TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/25 95/14/0112

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Veröffentlicht am 25.02.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §184 Abs3;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §15;
EStG 1972 §16 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z4;
EStG 1972 §23 Z1;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §25 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3 idF 1984/531 ;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §6 Z5;
EStG 1988 §15;
EStG 1988 §16 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z4;
EStG 1988 §23 Z1;
EStG 1988 §25 Abs1 Z1;
EStG 1988 §25 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs3;
EStG 1988 §6 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des J in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 24. Mai 1995, Zl. 11/26/1-BK/Schb-1993 und 11/17/1-BK/Schb-1995, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1986 bis 1992 und Verspätungszuschläge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Gewerbesteuer samt Verspätungszuschläge betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit er Einkommensteuer samt Verspätungszuschläge betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.980 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug gegenüber dem Beschwerdeführer Einkommen- und Gewerbesteuer für 1986 bis 1992 (samt Verspätungszuschlägen) festgesetzt. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Die Ehefrau des Beschwerdeführers unterhalte seit 1983 als Einzelunternehmerin einen Gewerbebetrieb; er sei in diesem als Dienstnehmer tätig. Im Zuge einer die Jahre 1986 bis 1990 umfassenden - im Jahr 1992 durchgeführten - Betriebsprüfung seien erhebliche Kalkulationsdifferenzen festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin seiner Ehefrau gestanden, daß er sowohl im Prüfungszeitraum als auch in den Folgejahren unter Ausnützung seiner Position, die er im Betrieb eingenommen habe, Waren ohne Wissen und Erlaubnis der Ehefrau entwendet und diese in der Folge auf eigene Rechnung verkauft habe. Die dadurch erzielten Beträge habe er für seinen aufwendigen Lebenswandel aufgewendet. Am 2. Oktober 1992 habe der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau eine Vereinbarung geschlossen. Mit dieser Vereinbarung habe er sich verpflichtet, seiner Ehefrau und Arbeitgeberin den entstandenen Schaden zu ersetzen, indem er an sie - verteilt über einen Zeitraum von 15 Jahren - einen Betrag in Höhe der von ihm erzielten Gewinne abzüglich eines Betrages von 15 % für seine eigene Mühewaltung (insgesamt 4,501.293 S) bezahle; dieser Betrag sei weder verzinst noch wertgesichert, zur Sicherstellung habe der Beschwerdeführer sämtliche Ansprüche aus dem bestehenden sowie aus künftigen Dienstverhältnissen verpfändet. Am 8. Oktober 1992 sei über diese Vereinbarung ein gleichlautender Notariatsakt errichtet worden. Noch im Oktober 1992 habe der Beschwerdeführer Abgabenerklärungen für die Jahre 1986 bis 1991 eingereicht, im September 1993 solche für das Jahr 1992. In diesen würden - neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt, die aus der Veräußerung der entwendeten Gegenstände resultierten. Der Beschwerdeführer habe den Gewinn im Schätzungswege ermittelt, weil keine Aufzeichnungen geführt worden seien. Er habe die Schätzung nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches nach § 4 Abs 1 EStG 1972 vorgenommen. Das Finanzamt habe demgegenüber die Gewinne nach den Grundsätzen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs 3 EStG 1972 geschätzt und den Abgabenbescheiden betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer zugrundegelegt. Mit weiteren Bescheiden habe es Verspätungszuschläge in Höhe von 5% der jeweiligen Abgaben festgesetzt. In der Berufung gegen die genannten Bescheide sei im wesentlichen begehrt worden, die nach § 4 Abs 1 EStG 1972 geschätzten Jahresgewinne - bei diesen seien die Schadenersatzverbindlichkeiten gegenüber der Ehefrau des Beschwerdeführers gewinnmindernd zu berücksichtigen - anzusetzen und aufgrund der dadurch reduzierten Gewinne die vom Finanzamt festgesetzten Verspätungszuschläge anzupassen. In der mündlichen Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer beantragt, die strittigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb dahingehend zu prüfen, ob sie als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren seien.

