TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/30 2002/15/0087

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Veröffentlicht am 30.06.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §2 Abs3 Z4;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1988 §2 Abs3 Z4;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Mag. Martin Mennel, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 16. November 2001, GZ 1384/1-V6/01, betreffend u.a. Einkommensteuer 1988 bis 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 26. August 1998, 22 Vr 545/98-87, war der Beschwerdeführer des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 und 2 zweiter Satz StGB schuldig erkannt worden. Danach hatte er als Beamter dem Land Vorarlberg einen Schaden in Höhe von rund 36,400.000 S verursacht, indem er mittels von ihm erstellter Zahlungsaufträge Zahlungsanweisungen an die Amtskasse der Bezirkshauptmannschaft B. zur Durchführung von Überweisungen zu Gunsten verschiedener Empfänger erteilte, wobei er auf den angeschlossenen Überweisungsbelegen an der Stelle der Kontonummern der auf den Zahlungsaufträgen angeführten Empfänger die Kontonummer von ihm eröffneter anonymer Sparbücher einsetzte und die in der Folge auf diese Konten überwiesenen Beträge behob, und indem er Personen, gegenüber welchen die Bezirkshauptmannschaft Rückforderungsansprüche auf Grund gewährter Sozialleistungen hatte, zur Überweisung dieser Zahlungen auf von ihm eröffnete anonyme Sparbücher aufforderte und das darauf eingegangene Geld in der Folge behob.

Die belangte Behörde setzte mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug u.a. die Einkommensteuer für die Streitjahre 1988 bis 1997 fest. Der Beschwerdeführer habe sich unter Missbrauch der ihm verliehenen Amtsgewalt in den Jahren 1988 bis 1990 und 1995 bis 1997 neben seinem Gehalt zusätzliche Einkünfte in Höhe von 1,649.801 S (1988), 9,267.914 S (1989), 8,513.220 S (1990), 2,428.248 S (1995), 4,835.439 S (1996) und 4,332.705 S (1997) angeeignet. Dabei verwies die belangte Behörde auf das erwähnte Urteil des Landesgerichtes Feldkirch sowie auf einen Sonderbericht des Rechnungshofes vom Dezember 1998, wonach die Sozialhilfeabteilung des Amtes der Landesregierung in der Sozialhilfeabteilung der Bezirkshauptmannschaft keine Fachaufsicht an Ort und Stelle durchgeführt habe und der (Beschwerdeführer( eigenmächtig Bankverbindungen habe anlegen und ändern können. Dadurch habe er die Möglichkeit gehabt, seine eigenen Maßnahmen zu kontrollieren. Der Beschwerdeführer habe sich durch verschiedene näher dargestellte und im erwähnten Urteil genannte Manipulationen und durch Ausnutzen im erwähnten Rechnungshofbericht näher dargestellter legistischer und revisionsinterner Schwachstellen die angeführten Beträge verschafft. Seine Stellung und Reputation innerhalb der Bezirkshauptmannschaft B. habe ihm in Verbindung mit seinen EDV-Kenntnissen und den damals gegebenen Sicherheitslücken innerhalb des Vergabesystems der Sozialhilfegelder in die Lage versetzt, die erwähnten Beträge über von ihm entwickelte Systeme an jeder Kontrolle vorbei in seinen Verfügungsbereich abzuzweigen. Sein Dienstverhältnis als Leiter der Sozialhilfeabteilung der Bezirkshauptmannschaft sei als Grundlage für die von ihm in Bereicherungsabsicht durchgeführten Manipulationen unabdingbar gewesen und habe ihm die Gelegenheit geboten, sich rechtswidrig Vorteile in Millionenhöhe anzueignen, von deren Tatsache der Dienstgeber erst Jahre später Kenntnis erlangt und auf deren Erlangung der Beschwerdeführer selbstverständlich keinen Rechtsanspruch gehabt habe. Da die in den einzelnen Jahren ihm zugeflossenen diesbezüglichen Vorteile untrennbar mit seinem Dienstverhältnis verbunden gewesen seien, würden sie deshalb (bereinigt um eventuelle Werbungskosten) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

Im Jahr 1990 habe der Beschwerdeführer Weltbankanleihen in Höhe von zusammen 5,690.000 S erworben und daraus in den Jahren 1991 bis 1997 Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, welche nicht dem Abzug der Kapitalertragsteuer unterlegen seien. Der Beschwerdeführer habe auch nicht "zur Endbesteuerung" optiert. Deshalb seien diese Einkünfte nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Vorschriften zu erfassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind

gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1972 (für das Streitjahr 1988) und

gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (für die Streitjahre ab 1989) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Gemäß § 25 Abs. 2 EStG 1972 und 1988 ist es bei den Einkünften im Sinne des Abs. 1 unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht, und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.

Zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1972 und 1988 gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch solche, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber aneignet. Vorteile, die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft, unterliegen aber nicht dem Steuerabzug, sondern sind im Veranlagungsweg zu erfassen (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Februar 1997, 95/14/0112, mwN, und vom 26. Jänner 1999, 94/14/0001, VwSlg 7.348/F).

Wenn der Dienstnehmer eine ihm durch das Dienstverhältnis gebotene Gelegenheit nutzt, um sich zu bereichern, und solcher Art Vorteile erzielt, liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor, auch wenn die Handlungsweise des gegen den Willen des Arbeitgebers sich aus dem Dienstverhältnis Vorteile verschaffenden Abgabepflichtigen in einem strafgesetzwidrigen Tun oder Unterlassen besteht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. November 2002, 99/15/0154, VwSlg 7.766/F). Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen eben nicht nur die im Dienstvertrag vereinbarten Entgelte, sondern auch alle anderen Vorteile, zu denen auch solche gehören, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft (vgl. die erwähnten hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1997 und vom 26. Jänner 1999).

Der Beschwerdeführer trägt vor, Vorteile in einer derartigen Größenordnung wie im Beschwerdefall, die sich ein Beamter ohne Zustimmung des Arbeitgebers rechtswidrig verschafft, könnten nicht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen. Diese Bereicherungen stünden zum sonstigen Arbeitseinkommen in einem derartigen Missverhältnis, dass nicht mehr von einem Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis gesprochen werden könne. Nur im Rahmen eines Dienstverhältnisses überhaupt denkbare Vorteile könnten als Arbeitslohn verstanden werden. Zuflüsse wie im Beschwerdefall an einen Beamten im Rahmen seines Dienstverhältnisses seien aber nicht nur undenkbar, sondern sogar ausgeschlossen. Derartige Bereicherungen seien vom Dienstvertrag auch nicht umfasst, sodass derartige gegen den Willen des Arbeitgebers verschaffte Vorteile keine Vorteile aus dem Dienstverhältnis darstellten, welche der Einkommensteuer unterlägen.

Im erwähnten Erkenntnis vom 26. November 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof auch die von einem mit Kassenverwaltungs- und Buchhaltungsgeschäften betrauten Gemeindesekretär sich unter Missbrauch der Amtsgewalt angeeigneten Beträge von insgesamt rund 3,900.000 S als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gewertet.

Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung ändert auch das Beschwerdevorbringen nichts an der Zuordnung der vom Beschwerdeführer erlangten Vorteile zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen enthält die Beschwerde keine Ausführungen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002150087.X00

Im RIS seit

10.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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