TE OGH 1985/7/2 2Ob579/85

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Veröffentlicht am 02.07.1985
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Kopf

Der Oberste Ge ichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A

B & Co, Griesgasse 11, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Dieter Graf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Emmerich C, Glasergehilfe, Haydngasse 15, 7162 Tadten, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, wegen S 18.330,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes vom 8. Jänner 1985, GZ R 427/84-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl/See vom 4. Juni 1984, GZ C 643/83-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat dem Beklagten die mit S 2.959,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 240,-- Barauslagen und 247,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte sandte auf Grund einer Zeitungsannonce einen dort vorgedruckten 'Informationskupon' an den D (unter dieser Bezeichnung, die 'Europäischer Partnerring' bedeutet, trat die Firma Kurt E, Ges.m.b.H. & Co KG auf) und bat darin 'um diskrete Information bei sice oder in einem der Füros, wie er durch den D seinen Wunschpartner kennen lernen könne und was eine derartige Vermittlung koste'. Am 5. März 1983 suchte Ferry G als Vertreter des D nach telefonischer Terminvereinbarung den Beklagten in seiner Wohnung auf und besprach in rund einer Stunde ausführlich die einzelnen Punkte des Dienstleistungsvertrages. Der Beklagte entschloß sich zum Abschluß des Vertrages und verpflichtete sich darin zur Zahlung der Dienstleistungsgebühr in 24 Monatsraten. Im Dienstleistungsvertrag, der von Ferry G als bevollmächtigtem Vertreter des D und vom Beklagten unterfertigt wurde, ist auf das Rücktrittsrecht des § 3 KSchG hingewiesen. Eine Kopie des Dienstleistungsvertrages wurde dem Beklagten ausgefolgt. Ferry G erklärte dem Beklagten, daß die Dienstleistungsgebühr durch die Klägerin finanziert würde, und legte dem Beklagten ein Kreditantragsformular der Klägerin, die derartige Vordrucke dem D zur Verfügung gestellt hatte, vor. Der Beklagte unterzeichnete das Formular und übergab es Ferry G zur Weiterleitung an die Klägerin. In dem Kreditantrag bot der Beklagte der Klägerin an, ihm einen Kredit von S 17.716,80 (Kreditbetrag von S 14.616,-- zuzüglich 0,8 % kapitalisierter Zinsen pro Monat von S 2.808,40 und S 292,40 Verwaltungsgebühr), rückzahlbar in 24 Monatsraten a S 738,20 ab 5. April 1983 bei Terminsverlust, zu gewähren. Im Kreditantrag ist darauf hingewiesen, daß der Kredit zum Zweck der Finanzierung des mit dem D am 5. März 1983 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages gewährt werden soll. Die Möglichkeit eines Rücktrittes nach § 3 KSchG ist im Formular festgehalten. Ferry G wies den Beklagten darauf hin, daß der Kreditbetrag vollständig zurückzubezahlen sei, auch wenn die Dienstleistungen des D bereits vorzeitig, etwa durch Vermittlung eines geeigneten Partners, enden. Der D leitete den Kreditantrag an die Klägerin weiter, die ihn am 11. März 1983 annahm, die Kreditsumme an den D ausbezahlte und eine Kopie des Kreditvertrages samt Zahlungsaufforderung und Erlagscheinen dem Beklagten mit Schreiben vom 11. März 1983 übermittelte. Der Beklagte erhielt den Kreditvertrag zusammen mit einem Begrüßungsschreiben des D am 21. März 1983 zugestellt. Er teilte noch am selben Tag Ferry G telefonisch mit, daß er den Vertrag nicht aufrecht erhalten wolle. G erklärte, er könne nichts mehr machen, der Beklagte solle sich an den D wenden. Am 22. März 1983 sandte der Beklagte ein Schreiben an den D, in dem er ausführte, er sei von Ferry G falsch beraten worden, er könne sich den Kredit finanziell nicht leisten, er retourniere die Unterlagen und ersuche, aus der Kartei gestrichen zu werden. Der D war damit aber nicht einverstanden. Der Beklagte leistete trotz mehrfacher Mahnungen durch die Klägerin keine Zahlungen.

