Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C mbH, 2283 Obersiebenbrunn, Burgstallgasse 4, vertreten durch Dr. Armin Paulitsch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D E, 2283 Obersiebenbrunn, vertreten durch Dr. Dietrich Koth, Rechtsanwalt in Gänserndorf, wegen 100.000,-- S s.Ng., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1985, GZ. 11 R 145/85-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. Februar 1985, GZ. 24 Cg 91/84-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 5.443,80 S (darin 1.200,-- S Barauslagen und 385,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
In ihrer am 9. März 1984 eingebrachten Klage behauptete die Klägerin, im Jahre 1976 einen geeigneten Standort für ihr Brunnenbauunternehmen gesucht und dabei auch mit dem damaligen Bürgermeister der Beklagten, F, gesprochen zu haben, weil die Beklagte an der Ansiedlung der Klägerin in ihre Gemeinde interessiert gewesen sei. Die Parteien seien übereingekommen, daß die Beklagte einen Teil der Aufschließungsbeiträge für die in Frage kommenden Grundstücke refundieren solle. Diese Vereinbarung sei in einem Schreiben der Beklagten vom 16. März 1976 festgehalten, das auf Briefpapier der Beklagten geschrieben, von ihrem damaligen Bürgermeister F unterfertigt und mit ihrem Rundsiegel versehen sei.
Darin sei unter anderem ausgeführt:
'Im Falle, daß Sie mehrere Parzellen ankaufen, diese jedoch als ein einziges Grundstück verwerten wollen, ist eine beim Vermessungsamt Gänserndorf durchzuführende Zusammenlegung möglich. Dadurch ergibt sich auf Grund der Berechnungsformel für die Aufschließungsbeiträge, daß für dieses nunmehr eine Grundstücke geringere Beiträge zu entrichten sind. Ein sich ergebender Differenzbetrag wird Ihnen, nach Nachweis der Grundzusammenlegung, von der Gemeinde refundiert.' Auf Grund der Zusicherung der Refundierung eines erheblichen Teiles der Gesamtaufschließungskosten habe sich die Klägerin zum Kauf der Betriebsliegenschaft in Obersiebenbrunn entschlossen und sodann die Vereinigung der gekauften Grundstücke 361/2, 361/3, 361/4, 361/5 und 361/6 der EZ 824 KG Obersiebenbrunn mit dem zur selben Einlage gehörenden Grundstück 361/7 durchführen lassen. Die Gesamtaufschließungskosten der (sechs) einzelnen Grundstücke hätten 269.738,-- S betragen. Die vereinbarte Neuberechnung der Aufschließungskosten nach der Vereinigung dieser Grundstücke hätte um mindestens 100.000,-- S geringere Aufschließungskosten ergeben.
Die Klägerin begehrte daher die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 100.000,-- S samt 10 % (Verzugs-)Zinsen seit dem 1. Jänner 1982 behaupteten Fälligkeitstag.
Die Beklagte erhob die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil die Berechnung und Geltendmachung von Aufschließungskosten als Angelegenheit des öffentlichen Rechts nur in einem Verwaltungsverfahren begehrt werden könne. In der Hauptsache beantragte die Beklagte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt insbesondere, daß zwischen ihrem seinerzeitigen Bürgermeister F und der Klägerin eine Vereinbarung über die Refundierung von Aufschließungskosten oder eines Teiles derselben geschlossen wurde. Das Schreiben vom 16. März 1976 sei nur eine Zusage des damaligen Bürgermeisters, daß er sich beim Gemeinderat um eine allfällige Neuberechnung beziehungsweise teilweise Refundierung von Aufschließungskosten bemühen werde, da der Bürgermeister von sich aus zu einer solchen Zusicherung nicht berechtigt gewesen sei. Der Klägerin fehle die Aktivlegitimation, weil das erwähnte Schreiben nicht an sie, sondern an Dkfm. Sepp G und Christine G gerichtet sei. Die Aufschließungskosten für die Schaffung der Grundstücke 361/2 bis 361/7 seien mit Bescheid vom 15. November 1975 dem Erzbistum Wien vorgeschrieben und von diesem entrichtet worden. Deshalb würde eine teilweise Refundierung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin führen. Eine allfällige Ermäßigung der Aufschließungskosten wäre allenfalls nur möglich gewesen, wenn vor der grundbücherlichen Durchführung des Teilungsplanes durch das Erzbistum Wien und damit vor Fälligkeit der Aufschließungskosten eine Änderung des Teilungsplanes und eine Vereinigung der Grundstücke erfolgt wäre. In diesem Sinn sei das Schreiben vom 16. März 1976 offenbar zu verstehen. Die Vereinigung sei aber erst durch die Klägerin vorgenommen worden. Eine Neuberechnung der Aufschließungsbeiträge im Falle einer Vereinigung von Grundstücken, beziehungsweise die Rückerstattung des Differenzbetrages sei weder in der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 noch in der Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 vorgesehen. Deshalb, und weil für die Refundierung eines Aufschließungsbeitrages nach der N§. Gemeindeordnung 1976 ein Gemeinderatsbeschluß nötig sei, habe der seinerzeitige Bürgermeister diesbezüglich keine verbindliche Zusage machen können. Nach § 867 ABGB werde die Gemeinde durch Rechtshandlungen des Bürgermeisters nur verpflichtet, wenn sich diese im Rahmen der ihm eingeräumten Befugnisse bewegen. Die in der Gemeindeordnung enthaltenen Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters als Gemeindeorgan seien gegen jeden Dritten wirksam. Da das allenfalls vom Bürgermeister F mit Dkfm. Sepp und Christine G abgeschlossene Rechtsgeschäft der Genehmigung des Gemeinderates bedurft hätte, die aber nicht erfolgt sei, sei es für die Beklagte nicht verbindlich. Die eingeklagte Forderung sei auch verjährt, weil eine Refundierung von Aufschließungskosten innerhalb von drei Jahren nach ihrer Einzahlung geltend zu machen gewesen wäre.
Die Klägerin ergänzte, daß sie entsprechend der im mit dem Erzbistum Wien am 23. April 1980 geschlossenen Kaufvertrag übernommenen Verpflichtung die von der Verkäuferin bereits bezahlten Aufschließungskosten für die sechs Grundstücke im Gesamtbetrag von 269.738,-- S der Verkäuferin ersetzt habe. Bei der Vereinbarung mit Bürgermeister F sei sie durch ihre Geschäftsführer Dkfm. Sepp und Christine G vertreten gewesen.
Das Erstgericht faßte über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zwar keinen ausdrücklichen Beschluß, bejahte aber in den Entscheidungsgründen seines Urteils die Zulässigkeit des Rechtsweges, weil sich die Klage auf eine privatrechtliche Vereinbarung mit der von ihrem Bürgermeister vertretenen beklagten Gemeinde stütze. Das Klagebegehren wies das Erstgericht ab.
Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Im Jahre 1976 suchten Dkfm. Sepp und Christine G als alleinige Gesellschafter der Klägerin einen günstigen Standort für ihr Unternehmen. Mit dem damaligen Bürgermeister der Beklagten, Andreas F, den sie seit ihrer Kindheit kannten, hatten sie ein freundschaftliches Verhältnis. Die Beklagte war an einer Ansiedlung der Klägerin, die in verschiedenen Gemeinden günstige Liegenschaften suchte, interessiert. Damals waren Grundstücke des Erzbistums Wien zu verkaufen, für die die Aufschließungskosten bereits vorgeschrieben, aber noch nicht bezahlt waren. Bürgermeister F versprach den für die ihnen gehörende klagende Gesellschaft verhandelnden Ehegatten G, daß die dem Erzbistum Wien vorgeschriebenen Aufschließungskosten für den Fall einer Zusammenlegung der Grundstücke zu Betriebszwecken der Klägerin dieser refundiert werden könnten. Auf Grund der näheren von Bürgermeister F bekanntgegebenen Daten ermittelte Dkfm. G einen zu refundierenden Betrag von rund 100.000,-- S und entschloß sich für die Klägerin zum Kauf der Grundstücke des Erzbistums und zur Ansiedlung des Betriebs in Obersiebenbrunn. Im Kaufvertrag (vom 23. April 1980, siehe Beil. B) verpflichtete sich die Klägerin, dem Erzbistum neben dem Kaufpreis von 505.810,-- S auch die dem Erzbistum bereits vorgeschriebenen (lt. Beil. B 'bereits bezahlten') Aufschließungskosten von 269.738,-- S zu ersetzen und kam dieser Verpflichtung auch nach. Die von der Klägerin erworbenen (sechs) Grundstücke wurden dann vereinigt. Danach forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 25. November 1981 zur Refundierung der Aufschließungsbeiträge auf. Erst jetzt fragte Bürgermeister F beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung an, ob eine Refundierung von Aufschließungskosten möglich sei, was mit Schreiben vom 23. März 1982 verneint wurde. Darauf lehnte die Beklagte den Anspruch ab.
