TE OGH 1985/5/8 3Ob24/85

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Veröffentlicht am 08.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Gernot A, Rechtsanwalt, 2500 Baden, Hauptplatz 13, wider die verpflichtete Partei Max B, Dachdeckermeister, 2500 Baden, Auf der Hutweide, wegen S 19.332,18 samt Anhang infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 28. Jänner 1985, GZ R 444/84-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 6. November 1984, GZ E 10568/84-1, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird hinsichtlich der Abweisung des Antrages der betreibenden Partei, dem Drittschuldner aufzutragen, sich gemäß § 301 EO zu äußern, und hinsichtlich der Kostenentscheidung bestätigt.

Im übrigen wird der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die bewilligte Pfändung erst mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner an die zur Anweisung der betreffenden Zahlung berufene Behörde, nämlich das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung B/1-B (Bundesgebäudeverwaltung), 1041 Wien, Operngasse 21, als bewirkt anzusehen ist.

Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit S 2.843,68 (darin S 214,88 Umsatzsteuer und S 480,-Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte zur Hereinbringung von S 19.332,18 samt Anhang die Bewilligung der Exekution durch Pfändung und überweisung zur Einziehung einer Geldforderung, welche der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner REPUBLIK ÖSTERREICH, 'vertreten durch die Finanzprokuratur', aufgrund durchgeführter Dachdeckerarbeiten am Bundesgymnasium in Berndorf in Höhe von 1 Mio S mehr oder weniger zustehe, sowie die Erlassung des Auftrages an den Drittschuldner, sich gemäß § 301 EO binnen 14 Tagen zu äußern.

Das Erstgericht bewilligte den Exekutionsantrag antragsgemäß. Das Zahlungsverbot wurde der Finanzprokuratur zugestellt. Infolge Rekurses des Drittschuldners änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß im Exekutionsantrag die gemäß §§ 54, 295 EO nötige Bezeichnung der zur Anweisung berufenen Behörde gefehlt habe. Es sei nicht Sache des Gerichtes, die richtige Stelle zu ermitteln. Es komme auch kein Verbesserungsverfahren in Betracht. Der Auftrag nach § 301 EO sei gemäß § 302 EO auf jeden Fall gesetzwidrig. - Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Gericht zweiter Instanz mit dem Fehlen neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt werde, daß anweisende Behörde das Bundesministerium für Bauten und Technik, 1010 Wien, Stubenring 1, sei, dem das Drittverbot zuzustellen sei.

Die betreibende Partei vertritt die Meinung, der von der zweiten Instanz aufgezeigte Mangel sei verbesserungsfähig. Im übrigen sei aber schon dem ursprünglichen Exekutionsantrag zu entnehmen, an welche Stelle zugestellt werden müsse. Hinsichtlich des Auftrages nach § 301 EO sei zwar der Standpunkt der zweiten Instanz richtig, aber der Drittschuldner habe hier nicht einen Rekurs einbringen müssen, sondern er hätte sich auch mit einer entsprechenden Anzeige an das Gericht begnügen können.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung der zweiten Instanz von der noch darzustellenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht.

Gemäß § 295 Abs 1 EO ist das Zahlungsverbot, wenn auf eine Geldforderung Exekution geführt wird, die dem Verpflichteten wider die REPUBLIK ÖSTERREICH gebührt, der Behörde zuzustellen, die zur Anweisung der betreffenden Zahlung berufen ist. Und erst mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an die anweisende Behörde ist die Pfändung als bewirkt anzusehen. Gemäß § 54 Abs 1 EO muß daher die betreibende Partei schon im Exekutionsantrag diese anweisende Behörde benennen.

Wenn aber die betreibende Partei gegen diese Bestimmung verstößt und die anweisende Behörde entweder überhaupt nicht oder doch (wie hier) offenbar unrichtig anführt, ist der Exekutionsantrag nicht abzuweisen, wenn sich die richtige anweisende Behörde ohnedies aus sonstigen Angaben des Exekutinsantrages ergibt. In einem solchen Fall hat vielmehr das Gericht das Zahlungsverbot von amtswegen der richtigen Behörde zuzustellen. Und in Fällen, in denen dem Gericht die anweisende Behörde nicht bekannt ist, ist auch nicht sofort der Antrag abzuweisen, sondern es hat gemäß § 78 EO, 84 ZPO ein Verbesserungsverfahren stattzufinden (SZ 18/190, EvBl 1956/113 = JBl 1956, 156, 3 Ob 165/83, 3 Ob 34/84).

