TE OGH 1983/10/19 11Os114/83

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Veröffentlicht am 19.10.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführers in der Strafsache gegen Peter Anton Maria A wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengerichtes vom 25.April 1983, GZ. 12 a Vr 82/81-54, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wilfried Ludwig Weh und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.September 1947 geborene Vertreter Peter Anton Maria A des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB. schuldig erkannt, weil er am 7.Oktober 1980 in Bregenz mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, versucht hatte, Angestellte der C, Versicherungs-AG. Wien, durch Erstattung einer Schadensmeldung, worin er angab, am 1. Oktober 1980

gegen 21,10 Uhr als Lenker seines PKW. Marke Citroen CX 2000, Kennzeichen V 244, auf der Straße zwischen Lingenau und Egg-Großdorf in einer Rechtskurve infolge überhöhter Geschwindigkeit über den linken Fahrbahnrand geraten und über die Böschung abgestürzt zu sein, wogegen er in Wirklichkeit zuvor aus dem Fahrzeug ausgestiegen war und das Fahrzeug in den Abgrund gestoßen hatte, sohin durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über einen die Leistungsfreiheit des Versicherers begründenden Umstand, zu einer Handlung, und zwar der Leistung eines Betrages von 184.800 S aus dem Autokaskoversicherungsvertrag Pol.Nr. 2067/055114-0 zu verleiten, wodurch die genannte Versicherungsanstalt an ihrem Vermögen einen 100.000 S übersteigenden Schaden erleiden sollte.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer Nichtigkeitsbeschwerde, welche er ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 1 a, 4, 5 und 9 lit. a sowie auf die 'Verletzung des Art. 6 EMRK' stützt. Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung präzisierte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin, daß gerügte Verstöße gegen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK.), soweit sie nicht den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 1 a StPO. betreffen, im Sinn der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 4 leg.cit. zu verstehen seien (S. 28 des OsAktes).

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 1 a StPO., wonach dem Beschwerdeführer auch ohne entsprechende Antragstellung zur Verfassung des Einspruches gegen die Anklageschrift ein Verteidiger gemäß dem § 41 Abs. 2 StPO beizugeben gewesen wäre, sind schon vom Ansatz her verfehlt, weil sie - im Widerspruch zur Systematik der Strafprozeßordnung - davon ausgehen, daß das Verfahren über den Einspruch gegen die Anklageschrift einen Teil der Hauptverhandlung bildet. Da dies jedoch nicht der Fall ist, geht die diesbezügliche Rüge ins Leere. Damit ist aber auch einer sachlichen Erörterung der Frage, ob insoweit hier ein Verstoß gegen die MRK. vorliegt, der Boden entzogen.

Soweit sich der Angeklagte in seiner Verfahrensrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.) mit den in der Hauptverhandlung vom 29.November 1982 erstatteten Gutachten der Sachverständigen Erich F (S. 419 ff.) und Ing. Anton G (S. 423 ff.) kritisch auseinandersetzt und diese Ausführungen zu widerlegen sucht, führt er weder den herangezogenen noch einen anderen Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig aus, sondern versucht nur - ebenso wie mit dem als 'Einschub' bezeichneten Beschwerdevorbringen (Punkt g - in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, weshalb sein Beschwerdevorbringen auch insoweit unbeachtlich ist. Was jedoch die - allerdings den vorerwähnten Nichtigkeitsgrund zur Darstellung bringende - Rüge anlangt, das Erstgericht habe zu Unrecht Beweisanträge des Angeklagten abgewiesen, ist zunächst festzuhalten, daß der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. nur auf die Abweisung oder Nichterledigung solcher Beweisanträge gestützt werden kann, welche der Beschwerdeführer in der der Urteilsfällung vorangehenden Hauptverhandlung gestellt oder - falls er sie schon früher gestellt hatte - ausdrücklich wiederholt hat. Ist ein Beweisantrag hingegen in der späteren, mit der Urteilsfällung zum Abschluß gebrachten Hauptverhandlung, die keine bloße Fortsetzung der vertagten Hauptverhandlung gewesen ist, sondern vor einem anders zusammengesetzten Gericht oder nach Ablauf der im § 276 a StPO. genannten Monatsfrist neu durchgeführt wurde, nicht erneuert worden, so ist der Gerichtshof in der neuen Hauptverhandlung nicht in der Lage, über diesen Antrag ein Zwischenerkenntnis zu fällen, weshalb aus der Unterlassung der Aufnahme bloß in einer früheren Hauptverhandlung (oder auch nur vor der Hauptverhandlung in einem Schriftsatz) beantragter Beweise der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO.