Das Erstgericht begründete die Abweisung des Klagebegehrens im wesentlichen damit, daß die Gemeinde durch Rechtshandlungen ihres Bürgermeisters nur verpflichtet werde, wenn neben dem die Willensbildung bescheinigenden Formalakt auch ein Gemeinderatsbeschluß im Sinn des beurkundeten Rechtsaktes vorliege. Die Klägerin hätte als Empfänger des Refundierungsversprechens, falls der Bürgermeister im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gehandelt hätte, auf die Gültigkeit der Zusage vertrauen können, soferne die Überschreitung seiner Kompetenzen nicht erkennbar gewesen sei. Dafür sei die Beklagte beweispflichtig. Im vorliegenden Fall müsse dies aber nicht geklärt werden, weil die Refundierung von Aufschließungskosten nicht in die Privatwirtschaftsverwaltung falle, sodaß eine privatrechtliche Verfügung darüber unwirksam sei. Die Klägerin hätte daher erkennen müssen, daß der Bürgermeister mit der Zusage vom 16. März 1976, die keinen Bescheid sondern einen privatrechtlichen Akt darstelle, seine Kompetenzen überschritten habe. Der gegen die Beklagte gerichtete Anspruch sei daher unbegründet.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge.
Es bejahte ebenfalls die Zulässigkeit des Rechtsweges, weil sich die Klägerin auf einen mit der Beklagten durch deren nach außen hin vertretungsbefugtes Organ abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag berufe.
Inhaltlich sei die Gültigkeit des behaupteten Vertrages nach der Materie zu beurteilen, die er betrifft. Die Beklagte habe der Klägerin nicht im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung eine Subvention versprochen, sondern die Refundierung bezahlter Aufschließungsbeiträge. Dies falle in die Steuerhoheit der beklagten Gemeinde, der diesbezüglich kein Wahlrecht zwischen privatrechtlicher oder hoheitlicher Handlungsform zustehe, weil über Angelegenheiten des Abgabewesens nach § 69 Abs 1
N§. Abgabenordnung 1977 stets in Bescheidform abzusprechen sei. Ein unter Verstoß gegen das Gebot hoheitlichen Handelns geschlossener Vertrag sei nach § 879 ABGB zu beurteilen. Danach sei das vorliegende Rechtsgeschäft nichtig, weil der Zweck der Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 darin bestehe, die Angelegenheiten des Landesabgabewesens, in denen der Bürgermeister auf Grund von Landesgesetzen lediglich im übertragenen Wirkungsbereich als Organ der mittelbaren Landesverwaltung und daher ohne Mitwirkung des Gemeinderates tätig werde, der privatrechtlichen Verfügungsmacht der Gemeinde zu entziehen und dem in der N§. Abgabenordnung 1977 festgelegten rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren zu unterstellen. Dieser Gesetzeszweck würde durch privatrechtliche Verträge der Gemeinde mit Abgabenschuldnern vereitelt werden. Deshalb bestehe der behauptete privatrechtliche Anspruch der Klägerin nicht. Der in Lehre und Rechtsprechung sehr kontroversiell gelösten Frage der Vertretungsmacht des Bürgermeisters bei privatrechtlichen Geschäften der Gemeinde käme daher hier keine Bedeutung zu. Nebenbei erwähnte das Berufungsgericht, daß die Klägerin auch aus der Form des Schreibens vom 16. März 1976 nichts für sich ableiten könne, weil § 55 N§. Gemeindeordnung 1976 über die Fertigung von Urkunden nicht eingehalten worden sei.
In ihrer mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung begründeten Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern, allenfalls es zwecks Verfahrensergänzung und neuerlicher Entscheidung durch die Vorinstanzen aufzuheben.
