Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A Hoch- und Tiefbau-AG, Wien 1., Renngasse 6, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Karl B, Kaufmann, Timelkam, Stoffling 11, vertreten durch Dr. Erich Aichinger und Dr. Harald Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen S 380.000,-- s.A., infolge Revisions der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. Juli 1985, GZ 5 R 58/85-69, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Kreisgerichtes Wels vom 1. Dezember 1984, GZ 1 Cg 90/81-62, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 13.996,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 960,-Barauslagen und S 1.185,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die C
Baugesellschaft mbH (in der Folge kurz D) beauftragte als Generalunternehmerin den Beklagten mit den bituminösen Abdichtungsarbeiten der Tiefgarage Mirabell in Salzburg. Die Arbeiten des Beklagten waren im Juni 1976 beendet. Über die Isolierschicht wurde eine Schutzschicht und darüber die Fahrbahndecke von der Firma E gelegt. Im Vertrag zwischen der D und dem Beklagten war bezüglich der Gewährleistungsfrist vereinbart, daß die Haftzeit fünf Jahre ab Übernahme beträgt. Bezüglich des vereinbarten Haftrücklasses von 5 % der Verdienstsumme hat der Beklagte einen Bankhaftbrief über S 33.400,-- erbracht. Die Isolierung war zwischen den Streitteilen derart vereinbart, daß die Überdeckung der Dehnfuge in Stahlbeton mit einem Alublech vorzunehmen war und darüber eine Cintafort Bitumendichtungsbahn geklebt werden mußte. Darüber waren zwei Lagen Abdichtungen vorgesehen, auf die zwei Lagen Asphaltpapier als Gleitschicht (Trennschicht) beweglich gelegt werden sollten. Über diesen zwei Lagen war ein Structofourgitternetz als Schutzschicht vorgesehen. Als letzte Schicht war der Verkehrsbelag anzubringen. Diese Art der Feuchtigkeitsisolierung war nur im Bereich der Dehnfugen notwendig, um durch bewegliche Trennschichten die erforderlichen Dehnungswege bis zu 6 cm zu ermöglichen. Auf die Asphaltpapierlagen und die Structofourlagen wies der Beklagte in seinem Anbot nicht hin, weil diese Arbeiten nur im Zusammenhang mit den Asphaltierungsarbeiten unmittelbar vor dem Aufbringen der Schutzschicht erbracht werden können und keine Isolierarbeiten sind.
Obwohl im Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma E vereinbart war, daß letztere alle Arbeiten in Abstimmung mit der Baustelle und der isolierenden Firma vorzunehmen habe, stellte die Firma E das Einvernehmen mit dem Beklagten bezüglich der Asphaltpapierschicht und der Structofoureinlage nicht her, weil im Unternehmen des Beklagten niemand anwesend war. Es wurden daher weder Gleitschichten noch sonst Structofoureinlagen aufgebracht, was zu Rissen und schließlich zu Feuchtigkeitseinbrüchen im Bereich der Fugen führte. Die vorhandenen Dehnfugen, die das Anbringen solcher Isolierschichten notwendig gemacht hätten, konnte die Firma E mangels Einvernehmens mit dem Beklagten nicht erkennen. Neben den Mängeln bei der Aufbringung der über der Isolierung liegenden Schichten bestanden nicht nur im Bereich der Dehnfugen, sondern auch durch die Verwendung zu grober Körnung im Verkehrsbelag Mängel, die ebenfalls Einfluß auf das Eindringen von Feuchtigkeit hatten.
Als im Sommer und Frühherbst 1976 Wassereinbrüche festgestellt wurden, trat die D an den Beklagten heran, der jeden Mangel bestritt und am 25.4.1977 ein Beweissicherungsverfahren vor dem Bezirksgericht Salzburg anstrengte. In diesem Verfahren fand eine gerichtliche Begehung statt. Am 20.6.1977 wurde die Straße im Bereich der kurzen Dehnfuge in Anwesenheit des Beklagten bis zur Isolierung geöffnet. Die fehlenden Schichten und die sonstigen notwendigen Isolierungsarbeiten wurden schließlich vom Beklagten auf eigene Kosten erbracht. Schließlich war vorgesehen, daß die D auf ihre Kosten die Straße bis zur Schutzschichte über der Isolierung aufreißt, der Beklagte die letzten drei Zentimeter der Schutzschichte entfernt und auf seine Kosten die Dehnfugenisolierung in der von ihm vorgeschlagenen Art saniert. Die damit im Zusammenhang stehenden Kosten, abgesehen von den Beklagten treffenden Arbeiten, übernahm vorerst die D. Trotz Aufforderung hat sich der Beklagte jedoch an der Sanierung der langen Dehnfuge nicht beteiligt. Bei dieser Dehnfuge wurde als Ursache der Wassereinbrüche in erster Linie die mangelhafte Verlegung der Abwasserrohrleitung und ihre erhebliche Undichtheit festgestellt. Auch hier traten aber Haarrisse in der Isolierung und eine mangelhafte Verklebung der Isolierung an die Grundplatte der Gullis auf, die auf eine grundsätzlich falsche Ausbildung der Isolierung mangels der oben genannten Trennschichten und der erforderlichen Structofoureinlagen zurückzuführen waren. Die lagen Dehnfuge wurde im Laufe des Jahres 1978 ohne Beteiligung des Beklagten saniert. Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 389.000,--, und zwar S 268.972,71 für die Sanierung der langen Dehnfuge, S 89.444,-- für die Sanierung der kurzen Dehnfuge und 18 % Umsatzsteuer, insgesamt sohin S 422.931,72 abzüglich des Haftungsnachlasses von S 33.000,--.
