TE OGH 1985/5/21 2Ob24/84 (2Ob25/84)

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Veröffentlicht am 21.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton A; Autobusunternehmer, 4351 Saxen Nr. 91, vertreten durch Dr. Günther Kraus, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei 1.) Josef B, Kraftfahrer, 4460 Losenstein, Stiedlsbach 21, vertreten durch Dr. Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, 2.) Verlassenschaft nach Liselotte C, vertreten durch Karl Grossauer jun., 4462 Reichraming, dieser vertreten durch Dr. T*** Schwager, Rechtsanwalt in Steyr, wegen S 413.016,10 s.A. und S 194.089,70 s.A. infolge Revisionen der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29.November 1983, bzw. Rekursen des Klägers und des Erstbeklagten gegen den Beschluß vom 29.November 1983, GZ 3 b R 29/83, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 29.Juli 1983, GZ 3 Cg 82/79- 69, teilweise bestätigt bzw. aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Weder den Revisionen noch den Rekursen wird Folge gegeben. Die Kosten des Revisions- bzw. des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30.11.1978 ereignete sich zwischen dem von Josef D gelenkten und vom Kläger gehaltenen Autobus Kennzeichen O 327.338 und dem vom Erstbeklagten gelenkten LKW Kennzeichen O 231.225 auf der Bundesstraße 1 im Gemeindegebiet Asten ein Verkehrsunfall, bei dem Josef D getötet und der Autobus schwer beschädigt wurde. Halter des LKW war Karl C sen. Sowohl dieser als auch seine Erbin Lieselotte C sind während des Verfahrens gestorben.

Die Verlassenschaft der Letztgenannten als zweitbeklagte Partei wird nunmehr durch den erbserklärten Erben Karl C jun. vertreten. Der Erstbeklagte wurde wegen des Unfalles vom Kreisgericht Steyr zu 8 a E Vr 710/78-33 rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem § 81 Z 1 StGB sowie der Vergehen der fahrlässigen körperlichen Verletzung nach dem § 88 Abs 1, 3 und 4 (§ 81 Z 1) StGB verurteilt.

In der am 20.3.1979 eingebrachten Klage behauptet der Kläger das Alleinverschulden des Erstbeklagten am Unfall und begehrt Schadenersatz hinsichtlich der Reparaturkosten des Autobusses von S 1,020.477,80, der Abschleppkosten von S 75.976,70, eines Verdienstentganges von S 257.350,-- und weiterer Kosten von insgesamt S 9.641,31 abzüglich einer vom Haftpflichtversicherer des LKW geleisteten Zahlung von S 680.000,--, somit den Betrag von S 683.445,81 s.A.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung mit der Begründung, der Lenker des Autobusses des Klägers habe den Unfall dadurch mitverschuldet, daß am Autobus zum Unfallszeitpunkt statt des nicht funktionierenden Abblendlichtes lediglich das 'Standlicht' eingeschaltet gewesen sei und daß er auf den entgegenkommenden LKW auch verspätet reagiert habe. Nach Ansicht des Erstbeklagten trifft den Autobuslenker ein Mitverschulden von zwei Drittel, nach Meinung der zweitbeklagten Partei ein solches von einem Drittel. Die zweitbeklagte Partei wendete gegen die Klagsforderung eine Gegenforderung in der Höhe von S 95.000,-- ein.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit S 607.105,50 s.A. als zu Recht, die erhobene Gegenforderung dagegen als nicht zu Recht bestehend fest und sprach dem Kläger demgemäß den vorgenannten Betrag zu, wogegen es das Mehrbegehren von S 76.340,31 s.A. abwies. Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil das hinsichtlich der Klagsabweisung unangefochten gebliebene erstgerichtliche Urteil betreffend den Zuspruch von S 194.089,70 s.A., hob es im darüber hinausgehenden Zuspruch auf und verwies die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es erklärte die Revision gegen das Teilurteil für zulässig und sprach hinsichtlich seines Aufhebungsbeschlusses aus, daß das Verfahren erst nach dessen Rechtskraft fortzusetzen sei. Gegen das Teilurteil wenden sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO bzw. Z 3 und 4 ZPO gestützten Revisionen des Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise stellt die zweitbeklagte Partei auch einen Aufhebungsantrag.

