TE OGH 1985/2/13 3Ob168/84

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Veröffentlicht am 13.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ing. Georg H*****, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Dr. Norbert Nagele, Dr. Klaus Haslinger, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Ing. Erich H*****, vertreten durch Dr. Horst Koch, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1.131.239,20 S samt Anhang infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 12. Oktober 1984, GZ 13 R 715/84-8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Perg vom 19. September 1984, GZ E 926/84-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wird hinsichtlich der Fahrnisexekution dahin abgeändert, dass der Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Erstgerichts in diesem Umfange zurückgewiesen wird.

Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung, wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben und der Beschluss des Gerichts zweiter Instanz in diesem Umfange, sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung, bestätigt.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen die mit 17.761,50 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 1.396,50 S Umsatzsteuer und 2.400 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Aufgrund eines rechtskräftigen Teil-Schiedsspruchs schuldet der Verpflichtete der betreibenden Partei einen Kostenbetrag von 1.131.239,20 S. Zur Hereinbringung dieses Betrags beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Fahrnisexekution und der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf einigen Liegenschaften des Verpflichteten. Noch vor dem Vollzug der Fahrnisexekution und der Durchführung der grundbücherlichen Eintragung der Pfandrechte, die das Erstgericht bereits bewilligt und an die Geschäftsabteilung (mit den üblichen Vermerken „Grundbuch“ und „zum Vollzug“) abgegeben hatte, beantragte die verpflichtete Partei, ihr aufgrund der Einbringung einer Aufhebungsklage die Aufschiebung der Exekution gemäß § 42 Abs 1 Z 1 EO zu bewilligen.

Das Erstgericht fasste daraufhin den Beschluss, es werde mit dem Vollzug der bewilligten Fahrnisexekution und der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Aufschiebungsantrag „innegehalten“.

Das Gericht zweiter Instanz hob diesen Beschluss ersatzlos auf. Es vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen für ein Innehalten mit der Exekution im Sinne des § 46 EO nicht vorlägen, auch sonst gebe es keine Bestimmung der Exekutionsordnung, die es gestatten würde, eine bewilligte Exekution nicht sofort zu vollziehen. Die in der Lehre behandelte kurzfristige Verschiebung einer Vollzugshandlung komme nicht in Betracht, weil alle Voraussetzungen vorlägen, sofort über den Aufschiebungsantrag zu entscheiden. Die Aufschiebung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung sei darüber hinaus unzulässig, weil dadurch der betreibenden Partei kein Schaden entstehen könne. Es komme daher diesbezüglich auch nicht eine sozusagen vorläufige Verschiebung der Vollzugshandlung in Frage.

Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss der zweiten Instanz als nichtig aufzuheben und den Rekurs der betreibenden Partei als unzulässig zurückzuweisen oder ihn dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die verpflichtete Partei vertritt ua die Auffassung, der strittige Beschluss des Erstgerichts stelle lediglich eine Dienstanweisung im Sinne der §§ 128, 551 Geo bzw P 33 DV dar, gegen die kein Rechtsmittel zustehe.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs kommt hinsichtlich der Fahrnisexekution Berechtigung zu; hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung ist der Revisionsrekurs unbegründet.

Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz erkannt, dass die Entscheidung des Erstgerichts ungeachtet ihres Wortlauts kein Beschluss auf „Innehaltung“ mit der Vollziehung einer Exekutionshandlung im Sinne des § 46 Abs 1 EO ist, dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben wären. Soweit es um die Fahrnisexekution geht, liegt vielmehr der im Schrifttum behandelte Fall einer vom Exekutionsgericht getroffenen Maßnahme vor, um vorläufig die Vollzugshandlung aufzuhalten, bis über die Frage entschieden werden kann, ob eine Aufschiebung der Exekution bewilligt werden kann oder nicht, wofür die Ausdrücke eines „Absetzens einer Vollzugshandlung“, einer „Verschiebung einer Vollzugshandlung auf kurze Zeit“ oder „Absetzung der Exekution“ üblich sind (Heller-Berger-Stix 535 Holzhammer2, 85). Eine solche vorläufige Hemmung des Exekutionsvollzugs bis zur Entscheidung über den Aufschiebungsantrag ist in der Exekutionsordnung an sich nicht vorgesehen. Ein derartiger Beschluss kann daher nur eine Weisung des Exekutionsrichters an das Vollstreckungsorgan im Sinne des § 25 Abs 1 EO darstellen, einem schon erteilten Vollzugsauftrag vorläufig bis auf weiteres nicht nachzukommen.

Gegen einen solchen Beschluss ist aber gemäß § 66 EO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht gestattet (so MietSlg. 1093/61, MietSlg. 4872 bezüglich des Absetzens eines Räumungstermins vor Entscheidung über einen Antrag auf Aufschiebung einer Räumungsexekution, vgl auch EvBl. 1964/247 mit dem Hinweis, dass Weisungen gemäß § 25 Abs 1 EO auch dann nicht abgesondert anfechtbar sind, wenn sie versehentlich in eine Beschlussausfertigung aufgenommen werden).

Im Großkommentar von Heller-Berger-Stix wird zwar diesbezüglich die Ansicht vertreten, § 66 EO sei nur auf Beschlüsse anwendbar, mit denen eine bestimmte Vollzugshandlung angeordnet werde, nicht aber auf Beschlüsse, mit denen die vorläufige Unterlassung einer bestimmten Vollzugshandlung verfügt werde (S 660). Der erkennende Senat ist aber der Ansicht, dass weder der Wortlaut dieser Bestimmung noch der Zweck dieser Regelung gegen die angeführte Rechtsprechung ins Treffen geführt werden können. Die Bestimmung des § 66 EO ist als Einheit zu sehen. Nach dem ersten Halbsatz soll nicht nur die Anberaumung einer Tagsatzung, sondern auch die Erstreckung derselben von einer sofortigen Anfechtung ausgenommen sein. Wenn es also sowohl gegen die etwa sehr kurzfristige Anberaumung einer Tagsatzung zur Vernehmung eines Beteiligten über irgend ein Exekutionshindernis als auch gegen die Absetzung einer solchen schon angeordneten Tagsatzung, die dann praktisch zu einer Verzögerung des Exekutionsverfahrens führt, kein abgesondertes Rechtsmittel geben soll, so sind auch gemäß dem zweiten ganz allgemein formulierten Halbsatz der zitierten Bestimmung beide Fälle einzuordnen. Ein Auftrag „zur Durchführung einzelner Exekutionsakte“ kann in diesem Sinn sowohl die Anordnung eines sofortigen Vollzugs in einer ganz bestimmten Weise wie auch die Anordnung der derzeitigen Unterlassung eines ganz bestimmten Vollzugs sein. Und dass der betreibenden Partei gegen eine kurzfristige Verschiebung einer schon angeordneten Vollzugshandlung kein abgesondertes Rechtsmittel zustehen soll, ist sachlich sehr wohl gerechtfertigt, weil es wenig sinnvoll erschiene, die Entscheidung, zB wie hier über einen Aufschiebungsantrag, dadurch zu verzögern, dass vor der Entscheidung über diesen Antrag zunächst ein langwieriger Zwischenstreit über die Frage abgewickelt wird, ob man sofort über den Aufschiebungsantrag entscheiden könne oder nicht, ob es überhaupt zulässig sei, einen schon erteilten Vollzugsauftrag zu widerrufen usw.

Damit war aber der an die zweite Instanz gerichtete Rekurs der betreibenden Partei hinsichtlich der Fahrnisexekution nicht zulässig, weshalb der Beschluss der zweiten Instanz diesbezüglich dahin abzuändern war, dass der Rekurs der betreibenden Partei in diesem Umfange zurückgewiesen wird.

Für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung trifft dies jedoch nicht zu. Der zum Vollzug einer Exekution erteilte Auftrag einer Eintragung im Grundbuch ist kein „an das Vollstreckungsorgan“ erlassener Auftrag im Sinne des § 66 EO, sodass hier auch nicht die Rechtsmittelbeschränkung nach dieser Gesetzesstelle zum Tragen kommen kann (Heller-Berger-Stix, 660 oben). Gemäß § 88 Abs 2 EO gelten für den Vollzug der Einverleibung vielmehr die Bestimmungen des Grundbuchsverfahrens, in dem eine der Rechtsmittelbeschränkung nach § 66 EO vergleichbare Regelung fehlt. Es ist auch zu bedenken, dass zwar bei gewissen Exekutionsarten das oben erwähnte kurzfristige Zuwarten mit dem Vollzug aus faktischen Bedürfnissen heraus in Betracht kommen kann (Heller-Berger-Stix, 535), dass aber solche rein praktischen Überlegungen bei einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung nicht vorstellbar sind. Die Ausführungen im Revisionsrekurs über den Einfluss einer Unterlassung der sofortigen Eintragung eines Pfandrechts auf die Kreditwürdigkeit der verpflichteten Partei sind nicht überzeugend, weil ja kaum verständlich ist, weshalb eine unerledigte Plombe weniger Schaden anrichten soll als die Eintragung. Zu einer analogen Ausdehnung der Rechtsmittelbeschränkung des § 66 EO auch auf den Fall, dass der Exekutionsrichter ohne jede gesetzliche Deckung und ohne jedes faktische Bedürfnis hinsichtlich des Vollzugs einer von ihm schon bindend (§ 425 Abs 2 ZPO) erlassenen Exekutionsbewilligung im Grundbuch eine bestimmte Anordnung trifft, besteht daher kein Anlass.

Eine Entscheidung nach § 128 Abs 2 GeO kann nicht vorliegen, weil hier nur über die Art der Eintragung eine Weisung erteilt werden könnte. § 551 GeO und § 33 DV beziehen sich von vorneherein nur auf den Vollstreckungsbeamten, nicht auf den Grundbuchsbeamten. Auch aus diesen im Revisionsrekurs herangezogenen Bestimmungen kann daher ein Rechtsmittelausschluss nicht abgeleitet werden.

Hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung war daher der abgesonderte Rekurs der betreibenden Partei an die zweite Instanz zulässig und entgegen der Rechtsansicht der verpflichteten Partei auch begründet; denn ein im Gesetz nicht vorgesehener Beschluss ist eben ersatzlos aufzuheben. In diesem Umfange war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Für die Kostenentscheidung in zweiter und dritter Instanz bedeutet dies, da jeweils einseitige Rekursverfahren vorliegen, dass also die betreibende Partei vollen Kostenersatz für ihren bezüglich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung zulässigen und erfolgreichen Rekurs erhält, womit es bei der bisherigen Kostenentscheidung bleibt, während die betreibende Partei der verpflichteten Partei die Kosten des hinsichtlich der Fahrnisexekution erfolgreichen Revisionsrekurses ersetzen muss, weil hier ein von der betreibenden Partei durch ihr diesbezüglich unzulässiges Rechtsmittel veranlasster Zwischenstreit vorliegt (§ 78 EO, §§ 50, 41 ZPO). Die Bemessungsgrundlage ist dabei die Höhe der betriebenen Forderung, also 1.131.239,20 S, und nicht die Höhe der erlegten Sicherheit von 1.300.000 S.

Textnummer

E05065

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00168.84.0213.000

Im RIS seit

01.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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