TE OGH 1985/12/12 7Ob672/85

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Veröffentlicht am 12.12.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ewald W***, Rechtsanwalt, Wien 6., Mariahilferstraße 5, vertreten durch Dr. Michael Günther, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V***-A*** Medizintechnik GesmbH, Wien 9., Lazarettgasse 20, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,257.794,70 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. September 1985, GZ. 4 R 125/85-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Dezember 1984, GZ. 15 Cg 213/81-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.950,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.200,-- Barauslagen und S 1.613,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt das Honorar für bereits geleistete Vorarbeiten zur Erstattung von Rechtsgutachten. Er sei von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, der A***S KRANKENHAUS WIEN, Planungs- und Errichtungs-Aktiengesellschaft (im folgenden nur AKPE) zur rechtsfreundlichen Beratung herangezogen worden. Sein Aufgabenbereich habe die gesamten Rechtsbeziehungen zwischen AKPE, ARGE, APAK, Bund und Stadt Wien, die begleitende Kontrolle sowie die grundsätzlichen Probleme im Zusammenhang mit der Übergabe, Übernahme Gewährleistung, Garantie, Teilübernahme, Teilinbetriebnahme, Bauzeitplan, Teilfertigstellung sowie vorzeitige Inbetriebnahme bzw. Übernahme des gesamten AKH-Bauwerkes umfaßt. Er hätte zu den einzelnen Themenkreisen schriftliche Rechtsgutachten erstatten sollen. Der Auftrag sei im Zusammenhang mit der Änderung des Vorstandes der AKPE widerrufen worden.

Nach den Behauptungen der beklagten Partei sei dem Kläger lediglich der Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens über einzelne, bestimmt bezeichnete Rechtsfragen erteilt worden, wofür ein Pauschalhonorar von S 80.000 vereinbart worden sei. Der Kläger habe diesen Auftrag trotz Mahnung nicht erfüllt, weshalb die beklagte Partei am 18. Juni 1982 den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe. Unbestritten ist, daß die AKPE am 26. November 1980 das Schreiben der Arbeitsgemeinschaft Projektmanagement A***S KRANKENHAUS WIEN (APAK), Beilage 5, erhielt, und daß dem Kläger auf dessen Verlangen zahlreiche Unterlagen (Beilagen C bis F) übergeben wurden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen wurde auf Grund des Schreibens der APAK vom Vorstand der AKPE am 30. Jänner 1981 besprochen, daß die Fragen der Feststellung der Übernahme und der Übergabe von einzelnen Anlagen bzw. der Fristen und der Kosten für Stillstands- und Betriebswartung zu klären seien. Es handle sich hiebei um einen umfassenden rechtlichen Komplex, würober ein Rechtsgutachten eingeholt werden soll. Das Vorstandsmitglied Dr. Peter Thomas R*** schlug den Kläger vor und wurde zu einem Vertragsabschluß mit dem Kläger zu einem Pauschalhonorar von S 80.000 ermächtigt. Dr. Peter Thomas R*** einigte sich auch in der Folge mit dem Kläger mündlich "in dieser Form". Der Kläger sollte ein entsprechendes Gutachten sowie eine Dienstanweisung für die Mitarbeiter der