TE OGH 1985/4/16 11Os56/85

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Veröffentlicht am 16.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilfried A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Wilfried A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Februar 1985, GZ 2 d Vr 14.560/84-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.April 1944 geborene Zeitschriftenwerber Wilfried A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129

Z 2 StGB (A), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (B), des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB (C), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (D) und des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1 StGB (E) schuldig erkannt.

Inhaltlich des allein von der Anfechtung erfaßten Teiles des Schuldspruches hat der Angeklagte am 3.Jänner 1985 in Wien Friedrich B durch Versetzen eines Faustschlages und mehrerer Fußtritte und Josef C durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht jeweils vorsätzlich (im Urteil näher bezeichnete) leichte Körperverletzungen zugefügt (B 1 und 2) und den Gernot D dadurch, daß er gegen die von diesem Wagenlenker zugehaltene Fahrertür des Stadtbahntriebwagens wiederholt mit den Füßen trat, fahrlässig leicht verletzt (C) sowie vorsätzlich die Türe beschädigt (D).

Nur diese, einen als Passagier der Wiener Stadtbahn kurz nach Mitternacht gesetzten Exzeß betreffenden Schuldsprüche B, C und D ficht der Angeklagte mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Ziel an, die Begehung dieser mit Strafe bedrohten Handlungen im Zustand voller Berauschung (§ 287 StGB) unter Beweis zu stellen.

Mit der Verfahrensrüge wirft der auch in der Hauptverhandlung von einem Verteidiger (gemäß § 41 Abs. 2 StPO) vertretene Beschwerdeführer dem Erstgericht vor, es in Verletzung seiner Anleitungspflicht nach § 3 StPO unterlassen zu haben, die in der Hauptverhandlung 'der Sache nach angebotenen Beweise' über den Grad seiner Alkoholisierung aufzunehmen. Er sei nicht einmal gefragt worden, welche Beweismittel ihm über den Alkoholkonsum am 2.Jänner 1985 zur Verfügung stehen. Er mache nunmehr zwei Arbeitskollegen namhaft, in deren Beisein er tagsüber und am Abend bestimmte alkoholische Getränke zu sich genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Dem für die Beurteilung der Vorgänge in der Hauptverhandlung durch das Rechtsmittelgericht allein maßgeblichen Protokoll (ON 40) kann jedoch weder entnommen werden, daß sich der Angeklagte im Rahmen seiner Verantwortung auf diese oder andere Zeugen berufen hätte (S 335-337), noch sind Beweisanträge oder Fragen des Verteidigers ersichtlich, die dazu führen könnten, die erst in der Hauptverhandlung formell erhobenen (nunmehr bekämpften) Anklagevorwürfe rechtlich auch in Richtung des § 287 StGB zu prüfen (S 353, 354). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, einen bestellten Verteidiger in der Ausübung seiner Funktion zu kontrollieren oder gar zu belehren (RZ 1969, S 130), und aus dem Angeklagten entlastende Umstände und allenfalls hiefür vorhandene Beweise erst herauszuholen (SSt. 32/112, RZ 1974/6, S 12). Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß das Beschwerdevorbringen den formellen Voraussetzungen für die erfolgversprechende Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO nicht genügt, damit aber einer prozeßordnungsgemäßen Erörterung in der Sache selbst nicht zugänglich ist.

Aber auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie keine bei der Konstatierung des - die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden - Alkoholisierungsgrades (S 366) unterlaufenen formellen Begründungsmängel behauptet. Vielmehr gibt auch der Beschwerdeführer zu, daß sich das Gericht auf die Gutachten der beiden in der Hauptverhandlung vernommenen medizinischen Sachverständigen stützt, will aber unter Hinweis auf sein örtliche und zeitliche Orientierungslosigkeit signalisierendes Verhalten bei der Benützung der Stadtbahn die Beweiskraft dieser auf allen Beweisergebnissen aufbauenden Gutachten in Zweifel ziehen, was aber auf die Bekämpfung der allein den Tatrichtern zustehenden Beweiswürdigung hinausläuft.

Worin schließlich die ziffernmäßig angezogene Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gelegen sein soll, ist weder der nicht näher konkretisierten Rechtsmittelanmeldung (S 355) noch der ein diesbezügliches Vorbringen entbehrenden Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (S 398) zu entnehmen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es aber an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung (EvBl. 1981/46 u. v.a.). über sie wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E05173

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00056.85.0416.000

Dokumentnummer

JJT_19850416_OGH0002_0110OS00056_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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