Der Aufhebungsbeschluß wird vom Kläger und vom Erstbeklagten mit Rekurs bekämpft, wobei der Kläger die Aufhebung des Beschlusses und die Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles begehrt, der Erstbeklagte dagegen die Aufhebung des Beschlusses und die Entscheidung im Sinne voller Klagsabweisung; hilfsweise wird die Rückverweisung an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung beantragt. In seiner Revisionsbeantwortung stellt der Kläger den Antrag, den Revisionen nicht Folge zu geben.

In den von den beklagten Parteien erstatteten Rekursbeantwortungen beantragen sie, dem Rekurs des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Weder die Revisionen noch die Rekurse sind gerechtfertigt. Den unterinstanzlichen Entscheidungen liegt nachstehender, vom Berufungsgericht wie folgt zusammengefaßter Sachverhalt zugrunde:

Nach den Feststellungen des Strafgerichtes fuhr der Erstbeklagte in Richtung Asten. Es war noch dunkel; die Bundesstraße war mit aufgefahrenem Schneematsch bedeckt, der unterschiedlich hoch war, stellenweise aber eine Höhe von mehr als 3 cm erreichte. Obwohl für den LKW nur eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h zulässig war, hielt der Erstbeklagte eine Geschwindigkeit von 89,8 km/h ein, wobei er das Abblendlicht eingeschaltet hatte. Im weiteren stellte das Erstgericht zum Unfallshergang fest: Sodann überholte der Erstbeklagte den mit ca. 60 km/h vor ihm fahrenden PKW der Helene E und wollte auch noch einen vor diesem PKW fahrenden Kombiwagen überholen. Etwa 30 m nach der späteren Unfallstelle ging die Straße in eine langgezogene Rechtskurve über. Durch einen 3 bis 4 m hohen und 3,5 m von der Fahrbahn entfernten Erdwall wurde die Sicht des Erstbeklagten auf diesen Kurvenverlauf etwas beeinträchtigt. Beiderseits der Fahrbahn standen Alleebäume. Als der Erstbeklagte noch zur Gänze auf der Überholspur fuhr, bemerkte er auf eine Entfernung von 390 m den entgegenkommenden Autobus, der bei eingeschaltetem Abblendlicht über eine Distanz von 400 m leicht wahrnehmbar war. An diesem waren entweder die Abblendlichter oder die Zusatzscheinwerfer im Kühlergrill, welche zumindest dieselbe Lichtintensität aufwiesen wie die Abblendlichter, eingeschaltet. Auch brannten die Begrenzungslampen. Hierauf wollte der Erstbeklagte sein Überholmanöver abbrechen. Er schaltete den rechten Blinker ein, um sich hinter dem Kombiwagen einzuordnen. Da die Motorstaubremse nicht ausreichend verzögerte, betätigte er die Fußbremse. Dadurch blockierten die Antriebsräder, der LKW geriet ins Schleudern und in der Folge auf die linke Fahrbahnseite. Der Lenker des dort entgegenkommenden Autobusses, Josef D, welcher mit ca. 72 km/h gefahren war, konnte das Schleudern des LKW, welches insgesamt rund 6 sec. dauerte, etwa 4 sec. vor der Kollision wahrnehmen. Er bremste und versuchte überdies, nach rechts auszuweichen. Josef D benötigte eine Reaktions- und Ansprechzeit der Druckluftbremse von 1,2 bis 1,5 Sekunden. 2,8 Sekunden vor dem Zusammenstoß setzte die Bremsung ein. Der Autobus stieß mit 57,5 km/h gegen das Heck des LKW, welcher auch seinerseits in Bewegung war. Durch den Anprall wurde die Vorderseite und der vordere Teil der linken Seitenwand des Autobusses völlig zertrümmert. Eine ordnungsgemäße Reparatur dieses Fahrzeuges hätte nur im Herstellerwerk in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt werden können und hätte einschließlich der Umsatzsteuer von 18 % S 1,020.478,10 gekostet. Die Reparatur hätte 50 bis 60 Arbeitstage gedauert.

Die Zeit für die Beschaffung eines neuen Autobusses gleicher Bauart und Ausrüstung beträgt etwa zwei bis drei Monate. Der Autobus war vor dem Unfall im Ausflugsverkehr und als Ersatz für einen Linienbus verwendet worden. Für einen Mietautobus hatte der Kläger S 47.200,-- Miete zu zahlen. Der Umsatz für vier Ersatzfahrten betrug S 25.485,-

-. Der gesamte Erlös überstieg nicht den Betrag von S 50.000,--. Bis zur Einstellung eines neuen Autobusses am 2.3.1979

hatte der Kläger insgesamt einen Verdienstentgang von S 257.350,--. Für das Abschleppen und Abstellen des Busses wurden dem Kläger S 8.277,70 in Rechnung gestellt. Er hatte weiters Verzugszinsen von S 1.340,31 zu bezahlen. Mit Schreiben vom 6.12.1978 forderte er den Halter des LKW, Karl C, und dessen Haftpflichtversicherung auf, zur Schadensbehebung einen Vorschuß in Höhe von S 1,000.000,-- zu bezahlen, andernfalls er einen Bankkredit aufzunehmen gedenke. Mit Schreiben vom 5.3.1979 gab der Kläger dem Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei seine Ansprüche detailliert bekannt und forderte sie zur Zahlung eines Betrages von S 681.303,50 s.A. binnen 10 Tagen auf.

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht von einem dem Erstbeklagten zufolge der gemäß § 268 ZPO gegebenen Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteiles anzulastenden Verschulden am Unfall aus.

Hinsichtlich des Lenkers des Autobusses war es der Ansicht, daß dieser rechtzeitig reagiert habe und sein Fahrzeug auch ordnungsgemäß beleuchtet gewesen sei, sodaß ihn keinerlei Mitverschulden am Unfall treffe. Der Halter des LKW bzw. seine Erben als Gesamtrechtsnachfolger hafteten somit gemäß § 19 Abs 2 EKHG für den Schaden des Klägers. Da dieser seiner Schadensminderungspflicht durch Einstellung eines älteren Autobusses genügt habe, stehe ihm der festgestellte Verdienstentgangsbetrag zu, ebenso der Anspruch auf Ersatz der festgestellten Reparatur- und Abschleppkosten sowie der weiteren Spesen.

Das Berufungsgericht hielt die erstgerichtlichen Feststellungen über den Unfallshergang für unbedenklich, die Rechtsrüge aus den im Aufhebungsbeschluß genannten Gründen jedoch teilweise für gerechtfertigt. Es verwies zunächst darauf, daß die Frage, in welchem Ausmaß die vom Strafgericht festgestellten schuldhaften Handlungen zum Schadenserfolg beigetragen hätten und inwieweit ein Mitverschulden des Beschädigten vorliege, vom Zivilrichter selbständig zu entscheiden sei. Soweit die Rechtsrüge Beleuchtungsmängel des Autobusses und eine Reaktionsverzögerung seines Lenkers geltend mache, widerspreche sie den Feststellungen. Ein Verstoß des Autobuslenkers gegen die Vorschriften des § 60 Abs 3 StVO 1960 hinsichtlich der rechtzeitigen Erkennbarkeit seines Fahrzeuges sei nicht erweislich, im übrigen wäre der gleiche Schaden aber auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten. Nach dem Zeit-Weg-Verhältnis erscheine die Beleuchtung des Autobusses für die ohnehin auf ausreichender Distanz gegebene Erkennbarkeit dieses Fahrzeuges ohne Bedeutung. Zwar hätte der Autobuslenker mit Abblendlicht nur eine Geschwindigkeit von ungefähr 50 km/h einhalten dürfen, auf einen diesbezüglichen Verstoß hätten die beklagten Parteien ihren Mitverschuldenseinwand in erster Instanz jedoch nicht gegründet. Hinsichtlich der Höhe des vom Kläger geltend gemachten Verdienstentganges sowie der Umsatzsteuer vom begehrten Reparaturkostenersatz hielt das Berufungsgericht die Sache noch nicht für spruchreif. Als Inhaber eines Autobusunternehmens habe der Kläger im Sinne seiner Schadensminderungspflicht durch entsprechenden Einsatz seiner verbliebenen Betriebsmittel versuchen müssen, den Ausfall des beschädigten Autobusses auszugleichen. Allein aus einer Analyse der für sein Unternehmen erstellten Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1978 könne ein diesbezüglicher Verdienstentgang nicht ermittelt werden. Somit habe der Kläger im fortgesetzten Verfahren darzutun, ob durch einen vertretbaren Einsatz der übrigen Autobusse in dem in Betracht kommenden Zeitraum eine Einnahmenminderung verhindert worden wäre. Sollten sämtliche Busse voll ausgelastet gewesen sein, müßten die Kosten eines gleichwertigen Fahrzeuges geprüft und sodann beurteilt werden, inwieweit der Kläger seiner Schadensminderungspflicht entsprochen habe. Die Umsatzsteuer schließlich sei als preis- und wertbildender Faktor bei der Bemessung des Schadenersatzes auch dann zu berücksichtigen, wenn ein Reparaturaufwand tatsächlich unterbleibe. Vorliegendenfalls fehle es an Feststellungen, ob in den angegebenen Preisen die Umsatzsteuer bereits enthalten sei oder nicht. Zu beachten sei auch die Höhe der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Umsatzsteuer.

Im Revisionsrekurs des Klägers wird vorgebracht, auch nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes sei der Kläger berechtigt, die Reparatur- und Ersatzteilkosten zuzüglich der Umsatzsteuer zu verlangen. Somit sei die Frage, ob im Reparatur- und Ersatzteilkostenbetrag Umsatzsteuer enthalten sei oder nicht, rechtlich unerheblich. Auch die in der Bundesrepublik Deutschland zu leistende Umsatzsteuer sei ohne Belang, weil der Kläger jedenfalls berechtigt sei, die Reparatur in Österreich durchführen zu lassen. Hinsichtlich des Verdienstentganges hätten die beklagten Parteien in erster Instanz keinen Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht behauptet, im übrigen sei erwiesen, daß er trotz entsprechend geänderten Einsatzes seiner Autobusse den Einnahmenausfall nicht habe verhindert können.

Einerseits sei wegen der enorm hohen Mietkosten die Anmietung eines gleichwertigen Autobusses nicht möglich gewesen, andererseits seien die dem Kläger zur Verfügung stehenden Busse vertraglich gebundene Linienautobusse gewesen.

