TE OGH 1983/11/16 3Ob138/83

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Veröffentlicht am 16.11.1983
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Norm

EO §65
EO §355

Kopf

SZ 56/163

Spruch

Auf Grund des Rekursantrages, die zur Erwirkung einer Unterlassung verhängte Geldstrafe wesentlich herabzusetzen, hat das Rekursgericht die Angemessenheit zu überprüfen

OGH 16. 11. 1983, 3 Ob 138/83 (LGZ Wien 46 R 298/83; EG Wien 19 E 2382/83)

Text

Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 8. 1. 1982, 19 Cg 134/81-3, ist der verpflichteten Partei verboten, in ihrem Geschäftslokal, insbesondere in dessen Auslagen, Elektrogeräte auszustellen, ohne die für sie geforderten Preise ersichtlich zu machen.

In ihrem beim Titelgericht am 21. 2. 1983 eingebrachten Exekutionsantrag behauptete die betreibende Partei, die verpflichtete Partei handle der einstweiligen Verfügung nach wie vor und laufend zuwider. Überprüfungen am 10. 1. und 15. 2. 1983 hätten ergeben, daß ein erheblicher Teil der im Geschäftslokal ausgestellten Elektrogeräte nicht mit einem Preisschild versehen gewesen sei.

Das Titelgericht bewilligte die beantragte Exekution zur Erwirkung der gebotenen Unterlassungen.

Mit Beschluß vom 8. 3. 1983, 19 E 2382/83-2, verhängte das Exekutionsgericht "wegen des im Exekutionsantrag ... dargelegten Zuwiderhandelns" die von der betreibenden Partei beantragte Strafe von 30 000 S.

Nur gegen die Höhe dieser Geldstrafe erhob die verpflichtete Partei Rekurs, in dem sie behauptete und begrundete, daß und warum die über sie verhängte Beugestrafe ihrer Meinung nach wesentlich überhöht sei, und ihre "wesentliche Herabsetzung" beantragte.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht diesen Rekurs zurück und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15 000 S, nicht aber 300 000 S übersteige und ein (weiterer) Rekurs zulässig sei. Die Rekurswerberin begehrte nicht die gänzliche Beseitigung der über sie verhängten Geldstrafe, sondern nur deren wesentliche Herabsetzung. Da dem Begriff "wesentlich" kein konkreter Inhalt zugeordnet werden könne, lasse sich nicht beurteilen, welchen Betrag die Rekurswerberin für gerechtfertigt halte und in welchem Umfang der Strafbeschluß daher in (Teil-)Rechtskraft erwachsen sei und um welchen Betrag das Rekursgericht die Geldstrafe herabsetzen solle. Dieser unbestimmte Rekursantrag mache das Rechtsmittel unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der verpflichteten Partei Folge, hob den Zurückweisungsbeschluß auf und trug dem Rekursgericht auf, über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der zwischen der überwiegenden Lehre (zB Wolff, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechts[2], 369; Sprung, Der Rekursantrag, JBl. 1959, 268 f.; Nowak, JBl. 1961, 37; Fasching IV 374 und 381; Petschek - Stagel, Der österreichische Zivilprozeß, 399; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht[2], 341; Rechberger - Simotta, Zivilprozeßrecht[2], 347) und der überwiegenden Rechtsprechung (ZBl. 1916/405, Rsp. 1931/331; SZ 22/101 und 186; JBl. 1961, 34; EvBl. 1965/389; JBl. 1970, 381; EvBl. 1974/126 ua.) bestehende Streit, ob Rekurse in analoger Anwendung der Vorschriften über die Berufung und die Revision einer deutlichen Rekurserklärung und eines ebensolchen Antrages bedürfen, kann hier auf sich beruhen, weil es sich um einen Rekurs der verpflichteten Partei gegen eine gegen sie verhängte Geldstrafe handelt. Anders als zum Beispiel bei Unterhaltsbemessungsbeschlüssen, bei denen dem Unterhaltsberechtigten ein bestimmter Geldbetrag zugesprochen oder nicht zugesprochen wird, sodaß ein Rekurs gegen einen solchen Beschluß wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Teilrechtskraft dann unzulässig ist, wenn ihm auch bei Bedachtnahme auf die Ausführungen des Rekurswerbers in erster Instanz nicht entnommen werden kann, inwieweit er sich durch die angefochtene Entscheidung beschwert erachtet (vgl. EFSlg. 34 852, 39 580 ua.), steht bei Strafbeschlüssen das Interesse des Bestraften, mit der gelindesten noch zum Ziel führenden Strafe belegt zu werden, derart im Vordergrund, daß ihm das Erreichen dieses Zieles möglichst leicht gemacht werden muß. Von einer Teilrechtskraft eines vom Verpflichteten bekämpften Strafbeschlusses wird daher nur dann gesprochen werden können, wenn der Rekurswerber deutlich erklärt, nur einen bestimmten Teil der Strafe als überhöht zu bekämpfen. In einem solchen Fall darf das Rechtsmittelgericht allerdings in den durch Nichtanfechtung rechtskräftig gewordenen Strafbeschlußteil nicht eingreifen und die Strafe daher nicht unter das vom Rechtsmittelwerber hingenommene Maß herabsetzen. Beantragt der Bestrafte jedoch, wie im vorliegenden Fall, die Strafe wesentlich herabzusetzen, dann hat das Rechtsmittelgericht die Angemessenheit der verhängten Strafe ohne Bindung an eine (gar nicht eingetretene) Teilrechtskraft zu überprüfen und sodann die ihm angemessen erscheinende Strafe auszumessen (EvBl. 1974/126).

Daß die Rechtskraft von Strafbeschlüssen im Exekutionsverfahren anders zu beurteilen ist als sonst, ergibt sich auch aus § 359 EO, wonach der erhaltene Betrag dem Verpflichteten zurückzustellen ist, wenn die Geldstrafe zu Unrecht verhängt oder die Pflicht zu ihrer Zahlung nachträglich weggefallen ist (Abs. 2) und die Geldstrafe dem Träger der Sozialhilfe erst nach rechtskräftiger Entscheidung über einen vom Verpflichteten vor Überweisung gegen die Exekution ergriffenen Rechtsbehelf zu überweisen ist (Abs. 3).

Anmerkung

Z56163

Schlagworte

Exekution zur Unterlassung, s. Unterlassungsexekution, Geldstrafe, s. a. Unterlassungsexekution, Unterlassungsexekution, Überprüfung der Angemessenheit der Geldstrafe, durch Rekursgericht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0030OB00138.83.1116.000

Dokumentnummer

JJT_19831116_OGH0002_0030OB00138_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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