TE OGH 1985/12/17 5Ob75/85

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Veröffentlicht am 17.12.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HONProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Maria K*****, Private, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Mathilde L*****, Hauseigentümerin, vertreten durch Anton J.S*****, Gebäudeverwalter, wegen Angemessenheit des Hauptmietzinses, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17.April 1985, GZ 41 R 290/85-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28.Dezember 1984, GZ 41 Msch 28/84-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die Antragstellerin hat die Kosten (Barauslagen) ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung Nr ***** in dem der Antragsgegnerin gehörigen Haus K*****gasse im ***** Wiener Gemeindebezirk. Der für das Rechtsverhältnis der Parteien maßgebliche Mietvertrag vom 8.11.1940 begründete das Mietrechtsverhältnis ab 15.11.1940 und legte unter "§ 4. Beschaffenheit und zugesagte Arbeiten in den Mieträumen" fest: "2. Der Vermieter verpflichtet sich - vor dem Einzug des Mieters oder, wenn dies nicht möglich ist, - bis spätestsens zum....keine Arbeiten in den Mieträumen vornehmen zu lassen... Eventuelle Bauschäden gehen zu Lasten der Hauptinhabung."

Der zuerst zitierte Satz ist in dem Formularvertrag vorgedruckt; das Wort "keine" ist handschriftlich eingefügt worden. Als Gegenstand der gemieteten Wohnung sind angeführt (§ 1. Mieträume): 3 Zimmer, 1 Vorzimmer, 1 Küche, 1 Bad. Am 15.11.1940 war aber die WC-Muschel zerbrochen und die Spülanlage durchgerostet und das Badezimmer wies lediglich ein gebrochenes Waschbecken als einzigen Einrichtungsgegenstand auf. Diese Mängel behob damals der Mieter selbst, ohne sie dem Vermieter gegenüber zu rügen. In dem von der Mieterin eingeleiteten Verfahren stellte das Erstgericht fest, daß die Vermieterin bei Vorschreibung des Erhaltungsbeitrages das gesetzlich zulässige Zinsausmaß in den Monaten Oktober 1983 bis einschließlich Jänner 1984 um monatlich S 1.119,30 zuzüglich Umsatzsteuer überschritten habe, und verpflichtete die Vermieterin zur Zurückzahlung des zu Unrecht eingehobenen Gesamtbetrages samt Zinsen. Das Erstgericht stufte die Wohnung in die Ausstattungskategorie C ein, weil der Mieter die Anzeige der Funktionsuntüchtigkeit des WCs gegenüber dem Vermieter unterlassen hat. Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes. Es verwarf die Rechtsansicht der Mieterin, daß die Wohnung der Ausstattungskategorie D zuzuordnen sei. Der Gesetzgeber sei bei seinen Hauptmietzins-Anpassungsnormen für Altverträge über Wohnungen von einer fiktiven Geltung der Kategorieregeln des § 16 Abs 2 MRG zum Zeitpunkt der Begründung des Altvertrages ausgegangen, um die gewünschten Anpassungseffekte zu erzielen; deshalb komme es auf eine vor dem Geltungszeitraum des MRG bestandene Verbesserungspflicht des Vermieters ebensowenig an wie auf das Fehlen einer seinerzeitigen Norm, die an die Unterlassung einer Mängelanzeige eine Sanktion knüpft. Die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Gericht zweiter Instanz damit, daß die Rechtsfrage, ob die Rechtsfolge der Unterlassung der Anzeige des Mieters nach § 16 Abs 2 Z 4 MRG an den Bestand einer Verbesserungspflicht des Vermieters geknüpft ist, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Mieterin bekämpft die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz mit Revisionsrekurs. Sie begehrt die Abänderung des Sachbeschlusses unter Zugrundelegung der Ausstattungskategorie D für ihre Wohnung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Erstmals im Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, die gegenständliche Wohnung wäre schon deshalb in die Kategorie D einzuordnen gewesen, weil sie sich beim Mietvertragsabschluß nicht in brauchbarem Zustand befunden habe. Nach dem vorliegenden Bericht vom 15.11.1940 habe die Elektroinstallation vollkommen gefehlt, sei der Verputz abgeschlagen gewesen und habe es in der Wohnung weder eine Heiz- noch eine Kochgelegenheit gegeben. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß die Antragstellerin ihren Antrag, die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes durch Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages unter Zugrundelegung einer höheren Kategorie als D festzustellen, vor der Schlichtungsstelle und im Verfahren vor den Unterinstanzen ausschließlich darauf gestützt hat, daß sich im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in der Wohnung weder ein brauchbares WC noch überhaupt eine Badezimmereinrichtung befunden habe. Gegen die Einordnung der gegenständlichen Wohnung in die Kategorie C, weil die Anzeige im Sinne des § 16 Abs2 Z 4 MRG unterlassen worden sei, führt die Antragstellerin folgende Argumente ins Treffen: Der Gesetzgeber habe im Zusammenhang mit § 45 MRG vermutlich beabsichtigt, durch die gesonderte Normierung der Anzeigepflicht, die an sich schon nach § 1097 ABGB gegeben gewesen sei, die Möglichkeit auszuschalten, daß ein Vermieter, der bereit und in der Lage gewesen wäre, den Mangel zu beheben, und dies nur infolge Unkenntnis nicht durchführen habe können, mit einer dauernden Zinsminderung bestraft werde. Die Anzeigepflicht nach § 16 Abs2 Z 4 MRG sei inhaltlich mit der Anzeigepflicht nach § 1097 ABGB identisch und betreffe "Ausbesserungen, welche dem Bestandgeber obliegen". Ausbesserungen, bei denen dies nicht zutreffe, weil die gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung des Vermieters fehle, führten ungeachtet einer Unterlassung der Anzeige zur Einreihung der Wohnung in die Kategorie D, weil der Gesetzgeber offenbar Vermieter, welche die Wohnungen verkommen ließen und in einem praktisch unbrauchbaren Zustand vermieteten, nicht mit einer höheren Mietzinskategorie habe belohnen wollen. Davon abgesehen könne eine Anzeige nur dann rechtserheblich und notwendig sein, wenn damit Rechtsfolgen ausgelöst würden. Bestehe aber für den Vermieter - wie hier - keine Behebungspflicht, dann löse die Anzeige keine Rechtsfolgen aus und dann könne ihre Unterlassung auch nicht zu Rechtsnachteilen führen. Diese Argumente überzeugen nicht. § 45 MRG hat dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet, vom Hauptmieter eines vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes gemieteten Mietgegenstandes einen Erhaltungsbeitrag zu verlangen. Dieser Erhaltungsbeitrag ist nach § 45 Abs 1 Z 1 MRG für eine Wohnung als der Unterschiedsbetrag zu errechnen, der sich bei Abzug des für die Wohnung als (erhöhter) Hauptmietzins entrichteten Betrages von 2/3 des Betrages ergibt, der sich für die Wohnung bei Zugrundelegung der Berechnungsvorschriften des § 16 Abs2 bis 4 MRG als zulässigerweise zu vereinbarender Hauptmietzins errechnet. Bei der Berechnung des Erhaltungsbeitrages ist also einerseits gemäß § 16 Abs3 Satz 1 MRG vom Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages auszugehen (5 Ob 37/85) und es ist andererseits die Einordnung der Wohnung in eine der Ausstattungskategorien des § 16 Abs2 MRG unter Beachtung der Bestimmung des § 16 Abs2 Z 4 MRG vorzunehmen, wonach die Unterlassung der Anzeige des Hauptmieters an den Vermieter, daß die Wasserentnahmestelle oder das Klosett der Wohnung nicht brauchbar sei, sowie die Behebung dieser Mängel durch den Hauptmieter selbst die Außerachtlassung der Unbrauchbarkeit dieser Kategoriemerkmale bei der Beurteilung der Wohnungskategorie zur Folge hat (5 Ob 19/85, 5 Ob 65/85). Die im § 1097 ABGB normierte Pflicht des Bestandnehmers, dem Bestandgeber obliegende Reparaturen diesem unverzüglich anzuzeigen, soll diesen lediglich in die Lage versetzen, seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen; hat er, auf welche Weise immer, ohnehin davon erfahren, so ist diese Verpflichtung gegenstandslos. Die Verletzung dieser Obliegenheit durch den Bestandnehmer kann (bis zur Nachholung oder sonstigen Kenntnis des Bestandgebers) zum Ausschluß der Zinsbefreiung nach § 1096 ABGB bzw. des Rücktrittsrechtes nach § 1117 ABGB führen, jedenfalls aber schadenersatzpflichtig machen (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1097 mwN). Der Zweck der Anzeigepflicht des Hauptmieters nach § 16 Abs2 Z 4 MRG ist es hingegen, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (MietSlg.36.332; 5 Ob 14/85, 5 Ob 19/85, 5 Ob 45/85 ua), den Vermieter in die Lage zu versetzen, die ihm drohende dauernde Einstufung der vermieteten Wohnung in eine Ausstattungskategorie niedererer Ordnung durch die nachträgliche Instandsetzung der mangelhaften, eine Kategorie höherer Ordnung bestimmenden Ausstattungsmerkmale zu verhindern; der Vermieter muß die Möglichkeit haben, die Verschlechterung seiner Rechtsposition zu vermeiden. Eine Einstufung der vermieteten Wohnung in eine Ausstattungskategorie niedererer Ordnung kommt aus diesem Grund nicht mehr in Betracht, wenn der Hauptmieter dem Vermieter diese Möglichkeit dadurch nimmt, daß er ohne vorherige Bemängelungsanzeige und Fristgewährung den kategorieverändernden Mangel selbst behebt. Die angemessene Frist zur Brauchbarmachung der Ausstattungsmerkmale wird erst durch die Anzeige des Hauptmieters, daß er die Unbrauchbarkeit der Wasserentnahmestelle oder des Klossets bemängle, in Lauf gesetzt; die bloße Kenntnis des Vermieters vom Vorhandensein dieser Mängel reicht zur Auslösung der gesetzlich festgelegten Folge der Einstufung der Wohnung in die Ausstattungskategorie D nicht aus, wenn dem Vermieter nicht durch die Beanstandungsanzeige der Wille des Hauptmieters zur Kenntnis gebracht wurde, im Falle des Verzuges mit der Mängelbehebung die daraus entspringenden Dauerrechtsfolgen in Anspruch zu nehmen. Das Rekursgericht hat richtig erkannt, daß eine gesetzliche oder vertragliche Pflicht des Vermieters, die Mängel an den Ausstattungsmerkmalen zu beheben, nicht Voraussetzung der dargelegten Anzeigepflicht des Hauptmieters und Rechtsfolge der Unterlassung dieser Anzeige sowie der eigenen Mängelbehebung durch den Hauptmieter ist. Der Umstand, daß die Vorschriften des § 16 Abs2 bis 4 MRG bei Abschluß des Mietvertrages und bei Behebung der Mängel durch den Hauptmieter noch nicht in Kraft gestanden sind, ist für die zulässige Höhe des Erhaltungsbeitrages gleichfalls ohne Bedeutung; das folgt notwendig aus der gesetzlichen Regelung der Errechnung des Erhaltungsbeitrages (vgl. die Entscheidungen MietSlg.36.551 und 5 Ob 63/85, in denen die Anzeigepflicht des Hauptmieters in Verfahren wegen § 37 Abs 1 Z 8, § 44 MRG bejaht wurde). Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist sohin zu bestätigen. Der Ausspruch über die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels der Antragstellerin beruht auf den §§ 37 Abs3 Z 19 MRG und 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E07304 5Ob75.85

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00075.85.1217.000

Dokumentnummer

JJT_19851217_OGH0002_0050OB00075_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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