TE OGH 1985/6/13 7Ob16/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst A, Landwirt, Markgrafneusiedl 56, vertreten durch Dr. Karl Claus, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, Bundesgebäudeverwaltung II, Wien 6., Gumpendorferstraße 1 a, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 2.500.000,-- samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Jänner 1985, GZ 15 R 258/84-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. August 1984, GZ 14 Cg 334/83-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.024,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stellte das Begehren, die Beklagte sei schuldig, ihm S 2.500.000,-- zu zahlen, in eventu, die in ihrem bücherlichem Eigentum stehenden Grundstücke 400/1 und 400/2 der KG B oder andere, gleichwertige, landwirtschaftlich nutzbare Liegenschaften ihm ins Eigentum zu übertragen und alle dafür erforderlichen Erklärungen abzugeben. Er brachte vor, seine Großmutter Theresia C habe die angeführten Grundstücke mit Vertrag vom 1. Februar 1940 dem damaligen D E zur Errichtung eines Militärflugplatzes übergeben und dafür im Tauschweg die - nach Lage und Beschaffenheit gleichwertigen - Grundstücke 467/1, 467/2, 416/5, 416/7 und 416/8

der KG B erhalten: Hätte sich Theresia C mit diesem Vertrag nicht einverstanden erklärt, wäre mit einer Enteignung zu rechnen gewesen. Mit Übergabsvertrag vom 29. Jänner 1941 sei der gesamte landwirtschaftliche Besitz an die Mutter des Klägers, Theresia A, übertragen worden und von dieser teils im Erbweg, teils durch übergabsvertrag auf den Kläger übergegangen. Auf den Kläger nicht übergegangen seien allerdings die Ersatzgrundstücke für die Liegenschaften 400/1 und 400/2. Es habe sich nach dem Ende des zweiten Weltkrieges herausgestellt, daß diese Grundstücke ehemals jüdisches Eigentum gewesen seien, die das F E bereits im Jahre 1938 käuflich erworben gehabt habe.

Theresia A habe sie aufgrund eines am 4. Jänner 1951 vor der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien abgeschlossenen Vergleiches an die Rechtsnachfolger des Vorbesitzers zurückgestellt. Die Grundstücke 400/1 und 400/2 hingegen seien gemäß Art. 22 des Staatsvertrages als ehemaliges Deutsches Eigentum der Beklagten zugefallen. Versuche der Rechtsvorgänger des Klägers, die Liegenschaften in einem Rückstellungsverfahren zurückzuerlangen, seien fehlgeschlagen. Allerdings sei ein Rückstellungsanspruch nach dem 3. Rückstellungsgesetz materiellrechtlich nicht gegeben gewesen, da hiefür nach diesem Gesetz wie auch nach dem 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetz eine mißbräuchliche Anwendung der geltenden Gesetze Voraussetzung gewesen wäre, die Großmutter des Klägers aber den vollen Gegenwert der abgetretenen Grundstücke erhalten habe. Es sei jedoch jener Kaufvertrag nichtig gewesen, mit dem zunächst das F E die Ersatzgrundstücke erworben habe. Da diese Nichtigkeit nach den Bestimmungen der Rückstellungsgesetzgebung ex tunc wirke, sei der Vertrag vom 1. Februar 1940 kein Tauschvertrag bzw. ein Vertrag ohne Tauschgegenleistung. Nichtsdestoweniger habe dieser Vertrag dazu geführt, daß die Beklagte als Folge des österreichischen Staatsvertrages Eigentümerin der getauschten Grundstücke geworden sei, und zwar ohne dafür eine Gegenleistung an die seinerzeitigen grundbücherlichen Eigentümer zu erbringen. Der geltend gemachte Anspruch sei nach Meinung des Klägers als Kondiktionsanspruch zu werten. Der Kläger stütze sein Begehren jedoch auf alle rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere auch Bereicherung.

