TE Vfgh Erkenntnis 2001/6/28 B1304/98

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Veröffentlicht am 28.06.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0001 Landesverfassung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Vlbg Landes-VolksabstimmungsG §10

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Anwendung einer verfassungswidrigen (landesverfassungs)gesetzlichen Bestimmung infolge Feststellung der Verfassungswidrigkeit bzw Aufhebung von Wortfolgen in Art33 Abs6 Vlbg Landesverfassung mit E v 28.06.01, G103/99. Die Landeswahlbehörde wird im fortgesetzten (Einleitungs)Verfahren nach dem Vlbg Landes-VolksabstimmungsG an Hand der bereinigten Rechtslage zu untersuchen haben, ob ihr auch die Prüfung der Frage der Bundesverfassungskonformität des mit dem Volksbegehren intendierten Gesetzes zukommt.

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Das Land Vorarlberg ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 32.200,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die beiden Beschwerdeführer richteten mit Schreiben vom 12.5.1998 einen Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens gemäß §8 des (Vorarlberger) Gesetzes über das Verfahren bei Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen (Landes-Volksabstimmungsgesetz - LVAG), LGBl. 1987/60, idF 1997/66, an die Landeswahlbehörde. Ein Antragsteller trat dabei als Bevollmächtigter, der andere als dessen Stellvertreter auf. Unter einem wurde ein Betrag von ATS 10.000,-- als Kaution bei der Landeswahlbehörde hinterlegt.

1.2. Mit Bescheid der Landeswahlbehörde vom 5.6.1998 wurde der genannte Antrag gemäß §10 LVAG iVm Art33 Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. 1984/30, abgewiesen und die Hälfte des als Kaution erlegten Betrages gemäß §9 Abs3 LVAG zu Gunsten des Landes Vorarlberg für verfallen erklärt.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.2.1. Die Landeswahlbehörde legte als belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, allenfalls abzuweisen.

2.2.2. Dagegen langte eine Replik der Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof ein.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof fasste am 17.6.2000 den Beschluss, aus Anlass der vorliegenden Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Art33 Abs6 Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. 1984/30, einzuleiten.

In seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2001, G103/00, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Wortfolge "oder das Landesvolk durch Volksabstimmung entschieden" in Art33 Abs6 der Vorarlberger Landesverfassung LGBl. 1984/30 verfassungswidrig war; mit dem selben Erkenntnis wurde die Wortfolge "oder das Landesvolk durch Volksabstimmung entschieden" in Art33 Abs6 der Vorarlberger Landesverfassung LGBl. 1999/9 als verfassungswidrig aufgehoben.

3.2.1. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige (landesverfassungs)gesetzliche Bestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

3.2.2. Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB. VfSlg. 10.404/1985).

4. Der Bescheid war daher aufzuheben.

Die Landeswahlbehörde wird im fortgesetzten (Einleitungs)Verfahren nach dem LVAG an Hand der bereinigten Rechtslage zu untersuchen haben, ob ihr auch die Prüfung der Frage der Bundesverfassungskonformität des mit dem Volksbegehren intendierten Gesetzes zukommt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 4.950,-- enthalten.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / Sachentscheidung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B1304.1998

Dokumentnummer

JFT_09989372_98B01304_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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