TE OGH 1985/1/10 6Ob663/84

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Veröffentlicht am 10.01.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Alfred Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Josef D*****, 2.) Ingeborg P*****, 3.) M*****, und 4.) Josef D*****, die beiden letztgenannten vertreten durch Dr. Franz Bixner jun, Rechtsanwalt in Wien, wegen 333.458 S samt Nebenforderungen, infolge Revision der dritt- und der viertbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juli 1984, GZ 4 R 123/84-10, womit infolge Berufung der dritt- und der viertbeklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 2. März 1984, GZ 20 Cg 508/83-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die dritt- und die viertbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 11.797,36 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 960 S und an Umsatzsteuer 985,21 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht erließ gegen die beiden Rechtsmittelwerber, eine Gesellschaft mbH und eine weitere Person einen Wechselzahlungsauftrag über den Betrag von 333.458 S samt 6 % Zinsen seit 8. November 1983 (sowie einen weiteren Betrag von 200 S samt Zinsen, um welchen die Klagsforderung in der Folge eingeschränkt wurde). Der vorgelegte Wechsel mit dem Ausstellungsdatum 31. Oktober 1983 und dem Verfallstag 7. November 1983 trägt die Unterschriften der klagenden Partei als Ausstellerin und die Beklagten als Annehmer.

Nur die beiden nunmehrigen Rechtsmittelwerber erhoben Einwendungen.

Die Klägerin behauptete, dass sich ihre Forderung aus der Inanspruchnahme eines zugesagten Rahmenkredits in sechs Geschäftsfällen ergäbe.

Die nunmehrigen Rechtsmittelwerber bestritten die rechnungsmäßige Richtigkeit der von der Klägerin zugrunde gelegten Kontenabschlüsse in den erwähnten sechs Geschäftsfällen nicht. Sie machten aber geltend, dass die Kreditvaluta an den Geschäftsführer der kreditnehmenden Gesellschaft ausgezahlt worden sei, der mit dem Filialleiter der Klägerin in unredlicher Weise zusammengewirkt habe. Nach dem Vorbringen der nunmehrigen Rechtsmittelwerber sei der Wechsel von ihnen zur Besicherung eines von der Klägerin der erstbeklagten Gesellschaft eingeräumten Kredits unter der Abrede angenommen worden, dass die Gesellschaft die Kreditvaluta nur zu bestimmten Zwecken verwenden dürfe, nämlich zur Finanzierung von Kraftfahrzeugen, die zur Weiterveräußerung übernommen würden, wobei das Eigentum an diesen Fahrzeugen der Klägerin zu übertragen und die Verkaufserlöse fristgerecht abzuführen gewesen wären. Ein Filialleiter der Klägerin habe dem Geschäftsführer der Kreditnehmerin Kreditbeträge zugezählt, ohne dass der Klägerin die den Verkaufserlösen entsprechenden Barbeträge zurückbezahlt und ohne dass der Klägerin das Eigentum an den Kraftfahrzeugen übertragen worden wäre; vielmehr habe der Filialleiter der Klägerin im bewussten Zusammenwirken mit dem Geschäftsführer der Kreditnehmerin Typenscheine zur Besicherung im Bewusstsein entgegengenommen, dass die Fahrzeuge nicht oder nur als unbrauchbare Wracks vorhanden gewesen seien. Die Klägerin sei den nunmehrigen Revisionswerbern gegenüber dafür verantwortlich, dass Verbindlichkeiten, für die diese hafteten, bestünden, die bei Einhaltung der anlässlich der Wechselakzepte getroffenen Abreden nicht mehr offen wären. Den daraus abzuleitenden Schadenersatzanspruch wendeten die nunmehrigen Rechtsmittelwerber bis zur Höhe der Klagsforderung aufrechnungsweise ein.

Das Erstgericht erkannte, dass die Klagsforderung in der eingeschränkten Höhe zu Recht, die Gegenforderung jedoch nicht zu Recht bestünden und hielt den Wechselzahlungsauftrag im Umfang des eingeschränkten Klagebegehrens aufrecht.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Aus den dabei übernommenen erstrichterlichen Feststellungen ist hervorzuheben:

Die Klägerin räumte der erstbeklagten Gesellschaft zur Finanzierung der von der Kreditwerberin zur Weiterveräußerung übernommenen Kraftfahrzeuge einen Rahmenkredit bis zum Höchstbetrag von 750.000 S sein; dabei sollte der Rahmenkredit nach Maßgabe der Erstellung banküblicher Sicherheiten, insbesondere unter Berücksichtigung des Deckungswertes der finanzierten Kraftfahrzeuge in Anspruch genommen werden können; die auf die einzelnen finanzierten Kraftfahrzeuge entfallenden Finanzierungsbeträge sollten bei gebrauchten Fahrzeugen spätestens am 90. Tag und bei fabriksneuen Wagen spätestens am 180. Tag nach der jeweiligen Inanspruchname der Finanzierungsbeträge an die Klägerin bar zurückgezahlt werden; gebrauchte Fahrzeuge sollten in das Eigentum der Klägerin übertragen werden, wofür nur einwandfreie, nicht havarierte, betriebsbereite Kraftfahrzeuge, deren Baujahr vom Tage der Übereignung zurückgerechnet nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen durfte, in Betracht kommen sollten; die Klägerin sollte den Deckungswert eines finanzierten gebrauchten Fahrzeugs durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen ermitteln lassen, anderenfalls sollte höchstens ein Betrag von 70 % der aktuellen Eurotax-Verkaufswerte als Deckungswert gelte. Die Begebung von Wechselblanketten mit Annehmerunterschriften der Kreditnehmerin unter der Ermächtigung der Klägerin zur Ausfüllung „auf den bei Eintritt der Fälligkeit von dem Kreditnehmer aus welchem Titel immer geschuldeten Betrag samt Nebengebühren“ war vertraglich vereinbart. Die beiden nunmehrigen Rechtsmittelwerber übernahmen im Sinne des Vertragspunktes 13 neben anderen Personen „für alle aus diesem Kreditvertrag sich ergebenden Verpflichtungen ... die Mithaftung als Solidarschuldner zur ungeteilten Hand“ und unterfertigten als solche die Kreditvertragsurkunde (Beilage B). Im Sinne dieses Vertrags begaben die nunmehrigen Revisionswerber die von ihnen angenommenen Wechselblankette, von denen die Klägerin das vorgelegte ausfüllte und ihrem nunmehrigen Klagebegehren zugrunde legte.

Das Erstgericht folgerte zur aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderung in rechtlicher Beurteilung, dass sich die beiden nunmehrigen Rechtsmittelwerber als Mitschuldner der Kreditnehmerin gegenüber der Klägerin nicht auf Schadenersatzansprüche gemäß § 1364 Satz 2 ABGB berufen könnten.

Das Berufungsgericht billigte diese erstrichterliche Beurteilung und verneinte das Vorliegen von Feststellungsmängeln, weil die Rechtsmittelwerber mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen einen ihnen entstandenen Schaden im Sinne einer Vermögenseinbuße in keiner Weise schlüssig dargetan hätten. Die Rechtsmittelwerber seien nach der Ansicht des Berufungsgerichts den im Kreditvertrag umschriebenen Verpflichtungen der Kreditnehmerin wirksam beigetreten, sie hafteten der Klägerin mit der Kreditnehmerin für deren Rückzahlungsverpflichtungen zur ungeteilten Hand. Die Aktualisierung dieser von den Rechtsmittelwerbern vertraglich als Hauptleistung übernommenen Verpflichtung stelle keine Schadenszufügung dar. Die Rechtsmittelwerber hätten über ihre rechtlichen Beziehungen zur Kreditnehmerin in erster Instanz keinerlei Behauptungen aufgestellt, ebenso wenig über eine Beeinträchtigung allfälliger Regressansprüche durch ein von der Klägerin zu vertretendes Verhalten. Die Rechtsmittelwerber hätten daher einen Schadenersatzanspruch wegen Verkürzung ihrer etwa bestehenden Rückgriffsansprüche keinesfalls schlüssig ausgeführt.

Die dritt- und die viertbeklagte Partei fechten das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit einem Aufhebungsantrag an.

Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach dem zu beurteilenden Sachverhalt handelte es sich bei dem der Klage zugrunde gelegten Wechsel um ein von der Klägerin ausgefülltes Wechselblankett, das die nunmehrigen Rechtsmittelwerber als solidarisch mit dem Kreditnehmer haftende Mitschuldner zur Besicherung aller Forderungen des Kreditnehmers aus einem bestimmten Kreditverhältnis wechselmäßig unterfertigt haben. Die Rechtsmittelwerber haben als beklagte Annehmer des Wechselblanketts der als Wechselklägerin aufgetretenen Ausstellerin nicht etwa die Einrede einer abredewidrigen Ausfüllung des Wechselblankettes entgegengehalten und durch konkrete Darlegungen auszuführen versucht (etwa mit der Behauptung, bei den der Errechnungen der Wechselsumme zugrunde gelegten Geschäftsfällen habe es sich um Kreditgewährungen gehandelt, die ihrer Art nach außerhalb des Rahmenkreditverhältnisses gelegen gewesen wären, so dass in Ansehung dieser Beträge weder die vertragliche Mithaftung noch die Ausfüllungsermächtigung Platz greife), sondern die der Wechselausfüllung und damit der Klage zugrunde gelegten sechs Kreditfälle als Vertragsfälle gelten lassen und nur Schadenersatzforderungen gegen die Klägerin wegen vertragswidrigen, die Rechtsmittelwerber schädigenden Verhaltens eines Filialleiters der Klägerin aufrechnungsweise eingewendet.

Zur Beurteilung des ausschließlich geltend gemachten Schadenersatzanspruchs ist zu erwägen:

Die Regelungen im Rahmenkreditvertrag über die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des zugesagten Kredits im einzelnen Geschäftsfall, über die dabei zu leistenden Sicherheiten sowie über die näheren Umstände der Kreditrückzahlungen dienten in objektiver Vertragsauslegung ausschließlich den Kreditgeberinteressen. Ein Verzicht auf die vertraglich bedungenen Sicherheiten im Einzelfall könnte, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, zwar die Kreditgeberin einem Bürgen gegenüber schadenersatzpflichtig werden lassen, nicht aber einem als solidarisch mithaftenden Schuldner den Kreditnehmerverbindlichkeiten beigetretenen Vertragspartner. Die Rechtsmittelwerber haben im erstinstanzlichen Verfahren keinerlei Prozessbehauptungen darüber aufgestellt, aus welchem, der Klägerin offengelegten Grund sie die Mithaftung für die Kreditnehmerverbindlichkeiten übernommen haben. Sie haben ihren Prozessstandpunkt, die Leistung der nach der Urkundenauslegung erkennbar ausschließlich zur Wahrung der Kreditgeberinteressen vereinbarten Sicherheiten hätte (nach einer besonderen Gestaltung des internen Verhältnisses zur Kreditnehmerin) unmittelbar und nicht bloß als Reflexwirkung auch dem Schutze ihrer rechtlichen Interzessionsinteressen dienen sollen, keinesfalls durch schlüssiges Tatsachenvorbringen konkretisiert. Das Prozessvorbringen, der Geschäftsführer der kreditnehmenden Gesellschaft (erstbeklagten Partei) habe den Filialleiter der Klägerin durch Bestechung dazu verleitet, Kreditbeträge im Rahmen des Kreditverhältnisses ohne die vertraglich bedungenen Sicherheiten auszuzahlen, bringt daher keine Verletzung der vertraglich festgelegten Interessen der Rechtsmittelwerber zur schlüssigen Darstellung.

Mangels näherer Ausführungen über die zwischen den Rechtsmittelwerbern und der kreditnehmenden Gesellschaft bestandenen internen Rechtsbeziehungen sowie über die tatsächliche Verwendung des vom Geschäftsführer der kreditnehmenden Gesellschaft angeblich ohne Leistung der vertraglich bedungenen Sicherheiten in Empfang genommenen Kreditbeträge kann in der behaupteten einvernehmlichen betrügerischen Vorgangsweise des Geschäftsführers und des Filialleiters keine Schädigung der Rechtsmittelwerber erkannt werden.

Die Revisionsausführungen gehen an diesem für den Rechtsstreit entscheidenden Punkt vorbei.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 46 Abs 2 und 50 ZPO.

Textnummer

E116800

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00663.840.0110.000

Im RIS seit

18.01.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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