TE OGH 1985/9/10 10Os73/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Oswald A wegen des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Februar 1985, GZ 1 b Vr 9836/83-88, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Oswald A und des Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Oswald A - im zweiten Rechtsgang, von der Anklage wegen Nötigung zum Beischlaf (§ 202 Abs 1 StGB) abweichend, nur - des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihm zur Last, am 1.September 1983 in Wien Eveline B in ihrem Recht, im Rahmen der Gesetze in sexueller Hinsicht über ihren Körper frei zu verfügen, dadurch absichtlich einen Schaden zugefügt zu haben, daß er sie durch die Vorspiegelung, ihr einen Werbevertrag zu verschaffen, also durch Täuschung (über Tatsachen), zu einer Handlung verleitete, die den Schaden herbeiführte, und zwar zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Die (vor der Hauptverhandlung abgegebene) Erklärung der in ihrem Recht Verletzten, sich dem Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer als Privatbeteiligte anzuschließen (ON 20), ist nämlich - der in der Rechtsrüge vertretenen Auffassung zuwider - ungeachtet dessen, daß die Voruntersuchung wegen der urteilsgegenständlichen Tat damals in Richtung § 202 Abs 1 StGB geführt wurde, im Sinn des § 2 Abs 5 StPO sehr wohl auch als (in der Hauptverhandlung am 19. Februar 1985, Seite 142/II, im übrigen speziell dahin präzisierte) Ermächtigung zu dessen Strafverfolgung wegen des Vergehens nach § 108 Abs 1 StGB wirksam; kommt es doch insoweit bei einer Anschlußerklärung (gleichermaßen wie bei einer ausdrücklichen Ermächtigung) ausschließlich darauf an, auf welches Tatgeschehen (als historisches Ereignis) sich die Strafverfolgung erstreckt, und keineswegs etwa, wie der Angeklagte vermeint, auf deren rechtliche Zielrichtung.

Für die gegenteilige Beschwerdeauffassung bietet das Gesetz (§ 108 Abs 2 StGB, § 2 Abs 5 StPO) keinerlei Stütze; auch aus der in der Rechtsrüge zitierten Judikatur (SSt. 24/82, EvBl 1954/109) ist dafür nichts zu gewinnen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil desselben Gerichts vom 4. April 1984, 9 d E Vr 2721/83, Hv 1852/83, mit dem er wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu 80 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden war, nach § 108 Abs 1 StGB zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Monaten und 20 Tagen.

Dabei wertete es seine Unbescholtenheit zur Tatzeit und sein Geständnis als mildernd, sein besonders gezieltes und geplantes Vorgehen hingegen als erschwerend; im Hinblick darauf, daß sich der Angeklagte damit gebrüstet habe, bereits mehrere Mädchen auf ähnliche Weise getäuscht zu haben, sah es die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus Gründen der Spezialprävention als nicht gerechtfertigt an.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung und die Anwendung des § 43 Abs 1 StGB oder (sowie) allenfalls (auch) des § 37 Abs 1 StGB anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Mag auch in der Intensität der Täuschungshandlungen, mit denen er Eveline B zum Geschlechtsverkehr bewog, kein besonderer Erschwerungsgrund im Sinn des § 33 StGB gelegen sein, so hat das Schöffengericht doch jedenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung, wonach die Strafe unter anderem darnach um so strenger auszumessen ist, je reiflicher der Täter seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet und je rücksichtsloser er sie ausführt (§ 32 Abs 3 StGB), im Ergebnis durchaus zu Recht auf die außergewöhnlich raffiniert organisierte und infame Art der Täuschung gebührend Bedacht genommen. Zudem hat es übersehen, dem Angeklagten das Zusammentreffen der nunmehr zu bestrafenden Tat mit jenem - anläßlich eines ganz ähnlichen Vorfalls begangenen - Vergehen nach § 83 Abs 1 StGB als erschwerend anzulasten, welches bei der Strafzumessung gemäß § 40 StGB berücksichtigt wurde.

Bei sachgerechter Würdigung der vorliegenden Strafzumessungsgründe und insbesondere bei gebotener Beachtung der selbst im vorliegenden Strafverfahren noch ganz unverblümt zur Schau gestellten, geradezu zynischen Geringschätzung der geschlechtlichen Dispositionsfreiheit als rechtlich geschützter Wert (§ 32 Abs 2 StGB) durch den Berufungswerber, hat das Erstgericht die über ihn verhängte Freiheitsstrafe innerhalb des bis zu einem Jahr reichenden gesetzlichen Rahmens mit einer im Sinn des § 40 StGB hypothetischen Höhe von 5 Monaten, der die verhängte Zusatzstrafe in der Dauer von drei Monaten und zwanzig Tagen entspricht, nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 Abs 1 StGB) keineswegs zu hoch ausgemessen.

Im Hinblick auf die soeben relevierte innere Einstellung des Angeklagten kommt aber aus Gründen der Spezialprävention auch weder die Gewährung bedingter Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) noch die Verhängung einer Geldstrafe anstatt der Freiheitsstrafe (§ 37 Abs 1 StGB) in Betracht.

Der Berufung mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E06446

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00073.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0100OS00073_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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