Während das Erstgericht mit Zwischenurteil ausgesprochen hat, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Rechtbestehe, wurde das gesamte Begehren vom Berufungsgericht abgewiesen. Hiebei führte das Berufungsgericht aus, die vereinbarte fünfjährige Haftungsfrist habe sich nur auf die Gewährleistung, nicht aber auf Schadenersatzansprüche beziehen können, weil § 1502 ABGB eine Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist ausschließe. Gewährleistungsansprüche seien nur solche, die auf einem Mangel des herzustellenden Werkes beruhen. Während der Beklagte die Mängel an der sogenannten kurzen Dahnungsfuge selbst saniert habe, seien die hinsichtlich der sogenannten langen Dehnfuge aufgetretenen und ihm anzulastenden Mängel nicht die Hauptursache für den Wassereinbruch gewesen. Diesen sei vielmehr in der völlig unsachgemäßen Verlegung des Abwasserrohrstranges in der Fuge gelegen. Im Vordergrund stehe die grundsätzlich falsche Ausbildung der Isolierung zufolge der fehelenden Trennschichten, die der Firma E anzulasten sei, und die mangelhafte Verlegung der Abwasserrohrleitung, die die Klägerin selbst zu verantworten habe. Eine Haftung des Beklagten wäre nur im Hinblick auf die Unterlassung des technologischen Einverständnisses mit der Firma E gegeben. Ein derartiger Ausspruch der Klägerin würde aber eine verschuldete Vertragsverletzung des Beklagten zur Voraussetzung haben. Es handle sich hiebei um einen Schadenersatzanspruch. Da der Schaden und der Schädiger bereits im Jahre 1977 bekannt gewesen seien, die Klagseinbringung aber erst am 18.2.1981 erfolgt sei, sei ein Schadenersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes wonach § 932 ABGB keinen selbständigen Schadenersatzanspruch im Auge hat, sondern lediglich klarstellen will, daß Gewährleistungsansprüche nicht Ansprüche wegen darüber hinausgehender Schäden ausschließen und daß für den Ersatz solcher Schäden die allgemeinen Schadenersatzbestimmungen gelten, kann verwiesen werden, zumal die Revision ihnen nicht entgegensetzt. Ferner ergibt sich aus § 1502 ABGB zwingend, daß die gesetzlichen Verjährungsfristen vertraglich nicht verlängert werden dürften. Demnach kann die oben zitierte Vertragsbestimmung, derzufolge die Haftzeit fünf Jahr beträgt, nur für Gewährleistungsansprüche der Klägerin, nicht aber für Schadenersatzansprüche Bedeutung haben. Schadenersatzansprüche der Klägerin, die sich aus einer Vertragsverletzung des Beklagten ergeben, verjähren aber innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Daß eine solche Kenntnis bereits im Jahre 1977 eingetreten ist, hat das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend dargelegt. Auch in diesem Punkte wird seine Entscheidung von der Revision nicht bekämpft.
Nicht gefolgt kann der Revision dahin werden, daß mit der vorliegenden Klage in Wahrheit Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden und nicht Schadenersatzansprüche. Unter Gewährleistung versteht man das besonders bei entgeltlichen Verträgen gesetzlich angeordnete Einstehenmüssen des Schuldners für Sach- und Rechtsmängel, welche die Leistung im Zeitpunkt ihrer Erbringung aufweist (Koziol-Welser 7 I, 229). Nach den Bestimmungen der §§ 923 ff. ABGB (1167 ABGB) mußte daher der Beklagte für jene Mängel einstehen, die das von ihm nach dem Vertrag zu erbringende Werk aufwies. Nach den getroffenen Feststellungen hat er diese Mängel jedoch zur Gänze behoben. Gegenstand der vorliegenden Klage sind Ansprüche, die der Kläger nicht etwa durch die Verbesserung oder die Minderung des Wertes des vom Beklagten hergestellten Werkes entstanden sind, sondern Ansprüche, die darauf zurückgehen, daß der Beklagte vertragswidrig einen weiteren Kontrahenten der Klägerin nicht entsprechend informierte und daher dieser weitere Kontrahent das von ihm herzustellende Werk nur mangelhaft ausgeführt hat. Dazu kommen Kosten, die der Klägerin durch die Verbesserung dieser letztgenannten Mängel erwachsen sind. Schließlich sind die Schäden zum Teil auf die unsachgemäße Verlegung von Rohren zurückzuführen, wobei nicht ersichtlich ist, was der Kläger mit der Verlegung dieser Rohre zu tun haben soll. Richtig haben daher sowohl das Berufungsgericht als auch das Erstgericht die hier geltend gemachten Ansprüche als Schadenersatzansprüche qualifiziert. Das Erstgericht hat hiebei allerdings rechtsirrtümlich derartige Schadenersatzansprüche als eigene erst durch § 932 ABGB geschaffene Ansprüche qualifiziert und auf sie daher nicht die Verbotsbestimmung des § 1502 ABGB angewendet. Daß in diesem Punkt der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zu folgen ist, wurde bereits oben gesagt. Das Argument der Revision, es sei nicht einzusehen, daß der Beklagte für von ihm nicht verschuldeten Mängel fünf Jahre haften müsse, dagegen für verschuldete Mängel nur drei Jahre, geht an der Sache vorbei. Es handelt sich hiebei nämlich um zwei verschiedene Haftungen. Die erste Haftung ist eine Gewährleistung, die nur für Mängel am Werk besteht, während die zweite eine Schadenersatzhaftung ist, die nicht Mängel am Werk selber betrifft, sondern nur Schäden, die der Klägerin an andere Vermögenswerten infolge vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten erwachsen sind.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E07078European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00650.85.1121.000Dokumentnummer
JJT_19851121_OGH0002_0070OB00650_8500000_000