TE OGH 1985/7/30 10Os66/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ralph A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Rudolf B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.Jänner 1985, GZ 6 a Vr 2.184/84-134, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Rudolf B zu Punkt III/1 des Urteilssatzes (Fa. C), sowie

wegen des untrennbaren Zusammenhanges gemäß § 289 StPO im Ausspruch über den 100.000 S übersteigenden Gesamtwert der vom Angeklagten Rudolf B gestohlenen bzw zu stehlen versuchten Sachen und über die gewerbsmäßige Begehungsweise der Einbruchsdiebstähle durch diesen Angeklagten, demgemäß auch in dem ihn betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung), endlich im Adhäsionserkenntnis über den vom Angeklagten Rudolf B der Privatbeteiligten Fa. C zu leistenden Schadenersatz aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seinen Rechtsmitteln wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) der am 17.April 1965 geborene Hilfsarbeiter Rudolf B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Gesellschaft der Mitangeklagten Leopold D, Johannes B und (im Faktum V auch des) Gerhard Karl E als Beteiligte, hinsichtlich deren das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, fremde bewegliche Sachen in einem 'insgesamt 100.000 S übersteigenden Wert' (US 4) durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw wegzunehmen versucht, wobei er die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

(zu III/1) in der Nacht zum 14.Oktober 1982 in Wien der Fa. C einen Tresor mit ca. 12.000 S Bargeld;

(zu III/2) zwischen dem 15. und 18.Oktober 1982 Verfügungsberechtigten der F G

(H) durch Aufbrechen eines Tresors Bargeld im Gesamtbetrag von 15.447,40 S;

(zu III/3) am 29.Oktober 1982 in Hagenbrunn der Fa. I Bargeld bzw. andere verwertbare Gegenstände, wobei es beim Versuch geblieben ist;

(zu V) in der Nacht zum 3.Jänner 1984 Verfügungsberechtigten der F J, Filiale K, Bargeld

und andere verwertbare Gegenstände, wobei es beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte lediglich den Ausspruch über den strafsatzrelevanten (100.000 S übersteigenden) Gesamtwert der von ihm gestohlenen bzw. zu stehlen versuchten Sachen als widersprüchlich (Z 5, der Sache nach Z 3 iVm § 260 Abs. 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO) sowie die Annahme gewerbsmäßiger Begehungsweise (Z 10).

Rechtliche Beurteilung

Auf das Beschwerdevorbringen ist indes nicht weiter einzugehen, denn das angefochtene Urteil ist im Schuldspruch des Angeklagten zu Punkt III/1 des Urteilssatzes (Fa. C) mit dem (in dieser Richtung) nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, der aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde von Amts wegen wahrzunehmen ist (§ 290 Abs. 1 StPO), woraus schon wegen des untrennbaren Zusammenhanges (§ 289 StPO) die Aufhebung der angefochtenen Aussprüche folgt. Nach den zu diesem Urteilsfaktum getroffenen Feststellungen sind die beiden eingangs erwähnten Mitangeklagten Leopold D und Johannes B in der Nacht zum 14.Oktober 1982 in das Büro der Fa. C in Wien 21 eingebrochen, wo sie einen Tresor aus der Verankerung rissen, den sie mit einem Fahrzeug vom Tatort in eine dem Vater der Brüder B gehörende Garage in Poysdorf brachten. Der von diesem Einbruchsdiebstahl verständigte Angeklagte Rudolf (im Urteil unrichtig: Richard) B fuhr sodann nach Poysdorf und schnitt in der vorerwähnten Garage den dort verwahrten Tresor mit einer Trennscheibe auf. Der darin vorgefundene Geldbetrag von 12.000 S wurde zwischen Leopold D, Johannes B und Rudolf B aufgeteilt. Der Tresor wurde in der Folge in einem Schotterteich bei Süßenbrunn versenkt (US 18 f).

Entgegen der Verantwortung des Beschwerdeführers im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung (S 73/I, 179 a/I, 349/III), der bestritt, schon vor der Tatbegehung durch die Mitangeklagten Leopold D und Johannes B über den geplanten und sodann von

diesen beiden auch ausgeführten Tresordiebstahl aus dem Büro der Fa. C in Wien informiert gewesen zu sein, und der nach seiner Darstellung erst nachträglich von diesem Einbruchsdiebstahl durch seinen Bruder Johannes B Kenntnis erlangt haben will, als dieser ihn aufforderte, den bereits in der Garage in Poysdorf abgestellten Tresor mit einer Trennscheibe aufzuschneiden, behauptete der Mitangeklagte Johannes B vor dem Untersuchungsrichter (S 209 b/I), daß Rudolf B schon vor Tatbegehung über den geplanten Tresordiebstahl bei der Fa. C informiert und von vornherein dafür ausersehen gewesen sei, den bei diesem Einbruchsdiebstahl als Beute erhofften Tresor später an einem sicheren Ort aufzuschneiden. Der Mitangeklagte Leopold D konnte sich vor dem Untersuchungsrichter nicht mehr erinnern, ob Rudolf B vor oder erst nach Tatbegehung informiert worden war (S 185 a/I verso). In der Hauptverhandlung wurden die Mitangeklagten hiezu nicht mehr befragt.