Im vorliegenden Fall liegt auf der Hand, daß die Finanzprokuratur zwar in gewissen Fällen die Vertreterin der Drittschuldnerin ist, nicht aber die anweisende Behörde. Diese konnte aber aus der Beschreibung der in Exekution zu ziehenden Forderung eindeutig entnommen werden.

Die Verwaltung aller Bauten des Bundes obliegt gemäß Teil 2 lit c der Anlage zum BMG zwar dem Bundesministerium für Bauten und Technik, wozu die Durchführung von Neubauten ebenso zählt wie die Instandsetzung oder Instandhaltung von Bundesgebäuden (Walter-Mayer, Grundriß des Bes. Verwaltungsrechtes, 458). Anweisende Behörde im Sinne des § 295 Abs 1 EO ist aber nicht das erwähnte Bundesministerium, sondern das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung. Gemäß der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 19. Oktober 1967, BGBl. Nr. 344, wurde nämlich die Besorgung von Geschäften der Verwaltung bundeseigener Liegenschaften und des staatlichen Hochbaues im Sinne des Art. 104 Abs 2 B-VG dem Landeshauptmann und den ihm unterstellten Behörden im Land im Rahmen der sogenannten 'Auftragsverwaltung' übertragen (vgl. dazu auch Wenger-Brünner-Oberndorfer, Grundriß der Verwaltungslehre, 234; Kolb, Die Bundesgebäudeverwaltung, 24, 25; Schnabl in Heinl-Loebenstein-Verosta, Das Österreichische Recht, Band VI k, Allg. übersicht zum Haushaltswesen, S. 5). Wie sich aus dem Österreichischen Amtskalender ergibt, obliegt diese Bundesgebäudeverwaltung der dortigen Abteilung B/1-B in 1041 Wien, Operngasse 21.

Der Streit über den Behördencharakter der ömter der Landesregierungen (Zluwa, JBl 1972, 178 und 252; Purtscher, JBl 1980, 337 u.a.) kann auf sich beruhen, weil nach dem Zweck der Bestimmung des § 295 EO hier immer der weitere (organisatorische) Behördenbegriff maßgebend sein muß; denn es nützt wenig, wenn der Landeshauptmann (maßgebende Behörde im engeren Sinn) von einer Pfändung erfährt und dann erst die mit der Anweisung wirklich befaßte Abteilung des Amtes der Landesregierung verständigen muß, die inzwischen angewiesen haben könnte. Mag daher auch das Amt der Landesregierung vielleicht nur einen 'Geschäfts- oder Hilfs-Apparat' des Landeshauptmannes darstellen, so fällt es doch unter den Behördenbegriff des § 295 EO.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz war daher dahin abzuändern, daß - abgesehen vom Auftrag nach § 301 EO - der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird, wobei aber klarzustellen war, daß nicht die Finanzprokuratur sondern das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung als anweisende Behörde in Betracht kommt und die Pfändung erst mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an diese Stelle als bewirkt anzusehen ist. Berechtigt war aber der Rekurs des Drittschuldners an die zweite Instanz jedenfalls hinsichtlich des beantragten und vom Erstgericht ebenfalls bewilligten Auftrages nach § 301 EO. Gemäß § 302 EO findet nämlich diese Bestimmung auf Forderungen, welche dem Verpflichteten gegen die REPUBLIK ÖSTERREICH zustehen, keine Anwendung. Und trotz der Bestimmung des § 345 Abs 1 Z. 2 EO steht der REPUBLIK ÖSTERREICH gegen einen unrichtigen Auftrag zur öußerung über die gepfändete Forderung ein Rekurs zu, weil Rechtsmittelbeschränkungen eng auszulegen sind und daher nur ein nicht unter die Bestimmung des § 302 EO fallender Drittschuldner kein eigenes Rekursrecht nur gegen den Auftrag nach § 301 EO haben soll (SZ 31/130 = 3 Ob 448/58, teilweise wiedergegeben in MGA 11 Nr. 1 zu § 345 EO). Dies hat zur Folge, daß dem Drittschuldner auch die Kosten des (einseitigen) Rekurses an die zweite Instanz gebühren. Ein Fall des § 295 Abs 2 EO (der statt des Rekurses auch eine Anzeige an das Erstgericht vorsieht) liegt nicht vor, sodaß die im Revisionsrekurs angeschnittene Kostenproblematik nicht gegeben ist. Umgekehrt waren die Kosten des einseitigen, wenn auch nur teilweise erfolgreichen Revisionsrekurses gemäß §§ 74, 78 EO, 50, 41 ZPO als weitere Exekutionskosten zu bestimmen.

Anmerkung

E05876

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00024.85.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19850508_OGH0002_0030OB00024_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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