Die Klägerin begehrt einen Betrag von S 18.330,-- (Kreditsumme samt Mahnspesen, Verzugszinsen, Bearbeitungsgebühr und Kreditgebühr). Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, er habe von der Klägerin kein Geld bekommen, sei vom Vertreter in Irrtum geführt worden und habe rechtzeitig den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 3 KSchG erklärt.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, der Klägerin einen Betrag von S 17.998,80 samt 18 % Zinsen seit 20. Juli 1983 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 331,20 samt Zinsen wurde abgewiesen. Das Erstgericht führte zur Rechtsfrage aus, der Dienstleistungsvertrag sei weder nichtig noch sittenwidrig. Zur Finanzierung des Vertrages habe der Beklagte einen Kreditantrag durch den Vertreter des D als Empfangsboten (vgl. JBl 1984, 37) an die Klägerin gestellt, den diese angenommen habe. Beide Verträge unterlägen den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes. Ein Rücktrittsrecht nach § 3 dieses Gesetzes stehe dem Beklagten nicht zu, weil er den Vertrag durch übermittlung des Informationskupons an den D angebahnt habe und zwar auch hinsichtlich des Kreditvertrages. Daher erübrige es sich, auf die Frage einzugehen, ob durch den vom Beklagten erst am 22. März 1983 - 17 Tage nach Ausfolgung des Dienstleistungsvertrages und einen Tag nach Zusendung des Kreditvertrages - lediglich gegenüber dem D erklärten Rücktritt der Kreditvertrag aufgehoben worden sei. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Kreditvertrag sei demnach rechtswirksam und der Beklagte auf Grund des eingetretenen Terminsverlustes zur Zahlung verpflichtet.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Es führte aus, das vorliegende Geschäft falle unter die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes. Die Anbahnung des Geschäfts sei vom D und nicht von der Beklagten ausgegangen (1 Ob 637/82), weshalb auch ein Rücktrittsrecht gegenüber dem D grundsätzlich anzunehmen wäre, wobei allerdings bei Prüfung dieser Frage noch zusätzliche Feststellungen erforderlich wären, ob der Beklagte den Vertrag tatsächlich nur durch Inanspruchnahme eines Kredites erfüllen konnte bzw. ohne gleichzeitigen Abschluß eines derartigen Kreditvertrages auch der D nicht zum Vertragsabschluß mit dem Beklagten bereit gewesen wäre. Würden aus dem Dienstleistungsvertrag Ansprüche seitens der Fa. E gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, wäre auch weiters zu prüfen, ob der vom Beklagten erklärte Rücktritt noch fristgerecht und rechtswirksm wäre, was wohl nur für den Fall bejaht werden könnte, daß nach dem Parteiwillen der Abschluß des Vertrages eine wechselseitige Abhängigkeit der beiden Verträge (Dienstleistungsvertrag und Kreditvertrag) derart vereinbart worden wäre, daß ein Vertrag ohne gleichzeitige Rechtswirksamkeit des anderen Vertrages ebenfalls nicht rechtswirksam zustande kommen sollte. Im vorliegenden Fall stellten sich aber diese Fragen deshalb nicht, da nicht der D, sondern die Bank vertragliche Ansprüche gegen den Beklagten geltend mache. Zweifelsfrei könne bezüglich des Kreditvertrages von einer Geschäftsanbahnung durch den Beklagten keine Rede sein, so daß auch sein Rücktrittsrecht gemäß § 3 KSchG grundsätzlich zu bejahen sei. Die Anbahnung des Kreditgeschäftes sei erst durch einen diesbezüglichen Vorschlag des Vertreters des D erfolgt. G habe als Vertreter des D lediglich den Dienstleistungsvertrag unterfertigt, nicht aber einen Kreditvertrag. Diesbezüglich habe er lediglich den Kreditantrag des Beklagten zur Weiterleitung an die klagende Partei übernommen und zwar mit Zustimmung der klagenden Partei. Demnach sei der Vertreter des D mit Wissen und Zustimmung der klagenden Partei als 'Empfangsbote' der klagenden Partei aufgetreten (JBl 1984, 37 ff.). Die klagende Partei habe durch die überlassung der entsprechenden Formulare zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, daß sie damit einverstanden sei, daß der Vertreter der D den an die klagende Partei gerichteten Kreditantrag des Konsumenten für sie in Empfang nehmen dürfe. Damit sei der Beklagte aber auch berechtigt gewesen, seine spätere Rücktrittserklärung ebenfalls an den D zu richten, da er ja auch seinen Antrag an die klagende Partei lediglich einem Vertreter des D gegenüber erklärt gehabt habe, was offensichtlich durch die klagende Partei von vornherein akzeptiert worden sei. Unbeschadet des Umstandes, daß der D die Rücktrittserklärung des Beklagten nicht an die klagende Partei weitergeleitet habe, habe der Beklagte diese Erklärung mit Rechtswirksamkeit auch gegenüber der klagenden Partei allein dem D gegenüber abgegeben. Der Beklagte habe somit von seinem Rücktrittsrecht fristgerecht Gebrauch gemacht, weshalb die Ansprüche der klagenden Partei nicht berechtigt seien.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteiles. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin bestreitet nicht, daß es sich sowohl bei dem mit dem D als auch bei dem mit der Klägerin vom Beklagten abgeschlossenen Rechtsgeschäft um ein solches handelt, das unter das Konsumentenschutzgesetz fällt (vgl. hiezu JBl 1985, 354). Sie behauptet auch nicht mehr, ein Rücktrittsrecht sei gemäß § 3 Abs 3 Z 1 ausgeschlossen, weshalb es genügt, auf die Entscheidung SZ 55/96 zu verweisen, die ebenfalls den D betraf und der hinsichtlich der Anbahnung der Verträge ein gleichartiger Sachverhalt zugrunde lag. Im Sinne dieser Entscheidung ist davon auszugehen, daß dem Beklagten gemäß § 3 KSchG ein Rücktrittsrecht zustand.