Dem Ersturteil läßt sich nun nicht entnehmen, ob das Schöffengericht in diesem Belange der Verantwortung des Beschwerdeführers oder den gegenteiligen Angaben des Mitangeklagten Johannes B vor dem Untersuchungsrichter gefolgt ist. Eine Beteiligung des Angeklagten Rudolf B an dem allein von den beiden Mitangeklagten Leopold D und Johannes B in der Nacht zum 14.Oktober 1982 durch Einbruch in das Büro der Fa. C in Wien verübten Tresordiebstahl durch sonstigen Tatbeitrag im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB käme aber nur dann in Betracht, wenn Rudolf B, so wie dies sein Bruder Johannes B vor dem Untersuchungsrichter behauptete (S 209 b/I), schon vor Begehung dieses Tresordiebstahls durch die Mitangeklagten mit einer nachträglichen Hilfeleistung durch Aufschneiden des bereits in Sicherheit gebrachten Tresors einverstanden gewesen wäre. Hat er hingegen, entsprechend seiner eigenen Verantwortung im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung, erst nach vollzogenem Gewahrsamswechsel, also nach der jedenfalls mit der Sicherstelllung der Beute durch Verwahrung des Tresors in einer weitab vom Tatort gelegenen Garage eingetretenen materiellen Vollendung des Diebstahls von der Herkunft dieses Tresors erfahren, könnte die sodann gewährte Unterstützung der beiden Vortäter durch Aufschneiden des gestohlenen Panzerschrankes (um solcherart den unmittelbaren Zugriff auf das darin verwahrte Bargeld zu ermöglichen) nur dem Tatbestand der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB, bei Kenntnis der Herkunft aus einem Einbuchsdiebstahl auch nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle unterstellt werden (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 164 RN 9). Eine solche Tatbeurteilung würde aber dem Angeklagten Rudolf B gegenüber der im Ersturteil auch in diesem Falle vorgenommenen Beurteilung als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Hinblick auf die hiefür vorgesehene Strafdrohung des zweiten Strafsatzes des § 130 StGB zum Vorteil gereichen.

Der aufgezeigte, sich nach dem Vorgesagten allenfalls zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirkende und Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO nach sich ziehende Feststellungsmangel des Ersturteils steht sohin einer abschließenden rechtlichen Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten Rudolf B in Ansehung des Urteilsfaktums Punkt III/1 entgegen. Eine Tatbeurteilung als Hehlerei hätte aber infolge des engen sachlichen Zusammenhanges (§ 289 StPO) auch Auswirkungen auf die Beurteilung des Vorwurfes gewerbsmäßigen Handelns des Beschwerdeführers bei den übrigen, ihm laut Ersturteil zur Last liegenden und als solche unbestrittenen Diebstählen, verblieben doch danach in Ansehung seiner Person nur mehr ein vollendeter (Punkt III/2) und zwei versuchte, zeitlich mehr als ein Jahr auseinanderliegende Einbruchsdiebstähle (Punkt III/3 und V), während ein wesentliches Element des für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit maßgeblichen Gesamtverhaltens (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 70, RN 4) entfiele.

Ebensowenig kann schon mit Rücksicht auf die Bestimmung über die Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge (§ 29 StGB) und unter Bedacht auf die Bewertung des Schadens in den übrigen dem Beschwerdeführer (unangefochten) zur Last liegenden Fakten der Ausspruch über den Gesamtwert der von ihm gestohlenen oder zu stehlen versuchten Sachen von 'insgesamt 100.000 S übersteigend' aufrecht erhalten werden, sodaß der vom Angeklagten diesbezüglich zutreffend aufgezeigte Widerspruch zwischen dem Einleitungssatz des Urteilsspruches (US 4) einerseits und der rechtlichen Bezeichnung der strafbaren Handlung (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO) als schwerer Diebstahl nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB (US 9) sowie den Urteilsgründen (US 25 unten) andererseits, wonach entgegen der Anklage die Qualifikation des § 128 Abs. 2 StGB infolge des vom Angeklagten verwirklichten Gesamtschadens von 27.447 S nicht anzunehmen war, zufolge der aus anderen Gründen erfolgten Kassierung des betreffenden Ausspruches auf sich beruhen kann. Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war gemäß § 285 e StPO iVm §§ 290 Abs. 1, 289 StPO das angefochtene Urteil bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung teilweise - wie aus dem Spruche ersichtlich - aufzuheben und in diesem Umfang die Erneuerung des Verfahrens anzuordnen.

Mit seinen dadurch gegenstandslos gewordenen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E06174

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00066.85.0730.000

Dokumentnummer

JJT_19850730_OGH0002_0100OS00066_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten