TE OGH 1985/4/18 6Ob538/85

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Veröffentlicht am 18.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Theodor A, Rechtsanwalt, Wiesingergasse 6, 1010 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Herbert B, Konsulent, Schottenring 28/2, 1010 Wien, wider die beklagte Partei Dr. Rudolf C, Rechtsanwalt, Mariahilferstraße 17/14, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Johann Stöhr, Rechtsanwalt in Wien, und den Nebenintervenienten auf seiten der beklagten Partei KommRat Josef D, Kaufmann, Vancouver, Seunole Cres Nr.11, E 3 N-2 E 3, Canada, vertreten durch Dr. Viktor Sprosec, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,360.000,-- samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27.März 1984, GZ 11 R 54/84-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. November 1983, GZ 40 b Cg 841/81-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.802,45

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.672,95

Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) und dem Nebenintervenienten die mit S 20.802,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.672,95 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) jeweils binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 9.11.1981 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte Herbert B als Kläger vom Beklagten den Ersatz eines mit S 2,360.000,-- s.A.

bezifferten Schadens, wozu er vorbrachte, die F G m.b.H. habe durch seine Vermittlung vom Masseverwalter im Konkurs des Ing.Alfred H eine Option auf den Kauf der Grundstücke 'TAMARISKENWEG I' zum Preis 520von Entscheidungsgründe:

32,5 Mill.S erworben, in welchem die Herbert B zugesicherte Provision von 2 Mill.S zuzüglich der Umsatzsteuer enthalten gewesen sei. Durch Vermittlung von Herbert B habe sich der Beklagte als Vertreter der I an die F G m.b.H. gewandt, um die Option zu erwerben. Diese Gesellschaft sei zur Abtretung derselben bereit gewesen, doch habe sie als Abgeltung für Planungskosten u.dgl. einen Betrag von 8,5 Mill.S gefordert, von welchem ein Teilbetrag in der Höhe von 4 Mill.S zum Nachteil der I an den Beklagten, Josef D und Alfred J hätte 'zurückfließen' sollen. Das Vorhaben sei daran gescheitert, daß der Beklagte die Auszahlung des Betrages von 4 Mill.S ohne Quittung, also 'schwarz' verlangt habe. Aus dem vorgesehenen Kaufpreis von 32,5 Mill.S hätte die Provision an Herbert B entrichtet werden sollen. Der Beklagte habe ferner durch fingierte Verhandlungen verhindert, daß die F G m.b.H. einen anderen Kaufabschluß über Herbert B hätte bewirken können. Die Grundstücke seien in der Folge anderweitig verkauft worden. Der Beklagte hafte Herbert B deshalb für die entgangene Provision, weil er die Abtretung der Option durch die F G m.b.H. an die I durch sein Begehren auf Zahlung von 4 Mill.S ohne Beleg verhindert und die F G m. b.H.

durch Scheinverhandlungen so lange hingehalten habe, bis die Option abgelaufen sei, und es außerdem schuldhaft unterlassen habe, den späteren Käufer der Grundstücke vom Provisionsanspruch Herbert BS zu informieren.

Der Beklagte wendete insbesondere ein, er habe nicht die I, sondern Josef D vertreten. Das von Herbert B vermittelte Geschäft sei nicht etwa deshalb unterblieben, weil der Beklagte 4 Mill.S verlangt habe, sondern weil die F G m.b.H. die von ihm geforderten Unterlagen, vor allem die Optionsurkunde und Planungsunterlagen, nicht vorgelegt habe.