Die Klägerin vertritt allerdings die Ansicht, ein Rücktritt vom Kreditvertrag sei nicht erfolgt. Der Kreditvertrag sei bereits am 5. März 1983 abgeschlossen worden, die Klägerin müsse sich einen gegenüber dem D verspätet erklärten Rücktritt nicht anrechnen lassen, bei den beiden Rechtsgeschäften habe es sich um keine wirtschaftliche Einheit gehandelt.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die Ausführungen, der Kreditvertrag sei bereits am 5. März 1983 zustande gekommen, sind nicht verständlich. An diesem Tag unterfertigte der Beklagte lediglich einen Kreditantrag, den die Klägerin erst am 11. März 1983 annahm. Erst durch den Zugang dieser Annahmeerklärung wurde der Vertrag perfekt und die Rücktrittsfrist in Lauf gesetzt (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 38 zu § 3 KSchG). Das Rücktrittsschreiben vom 22. März 1983 erfolgte daher innerhalb der für den Kreditvertrag zur Verfügung stehenden Frist, weshalb zu erörtern bleibt, ob der Beklagte mit dem an den D gerichteten Schreiben vom Kreditvertrag wirksam zurücktreten konnte. Gemäß § 3 Abs 4 KSchG ist der schriftliche Rücktritt gegenüber dem Unternehmer oder dessen Beauftragten, der an den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat, zu erklären. Die Klägerin selbst führte mit dem Beklagten keine Vertragsverhandlungen, sie übermittelte dem Kläger nur, nachdem ihr der schriftliche Kreditantrag zugekommen war, die Annahmeerklärung. Zu berücksichtigen ist aber, daß Ferry G dem Beklagten mitteilte, die Dienstleistungsgebühr werde durch die Klägerin finanziert, daß Ferry G dem Beklagten ein Kreditantragsformular der Klägerin übergab, den Beklagten über die Wirkungen des Kreditvertrages belehrte und - sofern er den Kreditvertrag nicht überhaupt selbst ausgefüllt haben sollte - dem Beklagten jedenfalls sagte, welche Beträge einschließlich kapitalisierter Zinsen und Verwaltungsgebühr in das Formular einzusetzen sind, weil der Beklagte dies ohne Belehrung nicht wissen konnte. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß Ferry G, der den ausgefüllten Kreditantrag wieder mitnahm, Vertragsverhandlungen über den Kredit führte, auch wenn er den Vertrag nicht abschloß. Da die Klägerin dem D Kreditantragsformulare zur Entgegennahme von Kreditanträgen zur Verfügung gestellt hatte, ist der D, der durch seinen Angestellten Ferry G Vertragsverhandlungen führte, als Beauftragter der Klägerin im Sinne des § 3 Abs 4 KSchG anzusehen. Daher konnte auch der Rücktritt von dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag gegenüber dem D erklärt werden. Da der Kläger in seinem Rücktrittsschreiben ausdrücklich festhielt 'betrifft: Kreditvertrag' und ausführte, er könne sich dies finanziell nicht leisten, kann kein Zweifel darin bestehen, daß er jedenfalls auch vom Kreditvertrag zurücktreten wollte.

Aus diesen Gründen erfolgte ein wirksamer Rücktritt vom Kreditvertrag gemäß § 3 KSchG, weshalb das Klagebegehren nicht zu Recht besteht. Daran vermag der Umstand, daß die Klägerin den Kreditbetrag bereits an den D überwiesen hat, nichts zu ändern. Die Klägerin hat ihren Anspruch ausdrücklich aus dem Kreditvertrag abgeleitet, weshalb nicht zu erörtern ist, ob der Beklagte durch die überweisung des Kreditvertrages an den D bereichert wurde, weil er dadurch von einer Verbindlichkeit gegenüber dem D befreit wurde, oder ob auch der Dienstleistungsvertrag unwirksam ist und daher der Rechtsgrund für den D, die Dienstleistungsgebühr zu behalten, weggefallen ist.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E06217

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00579.85.0702.000

Dokumentnummer

JJT_19850702_OGH0002_0020OB00579_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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