TE OGH 1985/9/26 6Ob664/84

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Veröffentlicht am 26.09.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Klinger und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Simon W*****, vertreten durch Dr. Peter Weidisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Herbert W*****, vertreten durch Dr. Heimo Zöls, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Aufhebung des Miteigentums an einer Liegenschaft, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 21. März 1984, GZ 32 R 480/83-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hallein vom 19. August 1983, GZ C 106/82-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.700,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 223,65 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Liegenschaft EZ *****, KG *****, steht zu einem Viertel im Eigentum des Klägers, zu drei Viertel im Eigentum des Beklagten. Das Eigentum des Klägers beruht auf der Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichts Hallein vom 19. 11. 1959, A 197/59, das des Beklagten hinsichtlich eines Viertelanteils auf eben dieser Einantwortungsurkunde und hinsichtlich der beiden weiteren Viertelanteile auf dem Übergabsvertrag vom 19. 11. 1970. Die Liegenschaft besteht aus den Grundstücken 46/27 Garten und 260 Baufläche mit dem darauf errichteten Haus *****. Durch die Bauführung hinsichtlich dieses Hauses auf einem Teil des Grundstücks Nr 46/27 entstand das neue Grundstück Nr 260. Im Erdgeschoss des Hauses ***** befindet sich ein Kabinett, eine Wohnküche und ein Zimmer sowie ein WC neben dem Stiegenhaus. Im ersten Stock befinden sich die gleichen Räumlichkeiten, in der Mansarde befinden sich eine Wohnküche, ein Zimmer und ein kleines Kabinett. Im Jahre 1962 hat der Kläger aus eigenen Mitteln einen voll unterkellerten Anbau an das Wohnhaus, bestehend aus Erdgeschoss und erster Stock errichtet. Neben dem Wohnhaus ist ein weiteres Nebengebäude mit Waschküche, zwei Holzlagern und einem Abstellraum vorhanden. Seit dem Jahre 1970 unternommene Versuche, die Miteigentumsgemeinschaft in der Form aufzuheben, dass einer der jeweiligen Miteigentümer dem anderen seinen Anteil verkauft und ins Eigenrum überträgt, sind gescheitert. Im Jahre 1971 wurde vor dem Bezirksgericht Hallein zu 1 Nc 50/71 ein Verfahren wegen Benützungsregelung eingeleitet. In dem in diesem Verfahren am 7. 3. 1972 abgeschlossenen Vergleich wurde dem Beklagten die Alleinbenützung der Liegenschaft eingeräumt. Dieser verpflichtete sich, dem Kläger ein monatliches wertgesichertes Benützungsentgelt in Höhe von 850 S zu bezahlen. Für den Fall der Vermietung von Räumlichkeiten verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger jeweils ein Viertel des reinen eingenommenen Mietzinses auszubezahlen. In diesem Vergleich wurde auch beiderseits vorerst auf die Erhebung einer Teilungsklage innerhalb von fünf Jahren verzichtet. Das Parterre des Hauses ***** wird von der Mutter der Streitteile (offenbar richtig: des Beklagten) Theresia W***** fast zur Gänze bewohnt. Sie benützt diese Räumlichkeiten aufgrund des Übergabsvertrags vom 19. 11. 1970. Dieser Übergabsvertrag wurde zwischen ihrem verstorbenen Gatten Simon W***** und ihr selbst als Übergeber einerseits und dem Beklagten andererseits abgeschlossen und sieht in Punkt III lit b „ein lebenslängliches Wohnungsrecht an der bisherigen ehelichen Wohnung im Erdgeschoss des Hauses *****, einschließlich der Nebenräume und der Gartenmitbenützung“ vor. Der Übernehmer verpflichtete sich weiters, „gegenüber der Übergeberin, mit Rechtswirksamkeit dieses entgeltlichen Wohnungsrechts alles in seinen Kräften stehenden und zumutbare zu unternehmen, um der Übergeberin die grundbücherliche Sicherstellung des Wohnungsrechts ob der ganzen Liegenschaft EZ *****, KG ***** zu verschaffen. Insbesondere also ist das Einverständnis des Miteigentümers Simon W*****, geboren *****, einzuholen. Jedenfalls verpflichtet sich der Übernehmer, seinen Rechtsnachfolgern dieses Wohnungsrecht der Übergeberin zu überbinden“. Auf den ¾-Anteilen des Beklagten ist unter COZ 5 das Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten Theresia W***** und des Klägers einverleibt. Die vertraglich ausbedungene grundbücherliche Sicherstellung des Wohnungsrechts der Mutter des Beklagten ob der ganzen Liegenschaft EZ ***** KG ***** ist bisher nicht erfolgt. Theresia W***** ist am ***** geboren. Innerhalb der Wohnungseinheit im Erdgeschoss des Hauses ***** wohnt im Einverständnis mit Theresia W***** seit rund 20 Jahren auch Herr S*****. Der gesamte erster Stock und die Mansarde des Hauses wird von der Familie des Beklagten bewohnt. Weder der Kläger noch jemand von seiner Familie wohnt in dem genannten Haus. Eine Naturalteilung der Liegenschaft könnte theoretisch nur derart durchgeführt werden, dass etwa 40 m2 der gesamten Wohnfläche im Ausmaß von 120 m2, sowie der entsprechende Anteil der Nebengebäude und des Gartens der Familie zur Verfügung gestellt würde. Eine derartige Lösung ist an persönlichen Zerwürfnissen der Streitteile bereits im Jahre 1970 gescheitert.

Der Kläger begehrte mit der im Februar 1982 eingebrachten Klage die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung, weil aufgrund der geringfügigen Größe der Liegenschaft und des darauf errichteten Hauses eine Naturalteilung weder praktisch noch rechtlich durchführbar sei und sich der Beklagte weigere, einer Aufhebung des bestehenden Miteigentums zuzustimmen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Es liege Unzeit vor, die dadurch begründet sei, dass der Beklagte laut Übergabsvertrag Theresia W***** ein lebenslängliches Wohnungsrecht samt Pflegeverpflichtung eingeräumt habe, welches bisher jedoch mangels Zustimmung des Klägers grundbücherlich nicht habe sichergestellt werden können. Die Mutter würde bei einer Teilung der Liegenschaft ihre Wohnungsmöglichkeit verlieren, weshalb der Beklagte verpflichtet wäre, ihr eine gesonderte Wohnung nebst einer Wohnung für die eigene Familie zu beschaffen, wozu er aus dem Versteigerungserlös nicht in der Lage wäre. Aufgrund des Alters der Mutter von 75 Jahren sei in absehbarer Zeit mit dem Wegfall des Wohnungsrechts und der Pflegeverpflichtung durch Ableben der Mutter zu rechnen. Die geforderte Teilung würde für den Beklagten auch deshalb überwiegend nachteilig sein, weil er und seine Mutter der Gefahr der Obdachlosigkeit ausgesetzt wären, während durch einen Aufschub der Teilung lebenswichtige Interessen des Klägers nicht berührt würden. Überdies hätten die Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt derzeit eine sinkende Tendenz, wobei jedoch eine Trendumkehr zu erwarten sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung des eingangs dargestellten Sachverhalts ab und führte in rechtliche Hinsicht im Wesentlichen aus: Gemäß § 830 ABGB sei jeder Miteigentümer berechtigt, die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums zu verlangen, aber nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen Miteigentümer. Er müsse sich daher einen, den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen. Die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft erfolge grundsätzlich durch Naturalteilung. Die Teilung durch gerichtliche Feilbietung komme nur dann zur Anwendung, wenn die Realteilung nicht möglich oder tunlich sei. Abgesehen von der geringfügigen Größe der Liegenschaft und des darauf errichteten Hauses *****, die im vorliegenden Fall die Naturalteilung bereits untunlich erscheinen lasse, sei nach den zweifelsfreien Ergebnissen des Beweisverfahrens eine Naturalteilung auch wegen der schweren persönlichen Zerwürfnisse der Streitteile nicht möglich. Unzeit im Sinne des § 830 ABGB werde durch Umstände begründet, die die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft als derzeit schädlich erscheinen ließen. Es müsste sich um lediglich vorübergehende Umstände handeln. Das – wenn auch nicht verbücherte – Wohnungsrecht der nunmehr 76-jährigen Mutter des Beklagten stelle ein vorübergehendes Teilungshindernis dar, weil im Falle einer Versteigerung der Liegenschaft der Mutter die Möglichkeit genommen werde, in der ehemaligen ehelichen und ihr daher vertrauten Wohnung zu verbleiben. Nach dem natürlichen Verlauf der Dinge sei in absehbarer Zeit mit dem Erlöschen des Wohnungsrechts der Mutter des Beklagten zu rechnen. Es sei dem Kläger zumutbar, mit seinem Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft vorläufig zuzuwarten.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Klagsstattgebung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht erachtete die Tatsachenrüge für nicht berechtigt und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Da der Anspruch eines Teilhabers auf Aufhebung der Gemeinschaft ein unbedingter sei und ein Teilungsbegehren nach § 830 ABGB nur zum Nachteil der anderen oder zur Unzeit nicht gerechtfertigt sei, sei lediglich zu prüfen, ob die Behauptungen und Beweisanbote des Beklagten über die Hinderungsumstände ausreichend seien. Ein allfälliger Mangel entsprechender Mittel auf Seiten des Beklagten zum derzeitigen Erwerb der ganzen Liegenschaft sei weder als Nachteil noch als Unzeit zu qualifizieren. Vom Beklagten als beweispflichtigem Teilungsgegner seien in erster Instanz als konkrete Umstände, die als Teilungshindernisse in Betracht kämen, nur das vertragliche (obligatorische) Wohnungsrecht seiner Mutter Theresia W***** und die Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt angeführt worden, sodass nur auf diese Umstände Bedacht zu nehmen sei. Nach ständiger Rechtsprechung sei unter Unzeit ein objektiver, außerhalb der Beteiligten stehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht hindere, aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend mache, zu verstehen. Es müsse sich aber um einen vorübergehenden Zustand handeln, von dem zu erwarten sei, dass er in naher Zeit wegfallen werde. Die Behauptung, die Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt hätten derzeit eine sinkende Tendenz, wobei jedoch eine Trendumkehr zu erwarten sei, reiche keineswegs als eine entsprechende Tatsachenbehauptung aus. In der Rechtsprechung sei bereits wiederholt mit Rücksicht auf das hohe Alter des Berechtigten aus einem Ausgedinge oder einem lebenslänglichen Fruchtgenuss- oder Wohnungsrechte aus dem Bestehen derartiger Belastungen einer Liegenschaft eine Unzeit im Sinne des § 830 ABGB abgeleitet worden, weil nach dem natürlichen Ablauf der Dinge in absehbarer Zeit mit dem Erlöschen solcher Rechte zu rechnen und nach dem Wegfall derartiger Belastungen ein wesentlicher höherer Erlös zu erwarten sei, sodass dem Kläger ein Aufschub der Teilung bis zum Wegfall der wertmindernden Belastung zugemutet werden könne. Da Theresia W***** jedoch nur einen obligatorischen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Einräumung dieses Rechts habe, belaste dieser Anspruch den Wert der Liegenschaft nicht, sodass auch nicht Unzeit im Sinne des § 830 ABGB vorliege. Überdies könnte ein Aufschub der von einem Teilhaber begehrten Teilung der gemeinsamen Sache nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Frage kommen, wenn ihr vorübergehende, einen Ausnahmezustand darstellende Umstände entgegenstünden. Dies gelte sowohl für die Einwendung der Unzeit als auch für die Einwendung, dass die Teilung zum Nachteil der übrigen begehrt werde. Der Umstand, dass der Beklagte wegen seiner wirtschaftlichen Lage und dergleichen nicht mehr in der Lage wäre, entsprechende Ersatzunterkünfte zu erwerben, bilde einen Dauerzustand, mit dessen Wegfall in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen sei. Eine Interessenabwägung habe daher zu unterbleiben, weil diese nur dann vorzunehmen sei, wenn ein Aufschub der Teilung überhaupt in Frage käme. Gemäß den §§ 841, 843 ABGB käme eine Zivilteilung nur dann in Betracht, wenn eine Naturalteilung nicht möglich oder doch untunlich sei. Bestehe aber die gemeinsame Liegenschaft im Wesentlichen aus einem Haus, komme eine Naturalteilung allgemein nicht in Frage, denn ein Gebäude lasse sich nicht ohne weiteres in mehrere Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit zerlegen, zumal eine Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum nicht zulässig sei. In diesem Falle müsste der Teilungsgegner dartun, inwieweit dennoch ausnahmsweise eine Naturalteilung möglich und tunlich wäre. Nach den unbedenklichen und diesbezüglich unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts komme nur eine Zivilteilung in Frage. Dem unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft stünden keine vom Gesetz vorgesehenen Teilungshindernissen entgegen, weil „Nachteil der übrigen“ nicht als Nachteil für die nahen Angehörigen der anderen Miteigentümer zu verstehen sei. Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot – auch wenn der belastete Miteigentümer als Kläger auftrete – bilde kein Teilungshindernis. Wenn auch in der wechselseitigen Einräumung eines solches Verbots ein Verzicht auf den Teilungsanspruch erblickt werden könne, sei ein derartiger Verzicht in erster Instanz nicht behauptet worden und durch den Vergleich vom 7. 3. 1972 nur bis 7. 3. 1977 auf die Geltendmachung des Teilungsanspruchs verzichtet worden. Für die Annahme eines weitergehenden Verzichts biete die Aktenlage keine Deckung.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Beklagte erblickte eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO darin, ob das obligatorische Wohnrecht Dritter, das zu einer Ersatzbeschaffungspflicht des Teilungsbeklagten im Falle der Eigentumsaufhebung führt, einen „Nachteil der übrigen“ darstellt, der unter der Voraussetzung einer zeitlichen Befristung und einer positiven Interessenabwägung den Aufschub der Aufhebung des gemeinschaftlichen Eigentumsrechts rechtfertigt.

Auf die dabei angeschnittene, in der Lehre und Rechtsprechung nicht übereinstimmend gelöste Frage, ob mit „Nachteil der übrigen“ in § 830 ABGB nur Gründe gemeint sind, die dem objektiven gemeinsamen Interesse entgegenstehen oder auch subjektive Nachteile eines Teilhabers (vgl Ehrenzweig2 II/1, 751; Klang in Klang-Kommentar2 III 1099; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 830; Frotz in ÖZW 1974, 31; SZ 45/140; SZ 54/38; JBl 1984, 431 ua) braucht hier ebenso wenig eingegangen werden wie auf die Frage, welche Rechtsfolgen sich für den Beklagten in Ansehung des „Wohnungsrechtes“ seiner Mutter aus der Aufhebung des Miteigentums ergeben. Die Revision erweist sich nämlich schon aus folgenden Überlegungen für zulässig, aber nicht berechtigt: Der Beklagte führt in der Revision aus, es stelle einen die Aufhebung des Miteigentums hindernden Nachteil dar, das ihn eine „Ersatzbeschaffung für das Wohnungsrecht“ bzw die Pflegeverpflichtung treffe, diese Belastungen aber vorübergehend seien, weil nach dem natürlichen Lauf der Dinge – die Mutter befinde sich im 78. Lebensjahr – zu erwarten sei, dass die Mutter in wenigen Jahren ablebe und er von den Belastungen befreit werde. In erster Instanz hat der Beklagte diesbezüglich vorgebracht (AS 8), er müsste der Mutter bei Verlust des vertraglichen Wohnrechts eine gesonderte Wohnung nebst einer Wohnung für die eigene Familie beschaffen, wozu er aus dem Versteigerungserlös nicht in der Lage wäre. Bei der Beurteilung, ob in diesen Umständen ein Teilungshindernis gelegen sein kann, ist davon auszugehen, dass auch nach der die subjektiven Nachteile des Miteigentümers berücksichtigenden Rechtsprechung es sich jedenfalls um solche Nachteile handeln muss, die in Bälde wegfallen oder beseitigt werden können (vgl MietSlg 32.052, 34.066, 35.059; SZ 47/119; SZ 48/41 ua). Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits wiederholt in Fällen eines lebenslänglichen Fruchtgenuss- oder Wohnungsrechts oder eines Ausgedinges mit Rücksicht auf das hohe Alter des Berechtigten aus dem Bestehen derartiger Belastungen einer Liegenschaft die Unzeit im Sinne des § 830 ABGB abgeleitet, er hat aber – soweit ersichtlich nur in der unveröffentlichten Entscheidung 8 Ob 571/83 ausdrücklich erklärt, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ob der Wegfall der Belastung mit Rücksicht auf das Alter des Berechtigten als absehbar anzusehen ist. Ausgehend von der auch sonst bejahten Behauptungs- und Beweispflicht des im Teilungsverfahren Beklagten für das Vorliegen von Teilungshindernissen (MietSlg 32.046, 34.068 ua) wurde in der zitierten Entscheidung auch ausgesprochen, dass der dort Beklagte konkrete Umstände zur Frage, ob mit Rücksicht auf das Alter und den Gesundheitszustand des Berechtigten in absehbarer Zeit mit dessen Ableben und damit dem Wegfall der Belastung zu rechnen sei, nicht vorgebracht habe. Aufgrund des Alters der Klägerin allein – es handelte sich um eine 70-jährige Frau – könne nicht gesagt werden, dass ihre Lebenserwartung nur so gering wäre, um in absehbarer Zeit mit dem Erlöschen ihres Wohnungsrechts rechnen zu können. Dieser bei der Beurteilung der Absehbarkeit des Wegfalles einer Belastung nicht allein auf das Alter des Berechtigten abstellenden Auffassung muss jedenfalls dann gefolgt werden, wenn es nicht um einen Umstand geht, der die Teilung zur gegeben Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht, sondern – wie hier – um subjektive Nachteile des Teilungsgegners. In einem solchen Fall muss nämlich besonders darauf geachtet werden, dass die vom Teilungskläger nach Treu und Glauben geschuldete Rücksichtnahme auf die Interessen des Partners (vgl dazu JBl 1982, 209; RZ 1982/66, S 267; 5 Ob 697/83) nicht überfordert wird. Es ist daher zu verlangen, dass der Teilungsgegner, der einen subjektiven Nachteil als Teilungshindernis berücksichtigt haben will, alle Umstände behauptet, die zur Beurteilung erforderlich sind, ob das behauptete Hindernis in Bälde wegfallen wird. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte hinsichtlich des Zeitpunktes des Wegfalles des hier nur mehr zu behandelten Hindernisses in erster Instanz lediglich darauf verwiesen, dass seine Mutter 75 Jahre alt ist, und in der Revision ausgeführt, die Mutter stehe im 78. Lebensjahr, sodass die den Beklagten treffenden Belastungen „in wenigen Jahren“ wegfallen würden. Da die Altersangabe allein keine Grundlage für die Beurteilung darstellt, dass die Verpflichtungen des Beklagten gegenüber seiner Mutter in wenigen Jahren wegfallen werden, ist diese Zeitangabe auch zu unbestimmt, um vom Kläger ein Zuwarten mit der Teilungsklage zu verlangen, ohne seine Rücksichtnahme auf die subjektiven Interessen des Beklagten zu überfordern.

Da andere erhebliche Rechtsfragen weder vom Revisionswerber behauptet, noch nach der vorzunehmenden allseitigen rechtlichen Beurteilung vorliegen, war der Revision der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E116801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00664.840.0926.000

Im RIS seit

18.01.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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