TE OGH 1985/6/12 3Ob79/85

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Veröffentlicht am 12.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in den Exekutionssachen der betreibenden Partei Dr. Amir A Gesellschaft m.b.H., 1010 Wien, Riemergasse 11, vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. prot.Firma Adil B, 1010 Wien, Am Graben 30, 2. Ferdi C, Kaufmann, 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1, 3. Fritz D jun., Kaufmann, 1130 Wien, Kopfgasse 12, alle vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wegen 20.046,90 S und wegen Erwirkung von Unterlassungen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 11.Februar 1985, GZ. 1 R 20,21/85-35, womit die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom 10.Oktober 1984, GZ. 37 Cg 432/84-23, und vom 19.November 1984, GZ. 37 Cg 432/84-26, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß gefaßt:

Spruch

1.) Insoweit der außerordentliche Revisionsrekurs die Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen nach § 355 EO betrifft, wird er nach § 78 EO und den §§ 526 Abs.2 und 528 Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a ZPO).

2.) Insoweit der außerordentliche Revisionsrekurs die Fahrnisexekution betrifft, wird ihm Folge gegeben.

Insoweit wird der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Handelsgerichtes Wien vom 10. Oktober 1984, 37 Cg 432/84-23, wiederhergestellt wird. Die verpflichteten Parteien haben die (im angefochtenen Beschluß mit S 2.262,83 bestimmten) Kosten des Rekurses gegen den wiederhergestellten Beschluß selbst zu tragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 2.958,23 (darin S 240,-- Barauslagen und S 247,11 Umsatzsteuer) als weitere Kosten der Fahrnisexekution bestimmt.

Text

Begründung:

Über das auf Unterlassung und Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung gerichtete Klagebegehren wurde bei der ersten Tagsatzung am 2.12.1983 auf Antrag der Klägerin durch ein stattgebendes Versäumungsurteil erkannt.

Dagegen erhoben die Beklagten Berufung wegen Unschlüssigkeit der Klage und im Kostenpunkt sowie einen frist- und formgerechten Widerspruch. Da noch keine Streitverhandlung stattfand, wurde das Versäumungsurteil bisher noch nicht aufgehoben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nur im Kostenpunkt Folge, änderte den Kostenausspruch des angefochtenen Versäumungsurteils dahin ab, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand der Klägerin S 14.645,67 zu ersetzen haben, verurteilte die Beklagten zur ungeteilten Hand zum Ersatz der mit S 10.550,64 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens, die Klägerin hingegen zum Ersatz der Kosten eines angenommenen Kostenrekurses von S 1.266,36.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge und verurteilte sie zur ungeteilten Hand zum Ersatz der mit S 10.762,62 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens. Mit Beschluß vom 10.10.1984, ON 23, bewilligte das Prozeßgericht erster Instanz der Klägerin auf Grund der Urteile des Berufungs- und des Revisionsgerichtes zur Hereinbringung der um die den Beklagten zuerkannten Kosten eines angenommenen Kostenrekurses verminderten Kosten des Berufungsverfahrens von S 9.284,28 (S 10.550,54 minus S 1.266,36) und der Kosten des Revisionsverfahrens von S 10.762,62 die vom Exekutionsgericht Wien zu vollziehende Fahrnisexekution, wobei die Kosten des Exekutionsantrages mit S 1.157,42 bestimmt wurden.

Mit am 6.11.1984 zugestellter einstweiliger Verfügung vom 5.11.1984, ON 25, verbot das Erstgericht den Beklagten, für die Dauer des Rechtsstreites die Ausstellung in Hübners Kursalon im Wiener Stadtpark mit und/oder ohne Verkauf am 10.,11.,17. und 18.11.1984 anzukündigen und abzuhalten.

Mit Beschluß vom 19.11.1984, ON 26, bewilligte das Erstgericht der Klägerin in Erledigung eines am 15.11.1984 zur Post gegebenen, am 16.11.1984 eingelangten Exekutionsantrages auf Grund der erwähnten einstweiligen Verfügung zur Erwirkung der gebotenen Unterlassungen, die vom Exekutionsgericht Wien zu vollziehende Exekution. Die Verpflichteten erhoben gegen beide Exekutionsbewilligungen auf Abweisung der jeweiligen Exekutionsanträge gerichtete Rekurse. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz beiden Rekursen Folge, wies die beiden Exekutionsanträge ab, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich der Unterlassungsexekution S 15.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt und daß der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Das Rekursgericht vertrat zum Beschluß ON 23 die Ansicht, daß wegen des Widerspruchs nicht nur das Versäumungsurteil, sondern auch die diesbezüglichen Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichtes aufzuheben sein würden und daß daher auch hinsichtlich der in diesen Entscheidungen zuerkannten Kostenersatzansprüche nur Exekution zur Sicherstellung zulässig sei. Da der Befriedigungsexekutionsantrag keinen Sicherungsexekutionsantrag enthalte, sei der Exekutionsantrag abzuweisen.

Zum Beschluß ON 26 führte das Rekursgericht aus, die im § 355 EO genannten Geldstrafen und Haft dienten nur der Verhinderung weiteren Zuwiderhandelns und seien daher nicht mehr anzuwenden, wenn ein solches - wie im vorliegenden Fall nach dem 18.11.1984 - nicht mehr möglich sei.

Die Nichtzulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß es der ständigen Rechtsprechung gefolgt sei.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei. Insoweit das außerordentliche Rechtsmittel die Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen betrifft, war es nach § 78 EO und nach den §§ 526 Abs.2 und 528 Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückzuweisen.

Daß das Gericht zweiter Instanz den Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen mit der Begründung abwies, im Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung sei der Zeitraum, in dem die Unterlassungspflicht bestanden habe, bereits abgelaufen gewesen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl. 1960/209 u.a., zuletzt 3 Ob 1009/85;

vgl. auch SZ 45/79; JBl.1974, 48; SZ 49/134) und wird auch von der österreichischen Lehre vertreten (Heller-Berger-Stix 2574;

Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 277; Jelinek, Unterlassungsexekution 99 f., 130 177 f). Durch die UWG-Novelle 1980 hat sich an den Grundlagen dieser ständigen Rechtsprechung über den reinen Beugemittelcharakter der nach § 355 EO zu verhängenden Geldstrafen bzw. Haft nichts geändert.

Im übrigen ist der Revisionsrekurs ungeachtet des gegenteiligen Ausspruchs des Gerichtes zweiter Instanz, an den der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit nicht gebunden ist (§ 526 Abs.2 Satz 2 ZPO),zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erebliche Bedeutung zukommt, da dazu eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt (§ 78 EO, §§ 502 Abs.4 Z 1 und 528 Abs.2 ZPO). Die Entscheidung der zweiten Instanz erging nicht über den Kostenpunkt, sondern über einen Exekutionsantrag zur Hereinbringung zweier in einem Verfahren zugesprochener, zusammen 15.000 S übersteigender Kostenbeträge, sodaß der Revisionsrekurs auch nicht nach § 78 EO und § 528 Abs.1 Z 2 und 5 ZPO unzulässig ist.

Insoweit ist der Revisionsrekurs auch begründet.

Gegen das nach § 396 ZPO gefällte, dem Klagebegehren stattgebende Versäumungsurteil wurde von den Beklagten rechtzeitig Berufung wegen Unschlüssigkeit der Klage und im Kostenpunkt sowie Widerspruch erhoben.

Bei der Berufung handelt es sich um ein ordentliches, zweiseitiges, aufsteigendes und aufschiebendes Rechtsmittel, das die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils, allenfalls auch die Aufhebung des ihm vorangegangenen Verfahrens nach Überprüfung der vom Berufungswerber als fehlerhaft beurteilten erstgerichtlichen Prozeßhandlungen anstrebt.

Dieses Rechtsmittelverfahren ist vor (EvBl.1985/59) und unabhängig von der Erledigung eines Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil durchzuführen.

Während bei einem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das Gericht nach § 152 ZPO auf Antrag die einstweilige Unterbrechung auch des Rechtsmittelverfahrens anordnen kann, ist dies wegen eines Widerspruchs gegen ein Versäumungsurteil nicht möglich.

Gibt das Berufungsgericht der Berufung - wie im vorliegenden Fall in der Hauptsache - durch Urteil nicht Folge, so ist in diesem Urteil nach § 52 Abs.1 Satz 1 ZPO auch über die Verpflichtung zum Kostenersatz zu entscheiden. Dies hat nach der zitierten Gesetzesstelle auch dann zu geschehen, wenn das Berufungsgericht der Berufung in Beschlußform nicht Folge gibt, weil es sich auch bei einer solchen Entscheidung um einen Beschluß handelt, der die Streitsache für die Berufungsinstanz vollständig erledigt. Diese Ausführungen gelten auch für entsprechende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes.

In diesen Fällen wird daher über die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des neben und unabhängig von der Erledigung eines Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil durchgeführten, einen besonderen Verfahrensabschnitt darstellenden Rechtsmittelverfahrens ähnlich wie in einem Zwischenstreit endgültig entschieden. Solche Kostenentscheidungen der Rechtsmnittelgerichte werden daher nicht davon berührt, daß das erfolglos mit Berufung, allenfalls Revision bekämpfte Versäumungsurteil (später) infolge eines Widerspruchs nach § 397 a Abs.3 ZPO zu Beginn der Streitverhandlung aufgehoben wird.

Derartige Kostenersatzentscheidungen der Rechtsmittelgerichte fallen daher ungeachtet des gegen das Versäumungsurteil erhobenen rechtzeitigen Widerspruchs nicht unter § 371 Z 1 EO, sondern sind Exekutionstitel nach § 1 Z 1 EO, aufgrund deren Exekution zur Befriedigung bewilligt werden kann.

Deshalb war der angefochtene Beschluß durch Wiederherstellung der vom Erstgericht erlassenen Fahrnisexekutionsbewilligung abzuändern. Nach den §§ 74 und 78 EO und den §§ 41 und 50 ZPO haben die verpflichteten Parteien der betreibenden Partei auch die zur Rechtsverwirklichung notwendigen Kosten des Revisionsrekurses auf einer Bemessungsgrundlage von S 20.046,90 zu ersetzen. Die Kosten ihres im Ergebnis erfolglosen Rekurses gegen die Fahrnisexekutionsbewilligung haben die verpflichteten Parteien nach § 78 EO und den §§ 40,41 und 50 ZPO selbst zu tragen. Das Einbringen eines eigenen Fahrnisexekutionsantrages trotz des vorangegangenen Sicherungsexekutionsantrages hat schon deshalb keine Kostenfolgen, weil diesen Anträgen verschiedene Exekutionstitel zugrunde liegen.

Anmerkung

E05977

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00079.85.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19850612_OGH0002_0030OB00079_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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