Die belangte Behörde beurteile die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb, weil der Beschwerdeführer die seiner Ehefrau entwendeten Waren selbständig, auf eigene Rechnung, mit Gewinnabsicht und über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren, somit nachhaltig, an Dritte verkauft habe. Der ungetreue Angestellte, der Waren seines Dienstgebers entwende, erziele durch die widerrechtliche Aneignung der Sachwerte keinen Vorteil aus dem Dienstverhältnis iSd § 25 Abs 1 Z 1 EStG 1972, weil diese Bereicherung des Dienstnehmers nicht zum Vertragsinhalt des Dienstvertrages gehöre, sondern gegen den Willen und ohne Wissen des Dienstgebers erfolge. Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb sei ein Gewinn zu ermitteln; gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972 dürfe der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung bestehe und Bücher nicht freiwillig geführt würden. Buchführungspflicht nach §§ 124 oder 125 BAO sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Da der Beschwerdeführer Bücher oder Aufzeichnungen nicht geführt habe, sei der Gewinn gemäß § 184 BAO zu schätzen. Bei dieser Konstellation sei die Behörde berechtigt, bei der Schätzung den Weg der Gewinnermittlung durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben einzuschlagen, und zwar auch gegen den Willen des Steuerpflichtigen. Bei der Schätzung nach § 4 Abs 3 EStG 1972 könnten aber noch nicht bezahlte Schadenersatzbeträge - ebenso wie die noch nicht bezahlten Beratungskosten - nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Die Berufung sei daher hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1992 als unbegründet abzuweisen; hinsichtlich des Jahres 1986 sei ihr nur insoweit Folge zu geben, als das Berufungsverfahren der Ehefrau des Beschwerdeführers ergeben habe, daß die von ihm erzielten Erlöse lediglich 625.000 S netto (anstatt bisher 833.333 S) betragen hätten. Daraus resultiere eine Senkung der Einkommen- und Gewerbesteuer für 1986 sowie der entsprechenden Verspätungszuschläge.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, die dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht. Aus dem Notariatsakt vom 8. Oktober 1992 ergebe sich, daß der Beschwerdeführer den Schaden nur zu 85 % habe ersetzen müssen und ihm ein "Mühewaltungsentgelt" in Höhe von 15 % verblieben sei. Zumindest in Höhe dieses Mühewaltungsentgeltes müßten die Einkünfte solche aus nichtselbständiger Arbeit sein. Gehe man davon aus, daß Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorlägen, so müsse die Schätzung des Gewinnes nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches erfolgen. Wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung bestehe und Bücher auch nicht freiwillig geführt würden, sei DEM STEUERPFLICHTIGEN ein Wahlrecht eingeräumt, den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG 1972 zu ermitteln. Der Beschwerdeführer habe von diesem Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht, weshalb der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (zu schätzen) sei, wobei sich die anzusetzenden Passiva zu den jeweiligen Bilanzstichtagen aus der notariellen Vereinbarung vom 8. Oktober 1992 ergäben. Im übrigen könnte im gegenständlichen Fall aus der notariellen Vereinbarung 1992 die Höhe der Bemessungsgrundlagen ermittelt werden, sodaß keine Schätzung im eigentlichen Sinn vorliege.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Einkunftsarten:

Die Beschwerde ist im Recht mit dem Vorbringen, daß bei dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt zum Teil Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzunehmen sind.

Der Beschwerdeführer hat einerseits aufgrund seiner Stellung als leitender Angestellter im Betrieb seiner Ehefrau Vermögensgegenstände dieses Betriebes veruntreut, andererseits diese Vermögensgegenstände eigenständig verkauft.

Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Gemäß § 25 Abs 2 leg cit ist es bei den Einkünften iSd Abs 1 unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen.

Zu den Vorteilen aus einem Dienstverhältnis iSd § 25 Abs 1 Z 1 EStG 1972 gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch solche, die sich ein Arbeitnehmer ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber aneignet, zB Bestechungsgelder oder Warendiebstähle (vgl die hg Erkenntnisse vom 16. Jänner 1991, 90/13/0285, und vom 25. Jänner 1980, 1361/78). Vorteile, die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft, unterliegen aber nicht dem Steuerabzug, sondern sind im Veranlagungsweg zu erfassen (vgl das hg Erkenntnis vom 4. Juni 1985, 85/14/0016).

Wenn der Dienstnehmer eine ihm durch das Dienstverhältnis gebotene Gelegenheit nutzt, um sich zu bereichern, und solcherart Vorteile erzielt, liegen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht nur die im Dienstvertrag vereinbarten Entgelte, sondern auch alle anderen Vorteile, zu denen auch solche gehören, auf die keine Rechtsanspruch besteht und die sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft (vgl die hg Erkenntnisse vom 16. Jänner 1991, 90/13/0285, und vom 4. Oktober 1995, 95/15/0080).

Wenn sich der Beschwerdeführer sohin im gegenständlichen Fall aufgrund seiner Stellung als Arbeitnehmer durch Veruntreuung Vermögensgegenstände seiner Arbeitgeberin zugeeignet hat, so sind darin steuerpflichtige Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erblicken (vgl Doralt, EStG2, § 15 Tz 29), die im Wege der Veranlagung zu erfassen sind.