Die Revisionswerberin erblickt den Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes darin, daß dieses die Zusage des seinerzeitigen Bürgermeisters der Beklagten nur als solche der Refundierung von Aufschließungsbeiträgen und nicht als Subventionsversprechen qualifiziert habe. Die vom Erzbistum Wien als Verkäuferin der von der Klägerin gekauften Grundstücke vollständig der Beklagten entrichteten Aufschließungsbeiträge seien der Verkäuferin von der Klägerin neben dem eigentlichen Kaufpreis bezahlt worden. Daß der Klägerin ein Teil des Kaufpreises von der Beklagten ersetzt werden sollte, sei Gegenstand der Vereinbarung der Streitteile gewesen und hierauf habe sich die Zusage des seinerzeitigen Bürgermeisters der Beklagten als nach außenhin zur Vertretung befugten Organs der Beklagten gerichtet. Die Ansiedlung des Betriebes der Klägerin im Gemeindegebiet der Beklagten sei auch in deren Interesse gelegen. Das Subventionsversprechen sollte der Klägerin einen besonderen Anreiz bieten. Die Subvention sollte in der Höhe der Differenz der fiktiv neu berechneten Aufschließungskosten geleistet werden. Die Zusage selbst sei aber ein privatrechtliches Versprechen für die vermögenswerte Gegenleistung (Betriebsansiedlung) gewesen. Damit sei die Frage der Vertretungsmacht des Bürgermeisters entscheidend. Bei Anwendung der Judikatur zur Anscheinsvollmacht müsse die Beklagte die Handlungen ihres damaligen Bürgermeisters als dem nach außen hin zur Vertretung befugten Organs gegen sich gelten lassen. Eine Einschränkung der Vertretungsmacht nach außen hin sehe § 37 Abs 1 N§. Gemeindeordnung 1976 nicht vor. Die seine Befugnisse regelnden politischen Bestimmungen seien bloß als interne Ordnungsvorschriften anzusehen, deren Übertretung zwar das Organ verantwortlich mache, aber die Gültigkeit des privatrechtlichen Geschäftes nicht berühre. Bei der Fertigung des Schreibens vom 16. März 1976 sei § 55 Abs 1 N§. Gemeindeordnung 1976 nicht anzuwenden gewesen, weil sich diese Bestimmung nur auf die Fertigung von 'Urkunden über Rechtsgeschäfte, bei denen eine schriftliche Ausfertigung von Vertragsteilen unterschrieben wird', beziehe. Der dritte Absatz dieser Gesetzesstelle bestimme aber, daß alle übrigen Urkunden und anderen Schriftstücke unbeschadet der Bestimmungen des § 42 Abs 4 vom Bürgermeister zu unterfertigen seien. Das zitierte Schreiben sei keine rechtserzeugende, sondern nur eine Beweisurkunde, die den Inhalt der mündlichen Vereinbarung in groben Umrissen festhalten hätte sollen und daher richtigerweise vom Bürgermeister unterzeichnet worden sei. Eine Gegenzeichnung der Klägerin sei weder vorgesehen noch erforderlich gewesen. Die Beklagte müsse sich daher das gültige Subventionsversprechen ihres damaligen Bürgermeisters anrechnen lassen.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Das Berufungsgericht hat richtig ausgesprochen, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin ist zunächst daran zu erinnern, daß sie in erster Instanz nie behauptet hat, die Beklagte hätte ihr für den Fall einer Betriebsansiedlung in ihrem Gemeindegebiet eine Subvention (= zweckgebundene Unterstützung aus Gemeindemitteln) zugesagt. Eine solche Behauptung ist von der Klägerin zum ersten Mal in der Berufung angedeutet und in der Revision ausdrücklich aufgestellt und näher ausgeführt worden, daß der Klägerin ein Teil des von ihr bezahlten Kaufpreises von der Beklagten als Subvention zugeschossen werden sollte, und zwar in der Höhe des Differenzbetrages bei fiktiver Neuberechnung der Aufschließungskosten. Die Klägerin hat in erster Instanz ausschließlich behauptet, die Parteien hätten vereinbart, daß die Beklagte der Klägerin unter der Voraussetzung, daß bei einer Zusammenlegung mehrerer Grundstücke für das zusammengelegte Grundstück ein geringerer Aufschließungsbeitrag zu entrichten wäre als die Summe der Aufschließungsbeiträge für die einzelnen Grundstücke, den Differenzbetrag refundieren werde. Im Rahmen dieser in erster Instanz aufgestellten Behauptung der Klägerin hat das Erstgericht unbekämpft und daher bindend festgestellt, der damalige Bürgermeister der Beklagten habe den für die Klägerin verhandelnden Ehegatten G im Jahre 1976 versprochen, daß die dem Erzbistum Wien (für die einzelnen Grundstücke bereits mit Bescheid) vorgeschriebenen Aufschließungskosten für den Fall einer Zusammenlegung der Grundstücke zu Betriebszwecken der Klägerin dieser (teilweise) 'refundiert' werden könnten.
