TE OGH 1985/2/14 6Ob518/85

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Veröffentlicht am 14.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei A, B C, Graz, Schönaugasse 64, vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander jun., Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1.) Zeitungsverlag D & E, Gesellschaft mbH & Co, und 2.) D und E Gesellschaft mbH, beide Wien 19-.

Muthgasse 2. vertreten durch Dr.Karl Böck und Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Sicherung des Unterlassungsanspruches, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 29.November 1984, GZ 1 R 204/84-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 15.Oktober 1984, GZ 15 Cg 323/84-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise stattgegeben. Der angefochtene Beschluß wird derart abgeändert, daß die einstweilige Verfügung nach dem erstinstanzlichen Beschluß wiederhergestellt, jedoch durch folgenden Ausspruch ergänzt wird:

'Mit der Vollziehung der einstweiligen Verfügung darf nicht eher begonnen oder diese fortgesetzt werden, als die klagende und gefährdete Partei den gerichtlichen Erlag einer Sicherheit im Betrag von 350.000,-- S nachgewiesen hat.' Die beklagten Parteien und Gegnerinnen der gefährdeten Partei haben ihre Kosten des Provisorialverfahrens selbst zu tragen. Die klagende und gefährdete Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Provisorialverfahrens endgültig, die andere Hälfte dieser Kosten verläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Sowohl die klagende und gefährdete Partei (in der Folge: Klägerin) als auch die erste der beiden beklagten Parteien und Antragsgegnerin (in der Folge: Erstbeklagte) sind Medieninhaber von Tageszeitungen, die im selben Bundesland vertrieben werden. Die Zweitbeklagte ist Komplementärgesellschaft der Erstbeklagten.

Die Erstbeklagte kündigte eine dann auch begonnene Ausspielung von Preisen an, bei der die Teilnahmewilligen an den Spieltagen von den Verschleissern ausgehängte Zahlen mit den auf ihren Spielscheinen aufgedruckten zu vergleichen hatten. Das nahm die Klägerin im Februar 1984 zum Anlaß einer auf das Bundesgesetz vom 26.September 1923, BGBl. Nr.531, gegen den unlauteren Wettbewerb in der derzeit gültigen Fassung (in der Folge: UWG) gestützten Unterlassungsklage (15 Cg 80/84 des Erstgerichtes). Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches erwirkte sie gegen die Beklagten eine einstweilige Verfügung, deren (weiterer) Vollzug vom Rekursgericht allerdings vom Erlag einer Sicherheit in der Höhe von 350.000,-- S abhängig gemacht wurde.

Anfangs Juni 1984 schlossen die Streitteile über das damals auslaufende Spiel sowie über künftig beabsichtigte Spiele der Erstbeklagten eine - nicht streitbeendende - Vereinbarung. Der Rechtsstreit - zu 15 Cg 80/84 des Erstgerichtes - über das im Februar 1984 klageweise erhobene Unterlassungsbegehren ist noch anhängig.

Die Klägerin erblickte in einer im Herbst 1984 begonnenen neuerlichen Ausspielung von Gewinnen einen Vertragsbruch. Darauf gründete sie den im Herbst 1984 klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Zur Sicherung dieses vertraglichen Unterlassungsanspruches beantragte sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch ein sich mit dem Inhalt des Klagebegehrens deckendes Verbot gemäß § 382 Z 5 EO. Zur Bescheinigung des zu sichernden Vertragsanspruches berief sich die Klägerin auf den Schriftverkehr über die Einigung vom Juni 1984 und die Werbeankündigungen der Erstbeklagten über die Durchführung des neuen Spieles;

zur Darlegung des Sicherungsanspruches nach § 381 EO machte die Klägerin unter anderem geltend, daß eine Anlockung von Zeitungskäufern durch die bekämpfte Werbemaßnahmen der Erstbeklagten über die laufenden Erhebungen zur Media-Analyse 1985 einen der Klägerin nachteiligen Einfluß auf den Lesermarkt befürchten ließe. Ihr Sicherungsinteresse trotz aufrechten Bestandes der aus Anlaß des Frühjahrspieles erlassenen einstweiligen Verfügung begründete die Klägerin damit, daß der Vollzug jener einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde. Die Beklagte machte gegenüber dem Sicherungsbegehren geltend, der zu sichernde vertragliche Unterlassungsanspruch sei dadurch erloschen, daß zwar nicht der aus Anlaß des Frühjahrspieles anhängig gemachte Rechtsstreit zwischen den Streitteilen rechtskräftig entschieden sei, wohl aber im Provisorialverfahren eines anderen Wettbewerbers gegen die Erstbeklagte aus Anlaß ihres selben Frühjahrsspieles bereits eine - und zwar die Wettbewerbswidrigkeit verneinende - Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergangen sei; nach dem Parteiwillen sei nämlich entgegen dem anwaltlich verfaßten Bestätigungsschreiben vom 8.Juni 1984 die vertraglich übernommene Unterlassungsverpflichtung der Erstbeklagten nur bis zu einer derartigen Entscheidung und nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zwischen den Streitteilen anhängigen Rechtsstreites zeitlich begrenzt worden. Darüber hinaus machte die Beklagte geltend, daß die vertragliche Wettbewerbsregelung nach dem Parteiwillen keinesfalls solche Abarten zum Frühjahrsspiel betreffen sollte, die nach der bei Vertragsabschluß übereinstimmenden Auffassung der Streitteile nicht wettbewerbswidrig seien; dies treffe aber für das Herbstspiel wegen der geänderten Weise, in der die für das Spiel bedeutsamen Glückszahlen veröffentlicht würden (nicht mehr IN der Verschleißstelle, sondern F dieser außerhalb des Verkaufslokales) zu. Letztlich leugneten die Beklagten ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin, weil die aus Anlaß des Frühjahrsspiels - unmittelbar aufgrund des UWG - erlassene einstweilige Verfügung noch aufrecht sei.

Das Prozeßgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung im antragsabweisenden Sinne ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes (Beschwerdegegenstandes), über den es entschieden habe, 300.000,-- S übersteige.

Aus dem von den Vorinstanzen als bescheinigt zugrundegelegten Sachverhalt ist hervorzuheben:

Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches, den die Klägerin aus Anlaß des von der Erstbeklagten im Frühjahr 1984 veranstalteten Glücksspiels geltend machte, hatte das Prozeßgericht eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Erstbeklagten verboten wurde, das als 'Millionen-Bingo' bezeichnete Spiel oder ein ähnliches Glücksspiel, bei dem Preise von nicht unbedeutetem Werte, wie ein PKW oder Bargeldbeträge in der Höhe von über 1.000,-- S von demjenigen gewonnen werden, der die für einen Gewinn maßgebenden Informationen in Verschleißstellen der von der erstbeklagten Partei herausgegebenen Zeitung erkunden muß, anzukündigen oder durchzuführen, sowie Gewinnscheine zu verteilen, sofern die Erlangung eines solchen Gewinnscheines nicht jedermann ohne Zeitungsbezug oder ohne Aufsuchen einer Zeitungsverschleißstelle möglich ist. Mit der Entscheidung des Rekursgerichtes vom 26.April 1984 wurde der (weitere) Vollzug dieser einstweiligen Verfügung davon abhängig gemacht, daß die Klägerin den Erlag einer Sicherheit von 350.000,-- S nachweise. Die einstweilige Verfügung ist bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreites über den auf das Gesetz gestützten Unterlassungsanspruch wirksam.

Nachdem die einstweilige Verfügung den Parteien zugestellt war, trat ein Angestellter der Klägerin in deren Namen mit dem Geschäftsführer der Erstbeklagten im Fernsprech- und Fernschreibweg in Verhandlungen. Die Gesprächspartner erzielten eine Einigung des Inhaltes, daß die Klägerin das damals laufende Frühjahrsspiel der Erstbeklagten nicht mehr zum Anlaß weiterer Vollzugsanträge nähme, die Erstbeklagte aber bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Streitteilen anhängigen Verfahrens kein neues gleiches oder ähnliches Spiel ankündigen und/oder durchführen werde. Damit sollte die Erstbeklagte unabhängig von den Entscheidungen der Gerichte in den von anderen Wettbewerbern anhängig gemachten Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Streitteilen anhängigen Rechtsstreites vertraglich gebunden bleiben. Der anwaltliche Vertreter der Klägerin richtete an den anwaltlichen Vertreter der Beklagten ein mit 6.Juni 1984 datiertes Schreiben zur Festhaltung der getroffenen Vereinbarung mit dem Ersuchen, die Richtigkeit des Wortlautes zu bestätigen. Der das künftige Wettbewerbsverhalten der Erstbeklagten betreffende Punkt dieser Vereinbarung hatte nach der Formulierung des Klagevertreters den Inhalt, daß sich die Erstbeklagte verpflichtete, 'nach Ablauf des derzeit laufenden...'Millionen-Bingo'-Spieles bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 15 Cg 80/84 des Landesgerichtes für ZRS Graz ein gleiches oder ähnliches Spiel anzukündigen und/oder durchzuführen'. Mit seinem Antwortschreiben vom 8.Juni 1984

bestätigte der Beklagtenvertreter die richtige Wiedergabe der telefonisch getroffenen Vereinbarung mit Einschränkungen; in Ansehung des oben ztiierten Punktes beschränkten sich diese aber auf den Hinweis, daß 'offenbar versehentlich in der letzten Zeile das Wort nicht (anzukündigen und/oder durchzuführen) ausgelassen' wurde. Die Klägerin richtete ihre eigene Werbestrategie für das zweite Halbjahr 1984 und das erste Halbjahr 1985 im Hinblick auf die mit der Erstbeklagten getroffene Vereinbarung vom Juni 1984 aus und nahm ungeachtet der laufenden Erhebungen zur Media-Analyse 1985 von spezifischen, einem Spiel der Erstbeklagten nach Art des Frühjahrspieles entgegenwirkenden Werbemaßnahmen Abstand. Solche Werbeaktionen bedürften erheblicher Vorarbeiten und könnten daher von der Klägerin nicht kurzfristig einem von der Erstbeklagten veranstalteten neuen Spiel entgegengesetzt werden. Die Werbewirkung eines solchen Spieles ist geeignet, der Klägerin direkte und indirekte Nachteile auf dem Anzeigen- und Lesermarkt zuzufügen. In dem zu 15 Cg 80/84 beim Erstgericht anhängigen Rechtsstreit fällte das Erstgericht zwar bereits am 3.September 1984 ein Urteil, der Rechtsstreit befand sich aber zur Zeit der in diesem Verfahren erlassenen einstweiligen Verfügung noch im Rechtsmittelstadium. Die Erstbeklagte begann am 28.September 1984 nach intensiven Vorankündigungen in der von ihr herausgegebenen Tageszeitung mit der Durchführung eines neuen sogenannten Bingo-Spieles (12 Wochenrunden;

je Runde 12 Zahlen zwischen 1 und 99 auf den einzelnen Spielschein;

überdies 3

Monatsrunden je Runde 12 Zahlen zwischen 100 und 999 auf dem einzelnen Spielschein; Veröffentlichung der Gewinnzahlen täglich außer Sonn- und Feiertags auf Plakaten F Trafiken und Zeitungsgeschäften).

Die Klägerin stellte in ihrer auf die Vereinbarung 6./8.Juni 1984 gestützten, am 19.September 1984 anhängig gemachten Unterlassungsklage nach Änderung des Begehrens im Sinne des am folgenden Tage beim Erstgericht eingelangten Schriftsatzes folgendes Urteilsbegehren:

'Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, in Zuhaltung der Vereinbarung vom 06.06.1984 und 08.06.1984 die Ankündigung und Durchführung eines '...Millionen-Bingo'-Spieles, bei dem Preise von nicht unbedeutetem Wert, wie ein PKW oder Bargeldbeträge in Höhe von über S 1.000,--

von demjenigen gewonnen werden, der die für einen Gewinn maßgebenden Informationen in Verschleißstellen der .....Zeitung erkunden muß oder eines ähnlichen Spieles bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 15 Cg 80/84 des..... Gerichtes zu unterlassen.' Der Sicherungsantrag der Klägerin deckt sich inhaltlich mit dem Klagebegehren, wobei die Wirksamkeit des Verbotes zeitlich außer mit dem Eintritt der Rechtskraft der den Rechtsstreit zu 15 Cg 80/84 beendenden Entscheidung überdies mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteiles im Rechtsstreit über den gesicherten Vertragsanspruch beschränkt sein soll.

In rechtlicher Beurteilung des zu sichernden Vertragsanspruches, dessen konkreter Gefährdung sowie des Rechtsschutzbedürfnisses folgerte das Erstgericht aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt: Die von der Erstbeklagten mit der Vereinbarung vom Anfang Juni 1984 übernommenen Unterlassungspflichten dauerten bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zu 15 Cg 80/84 anhängig gemachten Wettbewerbsstreites; dazu unterstellte das Erstgericht ohne weitere Ausführung, daß das im Herbst 1984 begonnene Bingo-Spiel dem im Frühjahr 1984 durchgeführten im Sinne der im Juni 1984 geschlossenen Vereinbarung 'ähnlich' sei und demgemäß von den vertraglichen Unterlassungspflichten der Erstbeklagten erfaßt sei;

das Erstgericht unterstellte weiters ohne diesbezügliche Darlegungen die Zulässigkeit eines das Urteilsbegehren inhaltlich 'vorwegnehmenden' Verbotes mittels einstweiliger Verfügung;

ausdrücklich verwarf es den im Hinblick auf die zu 15 Cg 80/84 erlassene einstweilige Verfügung erhobenen Einwand des Fehlens eines Sicherungsinteresses; dazu führte das Erstgericht aus, es bestehe kein mit dem Sicherungsantrag gleichlautendes Unterlassungsverbot, die zu 15 Cg 80/84 erlassene einstweilige Verfügung verbiete (spruchmäßig) nicht auch ein dem Bingo-Spiel ähnliches Spiel und die Vollziehung der erwähnten, im Parallelprozeß erlassenen einstweiligen Verfügung sei von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht worden, die vertraglich nicht vorgesehen sei. Das Rekursgericht beschränkte sich auf die Prüfung der Zulässigkeit einer das Urteilsbegehren vorwegnehmenden einstweiligen Verfügung, die nur unter den Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO anzunehmen sei. Das Rekursgericht sah eine solche Anspruchsgefährdung nicht als bescheinigt an, zumal konkrete Behauptungen der Klägerin dazu fehlten und auch nicht anzunehmen sei, daß ein allenfalls der Klägerin entstehender Schade von den Beklagten nicht ersetzt werden könnte.

Die Klägerin ficht die abändernde Rekursentscheidung mit dem auf eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Verfügung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Beklagten streben die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im wesentlichen berechtigt. Die Klägerin leitet den zu sichernden Unterlassungsanspruch aus einem Vertrag ab, den die Parteien zur befristeten und teilweisen Regelung ihres konkreten, nach wie vor aufrechten Wettbewerbsverhältnisses getroffen haben.

Wenn sich auch die aus dem Vertrag ableitbaren Unterlassungspflichten der Erstbeklagten nicht mit den aus dem Gesetz fließenden Pflichten decken müssen, und über diese hinaus die Erstbeklagte zu Unterlassungen verbinden können, bleibt doch der Zweck der Vereinbarung als einer zeitlich und inhaltlich beschränkten Wettbewerbsregelung im Sinne einer Art 'Waffenstillstand' nicht nur für die Auslegung, sondern auch für die Charakterisierung der vertraglich geregelten Interessen bestimmend. Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine in Wettbewerbsabsicht gesetzte Handlungsweise, die mangels diesbezüglicher Absprache der Wettbewerber nicht sittenwidrig wäre, allein dadurch als sittenwidrig gewertet werden müßte, weil das Verhalten einen qualifizierten Vertragsbruch darstelle (vgl. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 468 ff;

Schönherr, Wettbewerbsrecht MGA Bd 46 4 Entscheidung zu § 1 unter 5.1.;

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 , § 1 Rdn 222 und 569). Sittenwidrigem Wettbewerbsverhalten wohnt typischerweise eine den Sicherungsanspruch rechtfertigende Interessensgefährung inne, zur Sicherung von Ansprüchen aufgrund des UWG bedarf es daher einer besonderen Anspruchsgefährdung nicht. Bei vertragswidrigem Wettbewerbsverhalten spricht zumindest der erste Anschein für eine gleichartige Interessensgefährdung.

Gegen diesen ersten Anschein vermochte weder die Beklagte etwas vorzubringen, noch erscheint dieser Anschein durch die Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens erschüttert. Nachteile aus wettbewerbswidrigem Verhalten sind typischerweise nicht völlig adäquat in Geld ausgleichbar.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist daher von einer hinreichenden Bescheinigung einer Gefährdung im Sinne des § 381 Z 2 EO auszugehen.

Zur Bescheinigung des zu sichernden vertraglichen Unterlassungsanspruches ist zu erwägen: Die Klägerin hat auf die Vollziehung der von ihr erwirkten einstweiligen Verfügung in Ansehung des damals noch laufenden Frühjahrsspieles verzichtet. Der Gegenverpflichtung der Erstbeklagten, bis zur Klärung der Rechtslage von der Ankündigung und Durchführung eines gleichen oder ähnlichen Spieles abzustehen, ist mangels konkreter gegenteiliger Umstände in objektiver Auslegung zugrundezulegen, daß sie nicht darauf beschränkt sein sollte, bloß das zu unterlassen, was ohnedies bereits aufgrund des Gesetzes verpönt ist.

Was als 'ähnliches' Spiel von der vertraglichen Unterlassungspflicht der Erstbeklagten erfaßt sein sollte, kann sicher nicht nur an den Spielregeln, sondern muß auch an der Wettbewerbswirksamkeit der Spielaustragung beurteilt werden. Die von den Beklagten diesbezüglich geltend gemachte Unterscheidung des Herbstspieles gegenüber dem Frühjahrsspiel zufolge Veröffentlichung der Gewinnzahlen nicht durch Plakataushang i n sondern b e i den Verschleißstellen mag für einen unmittelbar nach dem UWG zu beurteilenden Unterlassungsanspruch erheblich sein, ist es aber für den vertraglichen Unterlassungsanspruch solange nicht, als nicht positiv erwiesen ist, daß die Parteien eine solche Spielaustragung bei Abschluß ihrer Vereinbarung vom Verbot ausgenommen haben oder doch, wenn sie es bedacht hätten, ausgenommen hätten. Diese Beweisführung ist den Beklagten wegen der Beschränkung auf parate Bescheinigungsmittel im Sicherungsverfahren nicht möglich gewesen. Die Wirksamkeitsdauer der von der Erstbeklagten vertraglich übernommenen Unterlassungspflichten ist nach dem als bescheinigt zugrunde gelegten Sachverhalt mangels rechtskräftiger Entscheidung des zu 15 Cg 80/84 beim Erstgericht anhängig gemachten Rechtsstreites noch nicht abgelaufen.

Der zu sichernde vertragliche Unterlassungsanspruch ist daher weitgehend, wenn auch nicht voll bescheinigt.

In anderem Zusammenhang wurde oben bereits dargelegt, daß sich der Inhalt des auf das UWG gestützten Unterlassungsanspruches, zu dessen Sicherung im Verfahren zu 15 Cg 80/84 eine einstweilige Verfügung erlassen worden ist, mit dem Inhalt des im anhängigen Rechtsstreit klageweise geltend gemachten vertraglichen Unterlassungsanspruches nicht decken muß und über die gesetzlichen Grenzen wettbewerbswidrigen Verhaltens hinaus Wettbewerbshandlungen verbieten kann. Nach dem Zweck der Vereinbarung, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites gleichartige und auch ähnliche Streitfälle zu vermeiden, müßte zumindest eine Vertragspflicht der Erstbeklagten zur Unterlassung aller Spiele angenommen werden, bei denen nicht zweifelsfrei jeder wettbewerbsrechtlich verpönte psychologische Kaufzwang ausgeschlossen erschiene, darüber hinaus aber zur Gewährleistung des Befriedigungseffektes der Vereinbarung auch aller Spiele, denen die Klägerin nicht positiv zustimmt oder doch in objektiver Betrachtung zugestimmt hätte, wenn sie bei der Vereinbarung bedacht worden wären. Das zeigt zur Genüge auf, daß die zu 15 Cg 80/84 des Erstgerichtes erlassene einstweilige Verfügung wegen ihres inhaltlich auf gesetzliche Wettbewerbsverstöße eingeschränkten Verbotes nicht den vollen vertraglichen Unterlassungsanspruch der Klägerin abzusichern geeignet sein kann.

Der vertragliche Unterlassungsanspruch in Ansehung des Herbstspieles der Erstbeklagten ist noch nicht urteilsmäßig rechtskräftig festgestellt; er wurde auch im Sicherungsverfahren nicht voll bescheinigt. Die Nachteile, die die Klägerin aus der Durchführung des Herbstspieles für sich besorgt, muß sie für den Fall, daß das Unterlassungsbegehren im Rechtsstreit letztlich als nicht gerechtfertigt erkannt werden sollte, auf seiten der Beklagten in gleicher Weise gelten lassen.

In Stattgebung des Revsisionsrekurses war daher zwar die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen, ihre Vollziehung aber gemäß § 390 Abs 1 EO von einer Sicherheitsleistung im Betrage von 350.000,-- S abhängig zu machen.

Diese Einschränkung ist kostenersatzmäßig so zu werten, als wäre die Klägerin mit ihrem Sicherungsantrag nur zu drei Viertel durchgedrungen. Bei einem solchen Erfolg der gefährdeten Partei im Sicherungsverfahren kann dem Gegner der gefährdeten Partei niemals ein Kostenersatzanspruch erwachsen, der gefährdeten Partei höchstens im Ausmaß der Hälfte ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens, die sie aber gemäß § 393 Abs 1 EO vorläufig auch selbst zu tragen hat.

Anmerkung

E05284

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00518.85.0214.000

Dokumentnummer

JJT_19850214_OGH0002_0060OB00518_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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