TE OGH 1985/4/2 4Ob507/85

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Veröffentlicht am 02.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Vermietung von Investitionsgütern Gesellschaft mbH & Co KG in Wien 3., Zaunergasse 4, vertreten durch Dr. Manfred Merlicek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Christa B, Hausfrau in Enzesfeld, Mariannengasse 632, vertreten durch Dr. Elisabeth Petritsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 688.530,49

(Revisionsstreitwert S 688.368,49) sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.Dezember 1984, GZ 1 R 225/84-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 25.Juni 1984, GZ 18 Cg 82/83-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.469,20

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.200,- an Barauslagen und S 1.297,20 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zur Vorgeschichte wird auf den in dieser Rechtssache ergangenen Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 10.5.1983, 4 Ob 519/83-31 verwiesen, mit welchem dem gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs der beklagten Partei nicht Folge gegeben wurde. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung zunächst die Rechtsauffassung der Vorinstanzen gebilligt, daß der zwischen den Prozeßparteien abgeschlossene, dem Klagsanspruch zugrundeliegende Vertrag ein Garantievertrag und kein Bürgschaftsvertrag ist. In diesem Vertrag haben sich die beklagten Parteien der klagenden Partei gegenüber verpflichtet, die vertragsgemäße Erfüllung der näher bezeichneten Bestandverträge (Gegenstand des zweiten Rechtsganges sind nur mehr die Verträge 01 und 04) durch den Mieter (dies war die C D mbH) zu garantieren und 'über erste Aufforderung der klagenden Partei ohne Prüfung des Rechtsgrundes' insbesondere die von der genannten Gesellschaft geschuldeten und nicht vertragsgemäß beglichenen Mieten an die klagende Partei zu zahlen und alle sonstigen geschuldeten Leistungen zu erbringen.

Der Oberste Gerichtshof hat ferner die bindende Rechtsauffassung vertreten,daß die (Zweit-)Beklagte (diese Partei und der Drittbeklagte waren die Gesellschafter der erstbeklagten Partei , einer OHG; hinsichtlich der erstbeklagten Partei und des Drittbeklagten ist das Verfahren gemäß dem § 7 KO unterbrochen) ungeachtet ihres Ausscheidens aus der erstbeklagten Partei gemäß dem § 128 HGB für jene Verbindlichkeiten der erstbeklagten Partei hafte, die vor dem Zeitpunkt des Ausscheidens begründet worden sind. Der Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Verbindlichkeiten sei hingegen nicht entscheidend. Da die Verpflichtung der Mieterin zur Zahlung des Mietzinses, von Verzugszinsen, Mahnspesen und einer Vertragsstrafe noch vor dem Ausscheiden der Zweitbeklagten aus der erstbeklagten Partei vertraglich begründet worden sei, umfasse die Haftung der Zweitbeklagten auch diese von der Vermieterin geschuldete Leistung.

Im zweiten Rechtsgang brachte die Zweitbeklagte vor, die von der klagenden Partei der FF-Gesellschaft in Bestand gegebenen Gegenstände hätten auf Grund des übereinstimmenden Parteiwillens nach Ablauf der Bestandzeit in das Eigentum der genannten Gesellschaft übergehen sollen. Der zwischen diesen beiden Gesellschaften abgeschlossene Vertrag sei daher ein Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei. Daraus ergebe sich, daß die beklagten Parteien bei Einlösung der Klagsforderung gemäß dem § 1358 ABGB Anspruch auf übertragung des Vorbehaltseigentums hätten. Die klagende Partei habe mangels bestmöglicher Verwertung der von der FF-Gesellschaft in Bestand genommenen Gegenstände sich schuldhaft des Sicherungsmittels des Vorbehaltseigentums begeben. Da sie die Gegenstände erheblich unter dem Marktwert veräußert habe, sei die Zweitbeklagte in ihren Rechten nach dem § 1358 ABGB verkürzt worden. Ein sich daraus ergebender Schadenersatzanspruch der Zweitbeklagten werde bis zur Höhe des Klagsbetrages compensando eingewendet. Schließlich sei sowohl der zwischen der klagenden Partei und der FF-Gesellschaft als auch der mit den beklagten Parteien abgeschlossene Vertrag sittenwidrig. Im erstgenannten Fall liege nämlich ein Mißverhältnis der Vertragsstrafe zur geschuldeten Leistung vor, wogegen im zweitgenannten Fall die beklagten Parteien als Garanten die Konventionalstrafe zahlen müßten, ohne die Möglichkeit besessen zu haben, diese Konsequenz durch Bezahlung der Mietzinse abzuwenden. Die beklagten Parteien seien über den Inhalt der Bestandverträge nicht informiert worden, sodaß die in den Verträgen enthaltene gegenteilige Erklärung nicht zutreffe.

Die zwischen den Prozeßparteien zustandegekommene Willensübereinstimmung umfasse daher nur die Garantie der Erfüllung eines Mietvertrages mit üblichem Inhalt. Die darin aufscheinende Konventionalstrafe sowie die Höhe der Verzugszinsen von 1,2 % pro Monat seien jedoch unüblich. Da das von der klagenden Partei an die FF-Gesellschaft gerichtete Schreiben, mit welchem die Bestandverträge aufgekündigt worden seien, der genannten Gesellschaft nicht zugekommen sei, habe die Fälligkeit der Konventionalstrafen nicht eintreten können.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit dem Betrag von S 688.368,49 als zu Recht und mit S 162,- als nicht zu Recht bestehend; die Gegenforderung bestehe bis zur Höhe der zu Recht bestehenden Klagsforderung nicht zu Recht. Es verurteilte daher die Zweitbeklagte zur Zahlung eines Betrages von S 688.368,49 s.A. und wies das Mehrbegehren von S 162,- s.A.

sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Das Erstgericht traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen:

Im Punkt 10. der Vertragsbedingungen wurde vereinbart, daß der Vermieter berechtigt ist, das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung aufzulösen, wenn der Mieter mit zwei aufeinanderfolgenden Mieten ganz oder teilweise in Verzug geraten ist. In einem solchen Fall steht dem Vermieter eine Vertragsstrafe in der Höhe von mindestens einer Jahresmiete zu. Im Punkt 7. wurde für den Verzug eine Verzinsung von 1,2 % pro Monat und für jede Mahnung eine Mahngebühr in der Höhe von mindestens S 100,- vereinbart. Im Punkt 8. wurde eine - vom Erstgericht näher festgestellte - Wertsicherung vereinbart.

Mit Schreiben vom Oktober 1980 und Jänner 1981 machte die klagende Partei die FF-Gesellschaft auf die eingetretene Aufwertung aufmerksam und forderte die erhöhten Mietzinsbeträge ein. Ab Oktober 1980 geriet die FF-Gesellschaft mit den Mietzinszahlungen in Verzug. Sie wurde von der klagenden Partei hinsichtlich beider Verträge mehrmals gemahnt. Die klagende Partei verlangte von der erstbeklagten Partei vor der Aufkündigung der Bestandverträge mehrmals die Zahlung der Mietzinse. Nachdem die erstbeklagte Partei auf Grund der ersten Aufforderungen Mietzinszahlungen an die klagende Partei geleistet hatte, stellte sie weitere Zahlungen ein. Ab Dezember 1980 wurden aus dem Vertrag 01 und ab Jänner 1981 auch aus dem Vertrag 04 keine Mietzinszahlungen mehr geleistet. Die klagende Partei kündigte mit einem der FF-Gesellschaft am 12.5.1981 zugestellten Schreiben unter anderem auch die Verträge 01 und 04 und stellte die Verzugszinsen, Mahnspesen und Vertragsstrafen fällig. Die FF-Gesellschaft ist zahlungsunfähig und hat ihre Tätigkeit eingestellt.

Aus dem Vertrag 01 besteht ein - vom Erstgericht näher aufgeschlüsselter - Mietzinsrückstand von S 188.125,95 und aus dem Vertrag 04

ein solcher von S 43.821,70. Die Konventionalstrafe aus dem Vertrag 01 beträgt S 359.077,08 und aus dem Vertrag 04 S 97.343,76. Bei den zwischen der klagenden Partei und der FF-Gesellschaft stattgefundenen Vertragsverhandlungen wurde von seiten der klagenden Partei erklärt, die genannte Gesellschaft habe nach Vertragsablauf die Möglichkeit, entweder die Verträge mit einem geringeren Entgelt fortzusetzen oder sie auslaufen zu lassen oder die gemieteten Gegenstände um ein bis drei Monatsmieten zu kaufen. Die FF-Gesellschaft erklärte, für sie komme nur die dritte Möglichkeit in Betracht. Eine Vereinbarung darüber wurde aber nicht getroffen; die Wahlmöglichkeit blieb bestehen. Für den Fall des Kaufes hätte der Kaufpreis erst vereinbart werden müssen.

Das Erstgericht vertrat im wesentlichen die Rechtsauffassung, die Zweitbeklagte hafte gemäß dem § 128 HGB im selben Umfang wie die erstbeklagte Partei, die jedoch ein richterliches Mäßigungsrecht im Sinne des § 1336 Abs 2 ABGB gemäß dem § 348 HGB nicht geltend machen könne. Da der Anspruch auf Vertragsstrafe nicht vom Eintritt eines Schadens abhängig sei, habe für die klagende Partei keine Rettungs- oder Schadensminderungspflicht bestanden. Weder die Mietverträge noch der Garantievertrag seien sittenwidrig, weil weder die Vertragsstrafe noch die vereinbarten Verzugszinsen bei derartigen Verträgen unüblich seien. Ein die Sittenwidrigkeit begründendes auffallendes Mißverhältnis zur geschuldeten Leistung liege nicht vor. Die beklagten Parteien hätten entgegen ihrem Prozeßvorbringen die Möglichkeit gehabt, die Verzugsfolgen durch Zahlung der von der FF-Gesellschaft geschuldeten Mietzinse abzuwenden. Ein Betrag von S 162,- stehe der klagenden Partei nicht zu, weil es sich hiebei um einen Umsatzsteuerbetrag handle.

Das Berufungsgericht bestätigte diese in ihrem abweislichen Teil unangefochten gebliebene Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und billigte dessen rechtliche Beurteilung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Zweitbeklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern,daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Auffassung der Revisionswerberin, der gegenständliche Garantievertrag verstoße gegen den § 2 der Ausbeutungsverordnung, weil der klagenden Partei gegen den Garanten alle Ansprüche aus dem garantierten Leasingvertrag zustehe und sie den Leasinggegenstand überdies vom Leasingnehmer, der FF-Gesellschaft, zurückfordern könne, sodaß eine übermäßige Gegenleistung vorliege, kann nicht beigepflichtet werden. Abgesehen davon, daß die Zweitbeklagte diesen Einwand vor dem Erstgericht nicht erhoben und auch kein konkretes Vorbringen im Sinne dieser Gesetzesstelle erstattet hat, liegen die auf Kredite gegen Sicherstellung auf Liegenschaften, auf fortlaufende Bezüge oder auf Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen abgestellten Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschriften nicht vor.

Ebenso verfehlt sind die von der Revisionswerberin mit dem § 1358 ABGB in Zusammenhang gebrachten Ausführungen über einen Eigentumsübertragungsanspruch. Da die klagende Partei und die FF-Gesellschaft eine Vereinbarung über einen Erwerb der Leasinggegenstände nach Ablauf der Vertragsdauer auf Grund der Feststellungen nicht getroffen haben, das weitere Schicksal dieser Gegenstände und der vertraglichen Beziehungen vielmehr insoweit offen geblieben ist, fehlt den aus einem Eigentumsübertragungsanspruch abgeleiteten Auffassungen der Revisionswerberin die Grundlage. Einer von ihr offenbar ins Auge gefaßten analogen Anwendung des § 1358 ABGB steht überdies der Umstand entgegen, daß sie mangels Bezahlung der Klagsforderung die Schuld nicht eingelöst hat. Ein Feststellungsmangel liegt somit entgegen der Meinung der Revisionswerberin nicht vor. Schließlich kann auch der Auffassung der Revisionswerberin nicht zugestimmt werden, die dem Garantievertrag zugrunde liegende Willensübereinstimmung umfasse nur die üblichen Konditionen von Leasingverträgen, weil ihr entgegen den in den Garantieverträgen enthaltenen Hinweisen der Inhalt der zwischen der klagenden Partei und der FF-Gesellschaft abgeschlossenen Verträge nicht bekannt gewesen sei; die Höhe der vereinbarten Verzugszinsen und die Konventionalstrafen seien jedoch für solche Verträge unüblich. Der Revisionswerberin ist wohl einzuräumen, daß der Garantievertrag unterschrieben wurde, ohne daß die beklagten Parteien genaue Kenntnis vom Inhalt der garantierten Verträge hatten. Darin ist aber nicht etwa ein Dissens oder ein Irrtum, sondern ein bewußtes Inkaufnehmen des - noch unbekannten - Inhaltes zu erblicken. Voraussetzung ist allerdings, daß in den (verdeckten) Verträgen nicht Bestimmungen enthalten sind, die in derartigen Verträgen unüblich und sachlich nicht gerechtfertigt sind, sodaß mit ihrer Inkaufnahme nicht gerechnet werden kann (Koziol-Welser, Grundriß 6 98; Rummel in Rummel, ABGB-Kommentar, 876 f, RdZ 8). Entscheidend ist daher tatsächlich, ob die beklagten Parteien mit der Vereinbarung einer Konventionalstrafe und mit Verzugszinsen in der festgestellten Höhe als unüblich nicht rechnen konnten. Dies trifft aber, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, hier nicht zu. Die Höhe der Verzugszinsen von 1,2 % pro Monat überstieg im Zeitpunkt des Abschlusses der Leasingverträge zumindest nicht wesentlich die in solchen Fällen üblichen Prozentsätze, und auch die Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall der Nichterfüllung des Vertrages ist keinesfalls unüblich oder sachlich derart ungerechtfertigt, daß mit ihrer Inkaufnahme durch den Garanten nicht gerechnet werden müßte. Daß die klagende Partei als Leasinggeber die den Gegenstand des Vertrages bildenden Gegenstände nach Vertragsablauf wieder zurückbekommt, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, zumal dies ebenfalls nicht unüblich ist. Eine Sittenwidrigkeit liegt daher mangels unverhältnismäßiger Gegenleistungen nicht vor, sodaß auch weitere Feststellungen in diesem Zusammenhang entbehrlich waren.

Da die Revisionswerberin auf die übrigen Einwendungen in der Revision nicht mehr zurückkommt und auch die Höhe der der klagenden Partei zugesprochenen Beträge nicht bekämpft, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E05461

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00507.85.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19850402_OGH0002_0040OB00507_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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