Die Beklagte beantragte, die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen, in eventu, sie abzuweisen. Ansprüche auf Rückstellung von Vermögenswerten, die aufgrund des Staatsvertrages Eigentum der Beklagten geworden seien, seien ausschließlich in einem Verfahren nach den §§ 29 ff des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes geltend zu machen. Dem Kläger fehle die Aktivlegitimation; Rechtsnachfolgerin von Theresia C sei auch Friederike G. Die Beklagte habe - unter Einrechnung des wirksamen Eigentumsüberganges auf das F E seit 25. September 1940 - hinsichtlich der Grundstücke 400/1 und 400/2 der KG B Eigentum ersessen; allfällige Ansprüche des Klägers dagegen seien verjährt. Selbst unter der Voraussetzung, daß Theresia H verwitwete A Rechtsvorgängerin des Klägers gewesen sein sollte, habe sie spätestens seit dem 4. Jänner 1951, dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches vor der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, von dem Sachverhalt gewußt, der zur Rückstellung der Grundstücke geführt habe. Sollten ihr Kondiktionsansprüche gegen die Beklagte zugestanden sein, hätte sie diese seit 5. Jänner 1951 geltend machen können. Da die Klage am 15. November 1983 eingebracht worden sei, sei die 30-jährige Verjährungsfrist abgelaufen. Der Vertrag des D I mit der Großmutter des Klägers vom 1. Februar 1940 sei kein Tausch-, sondern ein Kaufvertrag gewesen, aus dem nur Zahlungsansprüche gegen das F E resultieren könnten. Für derartige Geldforderungen treffe die Beklagte nach den §§ 4 und 5 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes keine Haftung. Theresia C bzw. ihre Erben im Sinne des § 14 Abs 2 des 3. Rückstellungsgesetzes hätten Rückstellungsansprüche innerhalb der im § 14 Abs 1 des genannten Gesetzes festgesetzten Frist - die auf Grund der Verordnung BGBl. Nr. 201/1955 bis zum 31. Juli 1956 verlängert worden sei - geltend machen müssen.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab, das Eventualbegehren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es traf folgende Feststellungen:

Die am 6. Juni 1949 verstorbene Landwirtin Theresia C war die Großmutter des Klägers. Zu ihrem Liegenschaftsbestand gehörten unter anderem die Grundstücke 400/1 und 400/2 Acker der KG B. Aus Anlaß der geplanten Errichtung eines Militärflugplatzes legte man Theresia C nahe, einen gemischten Tausch- und Kaufvertrag abzuschließen, der am 1. Februar 1940 zustandekam. Theresia C übereignete die genannten Grundstücke dem Reichsfiskus (Luftfahrt) und erhielt dafür die Parzellen 760/1, 760/2, 416/5, 416/7 und 416/8 der KG B ins Eigentum übertragen sowie eine Zahlung von RM 1.390,--.

Mit übergabsvertrag vom 29. Jänner 1941 übertrug Theresia C ihren Liegenschaftsbesitz Theresia A, später wiederverehelichte Theresia H, der Mutter des Klägers. Die Tauschparzellen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Eigentum der Theresia C verbüchert. Theresia A wurde durch den übergabsvertrag zunächst außerbücherliche Eigentümerin der Tauschgrundstücke, die sie auch landwirtschaftlich nutzte.

Die Grundstücke 416/5, 416/7 und 416/8 der KG B waren im Eigentum des jüdischen Ehepaares Samuel und Maria J (auch K) gestanden, die ihr Eigentumsrecht mit Kaufvertrag vom 14. September 1938 an den Reichsfiskus übertragen mußten. Im Verfahren 61 RK 632/48 der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien begehrten die Erbinnen nach den Eheleuten J von Theresia C die Rückstellung dieser Grundstücke. Mit Vergleich vom 4. Jänner 1951 hat Theresia C die genannten Grundstücke zurückgestellt. Im Verfahren 6 RK 139/56 der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien stellte Theresia H am 12. April 1956 den Antrag, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr die Grundstücke Nr. 400/1 und 400/2 der KG B zurückzustellen oder S 480.000,-- zu bezahlen. Mit Beschluß vom 15. September 1956 hat die Rückstellungskommission über Antrag der Beklagten das Verfahren den §§ 31 Abs 1 und 43 Abs 5 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland abgetreten. Am 24. Oktober 1958 stellte Friederike G einen Antrag bei der genannten Finanzlandesdirektion, die erwähnten Liegenschaften zu 3/4 an Theresia H und zu 1/4 Anteil an Friederike G zurückzustellen. Mit Bescheid vom 15. April 1959 wies die Finanzlandesdirektion den Antrag der Theresia H betreffend 3/4 Anteile der Liegenschaften ab, den Antrag der Friederike G betreffend 1/4 Anteil der Liegenschaften zurück. Die Behörde stützte die Abweisung des Antrages der Theresia H auf § 5 des 2. Rückstellungsgesetzes und § 42 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes. Die Zurückweisung des Antrages der Friederike G erfolgte wegen Verspätung (Fristende für die Antragstellung: 31. Juli 1956). Den von Theresia H und Friederike G gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen gab das Bundesministerium für Finanzen nicht Folge. Der Antrag der Friederike G sei verspätet. Theresia H sei der Nachlaß nach ihrer Mutter Theresia C zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht eingeantwortet gewesen. Es habe ihr daher die Antragslegitimation gefehlt.

