TE OGH 1985/9/4 9Os121/85

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Veröffentlicht am 04.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gitschthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach § 169 Abs 1 und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 4.Juni 1985, GZ 7 Vr 3381/84-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 35-jährige Karl A (zu I/ und II/) des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach § 169 Abs 1 und 15 StGB sowie (zu III/) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; überdies wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A

I/ an fremden Sachen ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, und zwar (in Ledenitzen)

1. am 19.November 1981 durch Anzünden von Holzspänen in der Holzlagerhalle der Tischlerei B (Schaden mindestens 25 Millionen S);

2. am 27.November 1981 durch Anzünden von Bettzeug im Wohnhaus des Ing.Josef C (Schaden mindestens 1,5 Millionen S);

3. am 23.Dezember 1984 durch Anzünden von Holz- und Sägespänen im Zubau des Wirtschaftsgebäudes des Johann D (Schaden 858.281 S);

II/ am 6.Dezember 1981 in Oberferlach versucht, durch Anzünden eines Holzstapels beim Wirtschaftsgebäude der Maria E an einer fremden Sache ohne Einwilligung der Eigentümerin eine Feuersbrunst zu verursachen;

III/ am 27.November 1981 in Ledenitzen versucht, fremde bewegliche Sachen, nämlich alkoholische Getränke, dem Ing.Josef C durch Einbruch und Einsteigen in dessen Wohnhaus mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch (sowie der Sache nach auch gegen den Ausspruch über die Anstaltsunterbringung) hat er Berufung ergriffen.

Einen Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Schöffengericht seinen Beweisantrag auf Beiziehung eines weiteren (psychiatrischen) Sachverständigen, die er 'im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Straftat und der Beurteilung der Zweifel über die Geistesstörungen des Angeklagten auftretenden Fragen gemäß § 118 und 134 StPO' für erforderlich erachtete (vgl S 349), abgewiesen hat (S 350, 351).

Die Rüge versagt.

Soweit die Beschwerde vermeint, die Beiziehung eines zweiten psychiatrischen Sachverständigen wäre zur Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 21 Abs 2 StGB geboten gewesen, übersieht sie, daß es sich insoweit um eine richterliche Ermessensentscheidung handelt, die nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern nur mit Berufung angefochten werden kann

(vgl Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr 27 zu § 280 und ENr 1 ff zu § 433); eine Anfechtung des bezüglichen Ausspruchs aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO scheidet mithin aus, sodaß es in diesem Umfang an einer gesetzmäßigen Ausführung der Beschwerde mangelt. Auf das bezügliche Beschwerdevorbringen wird bei Erledigung der vom Angeklagten ohnedies ergriffenen Berufung einzugehen sein.

Was hingegen den Vorwurf betrifft, ein zweiter psychiatrischer Sachverständiger wäre zur Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer die Taten im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat, beizuziehen gewesen, so vermag die Beschwerde eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten nicht aufzuzeigen. Auch wenn das Gesetz in § 439 Abs 2 StPO (ebenso wie in § 429 Abs 2 Z 2 leg cit) die Untersuchung durch mindestens einen Sachverständigen vorsieht, so gelten doch die Regeln der § 118 Abs 2 und 134 Abs 1 StPO auch im Einweisungsverfahren uneingeschränkt, wonach zwei Sachverständige nur ausnahmsweise zuzuziehen sind (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 4 zu § 429). Demzufolge ist aber ein zweiter Sachverständiger nur bei besonderer Schwierigkeit der Begutachtung oder bei Mangelhaftigkeit des bereits vorliegenden Gutachtens beizuziehen (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 66 ff zu § 118 sowie ENr 52 zu § 134). Dabei ist die Beurteilung, ob ein zweiter Sachverständiger zu bestellen sei, grundsätzlich der Würdigung der Tatrichter anheimgestellt; erachten diese den beigezogenen Sachverständigen für fähig, ein einwandfreies Gutachten abzugeben, und erheben sich keine Bedenken gegen die Begutachtung durch nur einen Sachverständigen, so kann die Abweisung des Antrages auf Beiziehung eines zweiten Sachverständigen - als Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung - nicht als Verfahrensmangel im Sinn der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 72 zu § 118 sowie ENr 54 zu § 134). Bedenken gegen die Beurteilung des Geisteszustands des Angeklagten zu den inkriminierten Tatzeiten durch den beigezogenen Sachverständigen Dr.Otto F wurden aber vorliegend im Beweisantrag (S 349) gar nicht dargetan; sie ergeben sich im übrigen auch nicht aus dem Beschwerdevorbringen, das sich im wesentlichen lediglich auf allgemeine Erörterungen darüber beschränkt, daß in einem schwerwiegenden Fall das Gutachten eines einzigen Sachverständigen nicht ausreichen könne, um ein sicheres Urteil zu bilden.

Ebenso unbegründet ist aber auch die Mängelrüge aus der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO: Soweit sie eine mangelhafte Begründung der Gefährlichkeitsprognose reklamiert, ist der Beschwerdeführer auf die obigen Ausführungen hinsichtlich der Anfechtung der Prognoseentscheidung zu verweisen. Im übrigen vermag die Beschwerde einen formalen Begründungsmangel in Ansehung des Ausspruchs, daß der Angeklagte bei Verübung der Straftaten zurechnungsfähig gewesen ist, nicht darzutun, zumal der bezügliche Ausspruch durchaus deutlich ist (S 357) und die Annahme einer Triebanomalie der Konstatierung einer geistigen bzw seelischen Abartigkeit höheren Grades (auf welche § 21 Abs 2 StGB abstellt) keineswegs widerspricht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, sodaß sie gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO bzw § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.

über die Berufung des Angeklagten wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E06590

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00121.85.0904.000

Dokumentnummer

JJT_19850904_OGH0002_0090OS00121_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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