TE OGH 1983/12/21 11Os181,196/83

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Veröffentlicht am 21.12.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführers in der Strafsache gegen Johannes Anton X und andere wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Johannes Anton X gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26.Mai 1983, GZ 9 d Vr 8.362/82-118, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die von der Generalprokuratur gegen den Vorgang, daß der Angeklagte Gerhard A in der Hauptverhandlung am 26.Mai 1983 als Zeuge vernommen wurde, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Grois und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

A Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Johannes Anton X wird teilweise dahin Folge gegeben, daß das erstgerichtliche Urteil im Schuldspruch D./1./ wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB und demzufolge in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das ErStgericht zurückverwiesen wird.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johannes Anton X verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO der erstgerichtliche Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft des Angeklagten Gerhard A dahin ergänzt, daß gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB diesem Angeklagten auch die weiteren Vorhaftzeiten vom 30.April 1982, 8,25 Uhr, bis 1.Mai 1982, 8,30 Uhr, und vom 23.September 1982, 14,30 Uhr, bis 24.September 1982, 13,45 Uhr, auf die Strafe angerechnet werden.

B Durch die Vernehmung des Mitangeklagten Gerhard

A als Zeuge in der Hauptverhandlung vom 26.Mai 1983 wurde das Gesetz in der aus den Bestimmungen des XIII. und XIV. Hauptstückes der Strafprozeßordnung sowie aus den §§ 245, 246, 248 StPO hervorgehenden grundsätzlichen Rollentrennung zwischen Angeklagten und Zeugen verletzt.

Text

Gründe:

I./ Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderen) der am 10. Dezember 1948 geborene Schriftsteller Johannes Anton X, neben zweier weiteren Straftaten (C./ und F./), zu B./ des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, zu D./1./

des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB und zu D./2./ des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien (B./) am 30.Juli 1982 Livia B mit einer auffallenden Verunstaltung gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr sagte, er werde ihr das Gesicht zerschneiden, er werde ihr einen Bauchstich versetzen;

(D./) Nachgenannte vorsätzlich am Körper verletzte, und zwar 1./ am 27. August 1982 Franz C durch einen Faustschlag in das Gesicht, der Nasenbluten und eine Rötung der Nase zur Folge hatte;

2./ am 19.November 1982 Rudolf D (im Ersturteil unrichtig: E) dadurch, daß er ihm ein Fixiermesser in den Bauch stieß, somit mit einem solchen Mittel und auf solche Weise (die Tat beging), womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, wodurch Rudolf D eine an sich schwere Verletzung, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung, nämlich eine Bauchstichverletzung mit Eröffnung der Bauchdecke, erlitt.

Nur diese Teile des Schuldspruchs bekämpft der Beschwerdeführer mit einer auf § 281 Abs. 1 Z5, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch zu B./ bringt er in seiner Mängelrüge nach dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund vor, die Urteilsfeststellung, er habe der Zeugin B u.a. erklärt, er werde ihr das Gesicht zerschneiden und sie betonieren, daß ihre eigene Mutter sie nicht wieder erkennen könnte, er werde ihr einen Bauchstich versetzen, sei unvollständig und offenbar unzureichend begründet, und stehe überdies mit den Aussagen der Zeuginnen B und F in erheblichem Widerspruch. Mit seinen breiten, die Aussagen der genannten Zeuginnen im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung erörternden Ausführungen, mit denen er Widersprüche in deren Depositionen, insbesondere über den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse aufzugreifen sucht und hiebei zum Teil korrigierende Einschränkungen in diesen Aussagen übergeht, vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht den behaupteten Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig darzustellen, sondern bekämpft lediglich die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes in einer im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unzulässigen Weise.