nicht abgeleitet werden kann (vgl. dazu u.a. Mayerhofer-Rieder, StPO. II 2 , E.Nr. 5, 6 zu § 276 a;

Nr. 1, 29 und 33 zu § 281 Abs. 1 Z. 4).

Im vorliegenden Falle wiederholte der Angeklagte in der mit der Urteilsfällung abgeschlossenen Hauptverhandlung vom 25.April 1983 die Punkte 1, 2, 3, 4, 6 und 7 seines in der Hauptverhandlung vom 29. November 1982 gestellten (und damals abgewiesenen) Beweisantrages sowie überdies den Antrag auf Ladung der Zeugen Dr. H und Dr. I (Mitarbeiter der C) zum Beweis dafür, daß diese Zeugen dem Verteidiger bei einer Besprechung am 29.März 1983 erklärt haben, dem Angeklagten sei bereits nach seinem zweiten Unfall mitgeteilt worden, in einem dritten Fall würde nicht mehr von der Versicherung geleistet werden (vgl. S. 425-427 und 429 i.V.m. S. 501). Die - soweit sie schon früher gestellt worden waren, neuerliche Abweisung dieser Beweisanträge in der Hauptverhandlung vom 25.April 1983 entsprach jedoch entgegen der Meinung des Beschwerdeführers aus nachstehenden Erwägungen dem Gesetz:

Mit Punkt 1 seines Beweisantrages vom 29.November 1982 beantragte der Angeklagte die Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens zum Beweis dafür, daß es möglich sei, auf einer Rutschstrecke von 150 m mit einem Gefällewinkel von 50 Grad ein Fahrzeug durch die Türe zu verlassen, sowie dafür, daß ein Fahrzeug nach der vom Sachverständigen geschilderten kurzen Strecke nicht bereits eine Geschwindigkeit von 58 km/h erreicht. Hiebei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, daß die Möglichkeit, unter den umschriebenen, bzw. hinsichtlich der behaupteten geringeren Geschwindigkeit ebenfalls zu beweisenden Umständen ein Fahrzeug durch die Türe zu 'verlassen' (oder auch hinausgeschleudert zu werden) - und nur dies sollte nach dem angeführten Beweisthema nachgewiesen werden - keines Beweises bedarf, weil sie schon nach allgemeinen Erfahrungssätzen außer Zweifel steht. Das Erstgericht gelangte jedoch in freier Beweiswürdigung und mit hinreichender Begründung auf Grund einer Vielzahl anderer Beweisergebnisse, betreffend die Örtlichkeit des Tatgeschehens, die seinerzeit festgestellten Absturz- und Bergungsspuren, den Zustand des Fahrzeugwracks und das Fehlen sichtbarer Verletzungen des Angeklagten wie auch irgendwelcher Beschädigungs oder Verschmutzungsspuren an seiner damals getragenen Kleidung und schließlich auch unter Berücksichtigung des Vorlebens des Angeklagten (Vorverurteilung wegen mehrfachen schweren Versicherungsbetruges) zur Feststellung, daß der Lenker des Personenkraftwagens (nämlich der Angeklagte) in diesem Fall weder durch das geöffnete Fenster noch überhaupt während eines Unfalls aus dem Wagen geschleudert wurde, sondern gar kein Unfall stattfand und sondern der unbesetzte Wagen vielmehr von ihm vorsätzlich in den Abgrund gerollt wurde. Aus der Konstatierung der Möglichkeit, daß man - allgemein gesprochen - auch einen bereits abstürzenden oder abrutschenden Personenkraftwagen durch die Türe verlassen kann, ist daher vorliegend für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen.

