TE OGH 1985/2/21 7Ob526/85

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nikolaus A, Techniker in Graz, St.Peter, Hauptstraße 35 d, vertreten durch Dr. Erich Almer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Franz HARRER, Landwirtschaftsgehilfe in St.Radegund, Stenzengreith 22, vertreten durch Dr.Adolf Enge, Rechtsanwalt in Weiz, wegen 77.000 S samt Nebengebühren, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 21.September 1984, GZ. 1 R 126/84-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1o.Mai 1984, GZ. 12 Cg 102/83-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil und das Ersturteil werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur weiteren Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit der am 7.März 1983 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises für einen am 27.Jänner 1981 vom Beklagten gekauften PKW Steyr Fiat Ritmo wegen schwerer Mängel, die der Beklagte verschwiegen habe und die erst im August 1982 festgestellt worden seien.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen lernten die Streitteile einander anläßlich einer Arbeit des Klägers beim Anwesen des Beklagten kennen. Den strittigen PKW mit einem schweren Frontschaden hatte der Beklagte am 27.8.1980 um 45.000 S gekauft. Er hatte einen Landmaschinenpflegekurs besucht und führte die Reparatur des PKW in Eigenregie aus. Er reparierte die Kotflügel, die Motorhaube, den Kühler, die Kühlermaske und die Scheinwerfer. Den verzogenen Rahmen reparierte der Beklagte unter Zuhilfenahme eines Traktors und des Wagenhebers. Der Kläger sah zeitweise zu, wenn der Beklagte Reparaturarbeiten an diesem PKW durchführte.

Der Beklagte teilte dem Kläger auch mit, daß es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handle, der einen Frontschaden aufgewiesen habe. Am 27.Jänner 1981

kaufte der Kläger vom Beklagten diesen PKW um 77.000 S. Laut Kaufvertrag verpflichteten sich beide Parteien, keine immer gearteten Forderungen nach Besichtigung und Unterfertigung der Kaufvereinbarung geltend zu machen.

Weiters wurde vereinbart, daß keine Garantie und nachträgliche Vergütung geleistet werden sollte. Dem Kläger war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bekannt, daß der Beklagte von Beruf Landwirt ist und daß er lediglich einen Kurs über die Wartung von Landmaschinen besucht und den Wagen in Eigenregie repariert hatte. Er hatte den Beklagten vor Abschluß des Vertrages nicht gefragt, ob sich durch den Vorschaden der Rahmen verzogen habe. Der Beklagte sagte dem Kläger lediglich, er habe die Spur durch den B vermessen lassen. Eine Einsicht in diesen Vermessungsbericht verlangte der Kläger nicht. Er ließ auch keine Begutachtung beispielsweise durch den B durchführen. Der Beklagte hatte in den PKW rund 16.000 S investiert.

Im Zeitraum vom 27. Jänner 1981 bis August 1982 benützte der Kläger den PKW praktisch anstandslos und legte insgesamt 30.000 Kilometer zurück. Während dieser Zeit waren nur kleinere Reparaturen notwendig. Der Kläger ließ den Wagen regelmäßig warten. Im Februar oder März 1982 wurde ein großes Service durchgeführt, ohne daß sich schwerwiegende Schäden zeigten. Der Kläger ließ auch andere Arbeitskollegen fahren, die insgesamt 5.000 Kilometer mit dem PKW zurücklegten. Im August 1982 stellte der Kläger fest, daß sich der Wagen kaum auf der Straße halten ließ. Erst jetzt wurde in einer anderen Reparaturwerkstätte festgestellt, daß schwerwiegende Schäden an den PKW vorlagen. Ein Gutachten ergab, daß der Frontschaden unsachlich und unfachmännisch repariert und vor allem tragende Teile nicht gehörig ausgerichtet, sondern nur mit Kitt verschmiert worden waren. Die vom Beklagten praktizierte Art des Ausziehens des Rahmens mit Hilfe eines Wagenhebers und eines Traktors ist vom fachlichen Standpunkt als völlig unsachgemäß zu bezeichnen, weil derartige Arbeiten auf einer Richtbank unter Verwendung einer Rahmenlehre zu erfolgen haben. Der Zeitwert des PKW betrug zum Ankaufszeitpunkt unter Berücksichtigung einer Leistung von ca. 2.600 km 88.000 S, im tatsächlichen Zustand repräsentierte das Fahrzeug einen Zeitwert inklusive Mehrwertsteuer von etwa 55.000 S unter Berücksichtigung des Gesamtzustandes nach der Instandsetzung. Die Kosten einer fachlichen Gesamtinstandsetzung würden sich inklusive Mehrwertsteuer auf etwa 37.000 S belaufen. Eine vom Kläger gegen den Beklagten erstattete Strafanzeige wurde gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt. Nach der Rechtsansicht des Erstrichters liege eine arglistige Täuschung durch den Beklagten nicht vor, zumal der Kläger, der von Beruf Techniker ist und deshalb auch mit Autoreparaturen wenigstens in groben Zügen vertraut gewesen sein mußte, den Beklagten nicht einmal gefragt hatte, ob tragende Teile beschädigt worden seien. Bei gehöriger Aufmerksamkeit habe der Kläger damit rechnen müssen, daß bei dem Frontalschaden tragende Teile in irgendeiner Weise verzogen sein könnten, und er habe schließlich jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Wagen von einer Werkstätte oder vom B oder C begutachten zu lassen. Der Kläger habe nach Auffassung des Gerichtes mehr oder weniger bewußt in Kauf genommen, daß Reparaturen möglicherweise nicht völlig sach- und fachgerecht durchgeführt worden seien. Es sei auch nicht auszuschließen, daß ein Teil der später aufgetretenen Schäden erst durch die Fahrweise des Klägers oder seiner Arbeitskollegen entstanden sein könnte. Wenngleich demnach der Sachverständige die Arbeitsmethode beim Ausziehen des Rahmens als brutal bezeichnete, habe der Kläger, 'wie bereits ausgeführt, durchaus Kenntnis von diesem Umstand gehabt'. Beim Ankauf eines Gebrauchtwagens müsse jedem Käufer bekannt sein, daß eine besonders sorgfältige Prüfung notwendig sei, besonders wenn der Käufer davon Kenntnis habe, daß Reparaturarbeiten im sogenannten Pfusch durchgeführt wurden. Eine Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes liege nach den getroffenen Feststellungen nicht vor. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und die Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters als unbedenklich und ausreichend und trat der rechtlichen Beurteilung mit folgender Ergänzung bei: Nach den vorliegenden Feststellungen sei List nach § 870 ABGB im Sinne einer positiven Kenntnis des Beklagten, daß der Kläger geirrt habe und daß der Irrtum einen Einfluß auf dessen Willensentschluß ausgeübt habe, zu verneinen. In der Anfechtung wegen List sei allerdings die wegen Irrtums eingeschlossen. Der Kläger sei aber jedenfalls nicht darüber im Irrtum gewesen, daß es sich bei dem gekauften Fahrzeug um einen Unfallswagen handle, der vom Beklagten als Nichtfachmann repariert worden war. Dem Kläger mußte auch klar sein, daß es sich um einen schweren Frontschaden handelte, weil er wußte, daß der Beklagte das Fahrzeug um 45.000 S gekauft hatte. Für den Kläger sei es deshalb unabhängig davon, ob er bei den unsachgemäßen Ausrichtearbeiten des Beklagten zugegen war, unzweifelhaft gewesen, daß sich der Unfallsschaden auch auf tragende Teile bezog. Wohl sei auch beim Kauf eines Gebrauchtwagens die Absicht des Käufers anzunehmen, ein verkehrstüchtiges Fahrzeug zu erwerben. Aus dem Umstand, daß der Kläger in mehr als eineinhalb Jahren mit diesem PKW eine Strecke von 30.000 Kilometer zurücklegen konnte, in welcher Zeit auch regelmäßige Wartungen und ein großes Service stattfanden, ergebe sich aber, daß die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeuges zum Zeitpunkte des Kaufvertrages jedenfalls gegeben war. Ein Irrtum des Klägers könnte allerdings darüber vorliegen, daß entgegen seinen Erwartungen die vom Beklagten vorgenommene Reparatur ganz unsachgemäß war. Es könne aber dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um einen wesentlichen Irrtum handelte, ohne den der Kläger das Geschäft nicht abgeschlossen hätte.Ein solcher Irrtum sei nämlich durch den Beklagten, der ohnehin davon Mitteilung machte, daß es sich um einen Unfallswagen mit einem Frontschaden handelte, und der dem über die mangelhaften Fähigkeiten und Mittel des Beklagten für eine Autoreparatur weitgehend informierten Kläger die Möglichkeit bot, bei den Reparaturarbeiten zeitweise zuzusehen, auch nicht veranlaßt worden. Der Beklagte habe kein für die Entstehung eines solchen Irrtums des Klägers ursächliches Verhalten gesetzt. Vielmehr habe der Kläger auch nach der Verkehrsauffassung nicht mit der Vornahme einer sachgemäßen Reparatur durch den Beklagten rechnen können, sodaß der Beklagte auch nicht verpflichtet war, ihn besonders darauf hinzuweisen. Der Beklagte habe demnach einen Irrtum des Klägers nicht veranlaßt, ein solcher Irrtum habe ihm auch nicht offenbar auffallen müssen und er sei nach mehr als eineinhalb Jahren auch nicht rechtzeitig aufgeklärt worden. Ein Eingehen auf die Frage, ob beide Vertragsteile über denselben wesentlichen Umstand geirrt hätten, erübrige sich, weil die Anfechtung des Irrtums auch in diesem Fall die rechtzeitige Aufklärung voraussetze.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß auch eine Anfechtung wegen beiderseitigen Irrtums dessen rechtzeitige Aufklärung voraussetze, widerspricht der im wesentlichen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Danach sind im Falle eines solchen Irrtums - soweit er entgegen einem Teil der Lehre als weiterer Anfechtungstatbestand bejaht wird - die sonstigen Voraussetzungen des § 871 ABGB zur Vertragsaufhebung nicht erforderlich (EvBl.1966/352, VersRdSch 1975, 193 uva., zuletzt 6 Ob 878/82).