In der Urteilsbegründung werden die zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Feststellungen klar und bestimmt getroffen und die hiezu führenden Erwägungen dargestellt 530(S 93 f. und S 103 f./III). Das Gericht verkennt dabei nicht die bestehenden Divergenzen in den beiden Zeugenaussagen, verweist aber darauf, daß es sich hiebei nur um unwesentliche Umstände handelt. Die in der Beschwerde besonders herausgestellte Frage, ob die inkriminierten Drohungen vor oder nach dem Ausgießen der Rotweinflasche über den Kopf der Livia B ausgestoßen wurden, betrifft ebensowenig eine entscheidende Tatsache im Sinn des behaupteten Nichtigkeitsgrundes wie das weitere Vorbringen, die vom Beschwerdeführer der genannten Zeugin angebotene Schillingmünze sei von ihm zum Herbeirufen 'ihrer Zuhälter' (und nicht der Polizei) bestimmt gewesen. Die gemäß dem § 270 Abs. 1 Z 5 StPO in gedrängter Form abzufassenden Urteilsgründe entsprechen den Anforderungen dieser Gesetzesstelle, lassen die maßgeblichen Erwägungen des Schöffensenates erkennen und sind daher formal mängelfrei. Soweit der Beschwerdeführer abschließend noch ausführt, es sei nur die Annahme eines Teils der Drohung nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens vertretbar, die lediglich dem Grundtatbestand des Par 107 Abs. 1 StGB subsumiert werden könne, ist die darin liegende Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von den gesamten Feststellungen (zum Urteilssachverhalt zu Punkt B./ des Schuldspruches) ausgeht. Den Schuldspruch nach D./1./ bekämpft der Beschwerdeführer vorerst unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO mit dem Vorbringen, er habe in Notwehr gehandelt; hilfsweise führt er weiters unter Bezugnahme auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO aus, sein Verhalten sei mangels einer 'Verletzungsabsicht' (gemeint: eines Verletzungsvorsatzes) bloß als fahrlässige Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB zu werten, die möglicherweise im Hinblick auf § 88 Abs. 2 Z 4 StGB nicht zu bestrafen sei. Das Erstgericht konstatierte zu diesem Urteilsfaktum in tatsächlicher Beziehung, daß sich der Angeklagte in der Kärntnerstraße einer Bank näherte, auf der Franz C saß, der den Beschwerdeführer zum 'Verschwinden' aufforderte, ansonsten würde er ihm 'eine schmieren'. Kurz darauf erklärte C dem Beschwerdeführer, daß er ihn abstechen werde und griff mit seiner rechten Hand in die Innentasche seiner Jacke. Danach gab der Beschwerdeführer dem C, welcher nach wie vor auf der Bank saß, eine Ohrfeige; als sich C daraufhin erhob, stellte ihm der Beschwerdeführer das 'Haxl' und trat ihm mit dem Fuß ins Gesicht, als C auf Grund des 'Haxlstellens' niederfiel und am Boden lag (S 94 und 95/III). An anderer Stelle konstatierte das Erstgericht weiters, daß C die Rötung der Nase und das Nasenbluten durch einen Faustschlag in das Gesicht - augenscheinlich ist damit die festgestellte, zu Beginn der Tätlichkeiten verabreichte Ohrfeige gemeint - erlitt (S 110/III). Es wurde weder untersucht noch festgestellt, ob der Beschwerdeführer, etwa Streit suchend, C zu den einleitenden drohenden Äußerungen provozierte, noch konstatiert, in welcher Entfernung sich der Beschwerdöführer von C befand, als dieser mit dem 'Abstechen' drohte und in die Innentasche seiner Jacke griff, wobei auch nicht geklärt wurde, ob dieser Griff in die Tasche als Griff nach einer Stichwaffe angesehen werden konnte. Mangels einer Klärung der Entfernung konnte aber das Erstgericht auch nicht mit Grund das zu überwindende 'Zeitmoment' des Aufstehens von der Bank ins Spiel bringen, das unter Umständen äußerst rasch vor sich gehen mochte. Die Berufung des Erstgerichts auf die Entscheidung SSt. 43/50 versagt überdies, weil im erstgerichtlichen Urteil nicht konstatiert wurde, daß C etwa betrunken gewesen wäre und damit jenen in dieser Entscheidung erwähnten Personen zuzuzählen wäre, gegenüber denen ein Ausweichen vorzuziehen sei. Ungeprüft blieb auch, ob eine allfällige Trunkenheit CS erkennbar war (vgl. hiezu den Diskussionsbeitrag Burgstallers ÖJZ 1980 S 241 zu einem Vortrag Steiningers / veröffentlicht in ÖJZ 1980 S 225 ff. ). Die Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes zum vorliegenden Urteilsfaktum lassen eine abschließende materiellrechtliche Beurteilung des Falles, insbesondere Prüfung in Richtung einer Notwehr, Notwehrüberschreitung oder Putativnotwehr nicht zu. Es war daher insoweit mit Kassation des Schuldspruches vorzugehen. Die dem Schuldspruch zu D./2./ zugrundeliegenden Feststellungen bekämpft der Beschwerdeführer mit Mängelrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO in Ansehung der Annahme seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit ungeachtet einer Alkoholisierung, sowie hinsichtlich seines Verletzungsvorsatzes. Die erstgerichtliche Feststellung, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit lediglich leicht alkoholisiert war, beruht auf dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung wenige Stunden nach der Tat (S 97/III in Verbindung mit S 191/II). Mit einer vollen Berauschung zur Tatzeit verantwortete sich der Angeklagte im übrigen selbst in der Hauptverhandlung nicht (vgl. S 15 f./III); bei seiner polizeilichen Einvernahme (S 196/II), und sinngemäß ebenso vor dem Untersuchungsrichter, beschrieb er seinen Zustand zur Tatzeit als 'mittelmäßig starke' Alkoholisierung, in der er aber 'wußte, was er tat' (S 217/II). Bei dieser Sachlage bestand für das Gericht - den Beschwerdeausführungen zuwider - keine Veranlassung, nähere Feststellungen über die Menge des vom Beschwerdeführer konsumierten Alkohols zu treffen - was übrigens auch kaum möglich gewesen wäre - oder sich mit der Aussage des Zeugen Rudolf D erörternd auseinanderzusetzen, der den Angeklagten - nur in der Hauptverhandlung unsubstanziiert - als 'völlig betrunken' bezeichnete (S 20 unten/III) und damit ohnedies in Widerspruch zu seinen Aussagen im Vorverfahren (S 202/II und 226/II) geriet. Den erstgerichtlichen Feststellungen zum Verletzungsvorsatz unterstellt der Beschwerdeführer, veranlaßt wohl durch die mißverständliche Diktion des Urteils (S 111 f./ III), die Annahme seiner Absicht, schwer zu verletzen. Eine derartige Absicht im Sinn des § 5 Abs. 2 StGB ist jedoch zur Verwirklichung der Tatbilder nach Par 84 Abs. 1 und 2 StGB (anders für § 87 StGB) nicht erforderlich. Insofern gehen die Beschwerdeausführungen daher ins Leere. Soweit sie auch den vom Erstgericht der Sache nach festgestellten (Verletzungs-) Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) des Beschwerdeführers bekämpfen, weil die Aussage des Zeugen D außer acht gelassen worden sei, der Angeklagte habe ihn erst nach dem Messerstich erkannt, übersehen sie, daß dieser Umstand vom Erstgericht ohnedies als erwiesen angenommen wurde (S 95 unten/III), mit dem Vorsatz des Angeklagten, den von ihm angegriffenen Menschen (in dem er seinen Freund Rudolf D nicht sofort erkannte) zu verletzen, aber keineswegs unvereinbar ist. Die erstgerichtlichen Feststellungen lassen durch die Ablehnung der auf bloß fahrlässige Begehung der Tat abzielenden Verantwortung des Beschwerdeführers (S 105 f., 112/III) keinen Zweifel daran, daß der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen bei dem mit einer gewissen Wucht geführten Messerstich gegen den Bauch des Rudolf D mit dem Vorsatz handelte, einen anderen (den Attakierten) am Körper zu verletzen, somit einen einem gesetzlichen Tatbild - vorliegend dem des § 83 Abs. 1 StGB, qualifiziert nach dem § 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB - entsprechenden Sachverhalt zu verwirklichen. Die zur rechtlichen Beurteilung maßgeblichen erstgerichtlichen Feststellungen sind daher auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite im Faktum D./2./ mängelfrei. Aus den angeführten Erwägungen war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten X teilweise Folge zu geben und der Schuldspruch im Urteilsfaktum D./1./ aufzuheben, die Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen aber zu verwerfen. Mit seiner Berufung war der Beschwerdeführer auf die auch den Strafausspruch umfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen. II./ Das Urteil ist weiters in Ansehung der Vorhaftanrechnung beim Mitangeklagten GerhardÖA mit dem gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden materiellrechtlichen und sich zum Nachteil dieses Angeklagten auswirkenden Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO behaftet: Gerhard A, dem Vorhaftzeiten vom 1.Mai 1982, 8,30 Uhr, bis 14. Mai 1982, 8,00 Uhr, und vom 25.Oktober 1982, 8,45 Uhr, bis 26.Mai 1983, 17,00 Uhr, urteilsmäßig angerechnet wurden (S 86/III), wurde nämlich schon am 30.April 1982, 8,25 Uhr, von der Polizei festgenommen (S 375/II). überdies befand er sich vom 23.September 1982, 14,30 Uhr, bis 24.September 1982, 13,45 Uhr, in polizeilicher Verwahrungshaft (S 7 der ON 9 in ON 84/II). Diesbezüglich war die erstgerichtliche Vorhaftanrechnung daher gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO entsprechend zu ergänzen. III./ In der Hauptverhandlung am 26.Mai 1983 wurde auf Antrag des Verteidigers des Erstangeklagten Johannes Anton X der Mitangeklagte Gerhard A zum Faktum B (B und C des Urteilsspruches) alsÖZeuge einvernommen (S 70/III). Gerhard A war, wie sich aus den Depositionen des Angeklagten X (S 23/II) ergab und durch seine Aussage bestätigt wurde, 'Augenzeuge' des Vorfalles und nicht Tatbeteiligter. Die Vernehmung des Angeklagten Gerhard A in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung als Zeuge steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Zeugen im Sinn der österreichischen Strafprozeßordnung sind vom Beschuldigten verschiedene physische Personen, die über ihre eigenen Wahrnehmungen aussagen (vgl. Lohsing-Serini, S 279; Roeder, Lehrbuch 2 , S 151 f.; Bertel, Grundriß S 69, Foregger-Serini 3 , Anm. I zu § 150, Mayerhofer-Rieder, II/1, StPO, ENr. 1 zu § 150). Die Judikatur nahm in der Abgrenzung der prozessualen Stellung des Beschuldigten und des Zeugen stets einen formellen Standpunkt ein. Zwar wurde (ausnahmsweise) die Vernehmung des Tatbeteiligten, auch wenn gegen ihn wegen der Tat selbst ein (abgesondertes) Verfahren anhängig war, als Zeuge im (getrennt geführten) Verfahren gegen einen anderen Täter - vor Inkrafttreten des Strafgesetzbuches mit gewissen Ausnahmen hinsichtlich des Vorverfahrens mit Rücksicht auf die damals fehlende Regelung des Aussagenotstandes (vgl. nunmehr § 290 StGB) - zugelassen, andererseits aber wurde seit jeher die zeugenschaftliche Vernehmung einer Person, die im selben Verfahren, sei es auch wegen einer anderen Tat als der den Gegenstand der Vernehmung bildenden, Beschuldigter oder Angeklagter ist, als unzulässig angesehen (SSt. 26/55; SSt. 3/96; KH 1862 u.a.). Erweist sich die Notwendigkeit, einen Mitangeklagten in der Hauptverhandlung als Zeugen zu vernehmen, so nur nach Ausscheidung des betreffenden Faktums gemäß dem § 57 StPO (siehe Lohsing-Serini, S 280, mit weiteren Hinweisen). Diese, vom Staatsanwalt in seiner Stellungnahme zu dem Beweisantrag des Verteidigers übrigens angeregte Verfahrensausscheidung wurde vom Gericht jedoch nicht beschlossen, sondern der Angeklagte Gerhard A in der (u.a. auch) gegen ihn geführten Hauptverhandlung - wenngleich zu einem ihn nicht betreffenden Faktum - als 'Zeuge' einvernommen. Damit wurde das Gesetz in der aus den Bestimmungen des XIII. und XIV. Hauptstückes (vgl. insbesondere die unterschiedliche Regelung der §§ 160 und 202 StPO) sowie aus den §§ 245, 246, 248 StPO hervorgehenden Rollentrennung zwischen Angeklagten und Zeugen verletzt (siehe auch Foregger-Serini 3 , Anm. III zu § 150). Da sich diese Gesetzesverletzung aber weder zum Nachteil des Angeklagten X noch des Angeklagten A auswirkte, kann es bei ihrer Feststellung sein Bewenden haben.

Anmerkung

E04514

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00181.83.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19831221_OGH0002_0110OS00181_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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