TE OGH 1984/1/24 10Os200/83

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Veröffentlicht am 24.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Jänner 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kießwetter, Dr. Hörburger sowie Dr. Lachner, dieser als Berichterstatter, als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Norbert A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 3.Oktober 1983, GZ. 12 a Vr 539/83-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Knob, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Manfred Puchner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB auf 8 (acht) Monate herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Oktober 1936 geborene Norbert A des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Frühjahr 1981 in Feldkirch mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder die Firma B Gesellschaft m.b.H. unrechtmäßig zu bereichern, den Geschäftsführer der Firma C D Gesellschaft m.b.H., Helmut E, durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines zahlungswilligen Auftraggebers, insbesondere durch die Versprechen, Teilrechnungen an die Bauherrschaft (F Feldkirch) nur im Einvernehmen und nach gegenseitiger Abstimmung mit der Firma C D Ges.m.b.H. zu erstellen und Zahlungen der F Feldkirch unverzüglich und direkt an die Firma C D Ges.m.b.H. weiterzuleiten, weiters durch Verschweigen des von ihm allein erstellten Leistungsausweises vom 2.Juni 1981 und der hierauf erfolgten Vorauszahlung auf die Leistungen der Firma C D Ges.m.b.H. in der Höhe von 170.000 S durch die F Feldkirch vom 5.Juni 1981, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Veranlassung von Material- und Warenlieferungen sowie von Montagearbeiten der Firma C D Ges.m.b.H. für das Bauprojekt 'Neubau F Feldkirch-Neustadt' in der Zeit zwischen 3. und 17.Juni 1981 im Gesamtbetrag von 202.309,82 S verleitet, welche die Firma C D Ges.m.b.H. am Vermögen schädigten, wobei der Schaden (nach Teilzahlungen) 116.827,38 S beträgt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit a, der Sache nach auch Z. 10, des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Abweisung (S. 182) des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (S. 161) auf 'Einvernahme des Ing. G Herbert als Zeugen darüber, daß die Firma C D nach Vorlage der Teilrechnung seitens der Firma H über den Leistungsausweis informiert wurde'. Die Verfahrensrüge versagt, weil das Urteil die eindeutige Feststellung enthält, daß der Angeklagte dem Geschäftsführer der Firma C D Ges.m.b.H. wiederholt versprochen hatte, Teilrechnungen an die F nur im Einvernehmen und nach gegenseitiger Abstimmung mit der Firma C D Ges.m.b.H. zu erstellen, also die Firma C D Ges.m.b.H. jedenfalls vor Erstellung von Teilrechnungen zu informieren. Demzufolge war es - worauf das Erstgericht im abweislichen Zwischenerkenntnis zutreffend hinweist nicht entscheidungswesentlich, ob eine solche Information nach Vorlage der Teilrechnung (an die F Feldkirch) erfolgte.

Das weitere Beschwerdevorbringen hinwieder, es hätte durch den beantragten Zeugen 'mittelbar unter Beweis gestellt werden können, daß die Firma I über die Lieferungen und Leistungen durch die Firma C D informiert worden ist', findet im Beweisantrag (vgl. S. 161) keine Deckung. Der Angeklagte ist daher zur Beschwerdeführung in diese Richtung gar nicht legitimiert.

Insoweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge (Z. 5) zunächst ins Treffen führt, das Erstgericht habe sich mit dem Rechtsverhältnis zwischen der Firma B Ges.m.b.H. (bzw. dem Angeklagten) und der Firma C D Ges.m.b.H. nicht auseinandergesetzt, genügt der Hinweis, daß mangelnde Rechtsausführungen keine Nichtigkeit nach der Z. 5 des § 281 Abs 1

StPO zu begründen vermögen. Mit diesem Nichtigkeitsgrund kann nur die mangelhafte Begründung tatsächlicher Feststellungen bekämpft werden;

eine solche wurde aber im aufgezeigten Umfang vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet.