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß der Klägerin mit der Refundierung von Aufschließungskosten die Zurückzahlung von Abgaben in Aussicht gestellt wurde.
Die von der Gemeinde nach § 14 N§. Bauordnung 1976 einzuhebenden Aufschließungsbeiträge sind nämlich nach Abs 7 der zitierten Gesetzesstelle ausschließliche Gemeindeabgaben, für deren Einhebung die N§. Abgabenordnung 1977 gilt.
Nach § 1 Abs 1 des letztzitierten Gesetzes gelten dessen Bestimmungen nämlich unter anderem in Angelegenheiten der nicht bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben der Gemeinde, soweit diese Abgaben durch Organe des Landes oder der Gemeinde zu erheben sind und nicht Abgabenbehörden des Bundes einzuschreiten haben. Abgabenbehörden sind nach § 46 Abs 1 N§. Abgabenordnung 1977 die mit der Erhebung der im § 1 bezeichneten öffentlichen Abgaben betrauten Behörden des Landes und der Gemeinden, wobei unter Erhebung nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen sind. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Abgabenbehörden richtet sich gemäß § 47 leg. cit. nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich und nach den Abgabenvorschriften. Enthalten diese über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen, so sind nach § 48 dieses Gesetzes in Angelegenheiten der Gemeindeabgaben in erster Instanz der Bürgermeister, in zweiter Instanz der Gemeinderat sachlich zuständig. Diese subsidiäre Zuständigkeitsnorm deckt sich mit der des § 116 Abs 1 N§. Bauordnung 1976, nach der Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister, zweiter Instanz der Gemeinderat ist. Erledigungen einer Abgabenbehörde sind nach § 69 Abs 1 NÖ. Abgabenordnung 1977 unter anderem dann als Bescheid zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle bedürfen diese Bescheide der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten, was aber für die Einhebung des Aufschließungsbeitrages nach der N§. Bauordnung 1976 nicht der Fall ist, weil Bescheide auf Grund dieses Gesetzes nach dessen § 118 Abs 3 schriftlich zu erlassen sind.
Wenn man in der festgestellten Erklärung des damaligen Bürgermeisters der Beklagten gegenüber den seinerzeitigen Vertretern der Klägerin nicht nur eine - möglicherweise unrichtige - Rechtsbelehrung über die Voraussetzungen einer allfälligen 'Refundierung' von Aufschließungsbeiträgen, sondern schon ein Versprechen einer solchen 'Refundierung' erblickt, so hätte sich eine solche Zusage - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - ausschließlich auf die (teilweise) Zurückzahlung einer Gemeindeabgabe bezogen, die nach der damaligen Meinung der für die Parteien handelnden Organe die Neuberechnung beziehungsweise Neubemessung dieser Abgabe auf Grund geänderter Verhältnisse (Wiederzusammenlegung der sechs Grundstücke, für welche bereits getrennte Aufschließungskosten bescheidmäßig vorgeschrieben waren) vorausgesetzt hätte.
Eine solche Neuberechnung beziehungsweise Neubemessung wäre entgegen der Meinung der Revisionswerberin keineswegs 'fiktiv' gewesen, sondern hätte einen Hoheitsakt der beklagten Gemeinde als Abgabenbehörde erfordert.
Aus den festgestellten Erklärungen des seinerzeitigen Bürgermeisters der Beklagten kann daher der eingeklagte Anspruch nicht abgeleitet werden.
Das angefochtene Urteil war daher zu bestätigen, ohne daß auf die hier nicht entscheidungswesentliche Frage der Vertretungsmacht des Bürgermeisters bei privatrechtlichen Geschäften der Gemeinde eingegangen werden mußte.
Nach den §§ 41 und 50 ZPO hat die auch im Revisionsverfahren vollständig unterlegene Klägerin der Beklagten die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Anmerkung
E06927European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00604.85.1030.000Dokumentnummer
JJT_19851030_OGH0002_0030OB00604_8500000_000