Die vom Berufungsgericht zitierte gegenteilige Entscheidung JBl.1968, 484

wurde von Spielbüchler aaO bekämpft und ist vereinzelt geblieben. Der angeführten Rechtsfrage des materiellen Rechtes kommt jedoch entgegen der Meinung des Revisionswerbers eine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht zu, weil nicht einmal behauptet wurde, daß auch der Beklagte über den Grad der unfachmännischen Reparatur und über den dadurch bewirkten Zustand des PKW im Irrtum gewesen sei.

Der Revisionswerber macht aber auch einen Verfahrensverstoß geltend, der zwar keine Nichtigkeit begründet, dem aber erhebliche Bedeutung im genannten Sinn zukommt. Er bekämpft nämlich mit Recht die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die Betriebs- und Verkehrssicherheit des gekauften Fahrzeuges im Zeitpunkte des Kaufvertrages jedenfalls gegeben gewesen sei (S 13 des Berufungsurteils),wegen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes.

Eine derartige Feststellung hat der Erstrichter nicht getroffen. Sie ist auch nicht einmal in der Aktenlage gedeckt, weil nach dem Sachverständigengutachten die Verkehrssicherheit 'zumindest nach dem Einriß der Holme' nicht mehr gegeben war. Es ist also in Wahrheit noch ungeklärt, ob nicht schon im Zeitpunkte des Kaufes die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges so herabgesetzt war, daß ein schwerer Verkehrsunfall jederzeit, nur noch von den äußeren Umständen abhängig, eintreten hätte können.Der demnach gegebene Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip gefährdet die Rechtseinheit und Rechtssicherheit ( 1 Ob 660/84 ua). Der genannten Frage kommt aber auch streitentscheidende Bedeutung zu. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 46/84 ausgesprochen hat, kann nicht zweifelhaft sein, daß auch der Käufer eines Gebrauchtwagens, wenn er nicht etwa ein Autowrack bloß zur Ausschlachtung übernimmt, ein verkehrstüchtiges Fahrzeug erwerben will, daß also seine Absicht vorzüglich darauf gerichtet und im Zweifel in dieser Richtung als stillschweigend erklärt anzusehen ist. Kann aber ein Käufer nach der Verkehrsauffassung mit dem Vorhandensein gewisser, den Geschäftsinhalt betreffender Umstände rechnen, solange ihm nicht das Gegenteil vom anderen Vertragsteil mitgeteilt wird, so begründet schon die Unterlassung einer solchen Mitteilung eine Veranlassung des Irrtums. Unter diesen Voraussetzungen ist auch der Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen anfechtbar und der Käufer berechtigt, den Kaufpreis zurückzuverlangen.

Der vorliegende Fall ist allerdings durch weitere Umstände gekennzeichnet.

