TE OGH 1984/1/31 9Os2/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Verbrechens der versuchten Notzucht nach § 15, 201 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. September 1983, GZ 1 e Vr 4747/83-40, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 51-jährige Kurt A (zu 1) des Verbrechens der versuchten Notzucht nach § 15, 201 Abs. 1 und (zu 2) des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung zur Unzucht nach § 15, 204 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 23.April 1983

in Wien (1.) Marcella B mit Gewalt gegen ihre Person, indem er ihr Faustschläge versetzte, sie am Hals würgte, mehrmals in die linke Brust zwickte und ihr die Kleider vom Körper riß, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand versucht, sie zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, und (2.) die Genannte mit Gewalt gegen ihre Person, indem er ihr zahlreiche Faustschläge versetzte und sie aufforderte, an ihm einen Oral- bzw Handverkehr durchzuführen, zur Unzucht genötigt bzw zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen erhobene, nominell auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist - im Ergebnis - begründet:

Auszugehen ist davon, daß auch bei einem einheitlichen geschlechtlichen Angriff Realkonkurrenz zwischen den beiden oben angeführten Tatbeständen zwar grundsätzlich möglich ist, dies aber nur dann in Betracht kommt, wenn die der Notzucht vorangegangenen, sie begleitenden oder nachfolgenden Unzuchtsakte von der Notzucht getrennte, auf gesonderten Willensentschlüssen des Täters beruhende, auf geschlechtlichen Mißbrauch des Opfers teils durch Beischlaf, teils auf andere Art gerichtete selbständige Tathandlungen darstellen (vgl Leukauf-Steininger 2 , RN 25 zu § 201 StGB und die dort angeführte Judikatur).

Die vom Schöffengericht vorliegend zur subjektiven Tatseite getroffenen globalen Konstatierungen (vgl S 259) lassen nun - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt - nicht erkennen, ob das Erstgericht von derart getrennten Willensentschlüssen ausging; sie gestatten es aber auch nicht, dies auszuschließen und den Angeklagten sogleich allein wegen des Verbrechens der versuchten Notzucht schuldig zu erkennen.

Da dieser Feststellungsmangel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich ist, war der gesamte Schuldspruch schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zu kassieren (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Da angesichts des einheitlichen Vorganges die beiden Schuldsprüche dem Obersten Gerichtshof nicht trennbar erschienen und sohin auch derjenige wegen Verbrechens der versuchten Notzucht (Punkt 1 des Urteilssatzes) aufzuheben war, bedurfte es auch zu den darauf bezüglichen Rechtsmittelausführungen keiner weiteren Einlassung. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04780

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00002.84.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19840131_OGH0002_0090OS00002_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten