TE OGH 1985/9/10 2Ob568/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Hildegard A, 2.) Rudolf A, beide Hauseigentümer, Winckelmannstraße 30, 1150 Wien, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Karl C, Tapezierer, Allerheiligenplatz 16, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Hans Bichler, Dr. Daniel Charim, Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 2.352,45 s.A. und Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes f.ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 19.September 1984, GZ 41 R 633/84-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.April 1984, GZ 45 C 829/83-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger haben zur ungeteilten Hand dem Beklagten die mit S 2.946,16 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 240 Barauslagen und S 246,01 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte mietete am 1.9.1973 Geschäftsräumlichkeiten in einem im Eigentum der Kläger stehenden Haus. Als Mietzins wurde einschließlich der Betriebskosten ein Pauschalbetrag von S 800 monatlich vereinbart. Seit April 1984 schrieben die Kläger dem Beklagten auf Grund von Betriebskostenabrechnungen monatlich höhere Beträge vor, der Beklagte zahlte jedoch weiterhin nur den vereinbarten Pauschalbetrag zuzüglich 8 % Umsatzsteuer, somit S 864 monatlich. In der Zeit von April bis Dezember 1983 bezahlte der Beklagte um insgesamt S 2.352,45 weniger als ihm von den Klägern vorgeschrieben worden war.

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Bezahlung eines Betrages von S 2.352,45 samt 4 % Zinsen sowie die Räumung des Bestandobjektes. Sie brachten vor, im Jahr 1973 hätten die Betriebskosten für das vom Beklagten gemietete Objekt durchschnittlich S 107,89 betragen, so daß der Hauptmietzins S 692,11 moantlich ausmache. Der Betriebskostenanteil für das Objekt betrage 8,9 %. Der Beklagte weigere sich, die erhöhten Betriebskosten, die für die Zeit von April bis Dezember 1983 S 2.352,45 ausmachten, zu bezahlen. Die überwälzung der Betriebskostenanteile, die sich gegenüber 1973 um S 301,25 monatlich erhöht hätten, sei nach der ständigen Judikatur zum Zinsstopgesetz zulässig und durch die Vorschreibung wirksam geworden. Da der Beklagte trotz Nachfristsetzung keine Zahlung geleistet habe, werde das Bestandverhältnis gemäß § 1118 ABGB für aufgelöst erklärt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Beklagte sei nur zur Zahlung des vereinbarten Pauschalzinses verpflichtet. Daran habe sich durch das Inkrafttreten des MRG nichts geändert.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und die Revision zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, das Wesen eines Pauschalzinses bestehe darin, daß auf Schwankungen der Höhe seiner Bestandteile keine Rücksicht zu nehmen sei. Im Fall der Vereinbarung eines die Betriebskosten einschließenden Pauschalzinses bestehe daher grundsätzlich kein Anspruch des Vermieters auf die Abgeltung der zwischenzeitig eingetretenen Steigerung der Betriebskosten. Wie der Fall zu beurteilen sei, daß der vereinbarte Pauschalmietzins nicht einmal mehr die Betriebskosten decke, brauche hier nicht untersucht zu werden, weil diese Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Rechtsprechung zum Zinsstopgesetz (MietSlg.5399/49,5401, 22.512, 31.513) lasse sich nicht ohne weiteres auf den konkreten Fall anwenden, weil die Auswirkungen des Zinsstopgesetzes und des Mietrechtsgesetzes auf den bisher gültig vereinbarten Mietzins verschieden gewesen seien. Während das Zinsstopgesetz ein Erstarren des am Stichtag vereinbarten Mietzinses normiert habe und einen gesetzlichen Mietzins kenne, lasse sich aus § 43 Abs.1 MRG lediglich ableiten, daß sich die Mietzinsbildung für Altverträge, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ohne jede zeitliche Beschränkung weiterhin nach altem Recht, allerdings 'versteinert' mit 1.1.1982, richte (vgl. Würth-Zingher 2 Anm 1 zu § 43 MRG). Zumindest solange keine Notwendigkeit bestehe, die im Pauschalmietzins enthaltene Hauptmietzinstangente zu ermitteln, also etwa im Zusammenhang mit einem Antrag nach den §§ 18, 19 MRG oder mit der Einhebung eines Erhaltungsbeitrages nach § 45 MRG, bestehe keine Möglichkeit für den Vermieter, die Erhöhung der Betriebskosten auf den Mieter zu überwälzen. Auch die Schlußfolgerungen, welche die Berufungswerber aus der Nichtaufnahme des Kündigungstatbestandes des § 19 Abs.2 Z 15 MG in das MRG ableiten, vermögen nicht zu überzeugen. Die fehlende übernahme dieser Bestimmung in das neue Recht sei nämlich offensichtlich darauf zurückzuführen, daß der Gesetzgeber dem Vermieter ohnedies die Möglichkeit geboten habe, auch für die im § 1 Abs.4 Z 1 und 2 MRG angeführten Mietgegenstände einen Erhaltungsbeitrag einzuheben. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Kläger aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage des Einflusses des Mietrechtsgesetzes auf Pauschalmietzinsvereinbarungen - abgesehen von der eine außerstreitige Mietrechtssache betreffenden Entscheidung 5 Ob 18/84 - bisher nicht beschäftigte; sie ist jedoch nicht berechtigt. Die Revisionswerber vertreten die Ansicht, ihr Begehren lasse sich schon aus dem Wortlaut des § 43 MRG ableiten, nach dessen Absatz 1 das erste Hauptstück auch für Mietverträge gelte, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossen worden seien. Gemäß den §§ 21 bis 24 MRG seien die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben jedenfalls überwälzbar.

Diese Ausführungen sind schon deshalb nicht zielführend, weil die Betriebskosten in dem vom Beklagten bezahlten Betrag jedenfalls Deckung finden. Auszugehen ist davon, daß auch nach dem Vorbringen der Kläger eine echte Pauschalzinsvereinbarung vorliegt und nicht etwa die Absicht der Parteien bei Abschluß des Vertrages darauf gerichtet war, daß die Differenz zwischen dem vereinbarten Entgelt und den Betriebskosten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses den Hauptmietzins darstellen sollte. Dem Wesen einer Pauschalmietzinsvereinbarung entspricht es aber, daß der Vermieter das Risiko vorhersehbarer Erhöhungen der ihn treffenden Lasten (Betriebskosten und öffentliche Abgaben) voll zu tragen hat (5 Ob 18/84). Die Ansicht, bei vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossenen Pauschalzinsvereinbarungen erstarre nur der Hauptmietzinsanteil, die Betriebskosten könnten hingegen nach den §§ 21 bis 24 MRG eingehoben werden, läßt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Bei einer echten Pauschalzinsvereinbarung kann der Hauptmietzinsanteil von den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben nicht getrennt werden. Auch Würth-Zingher (MRG 2 Anm.1 zu § 43) bejahen die Möglichkeit einer Einhebung der Betriebskosten bei einem Pauschalmietzins nur, 'soweit dies die Vereinbarung der Parteien überhaupt zuläßt.' Bei einer echten Pauschalmietzinsvereinbarung, bei der unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben ein Globalbetrag zu entrichten ist, läßt die Vereinbarung eine gesonderte Einhebung der Betriebskosten aber nicht zu. Die Grundsätze der zum Zinsstopgesetz entwickelten Judikatur sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Nach dem Zinsstopgesetz wurde der am 1.6.1954 vereinbarte Mietzins zum gesetzlichen Mietzins, und zwar auch für später abgeschlossene Mietverträge (MietSlg.5386/15). Eine ähnliche Regelung findet sich im MRG nicht.

Die Frage, ob im Fall einer Pauschalmietzinsvereinbarung ein wesentliches Steigen der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben für den Vermieter den Fortbestand des Mietverhältnisses unzumutbar macht und einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs.1 MRG bilden könnte, braucht hier nicht erörtert zu werden, weil Gegenstand des Verfahrens keine Aufkündigung ist. Daher ist es nicht erforderlich, auf die Revisionsausführungen zur 'Änderungskündigung' einzugehen.

Aus diesen Gründen haben die Kläger keinen Anspruch auf Bezahlung der erhöhten Betriebskosten, weshalb dieses Begehren ebenso wie das auf die Nichtbezahlung der vorgeschriebenen Beträge gestützte Räumungsbegehren abgewiesen werden mußte. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E06361

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00568.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0020OB00568_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten