TE OGH 1985/3/20 1Ob6/85

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Veröffentlicht am 20.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Wurz, Dr. Gamerith und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A, Besitzer, Gallizien, Abtei Nr.30, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B C AG, Klagenfurt, Kohldorferstraße 98, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 400.000 S.A.

infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 4.Dezember 1984, GZ 7 R 176/84-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16.August 1984, GZ 16 Cg 62/82-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.292,20

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.030,20 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 3.5.1955, Zl.96158/2-42.157/55, wurde das Bauvorhaben der D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft zur Errichtung eines Kraftwerkes am Freibach gemäß § 83 Abs.2 WRG als bevorzugter Wasserbau erklärt. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 13.9.1955, Zl.96158/5-59.777/55, wurde der D ELEKTRIZITÄTS-Aktiengesellschaft die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkraft des Freibaches sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen erteilt. Der Kläger besaß am Freibach zum Betrieb eines Kleinkraftwerkes die entsprechende wasserrechtliche Bewilligung. Das Verfahren über die Entschädigung seiner Wasserrechte am Freibach ist noch nicht abgeschlossen. In einer mit der beklagten Partei am 22.9.1978 getroffenen Vereinbarung wurde festgehalten, daß die beklagte Partei beim Amt der Kärntner Landesregierung die Enteignung im Eigentum des Klägers stehender Grundstücke im Ausmaß von 115.432 m 2 beantragt habe und die Enteignung weiterer Grundstücke im Ausmaß von 101.498 m 2 beantragen werde, insgesamt sohin 216.930 m 2 (darunter auch 23.000 m 2 aus dem Grundstück 89). Die Streitteile verpflichteten sich, in einer ergänzenden Wasserrechtsverhandlung ein Entschädigungsübereinkommen bestimmten Inhalts abzuschließen. In Punkt IV der Vereinbarung wurde festgehalten, daß es möglicherweise im Bereich der Freibachmündung zu einer geringfügigen Projektänderung kommen könne, wodurch die beklagte Partei weitere

1.500 m 2 Grundfläche aus dem Grundstück 89 benötigen würde. Der Kläger erklärte sich mit einer Ausdehnung des beim Amt der Kärntner Landesregierung von der beklagten Partei gestellten Enteignungsantrages und mit einer hiefür zu gewährenden Entschädigung von S 10,- pro m 2

einverstanden. Mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 29.1.1979, Zl. 8 Wa-9/5/79, wurden im Eigentum des Klägers stehende Grundflächen der EZ 2 KG Gallizien im Ausmaß von 218.430 m 2 , darunter Teile des Grundstücks 89 im Ausmaß von ca. 24.500 m 2 , zugunsten der beklagten Partei enteignet. Gemäß § 111 Abs.3 WRG wurde im Bescheid ein in den mündlichen Verhandlungen vom 14.12.1978 und 24.1.1979 abgeschlossenes übereinkommen der Streitteile beurkundet, das (auszugsweise) lautet:

'1. Für die enteigneten Grundflächen im Ausmaß von rd. 218.430 m 2 bezahlt die E an Herrn Josef A den einvernehmlich festgesetzten Gesamtentschädigungsbetrag in Höhe von S 9,120.000,-- (in Worten: neunmillioneneinhundertzwanzigtausend 00/100 Schilling) davon entfallen S 3,846,910 auf Grund und Boden, ' 3,654.000,-- auf die Baulichkeiten und ' 1,619.090,-- auf Restgutentwertung, einschließlich Nebenentschädigung.

S 9,120.000,--

==============

Dieser Betrag ist innerhalb von 21 Tagen nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides zur Zahlung fällig.

2. Allfällige Mehr- oder Minderausmaße der enteigneten Grundstücksteilflächen, die sich innerhalb einer Toleranzgrenze von + 10 % halten müssen, werden nach Endvermessung der enteigneten Flächen mit S 25,--/m 2 für landwirtschaftliche Nutzflächen und S 6,--/m 2 für Waldflächen nachverrechnet.

3. Die übergabe und übernahme der enteigneten Grundstücke bzw. - teile gilt mit Rechtskraft des Enteignungsbescheides als vollzogen. Als Verrechnungsstichtag für die Grundsteuer und deren Zuschläge wird der 1.1.1979

vereinbart. im übrigen gehen Nutzen und Vorteil aber auch Last und Gefahr mit dem Zeitpunkt der übergabe bzw. übernahme auf die E über.

4. Die von der Enteignung betroffenen Baulichkeiten, und zwar Wohngebäude Linsendorf Nr.3 mit Wirtschaftsgebäude, Fahrzeugschuppen und Obstkeller, welche ohne Zubehör erworben werden, sind bis zum 1.4.1979 an die E von allen Fahrnissen geräumt zu übergeben.

8. Herr Josef A nimmt zur Kenntnis, daß mit der Rechtskraft des Enteignungsbescheides sämtliche zwischen ihm und der E abgeschlossenen Verträge über Miete, vorübergehende Grundinanspruchnahmen oder sonstige Nutzungen der nunmehr enteigneten Grundflächen ihre Rechtswirksamkeit verlieren. Herr Josef A erklärt weiters, daß mit Bezahlung des Gesamtentschädigungsbetrages auch sämtliche Ansprüche aus der vorzeitigen Inanspruchnahme seiner Grundflächen abgegolten sind.

10. Es wird einvernehmlich festgehalten, daß der Anspruch des Herrn Josef A gegenüber der D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft auf Entschädigung seines Wasserrechtes am Freibach (Wasserkraftanlage), welches im Zusammenhang mit der Errichtung des Freibachkraftwerkes der F abgelöst werden mußte, von der gegenständlichen Enteignung nicht berührt ist und Herrn Josef A diesbezüglich alle Rechte gewahrt bleiben. Der diesbezügliche Entschädigungsanspruch steht daher, unabhängig von der gegenständlichen Enteignung, Herrn Josef A zu.' Der Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung erwuchs in Rechtskraft. Punkt 10 wurde in die Vereinbarung aufgenommen, weil der Kläger befürchtete, daß er mit der übertragung des Eigentums an Teilen des Grundstücks 89 KG Gallizien auch seine wasserrechtlichen Entschädigungsansprüche gegen die D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft verlieren könnte.

Der Kläger begehrt den Betrag von S 400.000 s.A. und führte zur Begründung aus, gemäß Punkt 10 des im Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 29.1.1979 beurkundeten übereinkommens sei die Wasserkraftanlage und das ihm zustehende Wasserrecht am Freibach von der Enteignung nicht erfaßt. Die beklagte Partei habe im Zuge der Errichtung einer Forststraße seine Wasserkraftanlage zerstört, darüber hinaus habe sie 'auf seiner restlich verbliebenen Liegenschaft' Holzschlägerungen vorgenommen und Schotter entnommen. Der Wert der Anlage belaufe sich zumindest auf S 400.000. Die Anlage habe sich nicht auf den von der Enteignung betroffenen Grundstücken befunden.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei Eigentümer einer Kleinwasserkraftanlage am Freibach, die er bis zur Ableitung des Freibachs durch die D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft auf Grund einer ihm erteilten wasserrechtlichen Bewilligung betrieben habe.

Der D ELEKTRIZITÄTS-Aktiengesellschaft sei die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkraft des Freibaches und zur Errichtung der erforderlichen Anlagen erteilt worden. Mit der projektgemäßen Ableitung des Freibaches habe der Kläger seine Anlage nicht mehr betreiben können. Sie sei verfallen und habe sich zuletzt nur mehr als Ruine dargestellt. Da das Wasserrecht mit den Grundstücken des Klägers verbunden war, sei im Punkt 10 des mit ihm abgeschlossenen und im Enteignungsverfahren beurkundeten übereinkommens festgehalten worden, daß der wasserrechtliche Anspruch des Klägers gegen die D ELEKTRIZITÄTS-Aktiengesellschaft unberührt bleibe.

Die Anlage habe sich auf enteigneten Grundflächen befunden und sei in das Eigentum der beklagten Partei übergegangen. Schlägerungen und Schotterentnahmen außerhalb des Enteignungsgebietes habe sie nicht vorgenommen.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab und stellte fest: Der Kläger habe für die Grundfläche von 1.500 m 2 , die im Enteignungsbescheid über das übereinkommen der Parteien vom 22.9.1978 hinaus in Anspruch genommen wurde, die in Punkt IV der Vereinbarung vom 22.9.1978 vorgesehene Entschädigung von S 15.000 erhalten. Die baulichen Teile des Kleinkraftwerks des Klägers seien auf Grundflächen errichtet gewesen, die enteignet worden seien. Die überflutung sei im Dezember 1980 erfolgt. Vor diesem Zeitpunkt habe sich im verfallenen Gebäude nur mehr eine verrostete Transmissionswelle und ein verrostetes Gehäuse befunden. Es könne nicht festgestellt werden,daß die beklagte Partei außerhalb der enteigneten Flächen auf anderen Grundstücken des Klägers Holzschlägerungen durchgeführt oder Schotter entnommen habe. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Wasserkraftanlage sei als Teil eines unbeweglichen Gutes von der Enteignung mitumfaßt gewesen.

Mit Rechtskraft des Enteignungsbescheides habe die beklagte Partei an den vorhandenen Resten der Anlage Eigentum erworben. Der Vorbehalt im Punkt 10 des übereinkommens vom 22.9.1978 betreffe nur Entschädigungsansprüche des Klägers gegen die D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft betreffend das Wasserrecht am Freibach, nicht aber die Anlage selbst. In Rechte des Klägers sei durch die beklagte Partei nicht eingegriffen worden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und führte in rechtlicher Hinsicht aus, das Klagsvorbringen lasse zwar nicht mit völliger Klarheit erkennen, ob und in welcher Höhe der Kläger Ansprüche wegen behaupteter widerrechtlicher Schlägerungen und Schotterentnahmen geltend mache, doch könne das Klagebegehren auch nicht dahin verstanden werden, daß der Betrag von S 400.000 nur als Ersatz für die widerrechtliche Inanspruchnahme der Kraftwerksanlage begehrt werde. Es wäre dem Erstrichter oblegen, darauf hinzuwirken, daß klargestellt werde, welcher Betrag aus diesem Titel begehrt werde. Dem komme jedoch entscheidende Bedeutung nicht zu, da das Begehren insgesamt nicht gerechtfertigt sei. Nach den unbedenklichen Feststellungen des Erstrichters sei nicht erwiesen, daß die beklagte Partei außerhalb der enteigneten Grundflächen Hoozschlägerungen und Schotterentnahmen durchgeführt habe. Damit sei aber diesem Begehren die Grundlage entzogen. Soweit solche Eingriffe auf der zusätzlich von der beklagten Partei im Enteignungsverfahren beanspruchten Teilfläche von 1.500 m 2 des Grundstücks 89 erfolgten, sei der Eingriff nicht rechtswidrig, weil auch diese Teilfläche enteignet worden sei. Was die überflutung der Anlage des Klägers betreffe, sei nicht einmal behauptet worden, daß sich die beklagte Partei verpflichtet habe, damit solange zuzuwarten, bis sich der Kläger mit der D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft über die ihm gebührende Entschädigung geeinigt habe. Punkt 10 des übereinkommens vom 22.9.1978 könne nur dahin verstanden werden, daß Ansprüche des Klägers gegen die D ELEKTRIZITöTS-Aktiengesellschaft gewahrt bleiben sollten. Nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides, der auch ein zwischen den Streitteilen getroffenes übereinkommen über die Bemessung der Entschädigung beurkundet habe, sei die beklagte Partei berechtigt gewesen, die enteigneten Grundflächen für ihre Zwecke zu nutzen, insbesondere dort Bäume zu fällen und Schotter zu entnehmen. Der Kläger habe damit auch keinen Anspruch mehr, daß ihm seine Anlage, die sich auf der enteigneten Grundfläche befunden habe, erhalten bleibe. Es wäre seine Sache gewesen, allenfalls noch verwertbare Fahrnisse zu entfernen, zumal er mit der überflutung der Grundstücke rechnen habe müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers kommt Berechtigung nicht zu.

Der Kläger gründet sein Begehren auf Zuspruch einer Entschädigung für die Zerstörung seiner Wasserkraftanlage darauf, daß diese von der Enteignung nicht umfaßt sei, weil sie sich nicht auf enteigneten Grundflächen befunden habe (vgl. S 21 d.A.). Nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen trifft dies aber nicht zu, weil die Wasserkraftanlage auf der enteigneten Teilfläche des Grundstücks 89 errichtet war. Damit ist aber dem Klagebegehren, das auf einen widerrechtlichen Eingriff in das von der Enteignung nicht betroffene Eigentum des Klägers gegründet wurde, die Grundlage entzogen. Wäre die Klage darauf gegründet, daß das im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens nach § 111 WRG beurkundete übereinkommen eine Entschädigung für die Wasserkraftanlage nicht vorgesehen habe und nunmehr eine ergänzende Entschädigung hiefür begehrt werde, wäre der Rechtsweg für ein solches Begehren unzulässig (vgl. die im Verfahren ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13.4.1983, 1 Ob 13/83).

Dem Begehren auf Gewährung einer Entschädigung für unzulässige Schlägerungen und Schotterentnahme könnte nur dann Erfolg beschieden sein, wenn festgestellt wäre, daß solche Eingriffe außerhalb des von der Enteignung betroffenen Gebietes erfolgten. Die strittige Teilfläche von 1.500 m 2 wurde aber im Sinne des Punktes IV der Vereinbarung vom 22.9.1978 in die zu enteignenden Grundflächen einbezogen. Der Kläger hat hiefür nach den getroffenen Feststellungen auch eine Entschädigung erhalten. Damit erweist sich aber die Behauptung des Klägers, es seien Holzschlägerungen und Schotterentnahmen außerhalb der enteigneten Grundstücke erfolgt, als unzutreffend, sodaß der Revision der Erfolg zu versagen ist. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E05195

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00006.85.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19850320_OGH0002_0010OB00006_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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