TE OGH 1984/12/12 3Ob71/84 (3Ob72/84, 3Ob73/84, 3Ob74/84, 3Ob75/84)

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Veröffentlicht am 12.12.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Maria L*****, vertreten durch Dr. Josef Tschikof, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wider die beklagten Parteien 1.) R***** reg. Genossenschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Hans Rogen, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, und 2.) Dr. Hans R*****, wegen Widerspruchs nach § 37 EO (Streitwert 80.000 S und 42.792,17 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 29. Februar 1984, GZ 3 R 289,290/84-24, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 17. Juni 1983, GZ 8 C 5/81-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 7.330,52 S (darin 1.920 S Barauslagen und 491,87 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In den von den Beklagten gegen Theo A***** zur Hereinbringung von 85.000 S samt Nebengebühren bzw 42.792,17 S samt Nebengebühren beim Bezirksgericht Spittal an der Drau zu 8 E 3120/81 bzw 8 E 4927/81 geführten Fahrnisexekutionen wurden am 4. 9. 1981 bzw 8. 10. 1981 im Haus des Verpflichteten in ***** die als Postzahlen 1-30 des Pfändungsprotokolls 8 E 2876/81 des Erstgerichts verzeichneten Gegenstände, und zwar Einrichtungsgegenstände, ein Silberbesteck, ein Stereoplattenspieler, drei Radios, ein Fernseher sowie eine Stereoanlage gepfändet.

In den gegen die Beklagten am 8. 10. 1981 bzw 13. 11. 1981 beim Exekutionsgericht zu 8 C 5/81 bzw 8 C 9/81 eingebrachten Exszindierungsklagen behauptete die Klägerin, Eigentümerin der gepfändeten Gegenstände zu sein, die ihr ihr Sohn (der Verpflichtete) mit Schenkungsvertrag vom 8. 8. 1972 und Übergabserklärung vom 20. 9. 1972 schenkungsweise übergeben und die sie übernommen habe. Sie begehrte daher, die Exekutionen auf diese Gegenstände für unzulässig zu erklären.

Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Sie bestritten, dass die Klägerin Eigentümerin der Pfandgegenstände sei, weil ihr diese nicht wirksam geschenkt worden seien.

Das Erstgericht erklärte unter anderem die den beiden Beklagten bewilligten Fahrnisexekutionen für unzulässig.

Es ging im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Hermann Karl Theodor A*****, der Verpflichtete der von den Exszindierungsklagen berührten Exekutionsverfahren, erwarb das Haus in ***** im Jahre 1971. Darin wohnte auch seine Mutter, die Klägerin. Um deren Verbleib im genannten Haus abzusichern, vereinbarten beide am 8. 8. 1972 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Klägerin, das am 30. 5. 1973 ob der EZ 385 KG ***** verbüchert wurde. Gleichzeitig mit dieser Vereinbarung schlossen beide den Schenkungsvertrag Beilage B, in dem die Klägerin „das gesamte Inventar, wie besichtigt, im Haus *****“, geschenkt bekam. Zu diesem Schenkungsvertrag gaben die Vertragspartner am 20. 9. 1972 die Erklärungen Beilage A ab: A***** bestätigte, dass er (heute) die gesamte im Haus ***** ... befindliche Wohnungseinrichtung mit Möbeln und Inventar der Klägerin übergeben habe. Die Klägerin erklärte, dass ihr die gesamte durch Schenkung zugefallene Wohnungseinrichtung, bestehend aus allen Möbeln und dem beweglichen und unbeweglichen Inventar im Haus *****, ... übergeben worden sei und dass sie diese (am heutigen Tag) übernommen habe.

Die gepfändeten Gegenstände wurden vom Verpflichteten in der Bundesrepublik Deutschland erworben und im Zuge der Übersiedlung seiner damaligen Ehefrau Waltraud R***** im November oder Dezember 1972 (richtig: 1971) als auf deren Namen lautendes Übersiedlungsgut von der Bundesrepublik Deutschland in das Haus ***** gebracht.

