkeitsgrund der Z 10 der genannten Gesetzesstelle, zumal mit dem bezüglichen Beschwerdevorbringen, daß 'der dem Urteil des Erstgerichtes zugrundeliegende Rechtsirrtum' - womit nach dem Kontext bloß die vom Beschwerdeführer angezweifelte Beweiswürdigung des Erstgerichtes gemeint ist -

'von entscheidendem Einfluß auf Art und Ausmaß der verhängten Strafe geblieben' sei und ohne diesen Irrtum mit einem Freispruch vorgegangen oder über den Angeklagten C eine gelindere Strafe verhängt worden wäre, weder der ziffernmäßig angeführte noch ein anderer Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird.

Unbegründet aber ist die Rechtsrüge dieses Angeklagten schließlich, soweit er - diese Ausführungen als 'Nachtrag zu Z 9 a' bezeichnend, damit aber der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend machend - dem Erstgericht vorwirft, zu Unrecht nicht die Bestimmung des § 42 StGB angewendet zu haben. Denn angesichts des Vorliegens von zwei einschlägigen Vorstrafen, wobei die zweite Verurteilung (zu sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen der §§ 127 ff StGB) erst etwa einen Monat vor der gegenständlichen Tat ausgesprochen wurde (ON 25 im Akt 3 c E Vr 13146/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), ist eine Bestrafung des Beschwerdeführers schon deshalb geboten, um ihn von (weiteren) strafbaren Handlungen abzuhalten. Es liegt daher jedenfalls die Voraussetzung des Abs 1 Z 3 des § 42 StGB nicht vor, weshalb sich eine Erörterung der Frage, ob die weiteren (kumulativen) Voraussetzungen der genannten Gesetzesstelle gegeben wären, erübrigt. Eine Anwendung des § 42 StGB wurde sohin vom Erstgericht zu Recht nicht in Betracht gezogen.

Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerden spruchgemäß zu erkennen. Bei der infolge Aufhebung des erstgerichtlichen Strafausspruches hinsichtlich der Angeklagten A und B notwendigen Neubemessung der Strafen wertete der Oberste Gerichtshof bei beiden Angeklagten als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei (A) bzw einem (B) Vergehen, die mehrfache Qualifikation des Diebstahls und (bei B) des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen sowie den raschen Rückfall, als mildernd das Geständnis und das Alter unter 21 Jahren. Bei diesen Strafzumessungsgründen erscheinen Freiheitsstrafen in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe - somit in dem Ausmaß, welches bereits das Erstgericht verhängte -

als tatschuldadäquat. Durch die geringfügig korrigierte materiellrechtliche Beurteilung trat keine wesentliche önderung im Unrechts- und Schuldgehalt der von diesen Angeklagten verübten Taten ein.

über den Angeklagten Günter C verhängte das Schöffengericht nach dem § 127 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten. Es zog dabei als erschwerend nichts, als mildernd das Geständnis, den Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb, und das Alter des Angeklagten unter 21 Jahren in Betracht.

Mit seiner Berufung strebt dieser Angeklagte lediglich die Gewährung

bedingter Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Berufungswerber weist zwei einschlägige Vorstrafen auf. überdies wurde über ihn vom Strafbezirksgericht Wien am 29. April 1983 (GZ 20 U 593/83-2) wegen des Vergehens der Sachbeschädigung eine Geldstrafe verhängt. (Mangels Bekämpfung des Strafausmaßes kann allerdings eine Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf diese Strafverfügung nicht erfolgen). Schon wegen der strafrechtlichen Vorbelastung des Angeklagten muß dem Berufungsbegehren aus Gründen der Spezialprävention ein Erfolg versagt bleiben.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf den zitierten Gesetzesstellen.

Anmerkung

E04311

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00131.83.0919.000

Dokumentnummer

JJT_19830919_OGH0002_0110OS00131_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten