TE OGH 1983/12/15 6Ob808/82

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Veröffentlicht am 15.12.1983
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Norm

WG Art10
WG Art31

Kopf

SZ 56/192

Spruch

Auch Wechselbürgschaften können auf einem Wechselblankett abgegeben werden

OGH 15. 12. 1983, 6 Ob 808/82 (OLG Graz 4 R 80/82; KG Leoben 9 Cg 469/81)

Text

Die Beklagte ist eine inländische Kreditunternehmung. Sie räumte mit dem Vertrag vom 23. 12. 1977 einem Schuhhändler einen Kredit ein. Der Kläger übernahm für die Rückzahlungsverpflichtungen des Kreditwerbers die Bürgschaft und übergab der Beklagten in diesem Zusammenhang zwei von ihm als Bürgen für den Annehmer unterschriebene Wechselblankette.

Der Kläger behauptete, er habe der Beklagten die Wechselunterschrift lediglich zur Besicherung der Forderungen aus der einmaligen Zuzählung eines Kreditbetrages von 150 000 S an den Hauptschuldner, nicht aber zur Besicherung der jeweiligen Forderungen aus einem bis zum Höchstbetrag von 150 000 S immer wieder neu ausnützbaren Geschäftskredit übergeben. Der besicherte Kredit sei zurückbezahlt worden. Die Verpflichtungen des Klägers seien damit erloschen. Der Direktor der Beklagten habe dem Kläger bereits im Jahre 1979 erklärt, die Angelegenheit sei erledigt, "die Ausbuchung der Bürgschaft sei erfolgt". Demgegenüber habe die Beklagte aber in der Folge die Fortdauer der vom Kläger übernommenen Haftung behauptet und die Ausfolgung der von ihm als Bürgen unterfertigten Wechselblankette verweigert. Der Kläger stellte daher das Begehren auf Feststellung, daß die von ihm aus dem Kreditvertrag vom 23. 12. 1977 übernommene (Wechsel-)Bürgschaft erloschen sei, sowie das Begehren auf Ausfolgung der beiden Wechselblankette.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe die Haftung für die Verpflichtungen des Hauptschuldners aus dem diesem am 23. 12. 1977 mit einer Laufzeit bis 30. 11. 1982 bis zu einem Höchstbetrag von 150 000 S eingeräumten Kontokorrentkredit übernommen. Das Kreditverhältnis zum Hauptschuldner und damit auch die Haftung des Klägers bestunden aufrecht. Der Kläger sei von der Beklagten aus seiner Haftung nicht entlassen worden. Der als Direktor bezeichnete Geschäftsführer der Beklagten wäre zu einer derartigen Entlassung aus der Haftung auch nicht berechtigt gewesen.

Das Erstgericht wies sowohl das Feststellungs- als auch das Herausgabebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest: Der Kläger sagte aus freundschaftlicher Verbundenheit seinem Jagdaufseher, der als Schuhhändler in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, auf dessen Ersuchen zu, für einen Kredit von 150 000 S auf die Dauer von etwa einem Jahr die Bürgschaft zu übernehmen. Hierauf stellte der Schuhhändler bei der Beklagten den schriftlichen Antrag auf Gewährung eines Geschäftskredites in der Höhe von 150 000 S mit einer Laufzeit von fünf Jahren und bot als Sicherheit die Bürgschaft des Klägers an. Der Kreditausschuß der Beklagten beschloß am 22. 12. 1977, das Kreditansuchen des Schuhhändlers zu bewilligen. Am 23. 12. 1977 suchte der Schuhhändler gemeinsam mit dem Kläger die Geschäftsräume der Beklagten auf. Der Schuhhändler unterfertigte als Kreditnehmer den von der Beklagten unter Verwendung eines Formulares aufgesetzten Kreditvertrag und eine Wechselverpflichtungserklärung. Der Kläger seinerseits unterfertigte auf der Rückseite dieser Wechselverpflichtungserklärung die - unter Ausfüllung eines Formularvordrukkes abgefaßte - Erklärung, zur Sicherstellung aller wie immer gearteten Forderungen, die der Beklagten aus dem laut Kreditvertrag vom selben Tag "bis zur Höhe von Schilling einhundertfünfzigtausend eröffneten Kredit" gegenüber dem näher bezeichneten Akzeptanten zustehen, zwei Blankowechsel als Wechselbürge unterfertigt zu haben und sich mit der Einschränkung zu seiner Wechselverpflichtungserklärung zu bekennen, "daß er nur für

jene Verpflichtungen des Akzeptanten haftet, die ... (der Beklagten)

... aus dem oben näher bezeichneten Darlehen/Kredit bereits

erwachsen sind oder künftighin erwachsen werden". Der in der Erklärung des Klägers genannte Kreditvertrag sprach von einem "Geschäftskredit" bis zum Betrage von 150 000 S und bezeichnete das Ende der Laufzeit - bis zu dem der Gesamtkredit abzudecken gewesen war - mit dem 30. 11. 1982. Dieser Kreditvertrag lag dem Kläger, als er die Unterschrift auf die Wechselverpflichtungserklärung und die beiden Wechselblankette setzte, "zur Einsichtnahme auf". Am 31. 3. 1978 zählte die Ehefrau des Klägers dem Schuhhändler darlehensweise 60 000 DM zu; dabei verpflichtete sich dieser, mit der Darlehensvaluta ua. auch seine Kreditschulden bei der Beklagten zu tilgen. Tatsächlich stellte der Schuhhändler am 5. 4. 1978 durch eine Einzahlung von 135 000 S sein Kreditkonto bei der Beklagten glatt; wenige Tage später nützte er aber den Kreditrahmen bei der Beklagten neuerlich aus. Den Kläger oder dessen Gattin, der er die Kassaquittung über die Einzahlung der 135 000 S übersandt hatte, setzte er von der neuerlichen Kreditbeanspruchung nicht in Kenntnis. In der Folge überzog der Schuhhändler den Kreditrahmen von 150 000 S. Es sei nicht erwiesen, daß der Geschäftsführer der Beklagten jemals erklärt habe, die Kreditangelegenheit sei erledigt, er werde die beiden Blankowechsel vernichten.

Das Erstgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung, der Kläger habe gegenüber der Beklagten für die Rückzahlungsverpflichtungen des Schuhhändlers aus einem bis zum Betrag von 150 000 S ausnützbaren Geschäftskredit eine formgültige Bürgschaft übernommen; diese Bürgschaftsverpflichtung sei weder durch eine Vereinbarung der Streitteile noch sonst erloschen. Vereinbarungen zwischen dem Bürgen und dem Kreditnehmer hätten auf den Bestand und Umfang der vom Kläger gegenüber der Beklagten übernommenen Bürgschaft keinerlei Einfluß nehmen können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger hat der Beklagten - die von dieser als Sicherheit für den einem dritten Kunden eröffneten Kredit geforderten - Unterschriften als Bürge für den Annehmer auf zwei Wechselblanketten geleistet und dazu eine schriftliche Ausfüllungsermächtigung erteilt. Das in Art. 10 WG vorausgesetzte, aber gesetzlich höchst unvollkommen geregelte Institut der Begebung eines Wechselblanketts unter entsprechender Ausfüllungsermächtigung ist auch auf Wechselbürgschaften anwendbar (vgl. Stranz, Komm.[14], 78 Anm. 2 zu Art. 10, auch 199 Anm. 6 zu Art. 31; Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, 479). In der vom Kläger als dem Begeber der Wechselblankette unterschriebenen Ausfüllungsermächtigung ist von den zwei vorgedruckten Varianten eines Darlehens "in der Höhe von ..." und eines eröffneten Kredites "bis zur Höhe von ..." die zweite Variante ausgefüllt. Ausdrücklich wird in der Ausfüllungsermächtigung auf den Kreditvertrag vom 23. 12. 1977 Bezug genommen. Auch wenn der Kläger sich vom Inhalt dieser Urkunde keine Kenntnis verschaffte, muß er den Urkundeninhalt gegen sich gelten lassen.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines nach den §§ 871 ff. ABGB beachtlichen Willensmangels hat der Rechtsmittelwerber in erster Instanz nicht konkret behauptet. In Ansehung des in der Revision behaupteten wesentlichen Irrtums des Klägers liegen daher keine Feststellungsmängel vor. Der vom Kläger in der Revision geltend gemachte Dissens über die (Ausfüllungsermächtigung zur Begründung einer Wechsel-)Bürgschaft setzt sich über den iS des unterfertigten Urkundentextes festgestellten Erklärungsinhalt hinweg. Die in der Revision erstmals geltend gemachte Nichtigkeit der festgestellten Form einer Sicherstellung wegen Verstoßes gegen das Devisengesetz ist für diesen Rechtsstreit schon aus dem Gründe unerheblich, daß in dem vom Revisionswerber behaupteten Fall einer Genehmigungspflicht bis zur Versagung der Genehmigung ein Schwebezustand anzunehmen wäre, der die Vertragsteile verpflichtete, alles zu unternehmen, um die Genehmigung zu erlangen, und daher keinen Vertragsteil berechtigte, seine als Vertragserfüllung erbrachte Leistung bloß wegen der fehlenden Genehmigung zu kondizieren.

Ein Erlöschen der Ausfüllungsbefugnis wegen Verzichtes der Beklagten oder Beendigung des Kreditverhältnisses und Erfüllung aller Verbindlichkeiten durch den Kreditnehmer ist nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt auszuschließen. Das Begehren auf Ausfolgung der Wechselblankette könnte im übrigen schon aus dem oben erwähnten Gründe nicht gerechtfertigt sein, daß die Wechselblankette auch die Unterschrift des Kreditnehmers als des Annehmers tragen, der Kläger aber nicht schlüssig dargelegt hat, die Ausfüllungsermächtigung wäre in Ansehung der Wechselunterschriften des Annehmers gegenstandslos geworden.

Anmerkung

Z56192

Schlagworte

Wechsel, Bürgschaft auf Blankett

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0060OB00808.82.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19831215_OGH0002_0060OB00808_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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