TE OGH 1984/7/5 13Os79/84

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Veröffentlicht am 05.07.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Juli 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Starlinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Erich A und andere wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG.

und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagten Erich A, Manuela B und Michael C gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 17.Februar 1984, GZ 35 Vr 140/83-110, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Stöger, und der Verteidiger Dr. Brachtel und Dr. Rittler, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Erich A, Manuela B und Michael C zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das Urteil in dem die Angeklagten Erich A, Manuela B und Michael C betreffenden Ausspruch über die Verhängung von Verfallsersatzstrafen gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. aufgehoben.

Der Berufung des Angeklagten Michael C wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 26.Mai 1983, GZ 9 U 159/83-13, in der durch das Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 18. November 1983, Bl 388/83, abgeänderten Fassung auf 14 (vierzehn) Monate und 15 (fünfzehn) Tage herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung dieses Angeklagten und den Berufungen der Angeklagten Erich A und Manuela B, sowie der Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der zuletzt genannten beiden Angeklagten nicht Folge gegeben.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung hinsichtlich des Angeklagten Michael C auf die vorstehende Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen allen drei Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Erich A, Manuela B und Michael C gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem sie des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (C als Gehilfe nach § 12, dritter Fall, StGB), und Erich A außerdem des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt worden waren, wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 23. Mai 1984, GZ 13 Os 79/84-6, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Gerichtstags waren eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO

und die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der drei Angeklagten. Das Schöffengericht verhängte gemäß § 12 SuchtgiftG. (bei Erich A unter Anwendung des § 28 StGB) folgende Freiheitsstrafen: Erich A - achtzehn Monate, Manuela B - fünfzehn Monate und Michael C - zwei Jahre. überdies erkannte das Gericht gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. auf Verfallsersatzstrafen von je 5.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit auf je fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wurden als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten, bei Erich A auch das Zusammentreffen des Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen bei A und B ihre Geständnisse gewertet.

Schon in den Gründen des Ersturteils wird darauf hingewiesen, daß das Schöffengericht in Verhängung der Verfallsersatzstrafen übersehen hat, daß hinsichtlich der Angeklagten A und B bereits vom Zollamt Innsbruck Wertersatzstrafen nach dem Finanzstrafgesetz rechtskräftig verhängt wurden (II/S. 510, 511; ON. 43). Das an Stelle des Verfalls tretende übel (die Verfallsersatzstrafe nach dem Suchtgiftgesetz und der Wertersatz nach dem Finanzstrafgesetz) kann aber - ebenso wie der Verfall, den es substituiert - nicht höher sein als der Wert der dem Verfall unterliegenden Sachen. Sonach muß jener Betrag in Anschlag gebracht werden, der bereits von der Finanzbehörde als Wertersatz verhängt wurde. Mit anderen Worten: Da der Verfall hinsichtlich des den Gegenstand nur einer einzigen strafbaren Handlung bildenden Suchtgifts nur einmal vollzogen werden kann, darf auch im Weg der den Verfall lediglich substituierenden Einrichtungen des Verfallsersatzes und des Wertersatzes der Wert der dem Verfall unterliegenden, aber ihm entzogenen Sachen für den Fiskus nicht zweimal realisiert werden (13 Os 35/82), zumal eine Reihe nacheinander verübter selbständiger strafbarer Handlungen in bezug auf ein und dieselbe Drogenmenge (oder einen Teil davon; siehe Leukauf-Steininger RN. 90 zu § 12 SuchtgiftG.) nicht vorliegt. Vom Zollamt Innsbruck wurde gemäß § 17 FinStrG. auf Verfall von 4,9 Gramm Heroin und hinsichtlich der (auf 20 Gramm Heroin fehlenden) Menge von 15,1 Gramm Heroin gemäß § 19 Abs 1 FinStrG. statt auf Verfall in Ansehung von A und B auf einen anteiligen Wertersatz von je 11.325 S (gemäß § 20 FinStrG. Ersatzfreiheitsstrafen von je elf Tagen) erkannt (I/S. 239 bis 246). Ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts über den Erlös aus dem Suchtgiftverkauf bleibt daher für eine gerichtliche Verfallsersatzstrafe kein Spielraum. Der mit einer ungerügten Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftete Ausspruch über die Verhängung von Verfallsersatzstrafen war daher von Amts wegen (§ 290 Abs 1 StPO) zu kassieren. Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten eine Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafen, C auch deren bedingte Nachsicht und B ihre Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher, die Staatsanwaltschaft hingegen eine Erhöhung der Freiheitsstrafen hinsichtlich aller drei Angeklagten. Mit Ausnahme der Berufung des Angeklagten C, soweit sie sich gegen das Strafmaß richtet, bleibt den Berufungen ein Erfolg versagt. Die Staatsanwaltschaft begründet ihren Berufungsantrag damit, daß den Angeklagten 'im gegenständlichen Verfahren nur ein kleiner Teil ihrer strafbaren Tätigkeit nachgewiesen werden konnte', was sich schon daraus ergebe, daß laut Schuldspruch 'mindestens' 20 Gramm Heroin in Verkehr gesetzt wurden. Auch gehe 'aus dem neu gegen B und A eingeleiteten Verfahren 31

Vr 713/84 des Landesgerichts Innsbruck hervor, daß diese weiter im Verdacht stehen, in der Schweiz eine umfangreiche Dealertätigkeit entfaltet zu haben' (II/S. 545, 546).

Dieser Argumentation kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie eine Korrektur des Strafmaßes auf der Grundlage des Verdachts einer (im Zweifel nicht festgestellten) 20 Gramm übersteigenden Drogenmenge und weiterer, vom Schuldspruch nicht erfaßter (teilweise den Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens bildender) strafbarer Handlungen reklamiert.

Maß für die Strafe kann aber immer nur eine prozeßordnungsgemäß festgestellte Schuld sein (§ 4, 13, 32 Abs 1 StGB). Allein um generalpräventiven Belangen zu genügen, bedarf es keiner Straferhöhung. Der Berufung der Anklagebehörde war daher nicht Folge zu geben, soweit sie sich aber gegen die Höhe der über C verhängten Strafe wendet, war sie auf die diesbezüglich erfolgreiche Berufung dieses Angeklagten zu verweisen.

Andererseits aber dringen auch die Angeklagten A und B mit ihren Berufungsbegehren nicht durch. Selbst wenn man der Angeklagten B für ihre Person - im Gegensatz zum Landesgericht - ein im wesentlichen umfassendes Geständnis zubilligt, vermag die über sie verhängte Strafe zu bestehen. Für eine 'Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit' dieser Angeklagten fehlen konkrete Anhaltspunkte. Ein Eigenverbrauch wurde schon vom Erstgericht berücksichtigt, das vom Weiterverkauf der Drogen nur 'großteils', also nicht zur Gänze ausging. Insoweit die Angeklagte B die Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher begehrt, wird die Berufung (wie auch schon ihre Nichtigkeitsbeschwerde) nicht zu ihrem Vorteil ausgeführt. Angesichts des doch erheblichen Verschuldens der Angeklagten B kommt auch trotz ihrer Verurteilung durch das Bezirksgericht Innsbruck vom 21. März 1984

(§ 16 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG.; 100 Tagessätze zu je 20 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), auf die gemäß § 31 StGB

Bedacht zu nehmen wäre, eine Herabsetzung der Strafe in Verhängung einer Zusatzstrafe nicht in Betracht.

Der Angeklagte A strebt seinerseits bloß eine andere Bewertung der festgestellten Strafzumessungsgründe an, ohne freilich Argumente dafür ins Treffen zu führen, die nicht ohnedies schon vom Schöffengericht berücksichtigt wurden. Das Strafmaß entspricht seiner Schuld. Eine Berücksichtigung seiner Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck vom 19.Jänner 1983, 29 Vr 2538/82, gemäß § 31 StGB war ausgeschlossen, weil dort nur eine Zusatzstrafe zu einem Urteil vom 21.August 1981 verhängt worden war (Leukauf-Steininger, RN. 15, 16 zu § 31 StGB).

Lediglich Michael C kann für sich seine Unbescholtenheit zur Tatzeit ins Treffen führen, die ihm das Erstgericht nicht zugebilligt hat (siehe den Inhalt der Akten 18 U 1966/80 des Bezirksgerichts Innsbruck in Verbindung mit einer am 4.Juni 1984 neu beigeschafften Strafregisterauskunft).

Bei der Strafbemessung war allerdings gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 26.Mai 1983 in der Fassung durch das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 18.November 1983, Bl 388/83 (§ 64 / § 63 Abs 1 LMG.; L30 Tagessätze zu je 240 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) Bedacht zu nehmen. Da bei gemeinsamer Aburteilung aller im Verhältnis des § 31 StGB stehenden Straftaten eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten angemessen gewesen wäre, ergibt sich vorliegend eine Zusatzstrafe von 14 Monaten und 15 Tagen.

Einer bedingten Nachsicht dieser ein Jahr übersteigenden Zusatzstrafe stehen die strengen Anforderungen des § 43 Abs 2 StGB entgegen, wonach besondere Gründe für die Gewähr künftigen Wohlverhaltens vorausgesetzt werden, die hier fehlen. Da das Gesetz nur eine Berufungsausführung kennt (§ 294 Abs 2 StPO), war auf eine zusätzliche handschriftliche Eingabe der Angeklagten B, die am 29.Juni 1984 beim Obersten Gerichtshof einlangte, nicht Bedacht zu nehmen.

Anmerkung

E04607

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00079.84.0705.000

Dokumentnummer

JJT_19840705_OGH0002_0130OS00079_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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