Bei Abschluss des Schenkungsvertrags befand sich der Verpflichtete noch nicht in finanziellen Schwierigkeiten. In den Jahren 1972 und 1975 wurde zwischen dem Verpflichteten und Dr. Lotfollah A***** ein Darlehensvertrag abgeschlossen. In dem an den Anwalt des Vertragspartners ihres Sohnes gerichteten Schreiben vom 20. 3. 1975, Beilage C, erklärte die Klägerin, zur Abgeltung der Ansprüche des Lotfollah A***** gegen ihren Sohn dem Mandanten des Anwalts die gesamte ihr durch Schenkung zugefallene Wohnungseinrichtung im Haus ***** ..... zu übereignen. Diese Einrichtungsgegenstände wurden jedoch Dr. Lotfollah A***** nie übergeben, sondern verblieben „im Eigentum der Klägerin“.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der Verpflichtete habe die Pfandgegenstände der Klägerin geschenkt und übergeben. Für eine Schenkung reiche es aus, dass für die Klägerin die Möglichkeit bestanden habe, auf die Sachen einzuwirken. Seien ihr die geschenkten Gegenstände gezeigt und ausdrücklich als geschenkt bezeichnet worden, könne dies nur heißen, dass sie ihr übergeben worden seien. Ein Ergreifen der Gegenstände durch die Klägerin oder die jederzeitige Erkennbarkeit des Aktes für Dritte sei nicht erforderlich gewesen. Da die Klägerin im Haus des Verpflichteten gewohnt habe, müsse angenommen werden, dass ihr die Sachen zur ausschließlichen Benützung übergeben worden seien. Dazu kämen noch die zusätzlichen Erklärungen des Verpflichteten und der Klägerin über die Übergabe und Übernahme der besichtigten Gegenstände. Es genüge die Erklärung des Verpflichteten, dass die Gegenstände in Hinkunft Eigentum der Klägerin sein sollten. Dadurch habe er seinen Besitz an diesen Sachen aufgelassen und die Klägerin habe diesen übernommen. Die Klägerin habe das Eigentum bis zur Pfändung nicht verloren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies die gegen sie gerichteten Exszindierungsbegehren ab. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige.

Es führte aus, der behauptete, ohne Notariatsakt geschlossene Schenkungsvertrag wäre nur bei „wirklicher Übergabe“ gültig. Darunter fielen die körperliche Übergabe, die Übergabe durch Zeichen, die Besitzauflassung und die Besitzanweisung, nicht aber die Besitzauftragung. Die Klägerin habe keine konkreten Umstände, die eine „wirkliche Übergabe“ begründen könnten, behauptet. Solche seien auch nicht festgestellt worden. Aus den Feststellungen, der Verpflichtete habe am 20. 9. 1972 schriftlich bestätigt, die gesamte im Haus ***** befindliche Wohnungseinrichtung der Klägerin übergeben zu haben, die Klägerin habe am selben Tag erklärt, die gesamte, ihr durch Schenkung zugefallene Wohnungseinrichtung sei ihr übergeben und von ihr übernommen worden, ließe sich keine körperliche Übergabe ableiten, da damit noch nicht feststehe, ob und wie die Gegenstände aus der physischen Verfügungsmacht des Verpflichteten in jene der Klägerin übergegangen seien. Eine Übergabe durch Zeichen komme schon nach dem Wortlaut des § 427 ABGB nicht in Frage, eine Besitzanweisung aufgrund des Vorbringens der Klägerin und des festgestellten Sachverhalts ebenfalls nicht. Eine Besitzauflassung komme auch nicht in Betracht, zumal die Klägerin nicht einmal behauptet habe, dass sich die Gegenstände vor dem 20. 9. 1972 in ihrer Gewahrsame befunden hätten. Da der nicht in Notariatsaktsform geschlossene Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe ungültig sei, sei die Klägerin nicht Eigentümerin der exszindierten Gegenstände geworden.

Die Bewertung des Streitgegenstands begründete das Berufungsgericht mit einer von der Berufungswerberin vorgelegten Aufstellung, wonach der Wert der Postzahlen 1-30, unter denen sich 7 Perserbrücken, ein 88-teiliges Silberbesteck und mehrere angeblich antike Möbelstücke befinden, 1.910.500 S betragen soll.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, es durch Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz abzuändern, allenfalls es zwecks neuerlicher Verhandlung und Entscheidung aufzuheben.

Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben, äußerstenfalls die Sache im Fall einer Aufhebung des angefochtenen Urteils zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

1) Zur Zulässigkeit der Revision:

Besteht der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entscheidet, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 1 und 3 ZPO im Urteil auszusprechen, wenn es der Berufung ganz oder teilweise stattgibt, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstands 15.000 S übersteigt, und wenn sich nicht schon aus diesem Ausspruch ergibt, dass dies nicht der Fall ist, ob der Wert des Streitgegenstands, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil 300.000 S übersteigt. Nach dem zweiten Satz der zitierten Gesetzesstelle sind auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstands die §§ 54 bis 60 JN sinngemäß anzuwenden, jedoch ist das Gericht nicht an die Geldsumme gebunden, zu deren Annahme an Stelle der angesprochenen Sache sich der Kläger erboten oder die er als Wert des Streitgegenstands angegeben hat. Nach dem dritten Satz der zitierten Gesetzesstelle sind erforderlichenfalls die Parteien in der Berufungsverhandlung über den Wert des Streitgegenstands zu vernehmen. Gegen einen Ausspruch nach § 500 Abs 2 ZPO finden nach Abs 4 dieses Paragraphen keine Rechtsmittel statt. Das Revisionsgericht ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen solchen Ausspruch des Berufungsgerichts gebunden (Gegenschluss aus § 508a Abs 1 ZPO; Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 201; Fasching, ZPR RZ 1880). Nur wenn eine Bewertung überhaupt nicht vorzunehmen gewesen wäre, oder im Widerspruch zu der im § 500 Abs 2 ZPO vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der §§ 54 bis 60 JN stünde, oder wenn eine Bestandsache mit einem 15.000 S nicht übersteigenden Betrag bewertet worden wäre, müsste eine solche Bewertung als nicht beigesetzt gelten (Petrasch aaO).

Diese Ausnahmsfälle liegen hier nicht vor.

Da die Exszindierungsklagen nicht nach dem 30. 4. 1983 bei Gericht eingelangt sind, ist Art II Z 25 Zivilverfahrens-Novelle 1983, wodurch der erste Satz des Abs 2 des § 56 JN abgeändert wurde, nach Art XVII § 2 Abs 6 der zitierten Novelle auf diese Verfahren noch nicht anzuwenden.

Nach § 56 Abs 2 JN in der vor dem 1. 5. 1983 geltenden Fassung war die Klägerin nicht verpflichtet, den Wert des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstands ihrer Exszindierungsklagen in diesen anzugeben, weil dieser Wert im Hinblick auf die individuelle Zuständigkeit des Bezirksgerichts Spittal an der Drau als Exekutionsgericht nach § 37 Abs 3 EO weder für die Bestimmung der Zuständigkeit noch für die Besetzung des Gerichts von Belang war.

Abgesehen davon ist das Berufungsgericht nach § 500 Abs 2 Z 3 Satz 2 ZPO nicht an die Geldsumme gebunden, die die Klägerin als Wert des Streitgegenstands angegeben hat.

Die Bewertung des Streitgegenstands durch das Berufungsgericht steht daher auch nicht im Widerspruch zu der im § 500 Abs 2 ZPO vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der §§ 54 - 60 JN, weil es für die Bewertung des Streitgegenstands einer Exszindierungsklage entgegen dem Judikat 242 nicht auf den Betrag der betriebenen Forderung, sondern auf den Wert des oder der exszindierten Pfandgegenstände ankommt (Fasching I 355 f; Heller-Berger-Stix I 475; Holzhammer, Österr. Zwangsvollstreckungsrecht2 126).

Da der Oberste Gerichtshof somit an den Ausspruch des Berufungsgerichts, dass der Wert des Streitgegenstands, womit hier der im Hinblick auf den behaupteten einheitlichen Schenkungsvertrag der Wert aller exszindierten Pfandgegenstände zu verstehen ist (vgl Heller-Berger-Stix I 475), 300.000 S übersteigt, gebunden ist, ist die Revision nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässig.

2) Die Revision ist jedoch nicht begründet.

Nach § 943 ABGB erwächst dem Geschenknehmer aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen Schenkungsvertrage kein Klagerecht. Dieses Recht muss durch eine schriftliche Urkunde begründet werden. § 1 Abs 1 lit d NotZwG macht die Gültigkeit eines Schenkungsvertrags ohne wirkliche Übergabe sogar von der Aufnahme eines Notariatsakts abhängig.

„Wirkliche Übergabe“ im Sinn der zitierten Gesetzesstellen liegt vor, wenn zum Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener, als Übergabe erkennbarer Akt hinzukommt. Dieser Akt muss sinnfällig nach außen hin bemerkbar und so beschaffen sein, dass aus ihm der Wille des Geschenkgebers hervorgeht, das Schenkungsobjekt sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (Stanzl in Klang2 IV/1, 612; Heller-Berger-Stix I 452; Schubert in Rummel, ABGB Rdz 1 zu § 943 und die dort zitierte Judikatur).

„Wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (Schubert aaO; SZ 23/383; RZ 1979/17, JBl 1982, 143). Es genügen körperliche Übergabe, Übergabe durch Zeichen, Besitzauflassung (EvBl 1976/62), Besitzanweisung nicht aber Besitzauftragung (Stanzl aaO; Schubert aaO; SZ 38/227; JBl 1967, 624; SZ 48/81; RZ 1982/22).

Als ausreichend wurde zum Beispiel die Erklärung des weiter im Haus wohnenden Übergebers angesehen, der Übernehmer könne mit Umbauten im Erdgeschoss beginnen (RZ 1979/17). Zusicherung und wirkliche Übergabe können auseinanderfallen (JBl 1980, 264, JBl 1982, 143), ohne dass eine neuerliche Willenseinigung der Parteien über die Schenkung selbst erforderlich wäre (SZ 37/48).

Bei gemeinsamer Gewahrsame genügt es, wenn der Beschenkte die tatsächliche Herrschaft über die Sache ausüben kann (Klang in Klang2 II 322; Heller-Berger-Stix I 452, Schubert aaO Rdz 3 gegen Stanzl aaO; SZ 31/161; EvBl 1965/126; SZ 48/75).

Im gemeinsamen Haushalt kann schon die Einigung über den Besitz-(Eigentums-)Übergang als körperliche Übergabe (SZ 20/188; SZ 41/37) oder Übergabe kurzer Hand (SZ 31/161; EvBl 1972/98) beurteilt werden. Für die formlose Schenkung wird eine deutliche Abgrenzung der Herrschaftsbereiche genügen, so zum Beispiel durch ein zugewiesenes Zimmer (SZ 5/305) oder die Verwahrung unter eigenen Sachen (EvBl 1965/126; Spielbüchler in Rummel, ABGB Rdz 5 zu § 426).

Durch Erklärung wird die Sache übergeben, wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den Tag legt, dass der Übernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein dingliches Recht innehatte, künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle (§ 428 zweiter Fall ABGB). Kurzer Hand wird also übergeben, wenn eine besondere körperliche Übergabe wegen bereits bestehender Gewahrsame des Übernehmers nicht mehr denkbar ist. Hier überträgt die Einigung (der unbedingte Abschluss des Verfügungsgeschäfts) das Recht mit dem Ergebnis der körperlichen Übergabe (SZ 5/305; SZ 41/81; SZ 52/12), so auch bei gemeinsamer Gewahrsame des Übergebers und Übernehmers (SZ 31/161; SZ 37/43; EvBl 1972/98). Die Abgrenzung zur körperlichen Übergabe ist belanglos, wenn nicht aus besonderen Kundbarkeitserfordernissen die Gewahrsame des Übergebers wegen Offenlegung ausgeschlossen werden muss (Spielbüchler aaO Rdz 5 zu § 426 und Rdz 3 zu § 428).