Die Einholung eines (ergänzenden) kraftfahrzeugtechnischen Gutachtens zu dieser Frage erübrigte sich.

Mit den Punkten 2, 3 und 4 seines Beweisantrages begehrte der Beschwerdeführer die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Erklärung dafür, wieso er, der an Depressionen sowie beruflichen und familiären Problemen leide bzw. gelitten habe, innerhalb von zwei Monaten 'drei gleichartige Unfälle begehen, bzw. verursachen konnte, von denen nur der letzte als Betrugsversuch technisch erklärt werden kann' (Punkt 2), die Einholung eines internistischen Gutachtens zum Beweis dafür, ob 'die dreimaligen Fehlverhalten des Angeklagten' auf Hypoglykämie, Blutdruckabfall, Zustand totaler Erschöpfung, Einnicken, streßbedingte Ablenkung vom Fahrgeschehen zurückzuführen seien (Punkt 3) und Einholung eines fachärztlichen Gutachtens, ob Nachtblindheit oder Blendeinwirkung zu falschen Lenkmanövern geführt haben können (Punkt 4). Auch diese Anträge verfielen nach dem Gesagten zu Recht der Abweisung, weil durch derartige Beweisaufnahmen nach den Denkgesetzen ein Nachweis, daß vorliegend ein fahrtechnisches Fehlverhalten des Angeklagten nicht nur theoretisch möglich war, sondern auch tatsächlich stattfand und zu einem Unfall führte, nicht möglich ist, diese Beweisanträge vielmehr umgekehrt bereits von diesem vom Erstgericht aus anderen Gründen ausdrücklich verneinten Umstand als feststehender Prämisse ausgehen und sohin bloß Ursachen eines nach den getroffenen Konstatierungen gar nicht stattgehabten Geschehens zu ergründen suchen, womit sie ins Leere gehen.

Die Vornahme eines Augenscheines 'an allen drei Stellen, an denen der Angeklagte einen Unfall verursacht hat' (Punkt 6 des Beweisantrages), erübrigte sich deshalb, weil die örtlichen Verhältnisse an der für das vorliegende Verfahren allein interessierenden Stelle des Geschehens vom 1.Oktober 1980 im Zuge der durchgeführten Erhebungen und eingeholten Sachverständigen-Gutachten hinreichend aktenkundig gemacht wurden. In der Hauptverhandlung vom 25.April 1983 wurden die entsprechenden Aktenteile -

worauf noch bei Behandlung der Mängelrüge zurückzukommen sein wird - verlesen (S. 498), sodaß auch sie eine Urteilsgrundlage bildeten. Die Auffindung bisher nicht bekannter, entscheidungswesentlicher Spuren der Ereignisse am Ort des Absturzes des Fahrzeuges des Angeklagten kann aber nach einem Zeitraum von fast drei Jahren nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen werden. Die Einvernahme des Zeugen Karl H. K (Punkt 7 des Beweisantrages) konnte im Hinblick darauf unterbleiben, daß die hiedurch zu beweisenden Umstände - daß sich nämlich bei einem früheren Unfall des Angeklagten das Fahrzeug in einer solchen Endlage befunden habe, daß es durch geringfügige Manipulation zwar nicht total, jedoch wesentlich höher (gemeint: schwerer) beschädigt werden hätte können - ohne entscheidungswesentliche Bedeutung sind. Gleiches gilt schließlich auch für den Antrag auf Vernehmung der Zeugen Dr. H und Dr. I, weil auch eine hiedurch zu beweisende, dem Angeklagten angeblich nach seinem zweiten Unfall zugekommene Mitteilung, die C würde bei einem dritten Unfall keine Leistungen mehr erbringen, nicht ausschließen würde, daß der Angeklagte trotzdem versuchte, einen 'dritten Unfall' glaubwürdig vorzutäuschen und solcherart die Versicherungsanstalt auf die im Urteilsspruch genannte Weise betrügerisch zu schädigen, zumal ihm ja angesichts aufrechten Versicherungsschutzes weiterhin ein Rechtsanspruch auf Leistung im Fall eines Unfallschadens an seinem Personenkraftwagen zustand.

