TE OGH 1985/12/10 2Ob666/85

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Veröffentlicht am 10.12.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Peter A, Pensionist, Burgstallweg Nr.63, 8605 Kapfenberg, vertreten durch DDr.Ferdinand Gross, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die Antragsgegnerin Maria A, Gastwirtin, Herrengasse Nr.7, 8750 Judenburg, vertreten durch Dr.Max Siebenhofer, Rechtsanwalt in Judenburg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 4. September 1985, GZ R 668/85-45, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg vom 16.Juli 1985, GZ F 1/83-41, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung:

Die Parteien, deren Ehe geschieden wurde, sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg mit Haus Herrengasse 7. Ein Teil des Erdgeschosses dieses Hauses ist vermietet, der andere Teil dient der Gastwirtschaft, die derzeit von der Antragsgegnerin allein geführt wird. Die Räume im ersten Stock dienten als Ehewohnung und werden nun von der Antragsgegnerin und der ehelichen Tochter benützt; im Dachgeschoß befinden sich sieben Fremdenzimmer. Außerdem sind die Ehegatten noch Miteigentümer einer anderen Liegenschaft und verfügen über ein Bausparguthaben. Der Antragsteller begehrte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, wobei er die Ansicht vertrat, die Liegenschaften seien in die Aufteilung nicht einzubeziehen.

Die Antragsgegnerin brachte vor, der Antragsteller habe die Gastwirtschaft als Konzessionsinhaber betrieben, de facto habe die Antragsgegnerin den Betrieb aber allein geführt. Sie sei bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen, habe vereinbarungsgemäß aber kein Entgelt erhalten. Der Antragsteller habe die Antragsgegnerin gequält, beschimpft, bedroht, sei wiederholt gegen sie tätlich geworden und habe sie schließlich durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt, weshalb er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden sei. Die Antragsgegnerin sei nach ihrer Genesung in die Ehewohnung zurückgekehrt und habe - nun in Eigenverantwortlichkeit - die Gaststätte wieder eröffnet. Auf Grund des Verhaltens des Antragstellers müsse bei Aufrechterhaltung des Miteigentums mit untragbaren Unzukömmlichkeiten gerechnet werden. Die Antragsgegnerin beantrage daher die Übertragung der beiden Liegenschaften in ihr Alleineigentum gegen Zahlung einer wertgesicherten Ausgleichszahlung von mtl. S 6.500,-- bis zur Höhe des Schätzwertes der Liegenschaften. Als Abgeltung für ihre Mitwirkung im Erwerb des Mannes forderte sie S 105.000,--. Außerdem machte sie Gegenforderungen geltend.

Das Erstgericht wies die Ehewohnung der Antragstellerin gegen Bezahlung eines Betrages von S 800,-- mtl. zur alleinigen Benützung zu und sprach aus, daß die Antragstellerin über das Bausparguthaben allein verfügungsberechtigt ist. Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr das Hälfteeigentum des Antragstellers an den beiden Liegenschaften zu überlassen und ihr eine Ausgleichszahlung von S 105.000,-- zuzuerkennen, wurde abgewiesen. Zur Abweisung des Antrages hinsichtlich der Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Liegenschaft werde als Sitz des Unternehmens der Frau benützt und könne kein Gegenstand der Aufteilung sein.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß, der hinsichtlich des Bausparguthabens als unangefochten rechtskräftig wurde, lediglich in bezug auf die Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg. Im übrigen wurde der Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben. Das Gericht zweiter Instanz erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte zum bestätigenden Teil aus, die Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg gehöre zum Unternehmen und könne - obgleich die Entflechtung dieser Miteigentumsgemeinschaft im Interesse der Beteiligten gelegen erscheine - im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht aufgeteilt werden. Den geschiedenen Ehegatten stehe der Weg auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft gemäß § 830 ABGB offen. Gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin. Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin macht geltend, eine Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg nach § 830 ABGB würde ihre Existenz vernichten, was der Gesetzgeber sicherlich nicht beabsichtigt habe. Überdies sei die Rechtsfrage, ob die Liegenschaftshälfte des Mannes zum Unternehmen gehöre, unrichtig gelöst worden. Es handle sich um ein "Kleinstgewerbe", das die Antragsgegnerin zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse fortführen müsse. Es sei in Zweifel zu ziehen, ob der Antragsteller Eigentümer des Untenehmens in jenem Umfang geblieben sei, in welchem er es vor der Wiedereröffnung des Lokals gewesen sei. Er sei auch mit der Fortführung des Gewerbes durch die Antragsgegnerin einverstanden gewesen. Die Ehegatten seien Hälfteeigentümer der Liegenschaft und auch des Unternehmens geworden, da sie die Liegenschaft und das Inventar je zur Hälfte gekauft hätten. Eine spätere Änderung dieser Eigentumsverhältnisse sei "bis zur Trennung" nicht eingetreten. Würden durch die Vorkommnisse "nach der Trennung" die Eigentumsverhältnisse auch heute noch bestehen, so hätte der Atnragsteller nur einen Hälfteanteil an diesem Unternehmen. In diesem Fall lasse sich aber der Standpunkt vertreten, daß, zumal er ja selbst längst "berentet ist", dieser Anteil nurmehr eine Wertanlage darstelle, die aufzuteilen sei. Diese Rechtsverhältnisse seien nicht erhoben worden. Vor allem hätte festgestellt werden müssen, in welchem Umfang der Mann Eigentümer des Unternehmens vor Wiedereröffnung des Lokals gewesen sei und welche Umstände eine Entflechtung der Miteigentumsgemeinschaft auch in Ansehung der Gasthausliegenschaft für die Antragsgegnerin unabdingbar machten.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 82 Abs 1 EheG unterliegen der Aufteilung nicht Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (Z 3) oder Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen (Z 4). Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, daß es auf die Größe des Unternehmens nicht ankommt und daher auch etwa eine Buschenschank als Unternehmen im Sinne des § 82 Abs 1 EheG anzusehen ist (JBl1984,606; 6 Ob 642/84; 2 Ob 577/85). Der Umstand, daß es sich um einen offenbar nur kleinen gastgewerblichen Betrieb handelt, ist daher ohne Bedeutung. Daß die Liegenschaft, auf der die Gastwirtschaft betrieben wird, zum Unternehmen gehört, kann nicht zweifelhaft sein. Nach dem von der Antragsgegnerin in erster Instanz erstatteten Vorbringen war offenbar der Antragsteller Alleinunternehmer, zumal die Antragsgegnerin eine Abgeltung für eine Mitwirkung in seinem Betrieb begehrte. Im Revisionsrekurs vertritt sie den Standpunkt, beide Ehegatten seien je zur Hälfte Eigentümer des Unternehmens gewesen, eine spätere Änderung dieser Eigentumsverhältnisse sei "bis zur Trennung" nicht eingetreten. Einer Aufklärung über die Eigentumsverhältnisse bedarf es jedoch nicht, weil es sich bei der Liegenschaft auch dann um eine zum Unternehmen gehörende Sache handelt, wenn dem Antragsteller nur das Hälfteeigentum an der Liegenschaft zukommt. Dadurch, daß er die Ehewohnung verließ und derzeit in der Gastwirtschaft nicht mitarbeitet, änderte sich nichts an den Eigentumsverhältnissen, sein Anteil wurde hiedurch auch nicht zur bloßen Wertanlage. Überdies sei darauf hingewiesen, daß der maßgebende Zeitpunkt für die Feststellung des Umfangs der Verteilungsmasse die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist. Später eingetretene Veränderungen sind ohne Bedeutung (EFSlg.38.867). Bis zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft war der Antragsteller aber auch nach der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht jedenfalls Hälfteeigentümer des Unternehmens.

Die Liegenschaft EZ 5 KG Judenburg unterliegt somit nicht der Aufteilung. Daran können die Ausführungen im Revisionsrekurs, die Antragsgegnerin sei auf die Weiterbenützung der Liegenschaft angewiesen und bei einer Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft nach § 830 ABGB würde ihre Existenz vernichtet, nichts ändern. Billigkeitserwägungen sind nämlich nicht anzustellen, da die Liegenschaft nicht der Aufteilung unterliegt.

Dem nur gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes gerichteten Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen im Sinne des § 234 AußStrG kann derzeit, da nur eine Teilentscheidung vorliegt, noch nicht getroffen werden, weshalb die Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorzubehalten waren.

Anmerkung

E07235

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00666.85.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19851210_OGH0002_0020OB00666_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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