In welcher Form die Pfandgegenstände der Klägerin vom Verpflichteten übergeben wurden, wurde in den Exszindierungsklagen nicht angegeben. Diesbezüglich wurde festgestellt, dass der Verpflichtete am 8. 8. 1972 in S***** gegenüber der Klägerin schriftlich erklärte, ihr das gesamte Inventar im Haus *****, wie besichtigt, zu schenken, dass die Klägerin am selben Tag gegenüber dem Verpflichteten schriftlich erklärte, die Schenkung anzunehmen und das Inventar in ihre Verfügung zu übernehmen, dass der Verpflichtete am 20. 9. 1972 in M***** schriftlich bestätigte, an diesem Tag die gesamte im Haus ***** befindliche Wohnungseinrichtung mit Möbeln und Inventar der Klägerin übergeben zu haben und dass diese am selben Tag schriftlich erklärte, dass ihr die gesamte durch Schenkung zugefallene Wohnungseinrichtung, bestehend aus allen Möbeln und dem beweglichen und unbeweglichen Inventar im Haus *****, übergeben wurde und sie diese am genannten Tag übernommen habe. Dass die Klägerin damals in dem vom Verpflichteten bewohnten Haus wohnte, wurde in den Exszindierungsklagen nicht behauptet, aber festgestellt.

Daraus, dass die Klägerin damals im Haus des Verpflichteten wohnte, folgt aber noch nicht, dass sie am gesamten Inventar dieses Hauses und insbesondere an den später für die Beklagten gepfändeten Gegenständen und nicht etwa nur an in bestimmten, von ihr benützten Räumen befindlichen Gegenständen (Mit-)Gewahrsame besaß. Aus der Beschaffenheit des Hauses *****, und aus der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen den Partnern des Schenkungsvertrags ergibt sich noch nicht, dass die Klägerin seinerzeit mit dem Verpflichteten im genannten Haus einen gemeinsamen Haushalt führte oder sonstige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Mitgewahrsame der Klägerin an den Pfandgegenständen bestünden.

Der vom Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gezogene Schluss, da die Klägerin im Haus des Verpflichteten gewohnt habe, müsse angenommen werden, dass ihr der (dort ebenfalls und weiterhin wohnende) Verpflichtete die Sachen zur ausschließlichen Benützung übergeben habe, ist unzutreffend.

Es ist daher nicht gerechtfertigt, an die Übergabe im hier zu entscheidenden Fall nur die leichten Anforderungen zu stellen, die bei der Übergabe von Sachen, die sich in gemeinsamer Inhabung beider Vertragsteile befinden, berechtigt sein mögen. Die Übergabs- und Übernahmserklärungen des Verpflichteten und der Klägerin sind daher einer körperlichen Übergabe der nach wie vor (jedenfalls auch) in der Gewahrsame des Verpflichteten verbliebenen, später gepfändeten Gegenstände nicht gleichzuhalten, weil eine deutliche Abgrenzung der Herrschaftsbereiche des Geschenkgebers und der Geschenknehmerin im Sinne der zitierten Lehre und Rechtsprechung weder behauptet noch festgestellt wurde.

Selbst wenn man die gesamte Einrichtung des Hauses ***** als zu einer Übergabe durch Zeichen geeignet werten wollte, fehlt es an einem tauglichen Übergabszeichen. Der Schenkungsvertrag vom 8. 8. 1972 und die Nachtragserklärungen vom 20. 9. 1972 kommen als solche Zeichen schon deshalb nicht in Frage, weil sie die einzelnen Gegenstände nicht einmal verzeichnen.

Da eine bereits bestehende (Mit-)Gewahrsame der Klägerin an den exszindierten Gegenständen - wie bereits erwähnt - weder behauptet noch festgestellt wurde, kann auch keine Übergabe kurzer Hand, für die ansonsten die Einigung der Vertragspartner über den Eigentumsübergang ausreichen würde nicht angenommen werden.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der nicht in Notariatsaktsform geschlossene Schenkungsvertrag zwischen dem Verpflichteten und der Klägerin hinsichtlich der exszindierten Gegenstände mangels wirklicher Übergabe ungültig und dass das behauptete Eigentumsrecht der Klägerin daher nicht erwiesen sei, ist somit richtig. Ob dieser ungültige Schenkungsvertrag auch als Scheingeschäft nichtig ist, war daher nicht mehr zu prüfen. Der unbegründeten Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E08883

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00071.84.1212.000

Im RIS seit

01.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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