Die vorgenannten Beweisanträge des Angeklagten konnten sohin ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte abgewiesen werden. Insoweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. Aspekte der MRK. beleuchten will, ist ihm zu entgegnen, daß es an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung (vom 25.April 1983) mangelt.

Die Verfahrensrüge ist demnach unberechtigt.

Mit seiner - zum Teil formal ebenfalls in den Rahmen seiner Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des Par 281 Abs. 1 StPO. gestellten - Behauptung, das Erstgericht habe das angefochtene Urteil zu Unrecht auf Beweisergebnisse, insbesondere die Gutachten der Sachverständigen Erich F und Ing. Anton G sowie die Aussagen der Zeugen M, N, O, P (richtig: Q) und R, gestützt, die deshalb nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen seien, weil in der mit der Urteilsfällung abgeschlossenen Verhandlung vom 25.April 1983 trotz überschreitung der Monatsfrist des § 276 a StPO. und inzwischen eingetretenen Richterwechsels weder das Beweisverfahren neu durchgeführt noch die bisherigen Beweisergebnisse gemäß dem § 252 Abs. 1 Z. 4 StPO. einverständlich verlesen, sondern diese Ergebnisse bloß im Sinn einer kurzen zusammenfassenden Schilderung durch den Vorsitzenden 'dargetan' worden seien, macht der Beschwerdeführer der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. geltend.

Auch diese Rüge versagt.

Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 25.April 1983 (S. 498) ergibt, hatte der Vorsitzende nicht etwa im Sinn des ersten Satzes des § 276 a StPO. bloß die bisherigen Ergebnisse der früheren Verhandlung (vom 29.November 1982) nach dem Protokoll und den sonst zu berücksichtigenden Akten mündlich vorgetragen und die Fortsetzung der Verhandlung daran geknüpft, sondern es hatte das Erstgericht den Beschluß auf Neudurchführung des Verfahrens wegen Zeitablaufes und Wechsels in der Besetzung des Gerichtes gemäß dem § 276 a StPO. gefaßt und damit klargestellt, daß es (zutreffend) 3m Sinn des zweiten Satzes der genannten Gesetzesstelle vorgeht. Im Kontext hiemit kann im darauffolgend protokollierten Satz, 'einverständlich dargetan werden die bisherigen Verfahrensergebnisse, insbesondere Hauptverhandlungs-Protokoll ON. 37, weiters das Erhebungsergebnis ON. 41' das Wort 'dargetan' nur als Synonym für 'verlesen' angesehen werden, zumal es im Fall einer bloßen Zusammenfassung der bisherigen Verhandlungsergebnisse im Sinn des § 276 a erster Satz StPO. einer ausdrücklichen Feststellung der einverständlichen Setzung eines derartigen Verfahrensschrittes nicht bedurft hätte. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr damit argumentiert, daß er sich mit einer bloßen Verlesung der bisherigen Gutachten der Sachverständigen Erich F und Ing. Anton G aus verschiedenen Gründen niemals einverstanden erklärt hätte, so steht dem entgegen, daß er bzw. sein Verteidiger sich nach der Aktenlage sogar mit einer 'Dartuung' begnügten, welcher er bloß den Charakter einer als Urteilsgrundlage nicht tauglichen, vorliegend nicht ausreichenden Zusammenfassung der bisherigen Verhandlungsergebnisse im Sinn des ersten Satzes des § 276 a StPO. zuerkennen will, und eine Antragstellung auf Einholung neuer Gutachten dieser Sachverständigen zum gesamten Fragenkomplex unterließ, welche die ihm nach dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen unerläßlich erscheinende ergänzende Befragung der beiden Sachverständigen und die Erhebung kritischer Einwendungen gegen ihre Gutachten gestattet hätte.