AKPE verfassen. Dr. Klaus P***, ein Mitarbeiter der AKPE, verfaßte am 26. Februar 1981 ausgehend von einem gleichartigen Gutachtensauftrag an den Univ.Prof.Dr. D*** einen Aktenvermerk (Beilage 2) mit folgendem Inhalt: "Die grundsätzliche Problematik besteht darin, daß das AKH in zwei Stufen in Betrieb genommen werden soll. Im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Siemens-Vertrages Punkt 4 und 5 .... erhebt sich die Frage nach der Sittenwidrigkeit von derart langen Gewährleistungsfristen bei haustechnischen Gewerken. Weitere Fragen: 1.) Ist eine Übernahme (damit verbunden der Beginn der Gewährleistungsfrist) hinsichtlich der Teilleistung vorzunehmen, wenn die Anlage zum Zwecke der Teilinbetriebnahme des AKH in Betrieb genommen wird? 2.) Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus, wenn die Teilleistung zum Zwecke der Teilinbetriebnahme zwar fertiggestellt ist, der Auftraggeber eine Teilinbetriebnahme jedoch nicht durchführt? 3.) Welche Konsequenzen sind mit der Inbetriebnahme von Anlagenteilen zu anderen als den Vertragszwecken (z.B. zur Beleuchtung oder Beheizung während des Baubetriebes) verbunden?. Bei Beurteilung der Rechtsfragen sei auch auf die herrschende Lehre verwiesen, wonach über den § 879 Abs. 3 ABGB unter Umständen auch die Verbrauchergeschäftsbestimmungen auf Unternehmergeschäfte Anwendung finden sollen." Diesen Aktenvermerk ditkierte Dr. Klaus P*** in Gegenwart des Klägers, der hiezu bemerkte "Damit wir wissen, wovon wir reden." Bei den Vorarbeiten für die Erfüllung dieses Auftrages waren der Kläger und seine damaligen Konzipienten Dr. S*** und Dr. W*** tätig. Es ergaben sich zahlreiche Detailfragen, die obgenannten Unterlagen wurden dem Kläger sukzessive übermittelt. Unter diesen Unterlagen waren auch solche, deren Kenntnis für die Auftragserfüllung nicht notwendig war und solche, die erst nach Freigabe durch den Generaldirektor Dr. K*** übergeben wurden. Als der Kläger den Syndikatsvertrag Bund-Stadt Wien sowie die Satzung der AKPE verlangte, fragte Dr. P*** den Generaldirektor, ob er diese, seiner Meinung nach für die Tätigkeit des Klägers bedeutungslosen Unterlagen überhaupt schicken soll. Dr. K*** erwiderte, den Auftrag habe Dr. R*** zu vertreten. Dr. P*** soll dem Kläger alle Unterlagen senden, die Dr. R*** fordere. Es fand eine Reihe von Besprechungen zwischen dem Kläger und seinen Konzipienten einerseits und Dr. P*** und anderen Mitarbeitern der AKPE andererseits statt, bei denen jeweils Unterlagen gefordert und übergeben wurden. Im Zusammenhang mit der geplanten Umwandlung der AKPE in eine GmbH erwies es sich, daß Dr. R*** nicht zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird. Dr. R*** ersuchte ab Mai 1981 den Kläger mehrmals, seine Arbeit abzuschließen und zu liefern. Dies tat der Kläger nicht, schickte aber der beklagten Partei am 27. Oktober 1981 mit Begleitschreiben seine Honorarnote über S 1,257.794,70, nachdem er schon im Mai Dr. R***S Wunsch nach Beendigung der Arbeit entgegengehalten hatte, daß es wesentlich mehr kosten werde als S 80.000. Am 18. Juni 1982 erklärte die beklagte Partei den Rücktritt vom Vertrag.

