TE OGH 1985/4/17 9Os58/85

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Veröffentlicht am 17.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schwab als Schriftführer in der Strafsache gegen Emmerich A wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 11.Jänner 1985, GZ 28 Vr 1450/84-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt C) des Urteilssatzes und im (gesamten) Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 37-jährige Emmerich A des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt.

Versuchter Raub liegt ihm (laut Punkt C des Urteilssatzes) zur Last, weil er am 3.Juli 1984 in Linz durch die Äußerung 'das ist ein Überfall', somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, der Hermine B, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und Zigaretten, abzunötigen versuchte, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Nur den zuletzt bezeichneten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf die Z 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt insoweit Berechtigung zu, als damit - teils ausdrücklich, teils jedenfalls der Sache nach - aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO (im Ergebnis eine Verurteilung bloß wegen versuchten Diebstahls anstrebend) Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite geltend gemacht werden. Raub läßt, sofern er nicht durch Gewalt, sondern durch Drohung verübt wird, eine (bloß) gefährliche Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB nicht genügen; der Tatbestand erfordert vielmehr eine qualifizierte Drohung, d.h.

eine solche 'mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB)'.

Diese wieder liegt vor, wenn der Täter ein übel - im allgemeinen - von gewisser Schwere (§ 115 Abs. 1 StGB) für Leib oder Leben des Bedrohten ankündigt, die Ankündigung eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben befürchten läßt und der sofortige Vollzug des angedrohten übels in Aussicht gestellt wird (vgl 9 Os 1/85, SSt 48/61; Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 142 RN 8 ff;

Kienapfel BT II § 142 RN 42 ff). Diese Kriterien einer Raubdrohung müssen vom (zumindest bedingten) Vorsatz des Täters umfaßt sein. Nach den Feststellungen des Schöffengerichts beantwortete der Angeklagte, der die Trafik der Hermine B - die sich zu diesem Zeitpunkt in einem Nebenraum aufhielt (vgl S 43, 79, 155) - 'in der Absicht betreten hatte, dort Zigaretten zu stehlen' (S 174), die Frage der Trafikantin - von der er 'noch' in der Trafik 'überrascht' worden war (S 179) - nach seinen Wünschen mit den Worten 'das ist ein überfall'. Als er hierauf die Bemerkung der 'verwunderten' Trafikantin 'was ist das, ein überfall?' bejahte, versetzte ihm diese zwei Ohrfeigen. Anschließend erfaßte sie das Ende des vom Angeklagten in der Hand gehaltenen Regenschirms und wurde von ihm daran aus dem Geschäft gezerrt.

Solcherart läßt die vom Erstgericht festgestellte, vom Angeklagten gegenüber Hermine B gemachte Äußerung 'das ist ein überfall' für sich allein noch nicht erkennen, ob damit nach dem Tatplan des Angeklagten eine gegenwärtige konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Bedrohten in der zuvor dargelegten Bedeutung angekündigt werden sollte. Tragfähiger Konstatierungen über den der Drohung nach den Gegebenheiten des Anlaßfalles zukommenden Sinngehalt, also darüber, ob der Angeklagte durch die in Rede stehende Äußerung tatsächlich räuberisch drohen wollte, hätte es vor allem deshalb bedurft, weil sich dieser (vgl S 40, 41, 63, 154) der Sache nach letztlich stets in Richtung eines (versuchten) Diebstahls verantwortete und auch nach der Aussage der Zeugin B (vgl insbes S 80) 'durch das leere Geschäft dazu verleitet wurde, sich Zigaretten zu nehmen', von ihr 'völlig überrascht' wurde und 'niemals Geld oder Zigaretten verlangte'. Die Aussage der genannten Zeugin veranlaßte das Schöffengericht, von dem in der Anklageschrift enthaltenen Wortlaut der Drohung 'das ist ein überfall, Geld und Zigaretten her' den Teil 'Geld und Zigaretten her' fallen zu lassen (S 179). Damit ist aber der Urteilsspruch (S 172), wonach der Vorsatz des Angeklagten auf das Abnötigen von 'Bargeld und Zigaretten' gerichtet war, nicht ohne weiteres mit den in den Entscheidungsgründen zum Tathergang getroffenen Feststellungen (S 179), - denenzufolge der Angeklagte weder Zigaretten noch Geld verlangt hatte - in Einklang zu bringen. Die einzige hierauf gemünzte, nicht ganz verständliche und zudem mit sämtlichen Verfahrensergebnissen im Widerspruch stehende Urteilspassage (S 179): 'Der Diebstahls- und Nötigungsvorsatz konnte aber keinesfalls verneint werden, zumal der Angeklagte, nachdem er bis zum Eintreffen der Trafikantin genug Zeit zur Verfügung gehabt hätte, noch von seinem Vorhaben, einen überfall zu verüben, Abstand zu nehmen', aber kann die vom Beschwerdeführer zu Recht vermißte Konstatierung zur subjektiven Tatseite jedenfalls nicht ersetzen, zumal die Urteilsgründe kaum über das Nötigungsmittel, geschweige denn über eine qualifizierte Drohung im eingangs dargelegten Sinn, aber auch nicht über den Tatplan des Angeklagten Aufschluß geben. Die dem angefochtenen Urteil im bezeichneten Belange anhaftenden Feststellungsmängel lassen eine abschließende rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten nicht zu.

Da sohin in Ansehung des davon betroffenen Schuldspruchs eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist, war insoweit nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e), ohne daß es erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Anmerkung

E05169

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00058.85.0417.000

Dokumentnummer

JJT_19850417_OGH0002_0090OS00058_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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