Gleichfalls verfehlt ist die Beschwerdebehauptung, daß ein inneres Vorhaben (überhaupt) nicht festgestellt werden könne; träfe dies zu, dann wäre es mangels Klärung der subjektiven Tatseite überhaupt nie möglich, zu einem Schuldspruch zu gelangen. Im übrigen aber konnte das Erstgericht aus dem vorangegangenen Versprechen des Angeklagten, Teilrechnungen an die Bauherrschaft nur im Einvernehmen und nach gegenseitiger Abstimmung mit der Firma C D Ges.m.b.H. zu erstellen und Zahlungen unverzüglich und direkt an diese Firma weiterzuleiten sowie aus dem diesen Zusagen widersprechenden nachfolgenden Verhalten des Angeklagten, der die erhaltenen Zahlungen nicht weitergab und deren Eingang trotz darauf abzielender Fragen ES mehrmals verschwieg, sehr wohl denkfolgerichtig ableiten, daß der Angeklagte 'zumindest' (gemeint ersichtlich: jedenfalls - vgl. S. 166 f., 174 f.) bei Vorlage der Teilrechnung mit 'betrügerischer Absicht' (gemeint: Betrugsvorsatz) handelte.

Die Rechtsrüge hinwieder ermangelt insoweit einer gesetzmäßigen Darstellung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO, als sie nicht am (gesamten) festgestellten Urteilssachverhalt festhält. Dies gilt namentlich für die Behauptung, der Angeklagte habe zum Zeitpunkt der Rechnungslegung nicht mit Täuschungs- und Schädigungsvorsatz, sondern im guten Glauben gehandelt, er werde seinen Verpflichtungen nachkommen können. Denn dem Urteil liegt jedenfalls erkennbar die Annahme zugrunde (vgl. S. 166 f., 174 f.), daß der (auch zahlungsunwillige) Angeklagte den Zeugen E schon im Frühjahr 1981, als er die Firma C D Ges.m.b.H. mit der Durchführung der Arbeiten beauftragte, durch unrichtige Zusagen bewußt in Irrtum geführt und schon zu diesem Zeitpunkt mit dem für den Tatbestand des Betruges erforderlichen Vorsatz gehandelt hat. Ebenso geht die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde vertretene Ansicht, ein Bereicherungsvorsatz des Angeklagten sei auszuschließen, weil ihm zugebilligt werden müsse, geglaubt zu haben, auf die Zahlung des (von der F) angewiesenen Rechnungsbetrages Anspruch zu haben, ins Leere; denn dem Angeklagten wird nicht das Herauslocken dieser Zahlung zum Nachteil der F, sondern das zum NachteilderFirmaCDGes.m.b.H. erfolgte Herauslocken von Material- und Warenlieferungen sowie von Montagearbeiten zur Last gelegt, sohin von Leistungen, auf die er nach den Urteilsannahmen mangels Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen (auch subjektiv) keinen Anspruch hatte.

Es versagt aber auch die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte würde nicht wegen Betruges haften, wenn er erst ab dem Zeitpunkt als er (dem Bauherrn) die Teilrechnung vorlegte, mit Betrugsvorsatz gehandelt hat.

Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma C D Ges.m.b.H., die nach den Urteilsannahmen in Kenntnis des wahren Sachverhalts keine Leistungen erbracht hätte, die ihr übertragenen Materiallieferungen und Montagearbeiten noch nicht in Angriff genommen, sodaß sich das Verhalten des Angeklagten - der die Leistungen von dieser Firma annahm, ohne sie vorher darüber aufzuklären, daß er nicht mehr in der Lage und auch gar nicht gewillt war, die von der F Feldkirch erwartete (Voraus-) Zahlung vereinbarungsgemäß sofort an die Firma C D Ges.m.b.H.

weiterzugeben, und daß sie deshalb im Hinblick auf die bei ihm zu dieser Zeit bestehenden erheblichen Zahlungsschwierigkeiten (siehe dazu S. 171) der Gefahr des Eintritts eines Schadens ausgesetzt war, was er nach den weiteren Urteilsannahmen in Rechnung stellte und sich damit abfand - als eine dem Erfordernis der Gleichwertigkeit entsprechende Unterlassung darstellt (§ 2 StGB). Demzufolge hätte das Erstgericht auch in diesem Fall das festgestellte Tatverhalten des Angeklagten durchaus rechtsrichtig als Verbrechen des schweren Betruges beurteilt.

Schließlich versagt auch die (weitere) Rechtsrüge (Z. 10), mit welcher der Angeklagte der Sache nach hinsichtlich der Annahme eines 100.000 S übersteigenden Schadens einen Subsumtionsirrtum behauptet. Daß vollendeter Betrug den Eintritt des aus der Tat resultierenden Schadens voraussetzt (vgl. ÖJZ-LSK. 1975/153 = EvBl 1976/74 = JBl 1976, 216), wobei unter Schaden nur der effektive Verlust an Vermögenssubstanz zu verstehen ist (SSt. 46/76), bedeutet nicht, daß vom Schadensbetrag jede Teilleistung, auch wenn sie unterverhältnismäßig verspätet (hier erst im Zuge eines Ausgleichsverfahrens) erfolgt, abgezogen werden müßte. Bei der vorliegenden Fallgestaltung, bei der der Angeklagte verpflichtet gewesen wäre, vom Bauherrn erhaltene Gelder sofort an die Firma C D Ges.m.b.H. weiterzuleiten, wurde diese Firma zumindest im Umfang des vom Angeklagten vereinbarungswidrig nicht weitergegebenen Betrages (170.000 S) bereits bei Erbringung ihrer Leistung geschädigt. Denn der effektive Verlust an Vermögenssubstanz trat eben durch diese Leistung (Materiallieferungen, Montagearbeiten) ein, zumal die Gegenleistung weder vereinbarungsgemäß noch im Rahmen einer wirtschaftlich einigermaßen vertretbaren Verspätung erfolgte, sodaß die im Zuge des nachfolgenden Ausgleichsverfahrens geleisteten Zahlungen nur als teilweise nachträgliche Schadensgutmachung gewertet werden können. In Wahrheit hat das Erstgericht den vom Angeklagten strafrechtlich zu verantwortenden Schaden daher nicht zu hoch, sondern im Gegenteil (zugunsten des Angeklagten und daher vom Obersten Gerichtshof mangels Anfechtung durch den Ankläger nicht korrigierbar) zu niedrig angesetzt. Daran vermag auch der - verfehlte, weil die Schadensberechnung bei erschlichenen Warenbestellungen und bei betrügerisch erlangten Waren unter Eigentumsvorbehalt (vgl. Leukauf/Steininger Kommentar 2 § 147 RN. 28, 32) betreffende - Hinweis des Beschwerdeführers auf die zum sogenannten 'Differenzschaden' ergangene Judikatur nichts zu ändern. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs 3 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe, deren Vollziehung gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig aufgeschoben wurde.

Dabei wertete es keinen Umstand als erschwerend, hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, das längere Zurückliegen der Straftat und das seitherige Wohlverhalten als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB sowie eine Verkürzung der Probezeit an.

Der Berufung kommt (teilweise) Berechtigung zu.

Dem Angeklagten ist noch zugute zu halten, daß der vom Schöffengericht festgestellte Schaden den (hier strafsatznormierenden) im § 147 Abs 3 StGB genannten Betrag von 100.000 S nur geringfügig übersteigt. Im Hinblick darauf und auf den Umstand, daß den gewichtigen mildernden Umständen keine Erschwerungsgründe gegenüberstehen, ist im vorliegenden Fall die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB doch noch gerechtfertigt. Demzufolge war die Strafe in Stattgebung der insoweit begründeten Berufung auf die der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten entsprechende Dauer von acht Monaten herabzusetzen. Zu einer Verkürzung der vom Erstgericht ohnedies mit (bloß) zwei Jahren festgesetzten Probezeit hinwieder bestand nach Lage des Falles kein Anlaß.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E04527

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00200.83.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19840124_OGH0002_0100OS00200_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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