Das Erstgericht konnte mithin die gesamten Verfahrensergebnisse als Urteilsgrundlage heranziehen, ohne damit den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. (oder einen anderen Nichtigkeitsgrund) zu verwirklichen. Den restlichen Ausführungen zur Mängelrüge ist bloß zu entgegnen, daß die Frage, welches Licht am Fahrzeug des Angeklagten zum Zeitpunkt des Absturzes eingeschaltet war, für die Entscheidung belanglos ist und das Erstgericht auch keine Veranlassung hatte, sich mit zwei vorangegangenen Unfällen zu befassen, die nicht verfahrensgegenständlich sind, weil es vorliegend nur darauf ankommt, ob der Absturz des PKW. des Angeklagten am 1.Oktober 1980 von ihm vorsätzlich verursacht wurde und er in der Folge mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz versuchte, die Angestellten der C zwecks Erlangung einer ihm nicht zustehenden Entschädigungssumme über den wahren Ablauf der Geschehnisse zu täuschen, was das Erstgericht feststellte und in übereinstimmung mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung hinreichend begründete. Auch mit der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten setzte es sich in diesem Zusammenhang entgegen den Beschwerdebehauptungen entsprechend auseinander.

Auch der Mängelrüge des Angeklagten kann sohin kein Erfolg beschieden sein.

Soweit der Angeklagte in Ausführung seiner den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.

anrufenden Rechtsrüge als Feststellungsmangel rügt, das Erstgericht habe keine Feststellung dahingehend getroffen, daß Art. 11 B (6) der Allgemeinen Bedingungen für die Kasko- und Insassenunfallsversicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern (AKIB.) (wonach bei Vorschäden im selben Versicherungsjahr im Fall der Nichtzahlung einer 'Nachschußprämie' bei einem neuerlichen Versicherungsfall die früheren Leistungen des Versicherers bei Berechnung der nunmehrigen Entschädigungssumme abzuziehen waren) seit 1.Mai 1979 keine Anwendung mehr finde, ist ihm zu entgegnen, daß der behauptete Feststellungsmangel nicht vorliegt, weil der Schriftsatz der C ON. 41, aus dem sich ergibt, daß seit dem genannten Zeitpunkt auch ohne Leistung einer Nachschußprämie durch den Versicherten in derartigen Fällen die volle Ersatzleistung nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen auch dann gewährt wird, wenn sich mehrere Schadensfälle im selben Versicherungsjahr ereignet haben, und der Schaden, welcher der C bei Vollendung der Tat des Angeklagten erwachsen wäre, demzufolge 184.800 S betragen hätte, in der Hauptverhandlung vom 25.April 1983 verlesen (S. 498) und im Urteil ausdrücklich hierauf bezug genommen wurde (S. 505/506). Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß auch die Zugrundelegung einer Leistungspflicht der C im Ausmaß von bloß rund 120.000 S, wie dies der Angeklagte behauptet (vgl. S. 389, 395), hier ohne rechtliche Bedeutung wäre, weil auch in diesem Fall der strafsatzbestimmende Wertbetrag des Par 147 Abs. 3 StGB. von 100.000 S überschritten würde.

Wenn der Angeklagte aber vermeint, ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz sei - jedenfalls in Ansehung eines Betrages der zu leistenden Entschädigungssumme von etwa 140.000 S - deshalb von vornherein auszuschließen, weil er 'diesen Preis auch auf dem freien Kraftfahrzeugmarkt hätte erreichen können' und er sich folglich insoweit auch bei Erbringung einer Leistung der Versicherungsanstalt nicht bereichert hätte, so unterliegt er einem Irrtum. Denn es ist nicht von einem Vergleich der Vermögensverhältnisse des Täters auszugehen, wie sie einerseits gewesen wären, wenn er das auf die Vollendung des ihm vorgeworfenen schweren Betruges abzielende Gesamttatgeschehen überhaupt nicht in Szene gesetzt - d.h. vorliegend den PKW.

unversehrt behalten oder um einen entsprechenden Preis an jemanden verkauft - hätte, und wie sie sich andererseits gestaltet hätten, wenn sein Deliktsplan den beabsichtigten Verlauf genommen hätte, vorliegend das Fahrzeug also zerstört und sein Wert ihm vom Versicherer ersetzt worden wäre, sondern es sind die Vermögensverhältnisse des Angeklagten zum Tatzeitpunkt - also zum Zeitpunkt der (versuchten) Täuschungshandlung und (hypothetisch) jene nach vollendetem Betrug zueinander in Relation zu setzen. Demnach hatte der Angeklagte aber durch die vorsätzlich selbst herbeigeführte Vernichtung seines Personenkraftwagens, der damals einen Versicherungswert von 184.800 S hatte, sein Vermögen um diesen Betrag vermindert, ohne gegen irgend jemanden, insbesondere die C als Versicherer des PKWs, einen Anspruch auf Ersatz des eingetretenen Schadens zu haben. Bei Gelingen seines Betrugsplanes in Form der Erlangung einer ihm rechtlich nicht zustehenden Zahlung von 184.800 S hätte er daher sein Vermögen um diesen Betrag unrechtmäßig wieder vermehrt und sich hiedurch in diesem Ausmaß unrechtmäßig bereichert. Der weitere Einwand des Beschwerdeführers, eine Bereicherung scheide auch deshalb 'wohl aus', weil er als Versicherungsvertreter auf sein Fahrzeug angewiesen sei und daher wieder einen neuen PKW. benötigt hätte, ist als unverständlich einer sachlichen Erörterung nicht zugänglich.

Ohne Rechtsirrtum erkannte das Erstgericht sohin den Angeklagten des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig, weshalb auch die Rechtsrüge versagt. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war mithin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 3 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe als erschwerend, hingegen das längere Zurückliegen der Tat in Verbindung mit dem zwischenweiligen Wohlverhalten des Angeklagten, seine - vom Sachverständigen auf dem Gebiete der Psychiatrie und Neurologie bescheinigte - eingeschränkte Urteils und Kritikfähigkeit zur Tatzeit und den Umstand, daß der Betrug nur bis ins Versuchsstadium gedieh, als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Der Berufung kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Zu Unrecht reklamiert der Rechtsmittelwerber den zusätzlichen Milderungsgrund des § 34 Z. 2 StGB. Seiner Annahme steht die erwähnte Vorstrafe wegen eines ähnlich gelagerten Betrugsdeliktes entgegen. Die psychische Beeinträchtigung, auf welche der Angeklagte gleichfalls hinweist, wurde vom Erstgericht ohnehin als Milderungsumstand angenommen. Auf der Basis der vom Erstgericht zutreffend festgestellten und gewürdigten Strafzumessungsgründe wurde eine angemessene Freiheitsstrafe verhängt, zu deren Reduktion sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt sieht. Nur der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß der vom Berufungswerber angeregten Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB.) auch mangels eines beträchtlichen überwiegens der Milderungsgründe im Verhältnis zu den Erschwerungsumständen nicht nähergetreten werden kann. Der Gewährung der bedingten Strafnachsicht - hier gemäß § 43 Abs. 2 StGB. - stehen spezial- und generalpräventive Erwägungen entgegen. Auf Grund des Vorlebens des Angeklagten sind besondere Gründe für die Annahme künftigen Wohlverhaltens im Fall bedingter Strafnachsicht nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00114.83.1019.000

Dokumentnummer

JJT_19831019_OGH0002_0110OS00114_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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