TE OGH 1985/9/10 4Ob351/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Liegenschaftenverwertung Gesellschaft m.b.H., Wien 12., Meidlinger Hauptstraße 46, vertreten durch Dr. Karl Katary, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B Gesellschaft m.b.H., Brunn im Felde, Hauptstraße 97, vertreten durch Dr. Peter Wilhelm, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 480.000,-) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Februar 1985, GZ 4 R 278/84-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 14.September 1984, GZ 3 Cg 82/84-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 16.267,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 960,-Barauslagen und S 1.391,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei

Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte GmbH übt das konzessionierte Gewerbe eines Immobilienmaklers gemäß § 130 VI, § 259 GewO aus. Sie veröffentlichte in der 'Neuen Kronen-Zeitung' vom 10.3.1984 nachstehende Anzeige:

'Eichgraben: 2000 m 2 sonniger Garten (Baugrund) am Waldesrand, mit winterfestem Holzhäuschen (vollmöbliert), Swimmingpool. Besichtigung durch Realbüro am Sonntag, 11.3., von 10 bis 17 Uhr, H-Straße 14'.

Ein inhaltsgleiches Inserat der Beklagten erschien am selben Tag auch im 'Kurier'.

Mit der Behauptung, daß am Sonntag, den 11.3.1984 an dem in der Anzeige genannten Ort tatsächlich eine Vertreterin der Beklagten anwesend gewesen sei und die Liegenschaft Interessenten zur Besichtigung und zur Vermittlung angeboten habe, beantragt die klagende Mitbewerberin, die Beklagte (ua) schuldig zu erkennen, jegliche gewerbliche Tätigkeit als Immobilienmakler an Sonn- und Feiertagen, insbesondere die Anberaumung und Veranstaltung von Objektsbesichtigungen an Sonn- und Feiertagen, zu unterlassen. Durch die planmäßige übertretung des Feiertagsruhegesetzes 1957 habe die Beklagte zugleich gegen § 1 UWG verstoßen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Eigentümer des angebotenen Grundstücks seien Bekannte der Geschäftsführerin der Beklagten. Sie hätten ursprünglich beabsichtigt, bei dem Besichtigungstermin am Sonntag, den 11.3.1984 selbst anwesend zu sein, sich aber dann durch Helga C vertreten lassen; diese habe weder im Auftrag der Beklagten noch als deren Vertreterin gehandelt, sondern nur die Besichtigung ermöglicht und die Interessenten an die Beklagte verwiesen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens sei Helga C keine Mitarbeiterin der Beklagten gewesen, sondern nur auf Grund ihrer freundschaftlichen Beziehungen zur Geschäftsführerin der Beklagten am 11.3.1984 für die an diesem Tag verhinderten Liegenschaftseigentümer eingesprungen. Von einem Wettbewerbsverstoß der Beklagten könne daher keine Rede sein. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und die Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Berufung der Klägerin müsse schon aus rechtlichen Erwägungen erfolglos bleiben: Nach der am 1.7.1984 - also noch vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz - in Kraft getretenen Neuregelung der Gewerbeausübung und der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen (BGBl 1983/144, BGBl 1984/129 und 149) läge ein Gesetzesverstoß der Beklagten nur dann vor, wenn sie ihr Gewerbe an mehr als 15 Sonn- oder Feiertagen im Jahr ausgeübt hätte. Ein bloß einmaliges Zuwiderhandeln der Beklagten, wie es hier von der Klägerin behauptet werde, verstoße nicht gegen das Gesetz.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von der Klägerin seinem ganzen Inhalt nach mit Revision aus dem Grund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO bekämpft. Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beklagten verboten werde, 'jegliche geschäftliche gewerbliche Tätigkeit als Immobilienmakler an Sonn- und Feiertagen, insbesondere die Anberaumung und Veranstaltung von Objektsbesichtigungen, zu unterlassen, soweit diese Tätigkeit an mehr als 15 Sonn- und Feiertagen im Jahr ausgeübt wird'; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (ÖBl 1984, 48; ÖBl 1984, 104 ua), aber nicht berechtigt.