Der Erstbeklagte bringt in seiner Revision, deren Ausführungen er auch zur Begründung seines Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluß erhebt, vor, in der Frage des Vorhandenseins und der Beschaffenheit der am Autobus vorhandenen Beleuchtungseinrichtungen sei das Verfahren mangelhaft geblieben. In der Rechtsrüge vertritt er die Ansicht, auf der gegebenen Feststellungsgrundlage treffe den Autobuslenker zumindest ein gleichteiliges Mitverschulden am Unfall, sodaß das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen gewesen sei. Seinen Mitverschuldenseinwand habe er auch auf die Tatsache gegründet, daß der Autobus bei Abblendlicht eine Geschwindigkeit von 58 km/h eingehalten habe, im übrigen sei ein Mitverschulden des Autobuslenkers aber auch im Hinblick auf die in den Milderungsgründen des strafgerichtlichen Urteiles betreffend den Erstbeklagten enthaltenen Ausführungen zugrundezulegen. In der Revision der zweitbeklagten Partei wird zunächst erklärt, das Berufungsgericht verschließe sich gleich dem Erstgericht eindeutigen Beweisergebnissen, zumal aus dem Gutachten des Sachverständigen eindeutig hervorgehe, daß die Abblendscheinwerfer des Autobusses 'im Unfallszeitpunkt nicht gebrannt hätten'. Somit liege eine Aktenwidrigkeit vor. Die solcherart strittig gebliebene Frage könne nur durch die beantragte Einholung eines lichtmeßtechnischen Gutachtens geklärt werden. In der Rechtsrüge verweist die zweitbeklagte Partei auf die Bestimmungen der §§ 60 Abs 3, 99 Abs 5 StVO 1960 sowie des § 40 Abs 1 KFG 1967, aus welchen sich ergebe, daß die Beleuchtung des Autobusses vorschriftswidrig gewesen sei, sodaß den Autobuslenker ein Mitverschulden an dem Unfall von mindestens einem Drittel treffe. Darüberhinaus habe er aber auch eine Reaktionsverspätung zu vertreten, zumal die ihm von den Unterinstanzen zugebilligte 'Reaktions- oder Ansprechzeit der Druckluftbremsanlage von 1,2 bis 1,5 Sekunden überhöht sei' und er unvermittelt auf den während einer Zeitpsanne von 10 Sekunden wahrnehmbar entgegenkommenden, überholenden LKW durch eine Vollbremsung reagieren hätte müssen. Bei einer Verschuldensteilung von 1 : 2 oder auch 1 : 3 zu Lasten des LKW-Lenkers wäre das Klagebegehren im Hinblick auf die geleistete Zahlung von S 680.000,-

- aber abzuweisen.

Zum Rekurs des Klägers:

Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht des Klägers nicht seine Berechtigung, auch den Ersatz der auf die Reparatur- und Ersatzteilkosten entfallenden Umsatzsteuer zu begehren, in Zweifel gezogen, sondern hielt es lediglich für aufklärungsbedürftig, ob diese Steuer in dem im Sachverständigengutachten genannten Betrag von S 864.812,00 bereits - voll oder teilweise - enthalten sei, in welchem Falle die vom vorgenannten Betrag errechnete und vom Kläger diesbezüglich zusätzlich geltend gemachte Mehrwertsteuer von S 155.665,80 nicht neuerlich, also doppelt, zugesprochen werden könne, wie dies im erstgerichtlichen Urteil, welches ihm den Gesamtbetrag von S 1,020.477,80 zuerkannte, allenfalls erfolgt sei. Zutreffend verwies das Berufungsgericht dabei auch darauf, daß die Höhe der Mehrwertsteuer davon abhänge, ob die Reparatur des Autobusses in Deutschland oder in Österreich durchgeführt werde (vgl. ZVR 1978/321).

Hinsichtlich der bekämpften Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Schadensminderungspflicht des Klägers im Zusammenhang mit dem von ihm geltend gemachten Verdienstentgang ist zu entgegnen, daß es ebenso wie das Erstgericht (siehe dessen Urteil S. 33) die umfangreichen Einwendungen der beklagten Parteien gegen den Verdienstentgangsanspruch zutreffend auch als unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht des Klägers erstattet auffaßte und beurteilte. Nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 198o/15, 1982/137; SZ 40/2

u. a.) ist der Entgang eines Nutzens, den ein Kaufmann aus dem Betrieb zieht, wirklicher Schaden und nicht entgangener Gewinn. Der Kläger vertritt die Ansicht, es sei bereits erwiesen, daß er trotz entsprechend geänderten Einsatzes seiner Autobusse den Einkommensentfall nicht habe verhindern können.

Wenn das Berufungsgericht den Schadensumfang diesbezüglich entgegen diesem Standpunkt des Klägers aber noch nicht für hinreichend geklärt hielt, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten.