Mit übergabsvertrag vom 31. Mai 1972 übertrug Theresia H dem Kläger die Hälfte ihres landwirtschaftlichen Besitzes ins Eigentum. Nach dem Tode der Theresia H wurde der restliche Nachlaß im Verfahren A 76/81 des BG L dem Kläger als Alleinerben eingeantwortet. Das Berufungsgericht gab dem Rekurs der Klägerin gegen die Zurückweisung des Eventualbegehrens Folge und änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag der Beklagten auf Zurückweisung des Eventualbegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges abgewiesen wird. Der Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß auch das Eventualbegehren abgewiesen wird. Es sprach aus, daß der Streitwert des Eventualbegehrens S 300.000,-- übersteigt. Ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen führte das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung aus, die rechtliche Argumentation des Klägers leide unter einem ganz grundsätzlichen Mangel, weil sie nicht berücksichtige, daß die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin des D I sei. In Art. 22 des Staatsvertrages BGBl. Nr. 152/1955 sei der Sowjetunion, dem Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreich das Recht zugesprochen worden, über alle ehemaligen deutschen Vermögenswerte in Österreich gemäß dem Protokoll der M N vom 2. August 1945 zu verfügen. Inwieweit diese Beschlagnahme vorher den Grundsätzen des Völkerrechts entsprochen habe, sei umstritten gewesen, doch sei sie mit dem bezeichneten Artikel des Staatsvertrages anerkannt worden. Der Eigentumserwerb der Beklagten sei gemäß Art. 22 Z 6 des Staatsvertrages ex lege und gegen Bezahlung einer Summe von 150.000.000 US-Dollar in frei konvertierbarer Währung erfolgt und habe nach § 1 Abs 2 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes alle jene Vermögenswerte betroffen, die am 8. Mai 1945 einer deutschen physischen oder juristischen Person oder dem D E oder einer seiner Einrichtungen gehört hatten. Der Erwerb sei somit insgesamt entgeltlich erfolgt, eine Haftung nach § 302 ABGB oder § 1409 ABGB sei von der Rechtsprechung stets abgelehnt worden.

Diese habe darüberhinaus festgehalten, daß der Staatsvertrag, mit dem Österreich seine volle Souveränität erlangt habe, nur infolge Erfüllung verschiedener Bedingungen möglich gewesen sei, unter anderem durch übernahme der Verpflichtung zur Leistung umfangreicher Zahlungen, für welche die überlassung des ehemaligen deutschen Eigentums eine gewisse Gegenleistung darstelle, aus welchen Gründen es sachlich gerechtfertigt erscheine, Österreich von der Leistung weiterer Zahlungen zu befreien. Eine Ausnahme hievon stelle die Rückstellungsgesetzgebung nach den §§ 29 ff. des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes dar, die zu keinem für den Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger günstigen Ergebnis geführt habe. Der vom Kläger geltend gemachte Bereicherungsanspruch - allenfalls wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines unter dem Druck eines Enteignungsverfahrens abgeschlossenen Kauf- oder Tauschvertrages wegen Zweckverfehlung der Enteignung - könne sich nur gegen den unmittelbaren Vertragspartner oder dessen (Gesamt-)Rechtsnachfolger richten. Als ein solcher Rechtsnachfolger des D I sei aber die Beklagte nicht anzusehen. Da Leistungskondiktionen der Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen dienten, stünden sie dem Leistenden gegen den Empfänger zu und nicht ohneweiteres gegen einen späteren entgeltlichen Erwerber ex lege. Daß die Beklagte aber infolge des Tauschvertrages nicht mit einer Rückgabeverpflichtung belastete Grundstücke habe erwerben können, mache den Erwerb durch den Staatsvertrag noch nicht zu einem rechtsgrundlosen, was im Bereicherungsrecht allein maßgeblich sei.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (der Kläger macht zwar auch den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, doch stellen sich auch die Ausführungen hiezu inhaltlich als Rechtsrüge dar) und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern, in eventu es aufzuheben und die Sache an die Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Formulierung des Revisionsantrages ist entgegen der Ansicht der Beklagten keineswegs mangelhaft. Beantragt der Kläger die Abänderung des Urteils des Berufungsgerichtes im Sinne einer Klagestattgebung, ist damit unzweifelhaft jenes Klagebegehren zu verstehen, wie es der Kläger zuletzt (in der Tagsatzung vom 4. Juni 1984, ON 16: Das Zahlungsbegehren als Hauptbegehren, das Begehren auf übertragung der Liegenschaften als Eventualbegehren) gestellt hat, und es kann keine Rede davon sein, daß er mit diesem Antrag das ursprüngliche Begehren in unzulässiger Weise wiederherstelle. Es besteht daher auch keine Veranlassung, die Revision zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat sich entgegen dem Vorwurf des Klägers in der Revision in eingehender Weise mit den rechtlichen Möglichkeiten des Klägers, die von Theresia C mit Vertrag vom 1. Februar 1940 veräußerten Grundstücke wegen der Rückstellung der Tauschgrundstücke zurückübertragen zu erhalten, auseinandergesetzt.

