TE OGH 1985/1/24 12Os172/84

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Veröffentlicht am 24.01.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Jänner 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Miheljak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Maria A und Karl B wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB und des Vergehens des versuchten Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 5.April 1984, GZ. 9 Vr 232/82-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Tschulik und des Verteidigers Dr. Hannes Hirtzberger jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 5.April 1984, GZ. 9 Vr 232/82-40, verletzt insoweit, als Maria A und Karl A (auch) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB schuldig erkannt wurden, das Gesetz in der genannten Bestimmung. Das Urteil, welches im übrigen (Punkt 2) unberührt bleibt, wird im Schuldspruch laut Punkt 1 des Urteilssatzes (wegen des Verbrechens nach § 169 Abs. 2 StGB) sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem oben angeführten Urteil wurden die Landwirte Maria A und Karl A des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB sowie des Vergehens des versuchten Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB

schuldig erkannt und hiefür zu einer jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses von beiden Angeklagten unbekämpft gebliebene Urteil richtet sich (nach Zurückziehung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde) nur mehr die (noch unerledigte) Berufung der Staatsanwaltschaft.

Inhaltlich des Schuldspruchs haben die beiden Angeklagten am 18. Februar 1982 an dem in ihrem Miteigentum stehenden Anwesen in Nöchling durch Entzünden von im Schuppenboden gelagertem Heu eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben von Maria C und Barbara A herbeigeführt, sowie in der Zeit vom 18. Februar bis 24.Februar 1982 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, Vertreter der D E F mittels Vorlage falscher Versicherungsanmeldungen zur Auszahlung eines Betrages von 64.650 S, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung zu verleiten, durch die der genannten Versicherungsgesellschaft ein 5.000 S übersteigender Schaden entstehen sollte.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte Maria A im Einverständnis mit ihrem Ehegatten Karl A am 18.Februar 1982 zwischen 15.25 Uhr und 15.30 Uhr in der Scheune an dem im ersten Stock gelagerten Heu Feuer mittels offener Flamme in der Absicht gelegt, das alte Anwesen, zumindest aber den Stalltrakt, niederzubrennen und sich in den Besitz der Versicherungssumme zu setzen, um damit die dringendsten Schulden bezahlen zu können. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Maria C, die Mutter der Maria A, und die 10-jährige Tochter der Angeklagten, Barbara A, in einem (etwa 12 m von der Brandstelle entfernt gelegenen) Wohnraum zum Schlafen niedergelegt. Gegen 15.35 Uhr sah eine Nachbarin über der Scheune Rauch aufsteigen; sie beobachtete Maria A, welche nachsehen wollte, ob und inwieweit sich der Brand entwickelt hatte, um diesen (so weit) unter Kontrolle zu halten, um noch rechtzeitig das Vieh austreiben und ihre beiden Familienangehörigen in Sicherheit bringen zu können (vgl. S. 9, 17/II). Um 15.45 Uhr entdeckte ein weiterer Nachbar Rauchentwicklung und eilte daraufhin zum Brandort. Erste Löschversuche scheiterten daran, daß das Hauswasserleitungsnetz wegen des von den Angeklagten tatplangemäß ausgeschalteten FI-Schalters nicht funktionierte. Der Brand konnte daher von der Freiwilligen Feuerwehr erst gegen 17.30 Uhr endgültig unter Kontrolle gebracht werden. Bereits vor deren Eintreffen um ca. 16.15 Uhr hatten Maria C und Barbara A vom Geschehen Kenntnis erlangt und den Raum im alten Wohnhaus verlassen.

Nach Überzeugung des Gerichtes entstand keine Gefährdung der umliegenden Gehöfte der Streusiedlung, doch wurde durch den ohne Einsatz der Feuerwehr nicht mehr erfolgreich bekämpfbaren Brand eine Gefahr für Leib und Leben der im Anwesen befindlichen Personen - Maria C und Barbara A - herbeigeführt (vgl. S. 21/II).

Rechtliche Beurteilung

Der Schuldspruch der beiden Angeklagten wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die Verwirklichung dieses Tatbestandes setzt voraus, daß sich der (zumindest bedingte) Vorsatz des Täters auf sämtliche Tatbildmerkmale, also sowohl auf die Verursachung einer Feuersbrunst, d.h. auf einen sich weiterverbreitenden, ausgedehnten, und mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringenden Brand (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/32;

ÖJZ-LSK. 1979/362 = SSt. 50/51), als auch auf die Herbeiführung einer Gefahr für Leib oder Leben des (Mit-)Eigentümers oder eines Dritten oder für das Eigentum eines Dritten im größeren Ausmaß bezieht. Fehlt eine dieser Vorsatzkomponenten, ist der subjektive Tatbestand nicht erfüllt, doch der Täter verantwortet allenfalls das Vergehen der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 StGB

Im vorliegenden Fall stellte das Schöffengericht zwar fest, daß eine Feuersbrunst im Sinne des § 169 StGB tatsächlich entstanden ist und für Maria C und Barbara A - objektiv - eine (konkrete) Gefahr, d.h. eine von den Tätern geschaffene Situation bestanden hat, welche die Möglichkeit eines Schadens an Leib und Leben der im Brandobjekt anwesenden Personen besorgen ließ, wie dies bei der Entfesselung von Naturgewalten typisch ist. Hingegen mangeln dem Urteil tragfähige Konstatierungen zur inneren Tatseite, insbesondere über ein Handeln der Angeklagten mit Gefährdungsvorsatz, zumal das Schöffengericht - was gegen die Annahme eines solchen Vorsatzes spräche - ausdrücklich als erwiesen annahm, daß die Angeklagten darauf bedacht waren, Maria C und Barbara A (rechtzeitig) in Sicherheit zu bringen (S. 9/II). Demnach erweist sich das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als mit Feststellungsmängeln behaftet, welche eine Aufhebung des Schuldspruchs der beiden Angeklagten wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB und der die Genannten betreffenden Strafaussprüche, sowie eine Verfahrenserneuerung in diesem Umfang erforderlich machen.

Es war daher im Sinn des letzten Satzes des § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher - für den Fall abermaliger Bejahung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben der genannten (dritten) Personen vorausgesetzt - insbesondere zu prüfen sein, ob die Angeklagten die bezeichnete Gefahr vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben (vgl. Leukauf/Steininger Kommentar 2 § 169 RN. 15, § 170 RN. 7).

Anmerkung

E05091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00172.84.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19850124_OGH0002_0120OS00172_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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