Nach Auffassung des Erstgerichtes könne aus der Ausfolgung diverser Unterlagen an den Kläger keine Auftragserweiterung abgeleitet werden. Den ihm erteilten Auftrag habe der Kläger aber trotz Mahnung und Gewährung einer angemessenen Nachfrist nicht erfüllt, sodaß die beklagte Partei zu Recht vom Vertrag zurückgetreten sei. Der Kläger habe daher auch nicht Anspruch auf das Pauschalhonorar von S 80.000, weil die Ausführung des Werkes nicht durch auf Seite des Bestellers gelegene Umstände unterblieben sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer einwandfreien Beweiswürdigung und billigte auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend und dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung über die Höhe des Anspruchs aufgetragen werde. Hilfsweise stellt der Kläger den Antrag auf gänzliche Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Einen Verfahrensmangel erblickt der Revisionswerber in der Unterlassung einer Beweiswiederholung. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes darüber, ob es eine Beweiswiederholung für notwendig erachtet, ist ein Akt der Beweiswürdigung und daher im Revisionsverfahren nicht überprüfbar (Fasching IV, 310 mwN). Den Vorwurf der Aktenwidrigkeit hat der Revisionswerber in seiner Berufung nicht erhoben. Der in der Berufung nicht geltend gemachte Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit des Ersturteils kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Revisionsverfahren nicht nachgetragen werden (JBl. 1959, 458; 8 Ob 275/81; 6 Ob 762/81). Darüber hinaus stellen die Revisionsausführungen zu diesem Anfechtungsgrund inhaltlich nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen dar. Der dem Kläger von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei erteilte Auftrag wurde nach den Feststellungen der Vorinstanzen erst durch den Aktenvermerk vom 26. Februar 1981, dem der Kläger zustimmte, ausreichend bestimmt. Die Vertretungsmacht des Dr. Klaus P*** wird von den Streitteilen nicht in Zweifel gezogen. Aus dem obgenannten Aktenvermerk ergibt sich Inhalt und Umfang des dem Kläger erteilten Auftrages. Der Frage nach der Befugnis des Dr. R***, aber auch der anderen, für die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei handelnden Personen zur Auftragserweiterung und den im Zusammenhang damit von der Revision behaupteten Feststellungsmängeln käme nur dann rechtliche Relevanz zu, wenn diese Personen ausdrücklich oder zumindest schlüssig eine inhatliche Auftragserweiterung erklärt hätten. Eine ausdrückliche Willenserklärung in dieser Richtung liegt nicht vor. Auf eine solche stützt sich auch die Revision gar nicht. Zu Recht haben aber die Vorinstanzen die Annahme einer schlüssigen Auftragserweiterung durch die Überlassung von zur Erstattung des bestellten Rechtsgutachtens nicht erforderlichen Unterlagen an den Kläger abgelehnt. Bei Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens als auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtete Willensäußerung nach § 863 ABGB ist ein strenger Maßstab anzulegen (MietSlg. 25.126; JBl. 1955, 405; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 14 zu § 863). Es ist vor allem erforderlich, daß dem Verhalten ein bestimmter Erklärungswert beigelegt werden kann, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung dem Verhalten nach der Verkehrssitte und den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen zukommt (Koziol-Welser, Grundriß 7 I 81). Der Überlassung von Unterlagen an einen Rechtsanwalt auf dessen Verlangen zur Erstattung eines bereits bestellten und inhaltlich bestimmten Rechtsgutachtens kann aber nach diesen Grundsätzen überhaupt kein Erklärungswert beigemessen werden, weil dieses Verhalten regelmäßig nur dazu nient, dem Rechtsanwalt die Sachgrundlagen für sein Gutachten zu verschaffen. Nichts anderes kann auch für den Fall gelten, daß die Kenntnis der begehrten Unterlagen für die Gutachtenerstattung nicht erforderlich ist, weil die Beurteilung des Umfanges der hiefür erforderlichen Sachinformation dem Gutachter und nicht dem Besteller obliebt. Beizupflichten ist den Vorinstanzen auch in der Beurteilung des zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrages als Werkvertrag. Der Vertrag eines Rechtsanwaltes mit seinem Klienten unterliegt in der Regel den Bestimmungen des 22. Hauptstückes über den Bevollmächtigungsvertrag (SZ 18/59; Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 26 zu § 1002). Der vom Rechtsanwalt angenommene Auftrag zur Erstattung eines Rechtsgutachtens stellt jedoch einen Werkvertrag dar Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 54 zu §§ 1165, 1166; vgl. auch NJW 1966, 539). Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Ausführung des bestellten Werkes endgültig unterbleibt. § 1168 ABGB regelt nur den Fall, daß die Ausführung des Werkes durch Umstände unterbleibt, die auf Seite des Bestellers liegen. Für den Fall des Unterbleibens aus anderen Gründen enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung, die aber aus § 1168 ABGB mittels Umkehrschlusses und aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen gefunden werden kann (Adler-Höller in Klang 2 V 401). Neben den werkvertraglichen Sonderbestimmungen sind, soweit diese nicht eine abschließende Regelung treffen, auch die allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätze anzuwenden (2 Ob 668/84). Im vorliegenden Fall wurde eine bestimmte Leistungszeit für das Gutachten des Klägers nicht vereinbart, die Leistung vom Besteller jedoch nach rund 2 Monaten ab der Bestellung eingemahnt. Daß diese Zeit für die Vorbereitung und Erstattung des Rechtsgutachtens laut Aktenvermerk vom 26. Februar 1981 nicht ausgereicht hätte, wurde nicht einmal behauptet. Leistete der Kläger aber trotz Einmahnung nicht, geriet er in Verzug und der Besteller war nach Gewährung einer angemessenen Nachfrist zum Vertragsrücktritt berechtigt. Die Angemessenheit der dem Kläger gewährten Nachfrist wurde nicht in Zweifel gezogen. Bei berechtigtem Vertragsrücktritt des Bestellers steht dem Unternehmer ein Entgeltanspruch aber nicht zu (vgl. Koziol-Welser, aaO 355; Krejci, aaO Rdz 6 zu § 1168). Zu Recht haben daher die Vorinstanzen auch einen Anspruch des Klägers auf das vereinbarte Pauschalhonorar verneint.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO

Anmerkung

E07337

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00672.85.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19851212_OGH0002_0070OB00672_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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