TE OGH 1986/1/23 8Ob634/85

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Veröffentlicht am 23.01.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wider die beklagte Partei Dr. F*****, als Masseverwalter im Konkurs gegen H*****, vertreten durch Dr. Karl Heinz Angerer, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wegen Herausgabe (S 400.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1985, GZ 2 R 107/85-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 31. Jänner 1985, GZ 7 Cg 16/83-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Graz mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch die erforderlichen Aussprüche nach § 500 Abs. 2 Z 2 bzw. 3 ZPO und allenfalls nach § 500 Abs. 3 ZPO hinsichtlich der beiden in den Gründen näher umschriebenen Herausgabeansprüche zu ergänzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Herausgabe einer Dreibankenanleihe 79 (SV O*****) im Nominale von S 100.000,--, einer S*****anleihe 80 (SV S*****) im Nominale von S 100.000,-- und des Sparbuches mit der Nr. ***** lautend auf „Sicherheit“ Konto Nr. *****. Diese seien der Klägerin mit dem Pfandvertrag vom 12. 3. 1982 (Beilage C – die Wertpapiere betreffend) und dem Pfandvertrag vom gleichen Datum (Beilage D – das Sparbuch betreffend) verpfändet worden. Im Sommer 1982 habe die Klägerin an H***** treuhändig und vorübergehend die zwei Wertpapiere und das Sparbuch ausgefolgt; H***** sollte diese im Herbst 1982 wiederum zurückgeben. Dies erfolgte bisher nicht.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei bereit, die Urkunden herauszugeben, doch habe die Klägerin vorerst ihre Verpflichtungen aus dem mit H***** abgeschlossenen Kreditvertrag, zu dessen Besicherung die Urkunden angeboten wurden, zu erfüllen. Die Klägerin habe im übrigen auch auf die Herausgabe des Sparbuches verzichtet. Die Rechtssache sei außerdem verglichen und schließlich sei die Forderung vom Masseverwalter im Konkursverfahren anerkannt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte unter anderem fest, daß beide Pfandverträge der Besicherung des im Jahre 1981 aufgenommenen Abstattungskredites über den Betrag von S 700.000,-- dienten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und sprach nur aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 300.000,-- übersteigt. Es stützte diesen Ausspruch global auf § 500 ZPO.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs. 1 Z 1 bis 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Auf diese Rechtsmittel ist derzeit meritorisch nicht einzugehen, weil das Berufungsgericht vorerst aus nachstehenden Gründen seinen Urteilsspruch zu ergänzen hat:

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind nach Lehre und ständiger Rechtsprechung mehrere, wie hier, in einer Klage geltend gemachte Ansprüche unter der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn sie also in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Fasching Kommentar IV 282 und Lehrbuch Rdz 1831; Jud. 56 neu = SZ 24/335, 8 Ob 540/85; 8 Ob 71/85 ua). Trifft dies nicht zu, dann muß die Revisionszulässigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches gesondert beurteilt werden. Dabei reicht nicht jede Verknüpfung zweier Sachverhaltsbilder schlechthin aus, um die Zusammenrechnung von Ansprüchen nach § 55 JN zu bewirken. Während der rechtliche Zusammenhang von Ansprüchen dann zu bejahen ist, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder einer einheitlichen Rechtsvorschrift abgeleitet werden, ist der tatsächliche Zusammenhang zu bejahen, wenn die Ansprüche zwar nach verschiedenen rechtlichen Kriterien, aber aus ein und demselben Sachverhalt ableitbar sind, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (siehe dazu Fasching Kommentar I 344 ff; 6 Ob 221/60; EvBl. 1969/163; 1 Ob 103/70; 1 Ob 554/81; 2 Ob 64/84; 8 Ob 540/85; 8 Ob 71/85 ua).

Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet ist wohl für die beiden Ansprüche auf Herausgabe der oben näher umschriebenen Anleihepapiere ein rechtlicher Zusammenhang gegeben, weil sie aus einem einheitlichen Vertrag (Beilage C) abgeleitet werden. Dies trifft aber für den Anspruch auf Herausgabe des bezogenen Sparbuches nicht zu. Diesbezüglich wurde ein gesonderter Pfandvertrag (Beilage D) geschlossen, der andere Bestimmungen enthält als der Pfandvertrag über die beiden Wertpapiere. Aber auch ein tatsächlicher Zusammenhang des Anspruches auf Herausgabe des Sparbuches mit den Ansprüchen auf Herausgabe der Wertpapiere liegt nicht vor: Hiefür war noch ein ergänzendes Vorbringen dahin erforderlich, daß zur Besicherung der Kreditforderung auch ein eigener Pfandvertrag (Beilage D) mit anderem rechtlichen Inhalt als hinsichtlich der Wertpapiere für die Verpfändung des Sparbuches abgeschlossen wurde.

Bei dieser Sachlage hat demnach gemäß § 500 Abs. 2 Z 2 und 3 ZPO eine gesonderte Bewertung der geltend gemachten Ansprüche dahin zu erfolgen, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschied, hinsichtlich der beiden die Anleihepapiere betreffenden Herausgabeansprüche S 60.000,-- bzw. S 300.000,-- übersteigt und ob dies auch – da der Anspruch auf Herausgabe eines Sparbuches ebenfalls keine Geldleistung zum Gegenstand hat (8 Ob 575/84 ua) – hinsichtlich des das Sparbuch betreffenden Herausgabeanspruches der Fall ist. Allenfalls wird auch ein Ausspruch nach § 500 Abs. 3 ZPO erforderlich sein, wobei wiederum die Herausgabeansprüche (Anleihepapiere bzw. Sparbuch) gesondert zu behandeln wären.

Da das Berufungsgericht die entsprechenden Aussprüche unterlassen hat, ist ihm seine Nachholung durch Berichtigung (Ergänzung) des Spruches seiner Entscheidung und durch Nachtrag der erforderlichen Begründung aufzutragen (1 Ob 731/83; 8 Ob 505/84; 8 Ob 71/85 uza).

Für den Fall, als die Revision hinsichtlich der gesondert zu behandelnden Ansprüche nicht für zulässig erklärt werden sollte, wäre sie dem Beklagten zur erforderlichen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs. 1 Z 5 ZPO zu übermitteln.

Textnummer

E131231

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00634.850.0123.000

Im RIS seit

20.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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