Es hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin des D I ist, sondern das Eigentum an den gegenständlichen Grundstücken kraft Gesetzes (Art. 22 des Staatsvertrages) auf sie übergegangen ist (SZ 41/112). Hebt der Kläger in seiner Revisionsschrift hervor, er habe seinen Anspruch gar nicht damit begründet, daß die Beklagte als Rechtsfolgerin des D I zur Rückgabe der Grundstücke oder zur Erbringung einer Ausgleichszahlung verpflichtet sei, sondern habe bereits in der Klage darauf verwiesen, daß der zwischen dem D E und den Eigentümern jener Grundstücke, die am 1. Februar 1940 gegen die Theresia C gehörigen Grundstücke eingetauscht worden seien, abgeschlossene Kaufvertrag ex tunc nichtig gewesen sei, sodaß das F E niemals einen wirksamen, mangelfreien Rechtstitel hinsichtlich dieser Grundstücke erworben habe und der Tauschvertrag vom 1. Februar 1940 ein Vertrag ohne Gegenleistung und damit überhaupt kein Tauschvertrag gewesen sei, beachtet er nicht, daß gerade die daraus, 'wonach auch dieser Tauschvertrag mit einem Mangel behaftet gewesen sei', resultierenden Umstände Ansprüche aus diesem Vertrag sind, die gegen den Vertragspartner (dessen Rechtsnachfolger) zu richten wären. Die Möglichkeiten etwa einer Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums (auf der Grundlage eines Willensmangels in der rechtsgeschäftlichen Erklärung) oder der Geltendmachung eines Gewährleistungsanspruches (wegen eines Rechtsmangels der 'Tauschgrundstücke') gegenüber der Beklagten sind daher schon aus diesem Grund nicht gegeben. Die vom Kläger in der Revision neuerlich zitierte Entscheidung SZ 33/15 ist zu Art. 27 Z 2 des Staatsvertrages ergangen. Diese Bestimmung räumt der O P Q das Recht ein, österreichische Vermögenschaften, Rechte und Interessen, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsvertrages auf jugoslawischem Gebiet befinden, zu beschlagnahmen, zurückzuhalten oder liquidieren, wobei sich die österreichische Regierung verpflichtet, österreichische Staatsangehörige, deren Vermögen aufgrund dieser Begehrung herangezogen wird, zu entschädigen. Es handelt sich daher um einen Anspruch eigener Art, der mit dem gegenständlichen Fall nicht verglichen werden kann. Ein Zusammenhang mit der Frage, ob Österreich Rechtsnachfolger des ehemaligen D I ist, kann weder in der genannten Bestimmung des Staatsvertrages, noch auch in der Entscheidung SZ 33/15 gefunden werden.

Den Ausführungen der Revision (Punkt II./1.), die von den Untergerichten vertretene Lösung bedeute, daß sich die Beklagte Vermögenswerte behalten könne, 'die das F E durch ein mangelhaftes, nämlich nichtiges Rechtsgeschäft an sich gebracht' habe, ist entgegenzuhalten, daß zwar die der Großmutter des Klägers vom D E übergebenen 'Tauschgrundstücke' den Voreigentümern durch ein (im Sinne der Rückstellungsgesetze) nichtiges Rechtsgeschäft entzogen worden sind, daß aber aus diesem Grund allein nicht auch der Vertrag vom 1. Februar 1940 zu einem nichtigen Rechtsgeschäft geworden ist. Daß der Vertrag vom 1. Februar 1940 eine Entziehung im Sinne der Rückstellungsgesetze hätte bilden können, ergibt sich aus § 1 des 3. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes. Die Rechtsvorgänger des Klägers haben aus diesem Grund auch ein Rückstellungsverfahren (6 RK 139/56 der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien) anhängig gemacht, doch ist dieses Verfahren, wie festgestellt wurde, aus formellen Gründen erfolglos geblieben.

