TE OGH 1986/2/12 9Os190/85

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Veröffentlicht am 12.02.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Februar 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing.Erich B*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 8. Mai 1984, GZ 15 Vr 847/82-55, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwaltes Dr. Rszeszut, des Angeklagten Ing.B*** und des Verteidigers Dr. Gloß zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Punkt A II des Schuldspruches insoweit, als dem Angeklagten die Privatentnahme eines 126.000 S übersteigenden Betrages aus Mitteln der Firma "A***" zur Last gelegt wird und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Ing.Erich B*** wird (auch) von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe von März bis September 1981 in St.Pölten sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt, indem er aus Mitteln der Firma "A***" einen (weiteren) Betrag von 100.000 S privat entnahm und er habe dadurch das Verbrechen der betrügerischen Krida durch § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiter zur Last liegenden Straftaten, nämlich das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (in bezug auf die Punkte A I und A II des Schuldspruches, soweit sich letzterer auf einen Betrag von 126.000 S bezieht), weiters das Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB und das Vergehen nach § 114 ASVG wird der Angeklagte gemäß §§ 28, 156 Abs. 2 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 21.September 1982, AZ 5 U 11/82, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten verurteilt. Die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.

2. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen.

3. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Strafneubemessung verwiesen.

4. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 47jährige Bautechniker Ing.Erich B*** (zu A) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB, (zu B) des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 und 2 StGB und (zu C) des Vergehens nach § 114 ASVG schuldig erkannt. Darnach hat er in St.Pölten

A) sein Vermögen wirklich und zum Schein verringert, und dadurch

die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt, daß er aus Mitteln der Firma "A***"

I. am 16.Februar 1981 in St.Pölten, Kugelgasse Nr. 10, ein Büroobjekt auf den Namen seiner Schwiegermutter Maria A*** kaufte und 350.000 S an Mathilde S*** bezahlte;

II. von März 1981 bis September 1981 insgesamt mindestens 296.000 S privat entnahm;

B) am 10.Juli 1980 vor dem Bezirksgericht St.Pölten anläßlich

der Ablegung des Offenbarungseides zu AZ 4 E 234/80 durch die eidliche Angabe, kein bares Vermögen zu besitzen, einen im Gesetz vorgesehenen Eid vor Gericht falsch geschworen;

C) als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma "B***-Bauges.m.b.H." von April 1979 bis November 1979 Beiträge von 45 Dienstnehmern zur Sozialversicherung in der Höhe von zusammen 209.981 S einbehalten und dem berechtigten Versicherungsträger, der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse St.Pölten, vorsätzlich vorenthalten.

Rechtliche Beurteilung

Die allein gegen den Schuldspruch zu Punkt A) aus der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise begründet.

Dem Einwand der Beschwerde, der Tatbestand nach § 156 StGB sei durch den scheinhalber für die Schwiegermutter des Angeklagten erfolgten Ankauf eines Büroobjekts schon deshalb nicht erfüllt worden, weil es den Gläubigern hier freigestanden wäre, den Kauf anzufechten, die für die Anschaffung der Wohnung verwendeten Gelder den Gläubigern mithin nicht endgültig entzogen worden seien, kann allerdings nicht gefolgt werden; tritt doch die Gläubigerschädigung und damit die Vollendung des fraglichen Deliktes bereits durch die Beiseiteschaffung bzw. mit dem Verheimlichen eines Vermögensobjektes ein und muß zudem der dadurch bewirkte Schaden kein dauernder sein (SSt 45/2; Kienapfel BT II RN 16 zu § 156). Desgleichen ist es rechtlich unerheblich, inwieweit der Beschwerdeführer in dem Bestreben handelte, seine triste finanzielle Situation zu verbessern. Genug daran, daß er nach den Urteilsannahmen (vgl Bd II S 39 f) sowohl bei der Anschaffung der fraglichen Büroräumlichkeiten für seine Schwiegermutter unter deren Funktion als "Strohmann" als auch bei der Entnahme von Bargeld mit dem Vorsatz handelte, Gläubigerrechte durch (wirkliche oder) scheinbare Verringerung des zur Befriedigung bestimmten Vermögens zu verletzen. Daß es durch die Bezahlung des Kaufpreises für das Büroobjekt zu einer Verringerung des Vermögens des Angeklagten kam, liegt aber ebenso auf der Hand wie der Umstand, daß dieser Vermögensverminderung infolge des formalen Eigentumserwerbes durch die Schwiegermutter kein dem Vermögensabgang adäquater und der Gläubigerschaft als Äquivalent erkennbarer Hinzutritt eines neuen Vermögenswertes gegenüberstand. Bei den "Aufwendungen im privaten Bereich" (Bd II S 40), für die ein Teil (in der Höhe von 126.000 S) des vom Firmenkonto abgehobenen Bargeldbetrages verwendet wurde, kommt ein damit Hand in Hand gehender Vermögenszuwachs von vornherein nicht in Betracht und bedarf es demnach diesbezüglich keiner weiteren Einlassungen; nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Punkt zusätzlich bemerkt, daß der Angeklagte auch niemals behauptet hatte, mit den abgehobenen Geldern (bloß) seinen notdürftigen Lebensunterhalt bestritten zu haben.

Im besprochenen Umfang erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde daher als nicht begründet und war sie mithin zu verwerfen. Anders verhält es sich mit jenem Teil der Barabhebung vom Konto der Firma "A***" bei der L*** St.Pölten, die - im Ausmaß von 100.000 S (vgl Bd II S 50) - für Zahlung von Privatschulden bei der S*** St.Pölten verwendet wurde. Handelte es sich doch bei der Firma "A***" um eine nicht protokollierte, im Alleineigentum des Angeklagten stehende Einzelfirma (vgl Bd II S 38 f), weshalb "ihr" Vermögen bloß Teil des Vermögens des Angeklagten und dieser persönlicher Schuldner der aus der geschäftlichen Tätigkeit der genannten Einzelfirma entstandenen Verbindlichkeiten war. Insoweit hatten die Gläubiger der Firma demnach keine andere Rechtsstellung als die Gläubiger aus privat eingegangenen Schuldverhältnissen. Durch die inkriminierte Darlehenstilgung wurde sonach die Gesamtschuldenlast des Angeklagten im gleichen Ausmaß verringert, sein Vermögen also in Wahrheit insgesamt nicht geschmälert und der Tatbestand des Deliktes nach § 156 StGB mithin dadurch nicht erfüllt. Die bloße Bevorzugung eines Gläubigers durch seine Befriedigung vor anderen Gläubigern ist beim erwähnten Tatbestand rechtlich unbeachtlich (vgl Leukauf-Steininger, Komm 2 , RN 11 und Kienapfel BT II RN 14, beides zu § 156; SSt 2/1, 5/69, 10/2, 40/87, 23/21, 24/76 und ÖJZ-LSK 1979/382).

Insoweit erweist sich daher die Rechtsrüge des Angeklagten als begründet und war diesbezüglich mit einem Freispruch vorzugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle bemerkt, daß für eine Beurteilung des Täterverhaltens als Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs. 1 StGB vorliegend deshalb kein Raum ist, weil der Tatbestand dieses Deliktes die Setzung der betreffenden Tat nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Täters voraussetzt, vorliegend aber die Zahlungsunfähigkeit der Firma "A***" und damit auch des Angeklagten ("spätestens", also mit Sicherheit nachweisbar) erst im September 1981 eintrat, sämtliche Tatzeiten aber vor diesem Zeitpunkt liegen. Gleiches gilt für das Vergehen der fahrlässigen Krida in der Begehungsform des § 159 Abs. 1 Z 2 StGB, zumal auch dieses Delikt voraussetzt, daß der Täter "in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit" handelt, was vorliegend schon durch die Terminisierung des objektiven Eintritts der Zahlungsunfähigkeit (der Firma "A***") mit September 1981 ausgeschlossen wird. Bei der infolge Teilfreispruchs erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe erachtete der Senat unter Zugrundelegung der vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend angeführten Strafzumessungsgründe die aus dem Spruch ersichtliche Zusatzfreiheitsstrafe als tatschuldgerecht.

Die vom Angeklagten erstrebte Gewährung bedingter Strafnachsicht scheitert daran, daß sein einschlägig getrübtes Vorleben der im § 43 Abs. 2 StGB geforderten qualifiziert günstigen Verhaltensprognose entgegensteht.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E07550

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00190.85.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19860212_OGH0002_0090OS00190_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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