Der über Streitverkündung des Beklagten auf dessen Seite als Nebenintervenient beigetretene Josef D wendete außerdem Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest:

Am 10.11.1977 nahm das Konkursgericht die Veräußerung der 'TAMARISKENGRüNDE I' aus der Masse im Konkurs des Ing.Alfred H an die K WIEN G m.b.H. zur Kenntnis. Im Kaufpreis von 32,5 Mill.S war eine an die Vermittler zu entrichtende Provision von S 2,124.000,-- enthalten. Herbert B befand sich nicht unter jenen Vermittlern, die aus diesem Geschäft eine Provision erhielten. Er erfuhr vielmehr erst im Frühjahr 1978 von dieser Transaktion und bemühte sich seit März dieses Jahres in Gesprächen mit Vertretern der L M N O P m.b.H. ('L HOLDING'), zu deren Konzernbetrieben auch die Käuferin gehörte, jene Provision, deren Ersatz er nunmehr vom Beklagten begehrt, ausbezahlt zu erhalten. Spätestens Mitte September 1978 wurden die von Herbert B erhobenen Provisionsansprüche von den von ihm angegangenen Stellen abgelehnt. Schon im Herbst 1977 war sich Herbert B darüber im klaren gewesen, daß sich die Gespräche zwischen Dr. Rainer Q als Vertreter der F G m.b.H. und dem Beklagten als Bevollmächtigten des Nebenintervenienten über den Erwerb der Option auf den Kauf der in Frage stehenden Grundstücke zerschlagen hatten und es daher zwischen diesen nicht zum Vertragsabschluß kommen werde. Als Herbert B im Frühjahr 1978 vom Verkauf der R I erfahren hatte, gewann er die überzeugung, daß die vom Beklagten geführten Verhandlungen bloß Scheinverhandlungen seien, um die Option durch Zeitablauf zum Erlöschen zu bringen. Nachdem die Provisionsansprüche - spätestens im September 1978 - endgültig abgelehnt worden waren, war Herbert B auch überzeugt, daß es der Beklagte unterlassen habe, die 'L HOLDING' von seinen Provisionsansprüchen zu informieren. Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, der Anspruch Herbert BS sei verjährt, weil ihm schon Monate vor dem 9.11.1978 Schaden und Schädiger bekannt gewesen seien. Da Herbert B nicht behauptet habe, sein Schaden sei durch eine mit Vorsatz zu begehende, gerichtlich strafbare Handlung, die mit zumindest einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sei, entstanden, erweise sich die Verjährungseinrede als berechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, dem Klagsvorbringen könnten lediglich zwei Behauptungen entnommen werden, die 'zur Not' als Vorwurf strafbarer Handlungen aufgefaßt werden könnten: Der Beklagte habe den Geschäftsabschluß verhindert, indem er eine Zahlung von 4 Mill.S ohne Beleg gefordert habe, und ferner die F G m.b.H. durch Scheinverhandlungen arglistig hingehalten, bis die Option abgelaufen sei. Das Verlangen nach einer Zahlung ohne Beleg könne als Versuch der Verleitung zur Abgabenhinterziehung nach den §§ 11 und 33 FinStrG beurteilt werden, doch sehe § 33 Abs 5 dieses Gesetzes nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor; ferner komme dem Beklagten die Straffreiheit wegen Rücktrittes vom Versuch nach § 14 FinStrG zugute, weil er die Ausführung des Deliktes aufgegeben habe und diese Bestimmung nicht einmal die Freiwilligkeit des Rücktrittes vom Versuch voraussetze. überdies könne ein nicht ausgeführtes Delikt auch für den behaupteten Schaden nicht ursächlich sein. In der angeblichen Irreführung der F G m.b.H. könne schon deshalb das Tatbild des Betruges nach § 146 StGB nicht erblickt werden, weil Herbert B nicht behauptet habe, daß der Beklagte durch dieses Verhalten sich oder einen Dritten habe unrechtmäßig bereichern wollen. Das Tatbild der Untreue nach § 152 (richtig: § 153) StGB komme deshalb nicht in Betracht, weil Herbert B nicht behauptet habe, der Beklagte habe die Befugnis besessen, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten. Da Herbert B spätestens seit Mitte September 1978 Schaden und Schädiger gekannt habe, sei die Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB bei Einbringung der Klage (am 9.11.1981) bereits abgelaufen gewesen. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe unterbreche die Verjährung nicht.

Gegen das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz erhob Herbert B am 5.9.1984 Revision.

Noch vor Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof wurde über das Vermögen des Revisionswerbers vom Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 24.9.1984, GZ 4 S 122/84-1, der Konkurs eröffnet und Dr. Theodor A, Rechtsanwalt in Wien, zum Masseverwalter bestellt. Das Konkursedikt wurde am 24.9.1984 an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen.

Das Verfahren ist vom Masseverwalter wieder aufgenommen worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Vorinstanzen haben das Schadenersatzbegehren der klagenden Partei abgewiesen, weil sie Verjährung annahmen. Das Begehren ist aber schon deshalb nicht berechtigt, weil der Gemeinschuldner keinen ersatzfähigen Schaden behauptet hat. Da selbst nach seinen Behauptungen keinerlei vertragliche Bindung zwischen der von Dr. Rainer Q vertretenen F G m.b.H. bzw. dem Gemeinschuldner einerseits und dem Beklagten bzw. seinem Machthaber andererseits bestanden hat, kann die klagende Partei auch nicht das positive Vertragsinteresse in Anspruch nehmen. Der vom Gemeinschuldner entrierte Vertrag ist nicht zustande gekommen. Daran änderte auch nichts, wenn der Beklagte die Vertragsverhandlungen - wenngleich infolge Verlangens nach einem rechtlich verpönten Vorteil - schließlich abgebrochen haben sollte. Der Makler erwirbt den Provisionsanspruch, wenn er seinen Auftraggeber von der Vertragsmöglichkeit in Kenntnis gesetzt hat und der Vertrag in der Folge auf Grund dieses Nachweises abgeschlossen wird (EvBl 1984/24 uva). Das positive Vertragsinteresse könnte der Makler daher nur gegen seinen Auftraggeber geltend machen, etwa weil dieser die Abschlußgelegenheit fahren ließ, nur um den Makler um seine Provision zu bringen (SZ 45/71 ua). Hat hingegen der Verhandlungspartner - oder, wie hier, der Beklagte als Machthaber desselben - in Wahrung seiner Abschlußfreiheit die Vertragsverhandlungen scheitern lassen, so hat er deshalb seinem Gesprächspartner (und dem Makler, dessen Vermittlungsdienste dieser in Anspruch genommen hat) gegenüber noch nicht rechtswidrig gehandelt (Welser, Vertretung ohne Vollmacht 128; vgl. auch Reischauer in Rummel, ABGB Rdz 17 vor §§ 918 ff). Auch wenn der Beklagte die F G m.b.H.

durch Scheinverhandlungen arglistig hingehalten haben sollte, bis die Bindung des Masseverwalters an sein Anbot (vom Gemeinschuldner als 'Option' bezeichnet) abgelaufen war, könnte die klagende Partei vom Beklagten bloß das negative Vertragsinteresse (den Vertrauensschaden) wegen (vorsätzlichen) Verstoßes gegen vorvertragliche Aufklärungspflichten begehren: In diesem Falle wäre die klagende Partei so zu stellen, wie sie stünde, wenn diese Pflichtenverletzung nicht begangen worden wäre (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 37; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts 6 I 165; SZ 46/22 uva). Sie wäre dann - jedenfalls bei vorsätzlicher Schädigung, wie sie die klagende Partei behauptet hat, - auch dafür zu entschädigen, daß der Gemeinschuldner andere Abschlußgelegenheiten unwiderbringlich versäumt hat (Koziol aaO 38; Welser aaO 132; Rummel in Rummel aaO Rdz 5 zu § 866; SZ 48/8 ua). Aber auch für den Vertrauensschaden gilt die allgemeine Beweisregel, daß der Geschädigte den Schaden und die Verursachung durch den angeblichen Schädiger (zu behaupten und) nachzuweisen hat. Daß der Gemeinschuldner imstande gewesen wäre, den Verkauf der Liegenschaft innerhalb der (verhältnismäßig kurzen) Bindungsfrist des Masseverwalters jedenfalls zu einem angemessenen Preis zu vermitteln, kann auch nicht geradezu als selbstverständlich angesehen werden (nur in einem solchen Fall müßte dem Beklagten der Beweis aufgebürdet werden, daß es sich in conkreto ausnahmsweise anders verhalten habe). Es ist daher auch die Versäumung des Ersatzgeschäftes zu beweisen (Welser aaO 133, 135; Rummel aaO). Dem Vorbringen der klagenden Partei kann nicht entnommen werden, welcher andere durch den Gemeinschuldner vermittelte Vertragsabschluß (und mit welchem Inhalt) bis zum Ablauf der Bindung des Masseverwalters an sein Angebot infolge des Verhaltens des Beklagten hintangehalten wurde. Die bloß abstrakte Möglichkeit der Vermittlung eines Vertragsabschlusses reicht nicht aus; die klagende Partei hätte eine konkrete Provisionsverdienstmöglichkeit behaupten und beweisen müssen, die dem Gemeinschuldner infolge der angeblichen 'Scheinverhandlungen' des Beklagten entgangen ist. Der Gemeinschuldner hat zwar als Partei ausgesagt, er habe noch eine weitere Interessentin, die S, an der Hand gehabt (AS 104), doch mußte er abgesehen davon, daß die Parteiaussage als Beweismittel das erforderliche Parteivorbringen nicht ersetzen kann - selbst zugeben, daß diese von der Kaufgelegenheit Abstand genommen hatte. Soweit die klagende Partei ihr Begehren darauf stützte, der Beklagte habe die Verhandlungen durch sein Verlangen nach 'Schwarzgeld' zum Scheitern gebracht, ist ihr entgegenzuhalten, daß ihr aus dem - erst in Aussicht gestandenen - Kaufvertrag keine Ansprüche zustehen, wegen deren Nichterfüllung ihr der Beklagte einzustehen hätte. Inwieweit dabei möglicherweise der Machtgeber des Beklagten - nach den Feststellungen des Erstgerichtes Josef D (AS 158) - daraus Ersatzansprüche ableiten könnte, ist in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Den allfälligen Vertrauensschaden aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten hat die klagende Partei - wie gesagt - dagegen nicht einmal schlüssig behauptet. Soweit die klagende Partei vorbrachte, die Tätigkeit des Gemeinschuldners sei für den Abschluß des Kaufvertrages des Masseverwalters im Konkurs des Ing.Alfred H mit der K WIEN G m.b.H. verdienstlich gewesen (AS 121), hat sie ihre Ansprüche gegen ihren Auftraggeber geltend zu machen.

Dem Vorbringen der klagenden Partei kann auch nicht entnommen werden, weshalb der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die 'L HOLDING' vom Provisionsanspruch des Gemeinschuldners zu informieren; die klagende Partei hat nicht einmal behauptet, daß der Beklagte am Verkauf der R I an die K WIEN G m.b.H. mitgewirkt habe. Sollte der klagenden Partei ein Provisionsanspruch aus dieser Liegenschaftstransaktion überhaupt zustehen, müßte sie diesen gegen den Auftraggeber des Gemeinschuldners geltend machen. Sie hat nicht vorgebracht, daß ihr diese Anspruchsverfolgung verwehrt geblieben sei (bzw. aus welchen Gründen).

Aus den Behauptungen der klagenden Partei kann demnach der geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten nicht schlüssig abgeleitet werden; schon deshalb haben die Vorinstanzen das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41,50 ZPO.

Anmerkung

E05489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00538.85.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19850418_OGH0002_0060OB00538_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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