Dem Rekurs des Klägers war daher nicht Folge zu geben. Zu den Revisionen der beklagten Parteien bzw. zum Rekurs des Erstbeklagten:

Die Mängelrüge der beklagten Parteien bezieht sich ausschließlich auf angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits das Berufungsgericht verneinte. Solche erstgerichtliche Verfahrensmängel können nach ständiger Rechtsprechung vor dem Revisionsgericht aber nicht neuerlich geltend gemacht werden. Das Revisionsvorbringen der zweitbeklagten Partei, das Berufungsgericht verschließe sich gleich dem Erstgericht den für die beklagte Partei günstigen Beweisergebnissen, stellt eine Beweisrüge dar. Eine Überprüfung der unterinstanzlichen Beweiswürdigung ist aber nicht möglich, weil das Gesetz einen solchen Revisionsgrund nicht vorsieht (§ 503 ZPO). Auch unter dem gleichen Vorbringen geltend gemachte Aktenwidrigkeit ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge gehen die beklagten Parteien nicht von den unterinstanzlichen, für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen aus. Nach dem festgestellten Sachverhalt waren am Autobus bei seiner Annäherung an die Unfallstelle entweder die Abblendlichter oder die Zusatzscheinwerfer eingeschaltet, welch letztere nach dem Sachverständigengutachten die gleiche Lichtintensität wie Abblendlichter aufwiesen. Der Autobus war auf eine Entfernung von rund 400 m wahrnehmbar und wurde vom entgegenkommenden Erstbeklagten nach seiner eigenen Angabe auch tatsächlich auf eine Entfernung von 390 m wahrgenommen, weshalb er sein Überholmanöver abbrach. Damit ist die Frage, ob die allfällige Beleuchtung nur mit Zusatzscheinwerfern den gesetzlichen Beleuchtungsvorschriften entsprach oder nicht, von den Unterinstanzen zutreffend als rechtlich unerheblich angesehen worden, weil die Verletzung solcher Beleuchtungsvorschriften als Schutzvorschriften im Sinne des § 1311 ABGB für den gegenständlichen Unfall jedenfalls ohne Einfluß blieb, es also am spezifischen Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt (vgl. ZVR 1978/314, 1983/2, 1975/75, 1978/314; 8 Ob 109/77, 8 Ob 293/81).

Auch der Einwand einer Reaktionsverspätung des Autobuslenkers, der den Schleudervorgang des LKW erst 4 Sekunden vor der Kollision wahrnehmen konnte, wurde von den Unterinstanzen zu Recht verneint. Selbst wenn die ihm auf Grund des Sachverständigengutachtens zugebilligte Reaktionszeit zuzüglich der Ansprechzeit der Druckluft-Bremsanalge des Autobusses von insgesamt 1,2 bis 1,5 Sekunden im Sinne der Revisionsausführungen überhöht wäre, könnte dies nur Bruchteile von Sekunden betreffen, was im Sinne der Rechtsprechung ohne Belang bliebe. Einen auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Autobuslenkers gestützten Mitverschuldenseinwand haben die beklagten Parteien - der Erstbeklagte war selbst mit Abblendlicht rund 90 km/h gefahren - in erster Instanz nicht erhoben, vielmehr nur eine Reaktionsverspätung und eine mangelhafte Beleuchtung des Autobusses eingewendet. Das diesbezügliche Revisionsvorbringen geht daher fehl.

Letztlich kann aber auch daraus, daß im Strafverfahren ein Mitverschulden des getöteten Autobuslenkers am Unfall als Milderungsgrund für den angeklagten Erstbeklagten angenommen wurde, für die beklagten Parteien nichts gewonnen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung sind die Zivilgerichte bei der Beurteilung des Mitverschuldens einer anderen Person, so auch des Beschädigten, frei (ZVR 1960/98, 1972/56, 1976/301 uva.).

Damit erweisen sich auch die Revisionen der beklagten Parteien bzw. der Rekurs des Erstbeklagten insgesamt als nicht gerechtfertigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E05584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00024.84.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19850521_OGH0002_0020OB00024_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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