Der Beschwerdeführer hat diese sich zugeeigneten Vermögensgegenstände in der Folge im Rahmen einer selbständigen Handelstätigkeit veräußert. In rechtlicher Hinsicht bedeutet dies, daß er die im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhaltenen Vermögensgegenstände (laufend) in seinen Gewerbebetrieb eingelegt und aus dem Verkauf Betriebseinnahmen im Rahmen von Einkünften aus Gewerbebetrieb (vgl die hg Erkenntnisse vom 16. Oktober 1974, 509/73, und vom 7. April 1981, 1289, 1326-1328/79) erzielt hat.

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG 1972 die laufende Einlage von Vermögensgegenständen des Privatvermögens in das Umlaufvermögen eines bestehenden Betriebes als Betriebsausgabe zu erfassen ist (vgl Schögl/Wiesner/Nolz/Kohler, EStG9, Seite 58; Doralt, EStG2, § 4 Tz 212). Der Wert, mit welchem die Vermögensgegenstände gemäß § 15 EStG im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen sind, ist für die Einlagebewertung iSd § 6 Z 5 EStG 1972 relevant. Die später entdeckten Veruntreuungen und die dadurch in der Folge geltend gemachten Schadenersatzansprüche gegen den Beschwerdeführer führen nicht zu weiteren Betriebsausgaben; die aus diesem Titel geleisteten Zahlungen sind aber im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach Maßgabe des § 16 Abs 2 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage verkannt, weil sie ausgeschlossen hat, daß der von ihr festgestellte Sachverhalt zum Teil zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt. Dadurch wurde der Beschwerdeführer zwar hinsichtlich der Festsetzung von Gewerbesteuer (und Verspätungszuschläge hiezu), nicht jedoch hinsichtlich Einkommensteuer (und Verspätungszuschläge hiezu) in seinen Rechten verletzt, weil die zum Ansatz zu bringenden Betriebsausgaben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit entsprechen.

2. Gewinnermittlung:

Gemäß § 184 Abs 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Da im gegenständlichen Fall Bücher oder Aufzeichnungen nicht geführt worden sind, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen der Schätzungsberechtigung angenommen hat. Die Vereinbarung des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau über die Höhe von Ersatzleistungen vermag daran nichts zu ändern, auch wenn im Rahmen der Schätzung auf eine solche Vereinbarung wie auf alle Umstände, aus denen sich ein Hinweis auf die Höhe der Abgabenbemessungsgrundlagen ergibt, Bedacht zu nehmen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 16. Oktober 1974, 509/73, zu Recht erkannt:

"Da der Erstbeschwerdeführer weder zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet war, noch freiwillig entsprechende Aufzeichnungen geführt hat, war die Behörde im Recht, wenn sie bei der Schätzung des Gewinnes von der Gewinnermittlungsmethode der Einnahmenüberschußrechnung ausgegangen ist."

Im Erkenntnis vom 7. April 1981, 1289, 1326-1328/79, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung bestätigt und ausgesprochen, der Abgabenbehörde komme die Berechtigung zur Schätzung im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu, wenn der Steuerpflichtige weder zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet ist, noch freiwillig entsprechende Aufzeichnungen geführt hat.

§ 4 Abs 3 erster Satz EStG 1972 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des AbgÄG 1984, BGBl 531, (bzw EStG 1988) normiert, daß als Gewinn der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden kann (bzw darf), wenn keine gesetzliche Buchführungspflicht besteht und nicht freiwillig Bücher geführt werden. Nach dem letzten Satz des § 4 Abs 3 entscheidet der Steuerpflichtige, ob die Umsatzsteuer als durchlaufender Posten behandelt wird.

Im Hinblick auf den Wortlaut des § 4 Abs 3 erster Satz EStG 1972 sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, von seiner Auffassung abzugehen, der Behörde komme die Berechtigung zu, eine Schätzung im Einzelfall nicht nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches, sondern nach jenen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vorzunehmen, wenn weder Buchführungspflicht besteht, noch freiwillig Bücher geführt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hält allerdings fest, daß der Betriebsvermögensvergleich die allgemeine Gewinnermittlungsart ist und die Behörde im Einzelfall zu begründen hat, warum sie von der genannten Berechtigung Gebrauch macht und bei der Schätzung die Grundsätze des § 4 Abs 3 EStG heranzieht. In einer solchen Begründung hätte die Behörde insbesondere aufzuzeigen, daß auch die Schätzung nach den Grundsätzen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im konkreten Einzelfall in der Lage ist, zu einem der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechenden Besteuerungsergebnis zu führen. Der angefochtene Bescheid läßt in keiner Weise erkennen, aus welchen Gründen die belangte Behörde - entgegen dem Begehren des Beschwerdeführers - von der genannten Berechtigung Gebrauch gemacht hat. Es liegt daher auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor.

Aus den unter 1. angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich Gewerbesteuer samt Verspätungszuschlägen gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Aus den unter 2. angeführten Gründen war er im übrigen gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995140112.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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