Der Kläger hat in der Klage sogar eingeräumt, daß auch die materiellen Voraussetzungen für eine Rückstellung nicht gegeben gewesen wären, da die damals geltenden Gesetze nicht mißbräuchlich angewendet worden seien.

Der Hinweis der Revision (Punkt II./2. der Revisionsschrift) auf das erste Staatsvertragsdurchführungsgesetz, nach dessen § 4 die Beklagte für Verbindlichkeiten des D I (nur) nach Maßgabe dieses Gesetzes hafte, beachtet nicht, daß sich aus den in den §§ 5 ff des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes genannten Bestimmungen eine Haftung der Beklagten für den vorliegenden Fall keineswegs ergibt. Der zitierte § 5 Abs 1 des genannten Gesetzes bezieht sich auf Verbindlichkeiten, die zwischen dem 8. Mai 1945 und dem Inkrafttreten des 1. StVDG durch Bundesdienststellen oder durch öffentliche Verwalter im Rahmen ihrer Befugnisse für die aufgrund des Staatsvertrages in das Eigentum der Beklagten übergegangenen Vermögenswerte des D I eingegangen worden sind. Ein Bezug dieser Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt ist daher ebensowenig gegeben, wie ein solcher des § 5 Abs 3 des 1. StVDG, zumal ein Rückstellungserkenntnis oder Rückstellungsvergleich hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke nicht vorhanden ist. Die Behauptung des Klägers, daß auch die Beklagte jene Grundstücke, die das F E mit Vertrag vom 4. September 1938 von jüdischen Voreigentümern gekauft hatte, hätte zurückstellen müssen, hätte es den Tauschvertrag vom 1. Februar 1940

nicht gegeben, ist zutreffend. Doch kann aus dem Umstand, daß die Rechtsvorgängerin des Klägers durch die Rückstellung der 'Tauschgrundstücke' eine ihr durch die österreichische Rechtsordnung auferlegte Verpflichtung erfüllt habe, noch nicht gefolgert werden, es gebühre dem Kläger hiefür 'Wiedergutmachung bzw. Entschädigung'. Eine Entschädigung dieser Art ist weder in den Rückstellungsgesetzen, noch sonst in der österreichischen Rechtsordnung vorgesehen. Es bestimmt lediglich § 5 des 3. Rückstellungsgesetzes, daß der rückstellungspflichtige Erwerber gegen den geschädigten Eigentümer die gegen diesen bestehenden Rechte aller Erwerber geltend machen kann, bei entgeltlichem Erwerb jedoch nur bis zu dem Betrag, den er selbst bezahlt hat. Sollte der Kläger versuchen, auf diese Weise einen Verwendungsanspruch (im Sinne des § 1041 ABGB) geltend zu machen, würde dies im übrigen bereits am Vorliegen vertraglicher Beziehungen sowie daran scheitern, daß die Vermögensverschiebung zugunsten der Beklagten ihren Rechtsgrund im Gesetz (Staatsvertrag) findet (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1041).

Leistungskondiktionen setzen eine Leistung des Verkürzten an den Bereicherten voraus: Sie stehen dem Leistenden zur Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen gegen den Empfänger zu (Koziol-Welser I 6 320 und 322, 5 Ob 710/79). Die Beklagte ist weder der Empfänger der Leistung, noch auch, wie dargelegt wurde, dessen Rechtsnachfolger. Ein Kondiktionsanspruch nach den §§ 1431 ff ABGB ist schon aus diesem Grund verfehlt. Der rechtliche Grund, die Leistung der Rechtsvorgängerin des Klägers (die gegenständlichen Grundstücke) zu behalten (§ 1435 ABGB), ist entgegen den Ausführungen des Klägers nicht bereits dadurch weggefallen, daß das F E die gegenständlichen Grundstücke anstelle der mit Vertrag vom 4. September 1938 von jüdischen Voreigentümern erworbenen Grundstücke erworben hat. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Nichtigkeit des Erwerbs der 'Tauschgrundstücke' auch jene Grundstücke betreffen sollte, die das F E mit Tauschvertrag vom 1. Februar 1940 anstelle der 'Tauschgrundstücke' erworben hat. Eine Aufhebung (Anfechtung, Wandlung) des Vertrages vom 1. Februar 1940 ist aber nicht erfolgt. Die Fragen der Aktivlegitimation des Klägers und der Verjährung des Klageanspruches können unter diesen Umständen auf sich beruhen. Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen das Klagebegehren abgewiesen, sodaß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E06036

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00016.85.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19850613_OGH0002_0070OB00016_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten