TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/31 2003/20/0138

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Veröffentlicht am 31.05.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §15 idF 1999/I/076;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 idF 1997/I/076;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 10. März 2003, Zl. 227.890/3-II/04/03, betreffend § 15 AsylG (mitbeteiligte Partei: M in F, geboren 1977, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Pfarrplatz 17) zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Dezember 2002 ersatzlos behoben worden ist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben am 12. Dezember 2001 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 3. April 2002 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I) und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan nicht zulässig sei (Spruchpunkt II).

Gegen die Abweisung seines Asylantrages (Spruchpunkt I) erhob der Mitbeteiligte am 16. April 2002 Berufung an die belangte Behörde.

In einem an das Bundesasylamt gerichteten Schriftsatz vom 28. November 2002 beantragte der Mitbeteiligte unter Bezugnahme auf Spruchpunkt II des zuvor genannten Bescheides die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG. Über diesen Antrag entschied das Bundesasylamt mit Bescheid vom 3. Dezember 2002 dahingehend, dass dem Mitbeteiligten "für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Spruchpunkte I. und II."

(gemeint: des Bescheides vom 3. April 2002) eine Aufenthaltsberechtigung "gemäß § 15 Absatz 1 iVm § 15 Absatz 3 Asylgesetz 1997 ... befristet auf drei Monate" erteilt werde.

Diesen Bescheid bekämpfte der Mitbeteiligte mit Berufung vom 6. Dezember 2002 an die belangte Behörde, in der er primär die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG "ohne Bedingung(en)" begehrte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde "gemäß den §§ 59 Abs. 1, 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 38 Abs. 1" AsylG, dass in teilweiser Erledigung der Berufung des Mitbeteiligten vom 16. April 2002 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 3. April 2002 und in Erledigung seiner Berufung vom 6. Dezember 2002 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 3. Dezember 2002 "a) der Bescheid vom 3.12.2002 ... ersatzlos behoben" und "b) der Bescheid vom 3.4.2002 ... insoferne abgeändert" werde, "als diesem ein weiterer Spruchteil, folgenden Wortlautes, angefügt wird: III) Dem Mohibulah MOHAMMAD wird gemäß § 15 Abs. 1 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 31.3.2003 erteilt."

Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei durch ihre - näher zitierte - Rechtsprechung unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2001, G 138/00 u.a., hinreichend klargestellt, dass das Bundesasylamt "in einer Konstellation wie der vorliegenden", in der es zwar den Asylantrag gemäß § 7 AsylG abweise, jedoch Abschiebungsschutz gemäß § 8 AsylG gewähre, bei Vorliegen der weiteren im § 15 Abs. 1 AsylG genannten Voraussetzung eine befristete Aufenthaltsberechtigung - und zwar nach Abs. 3 dieser Bestimmung für höchstens ein Jahr - zu erteilen habe. Zutreffenderweise rüge der Mitbeteiligte daher, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 3. Dezember 2002 "kein klares Datum", bis zu dem eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt werde, enthalte. Weiters sei "unstreittig", dass "rechtsrichtigerweise" die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Dezember 2002 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung eigentlich bereits uno actu mit seinem Bescheid vom 3. April 2002 zu erteilten gewesen wäre. In Sanierung beider Mängel habe daher die belangte Behörde eine befristete Aufenthaltsberechtigung durch Aufnahme eines diesbezüglichen Spruchteiles in den Bescheid vom 3. April 2002 erteilt, und zwar "in etwa unter Ausschöpfung der Maximalfrist von einem Jahr" (gerechnet ab "Ausstellung" des zuletzt genannten erstinstanzlichen Bescheides). Da eine Entscheidung auch über "die Spruchteile I und II" des erstinstanzlichen Bescheides vom 3. April 2002 noch nicht getroffen werden könne, habe die belangte Behörde im gegenständlichen Fall von dem ihr in § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG eingeräumten Ermessen (gemeint offenkundig im Sinne der Erlassung eines Teilbescheides) Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und den Mitbeteiligten erwogen hat:

Im gegenständlichen Verfahren hat das Bundesasylamt mit seinem Bescheid vom 3. April 2002 - bei gleichzeitiger Abweisung des Asylantrages - die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Mitbeteiligten nach Afghanistan für unzulässig erklärt. Ausgehend davon ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Rechtsansicht der belangten Behörde, die Entscheidung über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Abs. 1 AsylG hätte durch das Bundesasylamt bereits in Verbindung mit seiner positiven Refoulment-Entscheidung getroffen werden müssen, nicht zu beanstanden (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. September 2003, Zlen. 2002/20/0399 (im Besonderen Punkt 2.1. der Entscheidungsgründe) und 2002/20/0333). Der Vollständigkeit halber sei allerdings hinzugefügt, dass die unterbliebene (amtswegige) Erteilung der Aufenthaltsberechtigung durch das Bundesasylamt dem Mitbeteiligten nicht die Möglichkeit nahm, außerhalb einer Berufung gegen den Bescheid vom 3. April 2002 einen darauf abzielenden Antrag zu stellen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2002/20/0427). Auch dem Argument der belangten Behörde, der erstinstanzliche Bescheid vom 3. Dezember 2002 lasse ein "klares Datum", bis zu dem die Aufenthaltsberechtigung erteilt werde, vermissen, begegnen im Ergebnis keine Bedenken. Die belangte Behörde legt zwar nicht näher dar, aus welchen Gründen sie die Ansicht des Bundesasylamtes, die befristete Aufenthaltsberechtigung von drei Monaten sei an die Bedingung der Rechtskraft ihres Bescheides vom 3. April 2002 geknüpft, für unrichtig erachtet. Die (unbedingte) Festlegung eines Datums, bis zu dem die befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt wird, steht aber jedenfalls im Einklang mit der im bereits zitierten Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2002/20/0399, näher begründeten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Wirksamkeit der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht von der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung abhängig ist, womit auch der Festlegung eines bestimmten Endtermines ihrer Gültigkeit kein Hindernis entgegen steht.

Ungeachtet dessen erweist sich das Vorbringen der Amtsbeschwerde, die "belangte Behörde habe keine Kompetenz, in einem Bescheid verschiedene Berufungen gegen verschiedene Anfechtungssubjekte mit einer Generalbegründung zu erledigen" und "eine derartige Vermengung" stelle "eine unzulässige Inanspruchnahme von Kompetenzen dar" im Ergebnis als richtig, weshalb der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben kann.

Die belangte Behörde hat den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Dezember 2002, mit dem über den (gesonderten) Antrag des Mitbeteiligten auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung entschieden worden ist, ersatzlos behoben, statt ihn unter Zugrundelegung ihrer (jedenfalls im zuvor dargestellten Umfang nicht zu beanstandenden) Rechtsansicht entsprechend abzuändern.

Die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides vom 3. Dezember 2002 konnte auch nicht in der Weise erfolgen, dass dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. April 2002 - in vermeintlich "teilweiser Erledigung" der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten, die diese Frage gar nicht releviert hat - ein Spruchpunkt III (im Sinne der Gewährung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung bis zu einem klar definierten Endtermin) hinzugefügt wird. Mit dieser Vorgangsweise hat die belangte Behörde vielmehr anstelle des Bundesasylamtes die Kompetenz zur Entscheidung über die befristete Aufenthaltsberechtigung, und zwar funktionell als erste Instanz, in Anspruch genommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits erkannt, dass die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung jener Behörde zusteht, die als erste die positive Refoulment-Entscheidung getroffen hat (also im vorliegenden Fall dem Bundesasylamt), weshalb die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung ausscheidet (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2000/20/0209).

Die belangte Behörde hat daher in Verkennung der Rechtslage den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Dezember 2002 ersatzlos behoben anstatt ihn abzuändern und zugleich als unzuständige Behörde eine Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheides vom 3. April 2002 vorgenommen, weshalb der angefochtene Bescheid schon deshalb - ohne Prüfung der weiteren in der Amtsbeschwerde gelten gemachten Beschwerdegründe - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 31. Mai 2005

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003200138.X00

Im RIS seit

30.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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