Nach Ansicht der Klägerin sei das Berufungsgericht bei der Beurteilung des beanstandeten Verhaltens der Beklagten zu Unrecht von der Rechtslage beim Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz (14.9.1984) ausgegangen; die Berechtigung der Klageführung wäre vielmehr 'jedenfalls zumindest zum Zeitpunkt der Klageführung zu beurteilen gewesen'. Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden:

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (SZ 50/20 = ÖBl 1977, 71; ÖBl 1981, 102 ua), muß gemäß § 406 ZPO auch bei Unterlassungsansprüchen grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abgestellt werden. Da solche Ansprüche dann als erfüllt anzusehen sind, wenn der rechtswidrige Zustand dauernd beseitigt oder den Umständen nach ein neuerliches Zuwiderhandeln vernünftigerweise nicht zu erwarten ist, kann auch einem Unterlassungsbegehren nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nur dann stattgegeben werden, wenn sowohl der rechtswidrige Eingriff als auch die Wiederholungsgefahr in dem gemäß § 406 ZPO maßgebenden Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses noch gegeben sind (so auch Fasching III 663 f § 406 ZPO Anm 6).Die Unhaltbarkeit der gegenteiligen Auffassung, nach welcher der Beklagte auch dann zur Unterlassung einer (ursprünglich) gesetzwidrigen Handlung verurteilt werden müßte, wenn dieses Verhalten infolge einer während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses nicht mehr beanstandet werden kann, ergibt sich schon daraus, daß dem Beklagten in diesem Fall auch für die Zukunft ein (jetzt) gegen kein gesetzliches Verbot mehr verstoßendes Verhalten untersagt wäre.

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht mit Recht darauf verwiesen, daß § 2 Abs 1 lit a des - mit 1.7.1984 in Kraft getretenen (§ 7 Abs 1) - Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes BGBl 1984/129 (D) nunmehr ganz allgemein - ohne Rücksicht darauf, ob im Gewerbebetrieb Arbeitnehmer beschäftigt werden oder nicht - jede Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen gestattet, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zulässig ist. Dazu gehören aber gemäß Pkt.XVI ('Dienstleistungen') Z 7 lit c der Anlage zu der - auf Grund des § 12 Abs 1 des Arbeitsruhegesetzes BGBl 1983/144 (E) erlassenen und zugleich mit diesem am 1.7.1984 in Kraft getretenen - Arbeitsruhegesetz-Verordnung BGBl 1984/149 ('Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe Ausnahmekatalog') bei der Ausübung des Gewerbes der Immobilientreuhänder (§§ 259, 263 GewO) 'an Samstagen bis 19 Uhr und an 15 Sonn-bzw. Feiertagen im Jahr alle Tätigkeiten, die zur Herstellung des Konsenses bei Vermittlung von Bestandverträgen über Wohnungen und Geschäftsräume sowie bei Vermittlung des Kaufes, Verkaufes und Tausches von bebauten und unbebauten Grundstücken notwendig sind'. Daraus folgt im Sinne der zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils, daß seit dem 1.7.1984 selbst eine erwiesene Gewerbeausübung der Beklagten an Sonn- und Feiertagen nur noch dann rechtswidrig wäre, wenn sie an mehr als 15 solcher Tage im Jahr vorgenommen würde. Die Klägerin sieht in dieser geänderten Rechtslage eine lediglich 'quantitative Veränderung' der einschlägigen Bestimmungen, welche die schon durch den ursprünglichen Gesetzesverstoß begründete, bis zum Beweis des Gegenteils zu vermutende Wiederholungsgefahr nicht berühre; ihr Unterlassungsbegehren werde deshalb mit der im Revisionsantrag angeführten Einschränkung ('soweit diese Tätigkeit an mehr als 15 Sonn-und Feiertagen im Jahr ausgeübt wird') weiterhin aufrechterhalten. Auch dieses eingeschränkte Unterlassungsgebot kann aber im Sinne der zutreffenden Begründung des angefochtenen Urteils hier nicht ausgesprochen werden, weil die Klägerin einen Verstoß der Beklagten gegen die jetzt geltenden Rechtsvorschriften nicht einmal behauptet hat. Nur bei einer bereits vollendeten Gesetzesverletzung wäre aber bis zum Beweis des Gegenteils die Gefahr einer Wiederholung des beanstandeten Verhaltens zu vermuten; ist dagegen vorerst nur eine einzige Gewerbeausübung der Beklagten an einem Sonntag erwiesen, dann wäre es im Sinne der Lehre und Rechtsprechung zur sogenannten 'vorbeugenden Unterlassungsklage' Sache der Klägerin, besondere Umstände darzutun, die eine mindestens fünfzehnmalige Wiederholung dieses Verhaltens im Jahr und damit einen Verstoß der Beklagten gegen § 2 Abs 1 lit a D befürchten lassen (ÖBl 1978, 102 mit weiteren Hinweisen; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 40 RN 506).

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E06399

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00351.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0040OB00351_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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