TE OGH 1984/2/22 1Ob688/83

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Veröffentlicht am 22.02.1984
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Norm

ABGB §880a
ABGB §1002
ABGB §1012
ABGB §1165
ABGB §1295
ABGB §1313a
HVG §2
HVG §29

Kopf

SZ 57/37

Spruch

Ein von einem Reiseveranstalter in einem fernen Land mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen und dem Kontakt mit Kunden ständig betrauter Reisebüroinhaber, dem bei der Preisberechnung ein dem Kunden erst nach dem Eintreffen im fremden Land erkennbares Verschulden unterläuft, hat neben dem Reiseveranstalter für die Richtigkeit des bekanntgegebenen Preises der Reise einzustehen

OGH 22. 2. 1984, 1 Ob 688/83 (HG Wien 1 R 50/83; BGHS Wien 6 C 1481/80)

Text

Die Kläger beabsichtigten, eine Jagdreise in die Mongolische Volksrepublik zu unternehmen; der Erstkläger setzte sich zu diesem Zweck mit dem Beklagten, der ein Reisebüro führt, in Verbindung, der ihm Ende des Jahres 1977 eine Preisliste für Jagdveranstaltungen für das Jahr 1976 übermittelte. In dieser Liste war der Preis für eine Reise von zwei Personen einschließlich des Abschusses eines Steinbocks mit 2 165 US-Dollar pro Person angegeben. Mit Schreiben vom 27. 2. 1978 bestätigte der Beklagte dem Reisebüro Z, Ulan-Bator, den Erhalt der Preisliste für das Jahr 1978, in der der Preis für die vorgenannte Reise mit 2 695 US-Dollar pro Person angegeben war. Mit Schreiben vom 10. 3. 1978 teilte der Erstkläger dem Beklagten mit, daß er an der Reise zum Preis vom 2 165 US-Dollar pro Person interessiert sei, und ersuchte um Übersendung eines zweiten Anmeldeformulars für den Zweitkläger. Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 14. 3. 1978, daß der Preis für die Reise 2 165 US-Dollar betrage und pro Teilnehmer eine Anzahlung von 500 US-Dollar an ihn zu leisten sei; das genaue Datum der Reise könne erst nach Rücksprache mit dem Reiseveranstalter, dem Reisebüro Z, Ulan-Bator, festgesetzt werden. Das Anmeldeformular des Beklagten enthält den Hinweis, daß er lediglich als Vermittler tätig wird. Mit Schreiben vom 30. 3. 1978 teilte der Beklagte dem Erstkläger mit, daß als Termin für die Reise der 1. 8. 1978 vorgesehen sei; er informierte ihn auch über weitere die Reise betreffende Einzelheiten. Die Kläger überwiesen die geforderte Anzahlung von je 500 US-Dollar an den Beklagten. Der Beklagte rechnete mit dem Reisebüro Z am 18. 4. 1978 die Reise der Kläger und zwei weitere Reisen ab. Er ging in seinem Schreiben davon aus, daß die Reise der Kläger je 2 695 US-Dollar koste; die Kosten der Jagdreisen von zwei weiteren Teilnehmern bezifferte er mit 7 400 US-Dollar, sodaß der Gesamtbetrag der vermittelten Reisen 12 790 US-Dollar betrug. Der Beklagte berechnete hievon seine Provision in der Höhe von 10 vH mit 1 279 US-Dollar und brachte diesen Betrag von den erhaltenen Vorschüssen in der Höhe von 2 000 US-Dollar in Abzug, sodaß ein Betrag von 721 US-Dollar verblieb, dessen Überweisung der Beklagte für die nächsten Tage in Aussicht stellte. Als die Kläger in Ulan-Bator eintrafen, teilte ihnen das Reisebüro Z mit, daß für sie keine Anzahlung eingelangt sei und der Preis nicht 2 165 US-Dollar, sondern 2 695 US-Dollar beträgt. Die Kläger weigerten sich zunächst, den erhöhten Jagdpreis und die an den Beklagten bezahlten Beträge zu leisten, entschlossen sich aber letztlich zur Zahlung, um nicht unverrichteter Dinge heimkehren zu müssen. Das Reisebüro Z verrechnete den Preis der Reise mit 2 695 US-Dollar pro Person; hievon zog es die dem Beklagten gebührende Provision in der Höhe von je 269.50 US-Dollar ab, sodaß ein Restbetrag von je 2 425.50 US-Dollar zur Zahlung verblieb; der Erstkläger bezahlte nur 2 425 US-Dollar. Die Jagdreise verlief im übrigen zur Zufriedenheit der Kläger. Nach ihrer Rückkehr forderten sie den Beklagten unter Hinweis darauf, daß der Preis der Reise von ihm mit 2 165 US-Dollar bekanntgegeben worden sei, zur Rückzahlung der Anzahlung von je 500 US-Dollar und der Differenz zwischen dem vereinbarten und dem dem Reisebüro Z entrichteten Preis auf. Nachdem das Reisebüro Z dem Beklagten insgesamt 421 US-Dollar überwiesen hatte, vergütete der Beklagte den Klägern den Betrag von je 300 US-Dollar.

Die Kläger begehren den Betrag von 461 US-Dollar (Erstkläger) bzw.

460.50 US-Dollar sA (Zweitkläger) als Differenz zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlich bezahlten Preis der Reise.

Der Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren und brachte vor, er habe die Kläger darauf aufmerksam gemacht, daß sich der von ihm angegebene Preis auf die vergangene Saison beziehe und mit einer Erhöhung des Preises zu rechnen sei; damit seien die Kläger einverstanden gewesen. Er habe ihnen auch später die Preisliste für das Jahr 1978 übersandt. Ein Rückersatzanspruch könne nur gegen das Reisebüro Z erhoben werden, da es von den Klägern zu Unrecht einen erhöhten Preis begehrt habe.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von 460 US-Dollar sA (Erstkläger) bzw. 460.50 US-Dollar (Zweitkläger) statt; das Mehrbegehren des Erstklägers von 1 US-Dollar wies er ab. Das Erstgericht stellte fest, den Klägern sei vom Beklagten keine Preisliste für das Jahr 1978 übersandt worden; der Beklagte habe die Kläger auch nicht darauf hingewiesen, daß mit einer Erhöhung des von ihm angegebenen Preises zu rechnen sei. Durch das schuldhafte Fehlverhalten des Beklagten sei den Klägern ein Schaden insofern entstanden, als sie in Ulan-Bator genötigt gewesen seien, den erhöhten Reisepreis zu bezahlen. Für dieses Fehlverhalten habe der Beklagte einzustehen. Der Erstkläger habe für die Reise einschließlich des dem Beklagten geleisteten Betrages von 500 US-Dollar insgesamt 2 925 US-Dollar bezahlt, der Zweitkläger habe insgesamt einen Betrag von 2 925.50 US-Dollar entrichtet. Der mit dem Beklagten vereinbarte Preis habe 2 165 US-Dollar betragen, sodaß sich eine Überzahlung von 760 US-Dollar bzw. 760.50 US-Dollar ergebe. Nach Abzug des erhaltenen Betrages von 300 US-Dollar ergebe sich eine Forderung der Kläger in der Höhe von 460 US-Dollar bzw.

460.50 US-Dollar.

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils des Erstgerichtes erhobenen Berufung des Beklagten Folge und änderte es dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils. Der Beklagte sei als Vertreter des Reisebüros Z tätig geworden. Da der Vertragsabschluß im Jahre 1978 erfolgt sei, gelangten die Bestimmungen des IPR-Gesetzes, BGBl. 1978/304, auf den vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung. Bei Vertragsabschluß durch einen Bevollmächtigten gelte der Geschäftsherr als an jenem Ort handelnd, von dem aus sein Vertreter tätig werde. Der Vertrag zwischen dem Reiseveranstalter Z und den Klägern sei als in Wien abgeschlossen anzusehen, sodaß die Rechtsbeziehungen zwischen den Klägern und dem Reisebüro Z nach österreichischem Recht zu beurteilen seien. Der Beklagte sei bevollmächtigt gewesen, für seinen Geschäftsherrn, das Reisebüro Z, zu den von den Klägern behaupteten Konditionen abzuschließen. Daraus folge aber, daß das Reisebüro Z die von den Klägern an den Beklagten vertragsgemäß geleisteten Teilzahlungen in voller Höhe gegen sich gelten lassen mußte. Auch der Rückersatz der über den vereinbarten Reisepreis von 2 165 US-Dollar geleisteten Zahlungen könnten die Kläger nur vom Reiseveranstalter, dem Reisebüro Z, begehren. Eine Haftung des Beklagten komme nicht in Betracht, weil er zu den Klägern in keiner Vertragsbeziehung stehe.

Über Revision der Kläger stellte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beklagte bot den Klägern seine Dienste als Reisebürounternehmer zum Zwecke der Vermittlung einer Jagdreise in die Mongolische Volksrepublik an, die die Kläger annahmen. Zwischen den Streitteilen ist demnach, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes, jedenfalls schlüssig ein Vertrag zustande gekommen, der im wesentlichen eine Geschäftsbesorgung, die Vermittlung des Vertragsabschlusses zwischen den Klägern und dem Reiseveranstalter, dem Reisebüro Z, zum Gegenstand hatte. Im Hinblick auf den Wohnsitz der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland ist zunächst zu prüfen, welches Recht auf die Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen anzuwenden ist. Da der Vertrag im Jahre 1978 abgeschlossen wurde, finden auf ihn die Bestimmungen des IPR-Gesetzes, BGBl. 1978/304 (vgl. dessen § 50), keine Anwendung. Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes war es aber einhellige Auffassung, daß auf das Rechtsverhältnis mit berufsmäßigen Beauftragten wie insbesondere Agenten das Recht des Niederlassungsortes (Wohnsitzes) des Beauftragten anzuwenden ist (HS 4416; Stanzl in Klang[2] IV/1, 797; Schwind, Handbuch des österreichischen internationalen Privatrechts 312 FN 87). Die Rechtsbeziehungen der Streitteile, insbesondere Ansprüche aus Vertragsverletzungen (HS 6538), sind demnach nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Das Rechtsverhältnis des Kunden zum Reisebürounternehmer hat im Gesetz keine ausdrückliche Regelung erfahren. Die §§ 651 a bis 651 k BGB regeln hingegen eingehend den sogenannten Reise(veranstaltungs)vertrag, durch den sich der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Reiseveranstalter ist nur, wer die Gesamtheit von Reiseleistungen als eigene anbietet; ein Reisebüro, das nur von anderen Unternehmen zusammengestellte und nach einem vom Veranstalter herausgegebenen Prospekt Reisen anbietet, ist nur Vermittler (BGHZ 61, 275, 278; BGHZ 52, 194, 198);

Reisevermittlungsverträge fallen nicht unter die gesetzliche Regelung (Staudinger-Schwerdtner, BGB[12] Rz. 1 und 5 zu § 651 a). Anders als beim Veranstalter, der die Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt, ist es Aufgabe des Reisevermittlers, die Leistungen anderer zu verschaffen. Im vorliegenden Fall war das Reisebüro Z Reiseveranstalter, der Beklagte hingegen Vermittler. Aber auch die Tätigkeit des Reisevermittlers ist äußerst vielfältig; besonders häufig ist die Besorgung des Vertragsabschlusses zwischen dem Reisenden und dem Reiseveranstalter (Bartl, Reiserecht[2] 31).

Der Beklagte war als Vermittlungsagent des mongolischen Reisebüros Z mit der Befugnis tätig, die zur Vorbereitung des Vertragsabschlusses erforderlichen Verhandlungen, zu denen insbesondere auch die Bekanntgabe des Preises gehört, zu führen und Vertragsanbote von Interessenten zum Abschluß eines Vertrages über die Durchführung einer Jagdreise dem Reisebüro Z zu übermitteln, aber auch, da ein unmittelbarer Kontakt der Kläger mit dem Reisebüro Z vor der Ankunft in der Mongolischen Volksrepublik nicht vorgesehen war, zur Übermittlung der Erklärung über Annahme oder Ablehnung des Angebots der Kläger durch das Reisebüro Z sowie zur Entgegennahme der nur bei Zustandekommen des Vertrages zu entrichtenden Anzahlung von 500 US-Dollar beauftragt. Er hatte insbesondere das Zustandekommen des Vertrages zu bestätigen, was nach der den Klägern zunächst mitgeteilten Rückfrage beim Reisebüro Z durch die Entgegennahme der Anzahlung und die Mitteilung des Beklagten an die Kläger (vgl. Schreiben vom 30. 3. 1978), daß die Jagdreise am 1. 8. 1978 in Ulan-Bator angetreten werden könne, geschah. Bedient sich ein Reiseveranstalter der Dienste eines Reisebüros, ist dieses als dessen Erfüllungsgehilfe tätig; es erfüllt Aufgaben des Reiseveranstalters, der sich durch die Inanspruchnahme eines selbständigen Reisebüros die Errichtung eines eigenen kostspieligen Filialnetzes erspart (Schwerdtner aaO Rz. 39 zu § 651 a; BGHZ 82, 219, 222; vgl. Arndt, Der Reiseveranstaltungsvertrag 67; vgl. auch JBl. 1984, 37). Das Reisebüro ist demnach bei Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen des Reisenden zum Zwecke der Weiterleitung an den Reiseveranstalter und bei Übermittlung der Erklärung des Reiseveranstalters an den Reisenden über die Annahme oder Ablehnung seines Anbots nicht Bote des Reisenden, sondern Gehilfe des Reiseveranstalters. Das Risiko einer fehlerhaften Weiterleitung von Erklärungen durch das vermittelnde Reisebüro trägt daher nicht der Reisende, sondern der Reiseveranstalter. Die Erklärung der Kläger, zum Vertragsabschluß zum Preise von 2 165 US-Dollar bereit zu sein, war nach der herrschenden Vertrauenstheorie (SZ 54/111; Koziol-Welser[6] I 73, jeweils mwN) mit dem Inhalt, wie sie vom Beklagten gegenüber abgegeben wurde, nicht aber so, wie sie vom Beklagten dem Reisebüro Z übermittelt wurde, maßgebend. Es war also wohl auch nach dem Recht der Mongolischen Volksrepublik, dessen Inhalt nach der folgenden Darlegung nicht weiter von Relevanz ist, mit der Mitteilung des Termins der Reise und der Annahme der Anzahlung ein Vertrag auf der Grundlage des vom Beklagten den Klägern genannten und von ihnen akzeptierten Preises von 2 165 US-Dollar zustande gekommen. Der Reiseunternehmer Z war dann, wie dem Berufungsgericht beizupflichten ist, verpflichtet, den mit den Klägern vereinbarten Preis von 2 165 US-Dollar gegen sich gelten zu lassen.

Daß der vom Reiseveranstalter Z geforderte und dem Beklagten bekanntgegebene Preis richtig 2 695 US-Dollar betrug, wurde den Klägern erst offenbar, als sie in Ulan-Bator eintrafen und mit dem Reisebüro Z Verbindung aufnahmen. Durch das Verschulden des Beklagten war ihnen die Auffassung vermittelt worden, die Preisfrage sei bereits abschließend geklärt. Die Kläger befanden sich in Ulan-Bator in einer Situation, die ihnen praktisch keine Wahlmöglichkeit offenließ (vgl. zu einer ähnlichen Situation BGHZ 77, 310). Wollten sie die Jagdreise nicht abbrechen und unverrichteter Dinge heimkehren, mußten sie sich, da eine Berufung auf die Erklärungen des Beklagten nichts fruchtete, wohl oder übel mit dem vom Reisebüro Z gestellten Verlangen, den Preis von 2 695 US-Dollar zu bezahlen, einverstanden erklären. Eine Durchsetzung ihres Anspruchs gegen den Reiseveranstalter auf dem Rechtsweg mußte von vornherein aussichtslos und auch nicht zielführend erscheinen.

Diese Situation, in der sich die Kläger befanden und die durch sprachliche Schwierigkeiten, Unkenntnis der örtlichen Rechtslage und die besonderen Umstände in der Mongolischen Volksrepublik noch verstärkt sein mochte und für den Beklagten voraussehbar war, ist auch für die Beurteilung der dem Beklagten bei der Vermittlung obliegenden Pflichten von Einfluß. Wird ein Reisebüro von einem Reiseveranstalter mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen ständig betraut, übt es eine der Handelsvertretertätigkeit entsprechende Tätigkeit aus (BGHZ 82, 219, 221; BGHZ 62, 71, 73). Es ist zur erfolgreichen Besorgung der Vermittlung des Reisevertrages verpflichtet (3 Ob 525/82; Schwerdtner aaO Rz. 33 zu § 651 a; Bartl, NJW 1973, 318). Aus dem Wesen des Vermittlungsvertrages ergibt sich, gleichgültig ob man ihn den Bestimmungen der §§ 1002 ff. ABGB oder der Regelung über Gelegenheitsmäkler (§§ 29, 2 HVG) unterstellt, die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsbesorgung (§ 1012 ABGB, § 2 HVG). Unterläuft dem Reisevermittler bei seiner Tätigkeit ein Verschulden, wie etwa die Verletzung von Aufklärungspflichten, bei verspäteter Weiterleitung von Unterlagen, bei falscher Ausfüllung von Anmeldeformularen oder bei der Preisberechnung, hat er hiefür einzustehen (Bartl, Reiserecht[2] 33). Die Haftung des Reisevermittlers für fehlerhafte Beratung und Vermittlung tritt neben die allfällige Haftung des Reiseveranstalters (Schwerdtner aaO Rz. 36 zu § 651 a BGB; BGHZ 82, 219, 224; vgl. BGHZ 63, 382, 388).

In der Lehre und in der Rechtsprechung wird unabhängig von der Haftung des Vertretenen die Haftung des Vertreters bejaht, wenn dieser ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen eines Vertrages hat oder bei Vertragsverhandlungen in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nahm (1 Ob 722/83; SZ 51/79; Welser, Vertretung ohne Vollmacht 101; Soergel-Schultze von Lasaulx, BGB[11] § 164 Rz. 4; Staudinger-Dilcher, BGB[12] Rz. 13 zu § 164). Die Herausarbeitung von entsprechenden Fallgruppen bezeichnet Welser aaO 102 als Aufgabe der Rechtsprechung. Im vorliegenden Fall entfaltete der Beklagte den Klägern gegenüber eine selbständige Beratungstätigkeit; es war aber auch klar, daß die Kläger nicht in der Lage waren, die von ihm gemachten Angaben zu überprüfen, sodaß allfällige Fehler oder Irrtümer des Beklagten erst zu einem Zeitpunkt aufgeklärt werden konnten, zu dem die Kläger bereits beträchtliche Kosten investiert hatten und eine freie Entscheidung über ihr Verhalten praktisch nicht mehr treffen konnten. Der Beklagte, der sich als Inhaber eines internationalen Reisebüros bezeichnet und in der Spezialsparte der Vermittlung von Jagdreisen tätig ist, nahm, insbesondere bei der Vermittlung von Jagdreisen in ferne Länder, bei denen zufolge der dargelegten Gründe eine Durchsetzung berechtigter Ansprüche praktisch nicht in Frage kam, eine besondere Vertrauensposition in Anspruch. Auch sein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse lag auf der Hand. Mit Recht wird gelehrt, daß sich unter besonderen Umständen, die deutlicher als im vorliegenden Fall kaum denkbar sind, der Vermittler auch schlüssig in einer Art Garantiehaftung für die Abwicklung des Geschäftes verpflichten kann; diese Haftung berechtigt zur Forderung des Erfüllungsinteresses (Soergel-Schultze von Lasaulx, aaO, Rz. 4 zu § 164 aE). Auch die Kläger durften die Erklärung des Beklagten über den Preis der Jagdreise, den sie selbst nicht rechtzeitig überprüfen konnten, dahin verstehen, daß der Beklagte für die Einhaltung des von ihm genannten Preises garantiere. Er hat daher dafür einzustehen, daß der Preis der von ihm zu vermittelnden Reise nicht 2 165 US-Dollar, sondern, wie ihm ohnehin bekannt war, 2 695 US-Dollar betrug. Den den Klägern zustehenden Betrag hat das Erstgericht richtig berechnet.

Anmerkung

Z57037

Schlagworte

Reisebüroinhaber, Einstehen für die Richtigkeit des Preises bei, Vermittlung für Veranstalter, Reiseveranstalter, s. a. Reisebüroinhaber

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0010OB00688.83.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19840222_OGH0002_0010OB00688_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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