So fehlte es an einer Zusage des Verkäufers (wie in SZ 46/84), daß sich der PKW in einem ordentlichen Zustand befinde, und es war dem Käufer sogar umgekehrt bekannt, daß es sich um ein Fahrzeug handelte, das der Verkäufer ohne besonderes Fachwissen selbst repariert hatte. Das ändert aber nichts daran, daß der Kläger mangels besonderer Anhaltspunkte damit rechnen durfte, ein im großen und ganzen wieder verkehrstüchtig gemachtes Fahrzeug zu erwerben, dem keine lebensgefährlichen geheimen Mängel anhafteten. Gegenteilige Anhaltspunkte wären gegeben gewesen, wenn der Kläger etwa auch bei dem völlig unsachgemäßen Ausrichten des Fahrzeugrahmens anwesend gewesen wäre, oder auch, wenn der Beklagte ihm davon berichtet hätte. Die bloße Tatsache der Reparatur eines Frontschadens durch einen Nichtfachmann konnte zwar Verdachtsmomente in der Richtung restlicher, nicht fachgerecht behobener Mängel liefern, mußte aber nicht einen Verdacht in der hier maßgeblichen Richtung erwecken, daß der Beklagte, selbst wenn ihm das Fachwissen fehlte, eine für die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges schwerwiegende Reparatur am Rahmen vorgenommen habe, die der Sachverständige als brutal und als ein fachliches Verbrechen bezeichnete. Die maßgebende Frage, ob der Kläger auch derartige Anhaltspunkte gehabt hat, blieb von Vorinstanzen letztlich unbeantwortet. Der Erstrichter hat dem Kläger zwar zur Last gelegt, daß er bei gehöriger Aufmerksamkeit mit der Gefahr des Verziehens tragender Teile rechnen mußte und daß er mehr oder weniger bewußt in Kauf genommen habe, die Reparatur sei möglicherweise nicht völlig sach- und fachgerecht durchgeführt worden.

Hier geht es aber nicht bloß um eine gewisse Verziehung tragender Teile und eine nicht völlig sach- und fachgerechte Reparatur, sondern um die Ausrichtung des verzogenen Rahmens in einer derart kraß unsachgemäßen Art, daß mehrere Punktschweißverbindungen aufgerissen wurden (SV S.57). Entgegen der Annahme des Erstrichters bei der rechtlichen Beurteilung, daß der Kläger 'wie bereits ausgeführt' durchaus Kenntnis von diesem Umstand (der Arbeitsmethode beim Ausziehen des Rahmens) gehabt habe, ist eine derartige Ausführung in den maßgebenden Tatsachenfeststellungen nicht enthalten und sie bedürfte nach den Beweisergebnissen einer näheren Begründung. Auch das Berufungsgericht hat diese Frage offengelassen und dem Kläger bloß zur Last gelegt, daß er mit der Vornahme einer sachgemäßen Reparatur nicht habe rechnen können. Damit ist aber die oben als entscheidend dargelegte Frage bisher unbeantwortet geblieben, ob das Fahrzeug nicht schon im Zeitpunkt des Kaufvertrages derart verkehrsuntüchtig war, daß latent lebensgefährliche Mängel vorlagen, die jederzeit zu einem schweren Unfall führen konnten. Die tatsächliche Verwendung des Fahrzeuges durch längere Zeit und mit einer erheblichen Kilometerleistung spricht wohl auf den ersten Blick gegen eine solche Annahme, kann aber ohne ergänzende Begutachtung durch den Sachverständigen kein abschließendes Urteil ermöglichen.

Unter der genannten Voraussetzung hätte der Beklagte einen Irrtum des Revisionswerbers durch Unterlassung der notwendigen Aufklärung veranlaßt.

Dieser Irrtum würde als wesentlicher Irrtum zur Vertragsanfechtung berechtigen, wenn der Kläger ohne ihm das Geschäft nicht geschlossen hätte (§ 871 Abs.1 ABGB.).

Ein wirksamer Verzicht des Klägers auf die Irrtumsanfechtung ist trotz der festgestellten Klausel im Kaufvertrag, wonach keine der Parteien wie immer geartete Forderungen geltend machen wird und keine Garantie und nachträgliche Vergütung geleistet werden soll, zu verneinen, weil nach § 937 ABGB allgemeine, unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages ohne Wirkung sind. Dieser Bestimmung liegt nicht die Erwägung zugrunde, daß der Verzicht auf die eine oder andere, auch unter dem Wortsinn der Verzichtserklärung zu begreifende Einwendung nach dem Inhalt sittenwidrig wäre, sondern die Erwägung, daß eine allgemein gehaltene Ausdrucksweise der Verzichtserklärung typischerweise Zweifel daran aufkommen lassen muß, daß alle unter dem weit gefaßten Erklärungsinhalt zu begreifenden künftigen Fallgestaltungen auch vom Verzichtleistenden ernstlich bedacht und gewollt, mit anderen Worten von seinem rechtsgeschäftlichen Willen erfaßt seien (6 Ob 695/83).

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E05296

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00526.85.0221.000

Dokumentnummer

JJT_19850221_OGH0002_0070OB00526_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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