TE OGH 1985/1/24 12Os161/84

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Veröffentlicht am 24.01.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Miheljak als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Niklas A wegen der Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs.3 StGB und der Untreue nach § 153 Abs.1 und Abs.2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 12. Juli 1984, GZ. 8 Vr 2325/83-117 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer und des Verteidigers Dr. Franz Müller-Strobl jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, und, zum Teil auch gemäß § 290 Abs.1 StPO das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch betreffend die (Betrugs-)Fakten laut den Punkten I/1 und 2, ferner im Ausspruch über einen (insgesamt) S 100.000,--

übersteigenden (Betrugs-)Schaden und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung des dem Angeklagten zufolge Punkt I/3 des Urteilssatzes weiterhin zur Last fallenden Betrugs (auch) nach § 147 Abs.3 StGB und demgemäß im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die angerechnete Vorhaft) sowie in dem die Privatbeteiligte Hannelore B betreffenden Adhäsionserkenntnis aufgehoben und 1. gemäß § 288 Abs.2 Z. 3 StPO hinsichtlich des Urteilsfaktums Punkt I/2

in der Sache selbst erkannt:

Dr. Niklas A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Mai 1982 in C mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Brigitte D durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Aushändigung eines Geldbetrages von S 4.000,-- verleitet, die sie in dieser Höhe am Vermögen schädigte, indem er vorgab, den Geldbetrag für sie bei der Post zur Einzahlung zu bringen, gemäß § 259 Z.1 StPO freigesprochen.

2. hinsichtlich Punkt I/1 die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen Teilfreispruch enthaltenden) Urteil wurde Dr. Niklas A der Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146,147 Abs.3 StGB (Punkt I/1 bis 3 des Urteilssatzes) und der Untreue nach § 153 Abs.1 und Abs.2 StGB (Punkt II) schuldig erkannt. Darnach hat er I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu nachstehenden Handlungen verleitet, die sie oder andere in einem S 100.000,--

übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten und zwar 1.) am 1. April und 23. Juli 1981 in Klagenfurt Angestellte der BANK FüR E AG durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit sowie die Hannelore B durch die Zusicherung, es werde nur der nichtverbaute Teil ihrer Liegenschaft (in Drasing, EZ 37 des Grundbuches Klagenfurt) zur Besicherung des Kredites pfandrechtlich belastet, zur Gewährung (bzw. Besicherung) eines Kredites in der Höhe von insgesamt S 1,850.000,--;

2.) im Mai 1982 in C Brigitte D zur Ausfolgung eines Geldbetrages von S 4.000,-- durch die Vorspiegelung, das Geld für sie bei der Post zur Einzahlung zu bringen;

3.) am 23. Juli 1982 in München Hans Peter F durch Vortäuschung seiner Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit zur Gewährung eines Darlehens von DM 8.000,-- (= S 56.000,--);

II. in der Zeit von Feber bis Juni 1982 in Klagenfurt und anderen Orten im Inland und Ausland als Inhaber einer Kreditkarte der G H I

J die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich dadurch mißbraucht, daß er unter Ausnützung der Zahlungsverpflichtung dieses Instituts verschiedene Waren bezog, sowie Dienstleistungen in Anspruch nahm, obgleich auf seinem zur Verrechnung herangezogenen Konto bei der K L E AG hiefür keine Deckung bestand und dadurch der G H I J einen Vermögensnachteil in der Gesamthöhe von S 147.000,-- zufügte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Schuldspruch aus den Nichtigkeitsgründen der Z.8, 9 lit. a, b und c des § 281 Abs.1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu:

Unbegründet ist der Beschwerdeeinwand (Z.9 lit. b), die im Schuldspruch unter Punkt I/2 und 3, sowie unter Punkt II bezeichneten Fakten (identisch mit Punkt I/3 und 4 sowie II der Anklageschrift ON 103) seien nicht Gegenstand eines inländischen Auslieferungsbegehrens geworden, sodaß der Schuldspruch insoweit dem im Auslieferungsrecht geltenden Grundsatz der Spezialität widerspreche. Denn die Beschwerde verkennt dabei, daß der am 19. April 1983

gegen den Angeklagten erlassene Haftbefehl mit den dort angeführten Fakten (darunter auch dem im Ersturteil unter Punkt I/3 bezeichneten Betrug durch Herauslockung eines Geldbetrages von DM 8.000,--) die Grundlage des inländischen Begehrens auf Auslieferung des Angeklagten aus Spanien zur strafgerichtlichen Verfolgung und Aburteilung im Inland bildete (vgl. ON 21) und die Auslieferung des Angeklagten auf Grund dieses Auslieferungsbegehrens ohne Einschränkung, mithin auch wegen dieses Betrugs, bewilligt wurde (ON 24

und 48). In der Folge wurde wegen weiterer, im Nachtragshaftbefehl vom 26. September 1983 (ON 47) näher beschriebener Straftaten des Angeklagten, darunter auch jener, die den Gegenstand des Schuldspruchs zu Punkt I/2 des Urteilssatzes (Herauslockung eines der Brigitte D von Hannelore B übergebenen Geldbetrages) und zu Punkt II (wegen Untreue) bilden, die (nachträgliche) Auslieferung des Angeklagten bewilligt (ON 46, 95 und 96).

Die bezügliche Rechtsrüge versagt daher (vgl. SSt 52/49, 9 Os 140/84). In diesem Umfange war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Berechtigt hingegen ist die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie zum Urteilsfaktum I/1 Feststellungsmängel (Z.9 lit. a und c) geltend macht.

Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen wurde der vom Angeklagten mit Kreditvertrag vom 1. April 1981 bei der K L E AG in Klagenfurt aufgenommene (und schon nach kurzer Zeit zur Gänze in Anspruch genommene) Kontokorrentkredit von S 1,500.000,-- durch Verpfändung der der Hannelore B gehörigen Liegenschaft EZ 37 der Katastralgemeinde Drasing bis zu einem Höchstbetrag von S 1,950.000,-- (für alle aus dieser Kreditgewährung resultierenden Forderungen und Ansprüche der Bank an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art) abgesichert (vgl. S 263 f/II, ferner Kreditvertrag sowie Pfandbestellungsurkunde, Beilagen 1 und 2 zu ON 92).

Das Ersturteil enthält jedoch keine Feststellungen, ob zur Zeit der Kreditgewährung die zum Pfand gegebene Liegenschaft volle Deckung für den vom Angeklagten aufgenommenen Kredit bot. Sollte die Kreditsumme in dem beigestellten Pfandobjekt vollständige wertmäßige Deckung finden, scheidet die Möglichkeit eines Schadenseintrittes bei der kreditgewährenden Bank aus, sieht man von einem allfälligen, durch die Realisierung des Pfandrechtes bedingten Verzögerungsschaden ab, auf den sich der Vorsatz des Angeklagten erstrecken müßte, worüber aber im Ersturteil gleichfalls jede Feststellung fehlt (vgl. LeukaufSteininger, Komm. 2 , RN 33 und 36, Kienapfel BT II RN 170, je zu § 146; 9 Os 48/81; ÖJZ/LSK 1977/268 u.a.).

Feststellungen zur subjektiven Tatseite läßt das schöffengerichtliche Urteil auch hinsichtlich der Aufstockung des Kredites um S 350.000,--

vermissen, die dem Angeklagten unbesichert gewährt worden war. Hier wird allenfalls zusätzlich festzustellen sein, ob der Angeklagte damit gerechnet hat, daß diese Kreditsumme in der zum Pfand gegebenen Liegenschaft der Zeugin B Deckung finden werde und demnach ein Schadenseintritt (in Ansehung dieser Kreditaufstockung) bei der K L E AG vom Vorsatz des Angeklagten nicht erfaßt war. Da der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen zur Tatzeit mit Hannelore B in außerehelicher Lebensgemeinschaft (§ 72 Abs.2 StGB) lebte, könnte er wegen eines zum Nachteil der Genannten als Pfandbestellerin verübten Betrugs nur auf Verlangen der Verletzten verfolgt werden (§ 166 Abs.1 und 3 StGB). Eine solche Privatanklage wurde von Hannelore B jedoch nicht erhoben.

Dem Obersten Gerichtshof ist allerdings zu diesem Urteilsfaktum (I/1) eine Entscheidung in der Sache selbst infolge der bereits angeführten, dem Ersturteil anhaftenden Feststellungsmängel verwehrt. Insoweit war daher der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und dem Erstgericht die Erneuerung des Verfahrens im aufgezeigten Sinne aufzutragen.

Infolge der erforderlich gewordenen Aufhebung des Ersturteiles im Faktum I/1 erübrigt es sich, auf die dieses Faktum betreffende, die Z.8 des § 281

Abs.1 StPO relevierende Nichtigkeitsbeschwerde einzugehen. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof im übrigen davon überzeugt, daß der Schuldspruch zu Punkt I/2 mit dem ungerügt gebliebenen, jedoch zum Nachteil des Angeklagten ausschlagenden materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs.1 Z.9 lit. c StPO behaftet ist. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen hatte die Lebensgefährtin des Angeklagten, Hannelore B, im Mai 1982 in C der Brigitte D, einer Angestellten der Fa. M N O P Q.M.B.H. (zu deren Mitgesellschaftern unter anderem sowohl der Angeklagte als auch Hannelore B zählten, deren alleiniger Geschäftsführer aber der Angeklagte war) einen Geldbetrag von S 4.000,-- zur Aufgabe bei der Post mittels Erlagschein übergeben. Diesen Geldbetrag, der zur Begleichung einer Rechnung der Firma R S für von dieser Firma im Haus der Hannelore B erbrachte Tischlerarbeiten bestimmt war (S 223, 311 h, 356/I, S 88/II), hatte der Angeklagte der Brigitte D unter der Vorspiegelung herausgelockt, daß er selbst das Geld bei der Post zur Einzahlung bringen werde (S 272/II).

Diese Urteilsfeststellungen lassen keinen Zweifel daran, daß der dem Angeklagten insoweit angelastete Betrug zum Nachteil seiner Lebensgefährtin Hannelore B begangen wurde, in deren Eigentum die Vermögensschädigung eingetreten ist. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß die Täuschungshandlung vom Angeklagten gegenüber (der Firmenangestellten) Brigitte D gesetzt wurde; denn Geschädigter und Getäuschter müssen beim Betrug nicht identisch sein. Für eine den Täter privilegierende Tatbeurteilung (bloß) als Vergehen (des im Familienkreis begangenen Betrugs) nach § 166 StGB ist es nicht erforderlich, daß (auch) der Getäuschte zu dem im § 166 Abs.1 StGB angeführten Personenkreis gehört;

entscheidend ist vielmehr, ob die Tat (hier Betrug) zum Nachteil eines solchen Familienangehörigen begangen wurde (JBl. 1980, 666, Leukauf-Steininger, aaO § 166 RN 7). Da der Vermögensschaden - so wie dies vom Erstgericht angenommen wurde (vgl. S 273/II) - bei der zur Tatzeit mit dem Angeklagten in außerehelicher Lebensgemeinschaft (§ 72 Abs.2 StGB) lebenden Hannelore B eingetreten ist, aber die gemäß § 166 Abs.3 StGB zur strafgerichtlichen Verfolgung des Angeklagten wegen dieser Tat erforderliche Privatanklage der Vorgenannten fehlt (und auch nicht mehr nachgeholt werden kann - § 46 Abs.1 StPO), war gemäß § 290 Abs.1 StPO nach Aufhebung des verfehlten Schuldspruchs sogleich in der Sache selbst durch Freispruch (gemäß § 259 Z.1 StPO) zu erkennen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E05093

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00161.84.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19850124_OGH0002_0120OS00161_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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